Mein Eindruck ist, dass Rollenspiel ein Spiel war, welches über die Aufwertung des Hintergrundmotivs – in diesem Fall halt zuerst Fantasy – und der Personifizierung der eigenen Figur die Spielwelt (und damit in ersten kleinen Trippelschritten dann folgend Spielweltstimmigkeit) dem ehemaligen Spiel hinzu gefügt hat und damit eine neue Spielart erzeugt hat – das Rollenspiel. Dass da plötzlich unter Umständen manchmal auch ganz brauchbare Geschichten bei rausgekommen sind, war sicher nicht unförderlich für den Erfolg, aber es begann im Kern als eine neue Art Spiel und auch die Varianten danach haben erst einmal an diesen Schrauben gedreht bzw. neue Hintergrundsmotive mit erschlossen. Mit der Diversifizierung kamen erste Nerdreibereien, aber bisher lag man immer noch eng genug zusammen, dass eigentlich jeder in nahezu jedes andere Spiel vom Stil her reingepasst hätte (persönliche Hasslieben außen vor)
Mit dem Erfolg und der allgemeinen zunehmenden Popularität der entsprechenden Hintergrundmotive kamen dann zunehmend mehr Leute dazu, welche mit den ursprünglichen Spielgedanken nichts anfangen konnten oder gar nicht wahrnahmen, sondern primär an dem ihnen aus anderen Medien bekannten Hintergrundmotiven und den ihnen dazu bekannten (oder teils auch als fehlleitende Werbung versprochenen) Geschichtserlebnissen interessiert waren (und so auch oft kein Verständnis für die für sie unnötig erscheinenden komplexen operativen Regeln hatten, bzw. frustriert waren, wenn diese der eigenen (Helden-)geschichte im Weg standen) .
Und hier kam es dann zu der Inkompatibilität von Wegspielern und Zielspielern, wo einige die freie Bespielung/Erkundung als Priorität hatten und andere das passende (und damit gesicherte) Erlebnis des entsprechenden Referenzmotivs und dessen Geschichten – was eben letztlich unmöglich ist gleichzeitig zu priorisieren.
Aber das fehlende Bewusstsein, dass man eben nicht mehr dasselbe Spiel spielt, sowie der in der zunehmenden Zersplitterung der Szene aufkommende lokale Mitspielermangel haben halt auch verhindert, dass diese Unterschiede auch entsprechend benannt und dann auch die dahinter stehenden unterschiedlichen Bedürfnisse ausdrücklich und gezielt bedient wurden.
Stattdessen hat man regelmäßig den Knatsch am Spieltisch oder in Foren, wenn man glaubt es mit einem eigentlich doch einheitlichen Hobby zu tun zu haben, dessen (sprich in der Praxis der Wahrnehmung die eigenen dann) Prinzipien daher auch von allen geteilt werden (müssen/sollen).
Und für die Anhänger des „frühen“ Zweigs sind daher auch alle Verweise auf „die Fiktion“ bedeutungslos, während es für die nachfolgenden Seiteneinsteiger der Kern ihres Interesses ist.
Wirt haben es effektiv nicht mit einer nahezu linearen Entwicklung des Hobbies zu tun, sondern mit einer ggf mehrfachen Aufsplitterung des Stammbaums zu tun mit nun sehr unterschiedlichen und teils inkompatiblen zeitgenössischen Ausprägungen.
Ansonsten:
Bloß weil man die Motive eines Genres gut findet, muss das nicht heißen, dass man dessen Geschichten gut finden oder unbedingt nacherleben will.
Viele Konflikte von Spiel nach Storymaßen (auch innerhalb dieser Teilgruppe soweit ich beobachten konnte) kommen dann noch davon, dass die typischen Medienvorlagen eben keine gleichberechtigte Gruppenarbeit sind, sondern entsprechende Hierarchie in vor und hinter der Kamera haben und einige Beteiligte dann nicht erkennen, dass die anderen Mitspieler im Spiel nicht die Handlanger sind, bzw. dann mehrere Vorstellungen des gewünschten Geschichtserlebens kollidieren.