Ich benutze, wenn ich leite, zwei treibende Faktoren: Druck und Twists.
Es ist einfach für einen Charakter, seinen ursprünglichen Werten zu 100% zu folgen. Schwierig wird es, wenn er unter zusätzlichen Druck gerät. Wenn die Gruppe zum Beispiel einen Feind verfolgt, dann aber am Wegesrand jemand Hilfe braucht? Soll man die Gruppe aufteilen oder ein Problem über das andere Stellen. Dabei ist wichtig, dass wirklich eine Wahl besteht. Der Encounter mit dem Feind sollte ohne den Charakter schwierig und schmerzhaft sein, aber nicht unmöglich.
Mit solchen kleinen Dilemmas weicht man das Wertekonstrukt des Chars langsam auf und bringt ihn dazu, sich zu hinterfragen. Das kann man dann langsam weiter anziehen.
Beim Twist ist etwas nicht so, wie es zunächst schien: Ich denke mal, dass haben wir alle schonmal gebracht und braucht hier kein Beispiel. Nach einem größeren Twist sollte aber narrativ immer ein Moment der Reflektion stehen. Das kann die Gruppe am Lagerfeuer sein oder auch ein NPC der nach der Meinung des Charakters fragt. Ich hatte hier mal großen Erfolg mit der Tochter einer Kriegerin, die hinterfragte, warum Mama's Taten und Worte nicht so ganz passten. Natürlich war nicht alles schwarz-weiß und der Versuch das zu erklären war ein sehr schöner RP-Moment.
Ein weiteres Tool ist der Spiegel: Bau einen NPC, der in mehreren Punkten genauso ist wie der Charakter, und nur anders aussieht. Dieser hat sich jedoch in eine andere Richtung entwickelt. Zum Beispiel könnte man einem Charakter mit einem Hass auf Elfen einen Spiegel vorsetzen, der einen Hass auf Orks hat (nicht die Rasse des Charakters nehmen). Dann zeigt man ihm entweder, in welches Extrem er rutscht, wenn er sich nicht ändert oder kann einen alternativen Weg aufzeigen.
Eine schwächere Version ist das Vorbild, jedoch kommt das sehr stark auf die Gruppe an, das driftet schnell in den Bereich "ungewollter DMPC" ab. Manchmal kann es aber cool sein, einen NPC für kurze Zeit mit der Gruppe laufen zu lassen, der seine Überzeugungen offen zum Ausdruck bringt. Das kann ein guter Anlass zur Reflektion und RP sein.
Jetzt muss ich leider noch ein großes ABER anhängen: Ich mache sowas alles nur, wenn die Spieler auch Bock auf Entwicklung haben und meistens muss ich sie auch nicht austricksen, um RP Gelegenheiten zu schaffen. Meistens reicht es schon, in der Session Zeit für RP zu lassen und nicht jedesmal ein klares "hier guter Weg, hier böser Weg"-Szenario zu bauen.