Autor Thema: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)  (Gelesen 6401 mal)

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Offline Alexandro

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #50 am: 6.01.2021 | 16:18 »
Jedes Rollenspiel hat Schrödinger-Situationen. Das nennt sich Skillsystem:

Wenn ich auf Kräuterkunde würfele um jemanden zu vergiften und es ist ein Kritischer Fehlschlag, dann waren die Kräuter in der Gegend offensichtlich nicht giftig genug.
Wenn ich auf Kräuterkunde würfele um das Essen der Gruppe zu würzen und es ist ein Kritischer Fehlschlag, dann waren die Kräuter in der Region offensichtlich hochgiftig.
Solange nicht beide Situationen simultan auftreten, ist es relativ egal, was davon ursprünglich geplant war.

Das gleiche mit Zufallstabelle: je nachdem was diese sagen kommt halt gerade ein wandernder Goblin durch den Korridor oder nicht (das kann tatsächlich Probleme mit der Glaubwürdigkeit verursachen, wenn der Schrödinger-Goblin potentiell den Lärm der Gruppe im letzten Raum hätte hören müssen und eigentlich schon ganz woanders sein müsste, um Verstärkung zu holen oder (was noch häufiger ist) es einfach keinen Gang gibt, aus dem dieser Gegner hätte auftauchen können). Hier muss jemand notfalls auf die Unglaubwürdigkeit der Situation hinweisen und den Wurf ungeschehen machen.
« Letzte Änderung: 6.01.2021 | 16:27 von Alexandro »
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Offline Maarzan

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #51 am: 6.01.2021 | 18:07 »
Warum denn nicht? Jedes Rollenspiel mit Faktenkaufen und irgendeiner Sandbox kommt schon mal für die Erkundungsvariante in Frage. Wenn ich einen Hexcrawl mache und bei irgendeinem Encounter eben ein paar Kisten ins Spiel kommen, dann berührt das doch überhaupt nicht den für mich evtl. relevanten Teil: die Erkundung und ggf. Kartographierung der Region.

Und FATE kann man mit Fokus auf spielerischen Erfolg, statt cooler Story, spielen.

Beides ein klares Nein. Ich kann nichts erkunden, was ich gerade von außen erst selbst gestalte. Das ist wie ein "Experiment", wo ich die Wirkung von A auf B erkunden will und für das gewünschte Ergebnis für B immer noch ein wenig von außen an B drehe, bis es passt.

 
Das empfinde ich als maximale Begriffsverhunzung!

Entsprechend das mit dem "spielerischen Erfolg", wenn quasi "gedoped wird.


Wenn's nicht wesentlich ist, dann wird der Spieler keinen Gummipunkt ausgeben, höchstens mal Nachfragen und es gibt wieder keinen Unterschied zu traditionellen Spielen.

Wenn es wesentlich ist, sollte das Ergebnis nicht von einem willkürlichen externen Zusatzeffekt bestimmt werden.

Erkunden kann man vieles, der Forge nach kann man alles Erkunden, sogar System.
Nach der Forge war alles, was nicht zu ihren Primärinteressengehörte "Simulation" im Zweifel dieSimulation von was auch immer nicht ihr Primärinteresse war.

Aber selbst wenn man sich auf das Setting beschränkt, dann kann man immer noch die Frage stellen, was genau der Raum der Erkundung ist. Vielleicht interessieren mich nur die politischen Gegebenheiten einer Region und ich will erkunden wie die Machthaber zueinanderstehen. Vielleicht will ich erkunden was für interessante Orte in einer Gegend sind. Und vielleicht will ich auch in das Setting in seiner Gänze eintauchen. Selbst dann darf man die Frage stellen, ob ein kleinerer Verstoß wie ein paar Kisten ins Gewicht fallen und falls ja, ob das nicht eine Form von Absolutismus ist.

Und immer noch keinerlei Sinn da Fakten kaufen für mit rein zu bringen.

Verstehe ich nicht. Ich stehe kurz davor erschossen zu werden und habe noch einen Gummipunkt, also frage ich den SL, ob da nicht noch ein paar Kisten stehen, die ich als Deckung nutzen könnte und schiebe ihm als Angebot meinen Gummipunkt rüber. Ich muss aus gamistischer Sicht abwägen, ob ich den Angriff ohne Kisten überleben könnte (oder mit Abzügen durch schwere Wunde) und wie wahrscheinlich das ist und ob ich ihn vielleicht nicht später noch dringend brauchen könnte.
Der geschickte Einsatz der Gummipunkte im richtigen Moment ist dann Teil der Herausforderung. Man muss dabei nicht die Story lesen (vielleicht noch die Stimmung des GMs, aber das ist bei jedem System der Fall), sondern die Situation (und wie die Regeln die Situation abbilden).

Das ist nicht gamistisch. Die Faktenschaffenfunktion ist nicht annährnd ausreichend exakt beschrieben sondern ein reines Willkürelement.

Wieso nur die Wunde verhindern? Think big- Sorg dafür, dass die Seitenwand einstürzt oder eine spontane Gasexplosion im Chinagrill die Angreifer wegwischt. Ist alles schon passiert, warum nicht genau jetzt?
Da ist nichts "geschickt", dass ist eine reines abtastendes "Erkunden" der Grenzen des Bullshitlimits des aktuellen Spielleiters, ggf ergänzt um entsprechendes energisches Belabern .

Jedes Rollenspiel hat Schrödinger-Situationen. Das nennt sich Skillsystem:

Wenn ich auf Kräuterkunde würfele um jemanden zu vergiften und es ist ein Kritischer Fehlschlag, dann waren die Kräuter in der Gegend offensichtlich nicht giftig genug.
Wenn ich auf Kräuterkunde würfele um das Essen der Gruppe zu würzen und es ist ein Kritischer Fehlschlag, dann waren die Kräuter in der Region offensichtlich hochgiftig.
Solange nicht beide Situationen simultan auftreten, ist es relativ egal, was davon ursprünglich geplant war.

Je nach Ziel der Anwendung wird die Figur entsprechende Kräuter auswählen für den Zweck. Es ist also nicht ein Wurf, der dieselbe Handlung nach Intention beurteilt, sondern dieselbe Fertigkeit wird für die Erfolgschance zweier in der Spielweltpraxis dann unterschiedlichen Handlungsversuche bemüht. Patzer wäre dann die Verwechslung zweier relevanten Kräuter, so diese mit in dem möglichen Pool waren oder jeweils ein entscheidender Fehler bei der spezifischen Zubereitung für den jeweiligen Zweck. 

Ahnungsloser blinder Einsatz von Zufallsbegegnungen an den entsprechend falschen Stellen ist tatsächlich kreuzdämlich.


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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #52 am: 6.01.2021 | 19:55 »
Beides ein klares Nein. Ich kann nichts erkunden, was ich gerade von außen erst selbst gestalte. Das ist wie ein "Experiment", wo ich die Wirkung von A auf B erkunden will und für das gewünschte Ergebnis für B immer noch ein wenig von außen an B drehe, bis es passt.

Das empfinde ich als maximale Begriffsverhunzung!

Wenn ich einer neuen Stadt meine Wohnung einräume, dann kann ich danach immer noch erkunden wie es im Rest der Stadt aussieht. Tut dem überhaupt keinen Abbruch. Womit wir wieder bei deinem Absolutheitsanspruch wären. So einen Anspruch zu haben ist legitim, aber beileibe nicht der einzige Weg Erkundung im Rollenspiel zu haben. Von daher bleibe ich bei meinen vorherigen Einlassungen.

Oder anders gesagt: wenn da nun Kisten herumstehen, welchen Teil der Welt kannst du jetzt nicht mehr erkunden? Und setze das bitte mal in Relation zu dem Teil der Spielwelt, den du immer noch erkunden kannst. Ich nehme an, dass wir dann jetzt an den Punkt kommen wo es nicht mehr um Erkundung geht, sondern entweder um Immersion oder Zerstörung des 'Experiments', was ja sowieso nur eine super-spezielle Art der Erkundung mit Gesamtheitsanspruch ist.

Erkundung an sich wird davon also schlimmstenfalls marginal berührt.

Entsprechend das mit dem "spielerischen Erfolg", wenn quasi "gedoped wird.

Gedopt im Vergleich zu was? Einem System, in dem die SCs kein Heldenglück haben? Oder NSCs?
In Deathwatch RPG sind die SCs buchstäblich gedopt, in Rifts die Juicer auch. SCs haben in den meisten Rollenspielen irgendeine Art von Vorteil, sei es Bewaffnung, Ausbildung, Superkräfte, whatever. So what?
Das macht alles keinen Sinn. Man könnte höchstens einwenden, dass man die Art des Vorteils nicht mag, das ist legitim. Da der SL aber Begegnungen beliebig konstruieren und nach oben skalieren kann, kann man die Herausforderung auch angemessen gestalten/anpassen.
Es gibt 0 Grund, warum die Herausforderung dabei auf der Strecke bleiben sollte.

Wenn es wesentlich ist, sollte das Ergebnis nicht von einem willkürlichen externen Zusatzeffekt bestimmt werden.

Verstehe ich nicht.

Nach der Forge war alles, was nicht zu ihren Primärinteressengehörte "Simulation" im Zweifel dieSimulation von was auch immer nicht ihr Primärinteresse war.

Ja, aber die Forge hat ja in dem Sinne recht, dass man ein Rollenspiel zB auch spielen kann, weil man neugierig auf das System ist. Das passt scho'.

Und immer noch keinerlei Sinn da Fakten kaufen für mit rein zu bringen.

Na, das kann man so gar nicht sagen. EIN möglicher Sinn ist, dass fiktionale Helden in Büchern oder Filmen auch häufig gerade Kisten oder ähnliches in der Nähe herumstehen haben, wenn sie sie gerade brauchen - oder fehlen, wenn die Dramatik es erfordert. Dies kann man im Rollenspiel damit emulieren/erzeugen.

Es folgt damit den bekannten Vorlagen.

Das ist nicht gamistisch. Die Faktenschaffenfunktion ist nicht annährnd ausreichend exakt beschrieben sondern ein reines Willkürelement.

Das braucht es auch nicht, Gamismus erfordert mitnichten Determinismus. Es reicht, dass ich als Spieler weiß, wenn ich einen Gummipunkt ausgebe, dann komme ich einen Vorteil, der sich ungefähr so-und-so günstig auswirkt, wenn ich zwei Gummipunkte ausgebe, dann bekomme ich stattdessen einen Vorteil von diesem oder jenen Ausmaß, etc. Eine grobe Klassifizierung reicht um als Spieler eine Abschätzung vornehmen zu können und den SL beim Wort zu nehmen.


Wieso nur die Wunde verhindern? Think big- Sorg dafür, dass die Seitenwand einstürzt oder eine spontane Gasexplosion im Chinagrill die Angreifer wegwischt. Ist alles schon passiert, warum nicht genau jetzt?

Wenn der Spieler bereit ist die Gummipunkt-Kosten, die dieser Klasse an Vorteil entsprechen, zu berappen und der SL damit einverstanden ist, warum nicht. Okay, Herausforderung ohne Mühe ausgeschaltet, wunderbar. Also doch nicht gamistisch? Doch! Klassisches, gamistisches Ressourcenmanagement. Bei dem nächsten Gefecht eine Spielstunde später steht jetzt der SC vielleicht ohne Gummipunkt dar und wird von Ghoulen gefressen. Schlimmer noch, wenn seine Punkte in den Pool des SLs gewandert sind. Hätte er vielleicht mal besser nur einen Punkt für die Kisten ausgegeben.

Absolut und 100% kompatibel mit Gamismus. Man muss es nicht mögen. Aber zu behaupten, dass dies nicht kompatibel ist, ist schlicht falsch.

Da ist nichts "geschickt", dass ist eine reines abtastendes "Erkunden" der Grenzen des Bullshitlimits des aktuellen Spielleiters, ggf ergänzt um entsprechendes energisches Belabern .

Damit ist umzugehen ist immer Teil des SL-Jobs und kein Gegenargument. Bei der XP-Vergabe erlebe ich auch regelmäßig wie SPL versuchen den SL zu belabern. Es gibt kein (traditionelles) Rollenspiel, das nicht Augenmaß vom SL verlangt und bei dem Spieler nicht versuchen können den SL zu manipulieren. Nächstes klassisches Beispiel: Rumgejammere, dass die Kämpfe immer viel zu schwer sind. Obwohl bisher alle ohne Verluste bestanden wurden.

Das alleine ist kein seriöses Argument für oder gegen irgendeine Mechanik.
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Offline Maarzan

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #53 am: 6.01.2021 | 20:13 »


Verstehe ich nicht.

plus

Na, das kann man so gar nicht sagen. EIN möglicher Sinn ist, dass fiktionale Helden in Büchern oder Filmen auch häufig gerade Kisten oder ähnliches in der Nähe herumstehen haben, wenn sie sie gerade brauchen - oder fehlen, wenn die Dramatik es erfordert. Dies kann man im Rollenspiel damit emulieren/erzeugen.


Genau da sehe ich das Problem: Du verstehst nicht bzw siehst alles letztlich immer noch rein durch die Dramatikbrille - Mit vielen geschwungenen Worten: Interpretier die Bezeichner deines Stils doch einfach so, dass er meinem Stil entspricht und schon brauchst du den alten nicht mehr und kannst auch so spielen wie ich es mir vorstelle.

Und das EIN hilft gar nichts, wenn es um die Verwendung im Rahmen von Exploration oder Herausforderung geht. Da ist das kein EIN sondern ein KEIN!

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Offline Alexandro

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #54 am: 6.01.2021 | 20:14 »
Nach der Forge war alles, was nicht zu ihren Primärinteressengehörte "Simulation" im Zweifel dieSimulation von was auch immer nicht ihr Primärinteresse war.

Bleib lieber bei deinen eigenen Runden.

Von den Runden (und Theorien) anderer Personen hast du - wie du wieder mal eindrucksvoll beweist - keine Ahnung (oder du willst diese absichtlich nicht verstehen).
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Offline Maarzan

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #55 am: 6.01.2021 | 20:21 »
Bleib lieber bei deinen eigenen Runden.

Von den Runden (und Theorien) anderer Personen hast du - wie du wieder mal eindrucksvoll beweist - keine Ahnung (oder du willst diese absichtlich nicht verstehen).

Ne klar. Das dürfte mit dem abstrusen Einwurf wohl eher auf dich zutreffen.

Aber in einem hast du zufällig recht.
Jeder sollte bei seinen Runden bleiben und dazu gehört eben auch eine ehrliche und offen Differenzierung und danach Bezeichnung statt: Lässt sich alles doch auch irgendwie nach meiner Nase uminterpretieren, spiel meins.

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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #56 am: 7.01.2021 | 05:05 »
Moment mal, hier ist der Unterschied zwischen uns beiden: Du redest von DEM Erkundungsspiel und DEM herausforderungsorientiertem Spiel, was aber beides enormen Interpretationsspielraum zulässt! Ich rede davon, dass deine spezielle Vorstellung davon jeweils EINE Spielart ist und dass EINE andere Spielart mit DEM Erkundungsspiel/herausforderungsorientiertem Spiel (iwS, dh nicht speziell in deinem Sinne) überlappt.

Wenn ich Game of Thrones schaue, dann habe ich einerseits Hollywood-Dramatik und andererseits erkunde ich als Zuschauer wie Westeros überhaupt aufgebaut ist, wie es in Dorne aussieht, etc. Wenn ich D&D 3.x spiele und die Schwertküste erkunde, dann hat mein SC vielleicht 50 HPs, im Ggs zu 10 HP des normalen Bewohners. Verhagelt dieser Sonderstatus jemandem das Erkundungsspiel oder die Herausforderung? Hat der SC vielleicht auch aus dramatischen Erfordernissen (damit er in seinen Abenteuern zB Kämpfe gegen Orks erleben und überleben kann; sonst müsste man nämlich eher der Oma den Kirschkuchen klauen oder sowas) so eine Sonderstellung?

Wenn jemand auf der Reinheit seines Gedankenexperiment-Spielstils bestehen will, nun gut. Das ist EIN legitimer Ansatz. Ich sehe für mich persönlich aber keine 'Verunreinigung', solange die produzierte Fiktion nicht meiner Vision des Settings stark widerspricht, egal wie sie zustandegekommen ist.
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Offline Maarzan

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #57 am: 7.01.2021 | 10:51 »
Moment mal, hier ist der Unterschied zwischen uns beiden: Du redest von DEM Erkundungsspiel und DEM herausforderungsorientiertem Spiel, was aber beides enormen Interpretationsspielraum zulässt! Ich rede davon, dass deine spezielle Vorstellung davon jeweils EINE Spielart ist und dass EINE andere Spielart mit DEM Erkundungsspiel/herausforderungsorientiertem Spiel (iwS, dh nicht speziell in deinem Sinne) überlappt.

Wenn ich Game of Thrones schaue, dann habe ich einerseits Hollywood-Dramatik und andererseits erkunde ich als Zuschauer wie Westeros überhaupt aufgebaut ist, wie es in Dorne aussieht, etc. Wenn ich D&D 3.x spiele und die Schwertküste erkunde, dann hat mein SC vielleicht 50 HPs, im Ggs zu 10 HP des normalen Bewohners. Verhagelt dieser Sonderstatus jemandem das Erkundungsspiel oder die Herausforderung? Hat der SC vielleicht auch aus dramatischen Erfordernissen (damit er in seinen Abenteuern zB Kämpfe gegen Orks erleben und überleben kann; sonst müsste man nämlich eher der Oma den Kirschkuchen klauen oder sowas) so eine Sonderstellung?

Wenn jemand auf der Reinheit seines Gedankenexperiment-Spielstils bestehen will, nun gut. Das ist EIN legitimer Ansatz. Ich sehe für mich persönlich aber keine 'Verunreinigung', solange die produzierte Fiktion nicht meiner Vision des Settings stark widerspricht, egal wie sie zustandegekommen ist.

In der Praxis ist alles irgendwo auch in einem gewissen Anteil in Spielen, die einen anderen Spielstil priorisieren mit drin.
Für die Knatschvermeidung geht es um die Fälle, wo die Präferenzen verschiedener Stile kollidieren.

Für einen Sportringer ist WWE-Wrestling ja auch nicht Ringen, auch wenn da immer irgendwo auch etwas getan wird, was nach ringen aussieht oder gar von dort stammt.

Und die HP sind eine Repräsentation von einer, wenn auch etwas kruden, Spielweltphysik, bzw. bekommen ihre Kritik genau dafür, dass das in einigen Spielsystemen eben nicht so sauber geklärt wird.
Fakten kaufen liegt auf einer ganz anderen Ebene.
Und wieder der völlig deplazierte Verweis auf Drama!


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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #58 am: 7.01.2021 | 13:02 »
In der Praxis ist alles irgendwo auch in einem gewissen Anteil in Spielen, die einen anderen Spielstil priorisieren mit drin.
Für die Knatschvermeidung geht es um die Fälle, wo die Präferenzen verschiedener Stile kollidieren.

Wer bereit ist in einer FATE-Runde mitzuspielen -und nicht Rollenspiel-Anfänger ist-, der weiß halbwegs worauf er sich da einlässt.
Erkundung ist übrigens zunächst einmal auch kein Spielstil, sondern eine Teilaktivität wie Kämpfen, Gespräche mit NSCs oder dem heimlichen Einstieg in einen fremden Wohn-/Arbeitsraum.

Für einen Sportringer ist WWE-Wrestling ja auch nicht Ringen, auch wenn da immer irgendwo auch etwas getan wird, was nach ringen aussieht oder gar von dort stammt.

Ja, aber 'Erkundung' ist eher wie ein Beingriff und nicht wie Sportringen oder Wrestling.

Und die HP sind eine Repräsentation von einer, wenn auch etwas kruden, Spielweltphysik, bzw. bekommen ihre Kritik genau dafür, dass das in einigen Spielsystemen eben nicht so sauber geklärt wird.
Fakten kaufen liegt auf einer ganz anderen Ebene.

Nö, ist im Zweifel nur eine abstraktere (und automatisierte) Repräsentation vom Kauf des Fakts: "Dein Schwertstreich trifft mich doch noch." Und trotzdem ist Erkundung als Teilaktivität in D&D möglich. Genauso wie in FATE mit generalisertem, bei-Bedarf Faktenkaufen.
Was nicht möglich ist, allerdings, dass ist ein 100% 'reiner' Spielstil, bei dem die Spielwelt um die SCs zu jeder Zeit und in jedem noch so kleinen Detail vom SL und den Würfeln bestimmt wird.
Das ist allerdings Erkundungsspiel in einem so engen Sinne, dass ich mir das nicht zu eigen mache.

Und wieder der völlig deplazierte Verweis auf Drama!

Es geht allerdings in diesem Thread um Faktenkaufen und nicht um deine Verengung von Erkundungsspiel auf einen 100% reinen Spielstil. Wie kann da der Hinweis auf Drama deplatziert sein?

Nachfrage:
Ist eigentlich frühes (A)D&D -plus die OSR- aufgrund der Maxime "Rulings, not Rules" auch inkompatibel zu herausforderungs-orientiertem Spiel? Es ist ja alles irgendwie Wischi-Waschi, da kann man doch gut den Spielleiter 'bespielen'?
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Offline unicum

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #59 am: 7.01.2021 | 14:05 »
Ich halte zielich jeder art von Fragen der Spieler an den SL gerechtfertigt. Vor einer taktischen Situation nach einer genaueren Beschreibung zu fragen ist dabei durchaus legitim. Denn der SL gibt die Details auf denen die Spieler ihre Entscheidungen aufbauen. Suggestionsfragen sind dabei durchaus erlaubt "Sind da Kisten in der Gasse (hinter denen ich in deckung gehen kann)?"
Durchaus legitim ist auch die Gegenrede "Die Gasse wurde für den Hinterhalt wohl aufgeräumt." und die Gegenrede darauf "Das hätte mich doch vorher schon stutzig machen müssen, schliesslich ist das ein heruntergekommenes Virtel und meine Figur ist in diesen Gassen aufgewachsen die wäre in so eine offensichtliche Falle nicht reingegangen." - insofern ist das "Ja da sind kisten" immer die einfachere Lösung. (Hinter den Kisten können sich ja auch noch andere Attentäter verschanzt haben,...)

"Gibt es in dem großen Saal Kronleuchter wo ich von der einen Balustrade zur anderen Schwingen kann?" Klassische 7te See frage - und auch eigentlich in dem Setting klassich unnötig. denn natürlich gibt es die Kronleuchter da. (Wie sonst erhellt man den Saal nachts?).

Ich habe in der Regel auch bei Systemen welche nicht so etwas brauchen wie Gummipunkte um solche Details zu kaufen nichts dagegen wenn Spieler so etwas machen.

Offline Isegrim

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #60 am: 7.01.2021 | 14:57 »
Ich habe in der Regel auch bei Systemen welche nicht so etwas brauchen wie Gummipunkte um solche Details zu kaufen nichts dagegen wenn Spieler so etwas machen.

Wird halt von vielen SL so geregelt, dass sie es im Zweifelsfalle auswürfeln, wenn sie sich unsicher sind. Das ist mE der Vorteil der Gummipunkt-Mechanik zum Faktenschaffen: Es gibt mir als Spieler eine größere Sicherheit, mir solche Sachen erkaufen zu können. Als Spielleiter muss ich nicht drüber nachdenken, außer vielleicht es kollidiert mit i-was wichtigem (Veto-Recht, aber das wird die große Ausnahme sein). Und in Fate (und vielleicht auch anderen Systemen, die eine solche Mechanik haben) liefert es auch noch die regeltechnische Abhandlung mit, über die ich mir als SL auch keine Kopp mehr machen muss.
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline Alexander Kalinowski

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #61 am: 7.01.2021 | 15:05 »
Man muss es nicht mit Gummipunkten machen, aber Gummipunkte, die zwischen Party und SL hin- und herfließen, bieten zwei Vorteile:

1. Sie erlauben dem SL einen Überblick zu behalten, ob er die Spieler bisher bei mehreren Entscheidungen insgesamt bevorteilt oder benachteilt hat.
2. Es gibt einen Ausgleich für entstandende Vor- oder Nachteile: Wenn es unwahrscheinlich, aber möglich, ist, dass da Kisten wären, dann kostest es die Spieler was und der SL erhält einen Punkt. Umgekehrt, wenn da Kisten sehr wahrscheinlich sein müssten, aber nicht sind, dann erhalten die Spieler einen Punkt vom SL.

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Scurlock

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #62 am: 7.01.2021 | 18:19 »
Nachfrage:
Ist eigentlich frühes (A)D&D -plus die OSR- aufgrund der Maxime "Rulings, not Rules" auch inkompatibel zu herausforderungs-orientiertem Spiel? Es ist ja alles irgendwie Wischi-Waschi, da kann man doch gut den Spielleiter 'bespielen'?
Nein. "Rulings not Rules" ist ja nicht gleichbedeutend mit Verzicht auf Regeln. Du nennst es Wischi-Waschi, dabei ist es einfach nur Vertrauen in das Urteil der SL.

Offline Alexandro

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #63 am: 7.01.2021 | 18:40 »
Man kann nicht auf das Vertrauen in eine einzelne Person pochen und gleichzeitig das Vertrauen in den Gruppenkonsens verteufeln.

OK, kann man. Aber dann macht man sich halt lächerlich.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #64 am: 7.01.2021 | 18:56 »
Nein. "Rulings not Rules" ist ja nicht gleichbedeutend mit Verzicht auf Regeln. Du nennst es Wischi-Waschi, dabei ist es einfach nur Vertrauen in das Urteil der SL.

Ich fragte, weil Maarzan sich vorher über die Unschärfe des Faktenschaffens via SL-Ermessen beschwert hat:
Das ist nicht gamistisch. Die Faktenschaffenfunktion ist nicht annährnd ausreichend exakt beschrieben sondern ein reines Willkürelement.

Wieso nur die Wunde verhindern? Think big- Sorg dafür, dass die Seitenwand einstürzt oder eine spontane Gasexplosion im Chinagrill die Angreifer wegwischt. Ist alles schon passiert, warum nicht genau jetzt?
Da ist nichts "geschickt", dass ist eine reines abtastendes "Erkunden" der Grenzen des Bullshitlimits des aktuellen Spielleiters, ggf ergänzt um entsprechendes energisches Belabern .

Daher also meine Frage: Sind Rulings nicht ein reines Willkürelement? Ich wäre ja bei Maarzan, wenn er sagen würde, dass schwammigere Regelelemente den Spielcharaktere des Rollenspiels schwächen (hier zu Gunsten einer Emulation von Heldenglück). Spiele leben halt von festen Regelnm je fester die Regeln desto stärker der Spielcharakter.
Das aber eine viel schwächere Aussage als "Damit kann man nicht herausforderungsorientiert Spielen".
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Scurlock

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #65 am: 7.01.2021 | 19:12 »
Man kann nicht auf das Vertrauen in eine einzelne Person pochen und gleichzeitig das Vertrauen in den Gruppenkonsens verteufeln.

OK, kann man. Aber dann macht man sich halt lächerlich.
Kann mich nicht daran erinnern, den Gruppenkonsens verteufelt zu haben. Im Gegenteil, bei einem SL-zentrierten Spiel ist genau diese SL-Zentrierung der Gruppenkonsens.
Darüber hinaus würde ich es begrüßen, wenn Du sachlich bleibst.

Ich fragte, weil Maarzan sich vorher über die Unschärfe des Faktenschaffens via SL-Ermessen beschwert hat:
Daher also meine Frage: Sind Rulings nicht ein reines Willkürelement? Ich wäre ja bei Maarzan, wenn er sagen würde, dass schwammigere Regelelemente den Spielcharaktere des Rollenspiels schwächen (hier zu Gunsten einer Emulation von Heldenglück). Spiele leben halt von festen Regelnm je fester die Regeln desto stärker der Spielcharakter.
Das aber eine viel schwächere Aussage als "Damit kann man nicht herausforderungsorientiert Spielen".
Rulings können natürlich ein Willkürelement sein, wenn der SL seine Rolle missversteht. Sie sind aber viel eher ein Element, um mehr spielerische Freiheit zu ermöglichen bzw. zu erhalten. Ein Mehr an Regeln führt ja nicht zwangsweise zu einem besseren Spiel, sondern nur zu einem besser verregelten Spiel. 
« Letzte Änderung: 7.01.2021 | 19:22 von Scurlock »

Offline Alexandro

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #66 am: 7.01.2021 | 19:38 »
Kann mich nicht daran erinnern, den Gruppenkonsens verteufelt zu haben.

Hab ich nicht behauptet. Es war eine allgemeine (sachliche) Feststellung.

Zitat
Rulings können natürlich ein Willkürelement sein, wenn der SL seine Rolle missversteht. Sie sind aber viel eher ein Element, um mehr spielerische Freiheit zu ermöglichen bzw. zu erhalten. Ein Mehr an Regeln führt ja nicht zwangsweise zu einem besseren Spiel, sondern nur zu einem besser verregelten Spiel.

Rulings sind ein Instrument der Simulation oder der Narration, je nachdem wie diese eingesetzt werden. Da viele Spieler simulative oder narrative Bedürfnisse haben (oder beide), gibt es rulings in zahlreichen Spielen, nicht weil diese objektiv "besser" sind, sondern weil sie besser geeignet sind, das Spiel so zu spielen, wie sich viele Fans dieses Spiels wünschen es zu spielen.

Was rulings allerdings nicht sind, wären Instrumente eines gamistischen Ansatzes oder "herausforderungsorientiertem Spiel". Rulings können Teil solcher Runden sein (weil - absolute Hardcore-Regelspieler mal ausgenommen - auch Spielern die sich Beachtung der Regeln oder "Herausforderungen" wünschen noch andere Sachen wichtig sind - sie sind idR keine absoluten Mono-Gamisten, die nur ein einzigen Interesse am Spiel haben), aber sie sind auch kein Instrument, welches Gamismus oder Herausforderung befeuert - diese Runden sind "herausfordernd" oder "tödlich, aber fair" oder "ressourcentaktisch" trotz der Rulings, nicht wegen ihnen.

Das ist, ganz allgemein, die Crux an der ganzen Sache.
« Letzte Änderung: 7.01.2021 | 19:43 von Alexandro »
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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #67 am: 7.01.2021 | 19:54 »
Was rulings allerdings nicht sind, wären Instrumente eines gamistischen Ansatzes oder "herausforderungsorientiertem Spiel".
Solche Rulings sind im Sportbetrieb eigentlich wichtiger Bestandteil des Sportbetriebes. Das was die Schiedsrichter da normalerweise treiben sind Rulings auf Grund eines Regelwerkes, dass beim Rollenspiel halt die Spielwelt selber ist.
Du musst da immer in Betracht ziehen, dass ein SL, wenn ein Ruling benötigt wird, in der Position eines neutralen* Schiedsrichter ist.

*neutral im Sinne von neutraler Beurteilung der Situation auf Grund der Regeln der Spielwelt.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Alexandro

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #68 am: 7.01.2021 | 20:10 »
Im Sport finden rulings nur angewandt, um zu entscheiden, ob gerade ein Regelverstoß stattgefunden hat. Diese Frage stellt sich im Rsp meist gar nicht.

Und der Schiri entscheidet ganz sicher nicht, dass eine virtuos ausgeführte Schwalbe den Gegner so sehr verwirrt, dass die Mannschaft einen freien Elfmeter bekommt. Oder dass das Spiel so hart geführt wurde, dass jetzt plötzlich das gesamte Spielfeld als Strafraum zählt.

Daher ist das (idR) nicht zu vergleichen.
« Letzte Änderung: 7.01.2021 | 20:18 von Alexandro »
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #69 am: 7.01.2021 | 20:25 »
Im Sport finden rulings nur angewandt, um zu entscheiden, ob gerade ein Regelverstoß stattgefunden hat.
Nicht ganz. Er entscheidet welche Regeln angewandt werden und in welchen Ausmass sie jetzt gelten. Er entscheidet wann angepfiffen wird, wie lange eine Partie noch dauert, wann Zeitspiel gespielt wird und ob und wie ein Regelverstoss angeahndet werden muss usw. Es kann da z.B. durchaus sein, dass da ein Regelverstoss an einer Regel statt gefunden hat, dieser aber nicht geahndet wird, wegen anderen Regeln, die da zum Tragen komme. Dabei muss er als neutraler Schiedsrichter urteilen.
Und da sind wir dann wieder beim SL. Er beurteilt die Situation und entscheidet wie diese sich auf Grund der Spielwelt weiter entwickeln wird. Dabei ist dann die Neutralität des SLs und dessen Entscheidungen essentiell
Zitat
Der Schiri entscheidet nicht dass eine virtuos ausgeführte Schwalbe den Gegner so sehr verwirrt, dass die Mannschaft einen freien Elfmeter bekommt. Oder dass das Spiel so hart geführt wurde, dass jetzt plötzlich das gesamte Spielfeld als Strafraum zählt.
Da würde der Schiri sich komplett gegen die Regeln entscheiden. Analog würde das auch für einen SL mit der Spielwelt mit den Fussballregeln als Grundlage.
Genau deswegen passt diese Analogie nicht.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #70 am: 7.01.2021 | 22:05 »
Der Vergleich mit dem Sport ist mMn zu weit gegriffen (wo übrigens auch, gerade im Fußball, regelmäßig der Schiedsrichter bespielt wird). Der eigentliche Vergleich wäre mit Brettspielen wie Monopoly oder Mensch-Ärgere-Dich-Nicht. Wenn Rollenspiel-Regeln schwammig werden - um zB durch Interpretationsspielraum höhere Plausibilität oder dramatischere Wendungen zu ermöglichen - dann verliert man eben etwas von diesem fixen Spielkern, aber gewinnt dafür etwas anderes. Es ist ein Trade-Off.

Ich wehre mich allerdings dagegen, dass kleinere Einschnitte einen weitgefassten Spielstil (Gamismus) unmöglich machen sollen. Sie machen lediglich sehr strikte entgegengesetzte Spielstile unmöglich.
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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #71 am: 8.01.2021 | 08:41 »
Daher also meine Frage: Sind Rulings nicht ein reines Willkürelement? 

Für diejenigen, die diesen Spielstil feiern, ist es sozusagen konstituierend, anzunehmen, dass die Rulings einem höheren Prinzip folgen und ein schwer zu definierendes oder zu greifendes Etwas jenseits reiner Willkür verkörpern. Ich persönlich als jemand, der diesen Spielstil nicht feiert, habe den Verdacht, dass es sich hierbei um eine Illusion handelt, aber es scheint ja eine produktive Illusion zu sein, jedenfalls für die kleine aber laute Fangemeinde, so who am I to judge? ;)
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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #72 am: 8.01.2021 | 08:53 »
Da wir hier eh einem Hobby fröhnen, das komplett aus "Illusionen" besteht (okay. Ich nenne es immer noch lieber Hyperrealität, aber hey...), soll doch jeder wenigstens die Illusion erleben, die ihm am Liebsten ist.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Fakten Kaufen (oder die Schrödingerschen Kisten)
« Antwort #73 am: 8.01.2021 | 09:16 »
Daher also meine Frage: Sind Rulings nicht ein reines Willkürelement?

Mir wurde neulich erklärt - danke dafür an den Ghoul -, dass Rulings nichts anderes sind als stinknormales Rollenspiel, also SL sagt "Würfel mal auf...".