Autor Thema: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)  (Gelesen 6031 mal)

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Offline Alexander Kalinowski

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Zum Thema 'Fakten Kaufen': Dazu hatte ich vor einiger Zeit mal einen ganz interessanten Thread auf der therpgsite...

Der Kern des Ganzen war folgendes Szenario:
Mein Shadowrun-SC versucht einen Kontakt zu treffen und es wird ein Treffen in einer einsamen Gasse ausgemacht. Statt meines Kontakts taucht aber irgendein Feind auf und ballert unversehens auf mich. Es ist jedenfalls eine schnell improvisierte Begegnung, vielleicht sogar eine Zufallsbegegnung - die Lokation also ist vorher nicht im Detail durchdacht worden.
Mein SC fragt nun den SL, ob da nicht ein Paar Kisten in der Gasse herumstehen, hinter die er denn springen könnte. Da es keinen festen, detaillierten Lageplan gibt, willigt der SL von mir aus erst nach einer kurzen Überlegpause ein.

Hier ist nun der Clou (es mag ein wenig an Matrix 1 erinnern): Hätte es diese Kisten auch dann gegeben, wenn der Spieler nicht daran gedacht hätte danach zu fragen? Erzeugt erst die Nachfrage einen gewissen Fakt? Vielleicht weil der SL von alleine gar nicht an ein bestimmtes Detail gedacht hätte?

Damit kämen wir zum 'Fakten Kaufen': solange der SL ein Vetorecht behält, unterscheidet sich das Erkaufen von Kisten mittels eines Gummipunkts nicht kategorisch von dem obigen klassischen/traditionellen Szenario. Der Hauptunterschied ist, dass der Gummipunkt quasi als Bestechung des SLs dient. Oder anders herum betrachtet: es kostet den Spieler etwas, wenn da günstigerweise ein paar Kisten in seiner Nähe herumstehen, hinter die man schnell in Deckung springen könnte.
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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #1 am: 5.01.2021 | 18:53 »
Das ist auf jeden Fall ein interessantes Thema. Es gibt ja einige Systeme, in den die Spieler Schicksalspunkte/ Bennies oder ähnliches einsetzen können, um Schaden zu reduzieren, bei einem schlechten Wurf noch einmal würfeln dürfen etc. Warum nicht auch einen Bennie ausgeben, damit man Kisten als Deckung erhält?

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #2 am: 5.01.2021 | 18:59 »
Mein SC fragt nun den SL, ob da nicht ein Paar Kisten in der Gasse herumstehen, hinter die er denn springen könnte. Da es keinen festen, detaillierten Lageplan gibt, willigt der SL von mir aus erst nach einer kurzen Überlegpause ein.
Ich stell mir gerade vor, wie Dein SC erstmal mit "Stop!" die Szene anhält und dann in die Luft fragt: "Gibt es da drüben ein paar Kisten" und dann entstehen da Kisten. Und danach vom SC: "Okay. Weiter geht's" ;)
(SCNR. Ich denke Du meinst dass Du fragst und nicht Dein SC. ;))
Zitat
Hier ist nun der Clou (es mag ein wenig an Matrix 1 erinnern): Hätte es diese Kisten auch dann gegeben, wenn der Spieler nicht daran gedacht hätte danach zu fragen? Erzeugt erst die Nachfrage einen gewissen Fakt? Vielleicht weil der SL von alleine gar nicht an ein bestimmtes Detail gedacht hätte?
Wenn der SL nicht daran gedacht hatte oder bewusst die Szene nur oberflächig beschrieben hat, dann hätte es die Kisten nicht gegeben, wenn der Spieler nicht daran gedacht hätte.
Zitat
Damit kämen wir zum 'Fakten Kaufen': solange der SL ein Vetorecht behält, unterscheidet sich das Erkaufen von Kisten mittels eines Gummipunkts nicht kategorisch von dem obigen klassischen/traditionellen Szenario. Der Hauptunterschied ist, dass der Gummipunkt quasi als Bestechung des SLs dient. Oder anders herum betrachtet: es kostet den Spieler etwas, wenn da günstigerweise ein paar Kisten in seiner Nähe herumstehen, hinter die man schnell in Deckung springen könnte.
Und ein weiterer wichtige Unterschied ist, dass die Mechanik diese Art des "Fakten erschaffen" überhaupt erlaubt (unabhängig davon, ob der SL sowas erlauben würde). Und natürlich dass der Spieler per Mechanik auf diese Möglichkeit mit der Nase gestuppst wird.
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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #3 am: 5.01.2021 | 19:10 »
Hier ist nun der Clou (es mag ein wenig an Matrix 1 erinnern): Hätte es diese Kisten auch dann gegeben, wenn der Spieler nicht daran gedacht hätte danach zu fragen? Erzeugt erst die Nachfrage einen gewissen Fakt? Vielleicht weil der SL von alleine gar nicht an ein bestimmtes Detail gedacht hätte?

Gibt es imaginäre Kisten, wenn niemand an sie denkt? Tiefphilosophische Fragestellung, wenn mans genau betrachtet...   :think: ;)

Damit kämen wir zum 'Fakten Kaufen': solange der SL ein Vetorecht behält, unterscheidet sich das Erkaufen von Kisten mittels eines Gummipunkts nicht kategorisch von dem obigen klassischen/traditionellen Szenario. Der Hauptunterschied ist, dass der Gummipunkt quasi als Bestechung des SLs dient. Oder anders herum betrachtet: es kostet den Spieler etwas, wenn da günstigerweise ein paar Kisten in seiner Nähe herumstehen, hinter die man schnell in Deckung springen könnte.

Es verändert sich die Dynamik zwischen Spieler und SL. Gnadengesuch (über das meiner Erfahrung nach meist mittels Würfelwurf entschieden wird) versus Anrecht (bei dem die SL sich ein Veto idR gut überlegen wird). Mir ist als Spieler und als SL zweiteres eigentlich lieber, da es mehr Sicherheit gibt; auch wenns nur sehr selten vorkommt, meiner Erfahrung nach.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #4 am: 5.01.2021 | 19:17 »
Ich stell mir gerade vor, wie Dein SC erstmal mit "Stop!" die Szene anhält und dann in die Luft fragt: "Gibt es da drüben ein paar Kisten" und dann entstehen da Kisten. Und danach vom SC: "Okay. Weiter geht's" ;)
(SCNR. Ich denke Du meinst dass Du fragst und nicht Dein SC. ;))

:facepalm:
Richtig. Aber das bleibt da jetzt so stehen, das redigiere ich nicht mehr!  ;D

Wenn der SL nicht daran gedacht hatte oder bewusst die Szene nur oberflächig beschrieben hat, dann hätte es die Kisten nicht gegeben, wenn der Spieler nicht daran gedacht hätte.

Aber dann trifft der NSC in der Folge nicht und der SL denkt daran, dass es hinter der alten Fleischfabrik eigentlich ein paar Kisten mit leckerem Gammelfleisch geben müsste und narriert wie Kugeln in die Kisten, statt in den Körper des SCs (jetzt stimmt's!  ;D ) einschlagen.
Offensichtlich hängt die Existenz der Kisten davon ab, ob irgendetwas den SL mit der Nase darauf stößt. Ihre Herkunft wird dann durch die Umstände abgeleitet.

Und ein weiterer wichtige Unterschied ist, dass die Mechanik diese Art des "Fakten erschaffen" überhaupt erlaubt (unabhängig davon, ob der SL sowas erlauben würde). Und natürlich dass der Spieler per Mechanik auf diese Möglichkeit mit der Nase gestuppst wird.

Wenn aber ein traditionelles Regelwerk explizit ausführen würde, dass ein SPIELER nach Szenedetails nachfragen darf und manchmal dadurch verbesserte Umstände für die SCs enstehen - dann wäre es wieder äquivalent?
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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #5 am: 5.01.2021 | 19:20 »
Zunächst einmal: Das Fakten kaufen hängt schwer mit dem vereinbarten Spielstil zusammen. Ich mag es ganz und gar nicht, aber in anderen Stilen mag es seine Berechtigung haben.

Zur Situationsfrage: Die Kisten hätten besser da sein sollen, aber nicht zwingend müssen.
Schön ist es nicht, wenn dann solche ja nicht irrelevanten Elemente fehlen (obwohl Holzkisten als Deckung gegen Sturmgewehre in einer engen Gasse ggf ein neues Fass wäre)

Sie waren nominell da, aber es hat keiner auf sie geachtet. Unangemessen fies wäre auf jeden Fall gewesen die Runner dann auf der Flucht über die Kisten stolpern zu lassen ...!

Solange der Spielleiter ein Vetorecht hat, ist keine Gefährdung der Spielweltkonsistenz daraus drohend.
Wenn damit echte Vorteile herbeigezaubert werden können oder aber auch halbwegs naheliegende Dinge dann nicht da sind wenn nachgefragt, wenn die Punkte fehlen, wird es gamistisch bedingt abstrakter. Die Gummipunkte werden zu einer erfolgsbestimmenden Ressource.

Wenn es kein Spielleiterveto gibt (und "nur in extremem Fällen" führt ohne klarere Regeln dazu nur zu Diskussionen, was denn nun extrem ist), ist die Spielweltkonsistenz gefährdet und es läuft oft genug darauf hinaus sich dann mit den Effekten zu toppen.
Und man hat weiter das Problem, dass solche Beiträge dann halt (meist konstante) Kosten haben, ohne Punkte kann man nichts, mit quasi alles.

Ganz ohne Punkte kann immer noch jeder einen Vorschlag machen, aber es gibt eben keinen Anspruch darauf, dass das dann umgesetzt wird.

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Achamanian

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #6 am: 5.01.2021 | 19:37 »
Wenn damit echte Vorteile herbeigezaubert werden können oder aber auch halbwegs naheliegende Dinge dann nicht da sind wenn nachgefragt, wenn die Punkte fehlen, wird es gamistisch bedingt abstrakter. Die Gummipunkte werden zu einer erfolgsbestimmenden Ressource.

Das ist die Problematik, aus der heraus ich das "Fakten kaufen" im Gegensatz zum "Fakten vorschlagen" nicht mag. Ich bin in der Beziehung eh ein "Say yes"-SL, und wenn ein System mir vorgibt, dass ich jetzt jedes Mal überlegen muss, ob ich für mein Ja irgendwelche Punkte verlange, dann bremst das nur.

Wenn ich tatsächlich mal das Gefühl habe, das über Gebühr Vorteile geschaffen werden, dann versehe ich die Vorteile halt mit nem Haken. "Ja, stimmt, die kennst du von früher, das war auch echt ne gute Zeit ... wie war das noch mal, als du sie dann hast sitzen lassen?"

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #7 am: 5.01.2021 | 19:50 »
Aus meiner Sicht unterscheidet sich das "Kaufen" von Fakten auch nicht großartig von Fällen, in denen die SL auf die Frage nach einem Sachverhalt selbst nicht ganz sicher ist und ganz klassisch mit "Würfel' doch mal..." (sei es nun auf Fertigkeit XYZ oder einfach so etwas wie "Glück") antwortet oder gar selbst die Würfel oder eine Münzwurf in die Hand nimmt. Das Preisschild sieht etwas anders aus, sicher -- aber die Idee selbst ist, soweit ich das überhaupt beurteilen kann, nun wirklich nicht neu oder gar revolutionär.

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #8 am: 5.01.2021 | 19:55 »
Aus meiner Sicht unterscheidet sich das "Kaufen" von Fakten auch nicht großartig von Fällen, in denen die SL auf die Frage nach einem Sachverhalt selbst nicht ganz sicher ist und ganz klassisch mit "Würfel' doch mal..." (sei es nun auf Fertigkeit XYZ oder einfach so etwas wie "Glück") antwortet oder gar selbst die Würfel oder eine Münzwurf in die Hand nimmt. Das Preisschild sieht etwas anders aus, sicher -- aber die Idee selbst ist, soweit ich das überhaupt beurteilen kann, nun wirklich nicht neu oder gar revolutionär.

Der Unterschied ist, dass mit dem Kaufen ein gewisser Anspruch entsteht, auch wenn der SL - oder auch Mitspieler - da Probleme sehen.
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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #9 am: 5.01.2021 | 19:59 »
Der Unterschied ist, dass mit dem Kaufen ein gewisser Anspruch entsteht, auch wenn der SL - oder auch Mitspieler - da Probleme sehen.

Nun, ich sehe da erst mal keins. Andererseits komme ich auch nicht von einem ausdrücklichen "Die Spieler haben keine Ansprüche zu haben"-Standpunkt -- mag also sein, daß es einfach daran liegt.

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #10 am: 5.01.2021 | 20:10 »
Aber dann trifft der NSC in der Folge nicht und der SL denkt daran, dass es hinter der alten Fleischfabrik eigentlich ein paar Kisten mit leckerem Gammelfleisch geben müsste und narriert wie Kugeln in die Kisten, statt in den Körper des SCs (jetzt stimmt's!  ;D ) einschlagen.

Offensichtlich hängt die Existenz der Kisten davon ab, ob irgendetwas den SL mit der Nase darauf stößt. Ihre Herkunft wird dann durch die Umstände abgeleitet.
Jupp.
Zitat
Wenn aber ein traditionelles Regelwerk explizit ausführen würde, dass ein SPIELER nach Szenedetails nachfragen darf und manchmal dadurch verbesserte Umstände für die SCs enstehen - dann wäre es wieder äquivalent?
Theoretisch ja. Praktisch nein. (;D)
Also ja. Wenn im Regelwerk drin steht, dass man das machen darf, dann könnte sich der Spieler darauf "berufen" (ob der SL das konkrete Fakt dann zulässt, steht auf einem anderen Blatt, wie Du ja mit dem Vetorecht angerissen hast). Allerdings ist meine Erfahrung dabei, dass solche Ausführungen, wenn sie nicht den vorher normalen Ablauf entsprechen, gerne dann bereits in der aktiven Szene vergessen sind. Wenn Du dagegen mit den Gummipunkten was Greifbares hast, dann erinnert sich ein Spieler eher daran sie zu nutzen. Eben weil sie einem präsent sind.
« Letzte Änderung: 5.01.2021 | 20:13 von 6 »
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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #11 am: 5.01.2021 | 20:11 »
Gibt es imaginäre Kisten, wenn niemand an sie denkt? Tiefphilosophische Fragestellung, wenn mans genau betrachtet...   :think: ;)

Ja, und noch interessanter mMn wird's dadurch, dass durch die Setzung 'Treffen hinter der Fleischfabrik' die (imaginäre) Existenz der Kisten nochmal einen Schritt näher ist. Der SL muss jetzt nur noch die Ableitung vornehmen - was man bei einem hastig improviserten Treffen (in SR kontaktieren die SCs ja doch recht häufig Connections) gerne mal nicht gemacht wird.

Es verändert sich die Dynamik zwischen Spieler und SL. Gnadengesuch (über das meiner Erfahrung nach meist mittels Würfelwurf entschieden wird) versus Anrecht (bei dem die SL sich ein Veto idR gut überlegen wird). Mir ist als Spieler und als SL zweiteres eigentlich lieber, da es mehr Sicherheit gibt; auch wenns nur sehr selten vorkommt, meiner Erfahrung nach.

Das finde ich hochinteressant, denn hier kommt noch ein anderer Aspekt rein: welche Philosophie liegt den konkreten Gummipunkten zugrunde? Wenn man FATE liest und sich die Fatepoint-Ökonomie vor Augen hält, dann ist recht schnell klar, dass die Spieler angehalten sind die Punkte rauszuballern und der SL angehalten ist, wenn's plausibel genug ist, nicht sein Veto einzulegen. In KotBL ist die Philosophie aber grundlegend anders: Fortune Points repräsentieren das Heldenglück auf das die Spieler nur im absoluten Notfall zurückgreifen (denn jeder Vorteil jetzt bedeutet definitiv einen Nachteil im späteren Abenteuer, es gibt keine verfallenden FPs des SLs).

Im Gegensatz zu FATE ermuntert KotBL also nicht dazu die Gummipunkte zu nutzen.

Aus meiner Sicht unterscheidet sich das "Kaufen" von Fakten auch nicht großartig von Fällen, in denen die SL auf die Frage nach einem Sachverhalt selbst nicht ganz sicher ist und ganz klassisch mit "Würfel' doch mal..." (sei es nun auf Fertigkeit XYZ oder einfach so etwas wie "Glück") antwortet oder gar selbst die Würfel oder eine Münzwurf in die Hand nimmt. Das Preisschild sieht etwas anders aus, sicher -- aber die Idee selbst ist, soweit ich das überhaupt beurteilen kann, nun wirklich nicht neu oder gar revolutionär.

Das hat Ise oben ja auch angeschnitten - es bedeutet allerdings einen Wechsel der Auflösungsmechanik nach Forge (DFK) von Fortune zu Karma, nicht wahr? Außerdem halte ich den Würfelwurf für die simulationistischere Lösung, die Karma-Resolution für gamistischer/narrativer. (Wobei, wenn man Genre emuliert, dann kann ein narratives Element ja auch simulationistisch wirken - Simulation der Genrewendungen oder so ähnlich.)
Früher hätte ich bei SR jedenfalls immer eine Prozentchance gegeben... 'Ja, wahrscheinlich gibt's da irgendwelche Gammelfleischkisten, aber ob unbedingt in deiner Nähe...? Ich bin mal großzügig und gebe dir eine 65%-Chance, würfel' selbst.'
« Letzte Änderung: 5.01.2021 | 20:25 von Alexander Kalinowski »
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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #12 am: 5.01.2021 | 20:25 »
Nun, ich sehe da erst mal keins. Andererseits komme ich auch nicht von einem ausdrücklichen "Die Spieler haben keine Ansprüche zu haben"-Standpunkt -- mag also sein, daß es einfach daran liegt.

Einmal nicht die Spieler - oder ist das schon pluralis majestatis - sondern erst einmal ein Spieler, und das nebenbei nicht nur gegen den Spielleiter, sondern auch gegen eben diese Mitspieler.

Das mit dem Kaufen ist hier eben kein Dialog, sondern ein "Trumpf werfen -> bestimmen".
 
Ansonsten: Nach "Szenedetails fragen" habe ich bisher für selbstverständlich angesehen - fragen wie gesagt.
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Offline Weltengeist

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #13 am: 5.01.2021 | 20:28 »
Ich halte das nachträgliche Hinzufügen von Details für sinnvoll, weil die Alternative in DSA1-mäßigen, seitenlangen Beschreibungen für jeden Schauplatz besteht ("Der Raum misst 5 auf 5 Meter und wird von zwei Fackeln an der West- und Ostwand erhellt. An der Süd- und Nordwand gibt es Türen, die jeweils 3 Meter hoch sind. Am Boden liegt ein zerschlissener Teppich, der vielleicht einmal rot gewesen ist. Auf diesem stehen ein Tisch und drei wacklig aussehende Stühlen. Auf dem Tisch steht hölzernes Essgeschirr, auf dem noch Essensreste liegen." Minutenlang weiterlaber, und wenn die Spieler halb eingepennt sind, fügt man hinzu: "Die drei Ogerwachen, die sich in dem Raum aufhalten, greifen nach ihren Keulen und greifen euch an"). Da finde ich es im Sinne des Spielflusses tatsächlich sinnvoller, die Beschreibung auf das Offensichtlichste zu beschränken ("Es handelt sich um eine Wachstube, und fast sofort greifen die drei anwesenden Ogerwachen zu ihren Keulen.") und Details auf Nachfrage nachzuliefern.

Hilfreich finde ich hier übrigens häufig eine kleine Skizze (evtl. gleich als Bewegungsplan), um einen gemeinsamen Vorstellungsraum zu schaffen.

Wenn meine Spieler dann wissen wollen, ob es hier auch ein XY gibt, unterscheide ich folgende Fälle:
  • Das XY ist ziemlich plausibel für die Situation, dann gibt es das auch.
  • Das XY ist nicht zwingend, aber denkbar für die Situation und ist ein bisschen nützlich. Dann lasse ich den Spieler einen Glückswurf ablegen.
  • Das XY ist nicht zwingend, aber denkbar für die Situation und ist echt nützlich. Dann lasse ich mich vom Spieler mit einem Glückspunkt bestechen und warte gespannt, was er damit anstellt.
  • Das XY ist unpassend oder verschafft den SC einen unverhältnismäßigen Vorteil, dann wird es abgelehnt.

In den meisten neueren Regelbüchern, die ich hier stehen habe, ist das Faktenkaufen für Gummipunkte übrigens inzwischen vorgesehen, wobei dem Spielleiter stets ein Vetorecht eingeräumt wird. Scheinbar haben also auch viele Spielemacher ähnliche Überlegungen angestellt...
« Letzte Änderung: 5.01.2021 | 20:55 von Weltengeist »
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Achamanian

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #14 am: 5.01.2021 | 20:41 »
("Der Raum misst 5 auf 5 Meter und wird von zwei Fackeln an der West- und Ostwand erhellt. An der Süd- und Nordwand gibt es Türen, die jeweils 3 Meter hoch sind. Am Boden liegt ein zerschlissener Teppich, der vielleicht einmal rot gewesen ist. Auf diesem stehen ein Tisch und drei wacklig aussehende Stühlen. Auf dem Tisch steht hölzernes Essgeschirr, auf dem noch Essensreste liegen." Minutenlang weiterlaber, und wenn die Spieler halb eingepennt sind, fügt man hinzu: "Die drei Ogerwachen, die sich in dem Raum aufhalten, greifen nach ihren Keulen und greifen euch an").


Ist das ein Originalzitat aus einem alten DSA-Abenteuer, oder nur eine perfekte Imitation?

Scurlock

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #15 am: 5.01.2021 | 20:47 »
Es macht einen großen Unterschied, ob die SL auf Nachfrage ein paar Kisten in der Gasse beschreibt oder ob die Spieler ein paar Kisten aus dem Nichts erscheinen lassen. Denn im ersten Falle definiert die SL das Umfeld der Charaktere, im letzteren manipulieren die Charaktere die Spielweltrealität. In einer Spielwelt im Stile von Matrix oder Ready Player One mag das durchaus passig erscheinen, aber für das Gros der Spielwelten, die ich bespiele, ist so ein Spielmechanismus ein Brechen der Immersion.
« Letzte Änderung: 5.01.2021 | 20:49 von Scurlock »

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #16 am: 5.01.2021 | 20:52 »
Einmal nicht die Spieler - oder ist das schon pluralis majestatis - sondern erst einmal ein Spieler, und das nebenbei nicht nur gegen den Spielleiter, sondern auch gegen eben diese Mitspieler.

No, sir, das ist schlicht aus der SL-Perspektive -- und da ist das dann schlicht die Grundposition den Spielern allgemein gegenüber. Da wird auch erst mal keiner gleich nach der Devise "teile und herrsche" als bequemer alleinstehender Sündenbock herausgepickt.

Zitat
Das mit dem Kaufen ist hier eben kein Dialog, sondern ein "Trumpf werfen -> bestimmen".

Nun -- wenn's in den Regeln so vorgesehen ist, klar, dann funktioniert auch das Spiel so. Ich könnte mich allerdings spontan an kein System erinnern, das mir bis dato untergekommen ist und tatsächlich schnurstracks zu "Gummipunkt trumpft alles" springt; bis sich das ändert, bleibt dieser Fall also rein hypothetisch.

Offline Weltengeist

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #17 am: 5.01.2021 | 20:56 »
Ist das ein Originalzitat aus einem alten DSA-Abenteuer, oder nur eine perfekte Imitation?

Danke für das Lob - das hab ich mir gerade aus den Fingern gesaugt... ~;D
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Achamanian

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #18 am: 5.01.2021 | 20:59 »
Es macht einen großen Unterschied, ob die SL auf Nachfrage ein paar Kisten in der Gasse beschreibt oder ob die Spieler ein paar Kisten aus dem Nichts erscheinen lassen. Denn im ersten Falle definiert die SL das Umfeld der Charaktere, im letzteren manipulieren die Charaktere die Spielweltrealität.

Nee, die Spieler manipulieren die Spielweltrealität. Das tun sie aber auch im herkömmlichen Rollenspiel in aller Regel dauernd, allein schon bei der Charaktererschaffung - wenn da der Spieler die Haarfarbe seines SC festlegt, ist das auch nicht die freischwebende Seele des SC, die vor seiner Geburt die eigenen Gene beeinflusst hat, um schwarze Locken zu kriegen.

Ich bin da ganz beim Eingangsbeitrag, es ist in Bezug auf die prinzipielle Gestaltung der Spielweltwirklichkeit durch die Spieler kein Unterschied, ob ein Spieler fragt, ob es etwas gibt (und damit einen Vorschlag macht, den die SL dann "wahr werden lassen" kann), oder ob ein Spieler einen Punkt ausgibt, um etwas "wahr werden zu lassen" (und die SL das im Zweifelsfall durch ihr Veto verhindert). Der Unterschied zwischen beidem ist lediglich, ob man das a) als festes Prinzip der Interaktion zwischen Spieler und SL im Spiel verankert haben will und b) ob man es an eine Punkteökonomie knüpfen will. Gummipunkte-Regeln zum Faktenschaffen gewährleisten beides (man könnte aber wie angeführt durchaus auch fest in den Spielregeln verankern, dass Spieler Vorschläge zu Spielweltfakten machen können und sollen, die dann die Spielleitung absegnet, modifiziert, oder abschmettert, ohne das an irgendeine Punkteökonomie zu koppeln).

Ich persönlich mag wie gesagt den Punkteökonomie-Aspekt daran nicht. Wesentlich besser komme ich dann wieder z.B. mit SL-freien Spielen klar, die ganz klar festlegen, wer in welchen Phasen welche Erzählrechte hat (was es dann auch viel leichter macht, zu sagen: "Leute, ich stehe auf dem Schlauch, kann jemand mir Vorschläge für meine Szene machen?", weil i.d.R. viel offener zutage liegt, wie die Erzählrechte gerade verteilt sind, als wenn man das Fate-mäßig "elegant" über eine im Punktegeschubse versteckte "Engine" regelt).

Achamanian

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #19 am: 5.01.2021 | 21:01 »
Danke für das Lob - das hab ich mir gerade aus den Fingern gesaugt... ~;D

"Der zerschlissene Teppich, der vielleicht einmal rot gewesen ist" ist glaube ich das Detail, das für mich ganz genau den Ton getroffen hat. Ach, irgendwie war's ja auch schön ...

Offline Ma tetz

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #20 am: 5.01.2021 | 21:01 »
Kenn ich auch nur so, wie Weltengeist und kann damit als Spieler und SL gut leben.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #21 am: 5.01.2021 | 21:21 »
Es macht einen großen Unterschied, ob die SL auf Nachfrage ein paar Kisten in der Gasse beschreibt oder ob die Spieler ein paar Kisten aus dem Nichts erscheinen lassen. Denn im ersten Falle definiert die SL das Umfeld der Charaktere, im letzteren manipulieren die Charaktere die Spielweltrealität. In einer Spielwelt im Stile von Matrix oder Ready Player One mag das durchaus passig erscheinen, aber für das Gros der Spielwelten, die ich bespiele, ist so ein Spielmechanismus ein Brechen der Immersion.
Einmal nicht die Spieler - oder ist das schon pluralis majestatis - sondern erst einmal ein Spieler, und das nebenbei nicht nur gegen den Spielleiter, sondern auch gegen eben diese Mitspieler.

Das mit dem Kaufen ist hier eben kein Dialog, sondern ein "Trumpf werfen -> bestimmen".
 
Ansonsten: Nach "Szenedetails fragen" habe ich bisher für selbstverständlich angesehen - fragen wie gesagt.

Also ich finde, dass in beiden Fällen die SPL den Impuls geben und der SL dann darüber befindet. Ein Unterschied befindet sich auf sprachlicher Ebene: in klassischen Systemen in Frageform, bei Gummipunkten als Wunsch formuliert. Wenn DAS einen stört, dann könnte man natürlich Hausregeln, dass auch in einem Gummipunkt-System (also Karma) so etwas in Fragenform formuliert werden muss:

Der Spieler fragt, "Stehen zufällig Kisten in meiner Nähe herum?", während er einen Gummipunkt-Token auf halbem Weg zum SL herüberschiebt.
Der SL überlegt kurz und schiebt dann das Token in seinen Pool und antwortet: "Ja, klar. Willst du dahinterspringen bevor die Kugeln dich treffen können?"
So wird der Bestechungscharakter vollends offensichtlich.


Aber vllt kann ich ja zwischen Maarzan und nobody ein wenig vermitteln, indem ich nochmal auf die jeweils grundlegende Spielphilosophie hinweise.
Keine Schleichwerbung beabsichtigt, aber die Philosophie hinter KotBL ist eben so radikal anders als beí FATE. Bei KotBL steht der SL ja stellvertretend für die dunklen Götter, die aus Langeweile mit den Sterblichen ihre Spielchen spielen. Es erfordert von den SPL, ähnlich wie bei CoC, also eine gewisse Lust am Untergang - oder wenigstens den Wunsch den Widrigkeiten der Götter zu trotzen.
Bei so einer Ausgangslage ist der ANSPRUCH der Spieler den Gummipunkteinsatz nicht per Veto verhagelt zu bekommen natürlich unendlich viel schwächer als bei FATE.

Ganz im Gegenteil, es wäre sogar folgendes Szenario denkbar:
Ein SC soll einen Kontakt hinter einer Fässer-Manufaktur treffen, stattdessen gibt's eine unfreundliche Zufallsbegegnung und ein Dieb schießt mit einer Armbrust auf den SC. Der SPL fragt den SL: "Stehen da nicht Fässer 'rum? Hinter einer Fässer-Manufaktur müssen doch Fässer stehen?" und der SL antwortet kalt lächelnd, "Nein, in der Gasse gibt's überhaupt keine Deckung, sie sieht aber frisch gefegt aus, richtig gründlich!", während er einen Gummipunkt zum SPL herüberschiebt. (..den er natürlich nicht sofort für einen anderen Quatsch einsetzen kann, das wäre ja albern.)

tl; dr = Wieviel Anspruch in einem Gummipunkt-System besteht, hängt ERHEBLICH von der Philosophie hinter den Punkten ab. Das variiert.
Knights of the Black Lily RPG - Black Fantasy-RPG mit Next Gen Fantasygenre-Simulationssystem.
KotBL spielt auf Ilethra, einer Welt in der es keine guten Götter gibt.

Scurlock

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #22 am: 5.01.2021 | 21:25 »
Nee, die Spieler manipulieren die Spielweltrealität. Das tun sie aber auch im herkömmlichen Rollenspiel in aller Regel dauernd, allein schon bei der Charaktererschaffung - wenn da der Spieler die Haarfarbe seines SC festlegt, ist das auch nicht die freischwebende Seele des SC, die vor seiner Geburt die eigenen Gene beeinflusst hat, um schwarze Locken zu kriegen.
Hm, im herkömmlichen Rollenspiel wird am Genmaterial einer Figur, nämlich des Charakters, herumgespielt. Dann endet aber auch schon die Manipulation. Beim "Fakten kaufen" kann der Spieler aber jederzeit, zumindest solange er Gummipunkte hat, die Spielwelt auch danach manipulieren. Oder anders formuliert, auf der einen Seite hast Du einen Wissenschaftler der einmalig Genmanipulation betreibt auf der anderen Seite einen Neo oder Agent Smith, der die Welt nach seinen Vorstellungen immer wieder verändert.   

Zitat
Ich bin da ganz beim Eingangsbeitrag, es ist in Bezug auf die prinzipielle Gestaltung der Spielweltwirklichkeit durch die Spieler kein Unterschied, ob ein Spieler fragt, ob es etwas gibt (und damit einen Vorschlag macht, den die SL dann "wahr werden lassen" kann), oder ob ein Spieler einen Punkt ausgibt, um etwas "wahr werden zu lassen" (und die SL das im Zweifelsfall durch ihr Veto verhindert). Der Unterschied zwischen beidem ist lediglich, ob man das a) als festes Prinzip der Interaktion zwischen Spieler und SL im Spiel verankert haben will und b) ob man es an eine Punkteökonomie knüpfen will. Gummipunkte-Regeln zum Faktenschaffen gewährleisten beides (man könnte aber wie angeführt durchaus auch fest in den Spielregeln verankern, dass Spieler Vorschläge zu Spielweltfakten machen können und sollen, die dann die Spielleitung absegnet, modifiziert, oder abschmettert, ohne das an irgendeine Punkteökonomie zu koppeln).
Der Unterschied besteht darin, dass die SL die Wahl hat, ob er auf die Frage des Spielers eingeht oder nicht. Wenn die SL also die Kiste nachträglich beschreibt, heißt es vielleicht auch nur, dass die Szenerie bisher nur grob und spontan umrissen war und die Nachfrage die Details klärt. Und es besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Kisten nicht vorhanden sind, weil die SL explizit in dieser Szene keine Kisten vorsieht.
Bei "Fakten kaufen" ist es unerheblich, ob die SL Kisten in der Szene vorgesehen hat oder nicht. Die Spiele bestimmen die Existenz der Kisten.   

Offline nobody@home

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #23 am: 5.01.2021 | 21:29 »
tl; dr = Wieviel Anspruch in einem Gummipunkt-System besteht, hängt ERHEBLICH von der Philosophie hinter den Punkten ab. Das variiert.

Scheint so. Knights of the Black Lily klingt im Moment in dieser Hinsicht jedenfalls philosophisch stark verwandt mit den Systemen da draußen, deren Kampfsysteme von ihren Fans unter anderem mit dem leicht eigenwilligen Argument gegen Kritik verteidigt werden, daß sie die Spieler ja möglichst motivieren sollen, sie gar nicht erst zu benutzen... ;)

Achamanian

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #24 am: 5.01.2021 | 21:33 »
Der Unterschied besteht darin, dass die SL die Wahl hat, ob er auf die Frage des Spielers eingeht oder nicht. Wenn die SL also die Kiste nachträglich beschreibt, heißt es vielleicht auch nur, dass die Szenerie bisher nur grob und spontan umrissen war und die Nachfrage die Details klärt. Und es besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Kisten nicht vorhanden sind, weil die SL explizit in dieser Szene keine Kisten vorsieht.
Bei "Fakten kaufen" ist es unerheblich, ob die SL Kisten in der Szene vorgesehen hat oder nicht. Die Spiele bestimmen die Existenz der Kisten.

Die Wahl hat die SL eigentlich auch in allen Systemen mit "Fakten kaufen", die ich kenne - da ist immer auch ein SL-Veto vorgesehen.
Und auf der Ebene der Fiktion ist es wiederum unerheblich, ob die SL die Kisten vorgesehen hat oder nicht; sobald auf die eine oder andere Ebene (per Spieler-Nachfrage oder per Gummipunkteinsatz) geklärt ist, ob sie da sind oder nicht, waren sie eben schon von Anfang an da oder nicht.
Da die SL ja unmöglich alle Details einer Szene vorgesehen haben kann, ist der wahrscheinlichste Fall - egal, ob es um Gummipunkte oder Spielernachfragen geht - doch sowieso der, dass Dinge, die auf Spielerinitiative hin als vorhanden festgelegt werden, bis dahin eben nicht explizit vorgesehen waren, aber in den Augen der SL Sinn ergeben. Und dann ist tatsächlich der einzige Unterschied, ob zu der Frage noch ein Punkt herumgeschoben wurde oder eben nicht.