Autor Thema: Splittermond ist "ernsthafter", aber Warhammer 4 ist "realistischer"  (Gelesen 2119 mal)

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Offline Holycleric5

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Gerade hatte mir einer meiner Splittermond-Spieler ein paar Rückfragen geschickt, nachdem ich sein aktuelles Charakterblatt "kontrolliert" habe.

Unter anderem hatte ich ihm erklärt, er möge seine Rüstungsbehinderung (=Rüstungsmalus) bitte bei allen allgemeinen Fertigkeiten, in denen das Attribut "Beweglichkeit" vorkommt, eintragen.

Eine seiner Rückfragen drehte sich darum, warum man bei "Tierführung" (umfasst neben Fahrzeug lenken (was er einsah) das Reiten und einschüchtern von Tieren) seinen Rüstungsmalus einrechnen sollte, nicht jedoch bei "Schwimmen". (Da "Schwimmen" nur die Attribute "Konstitution" und "Stärke", ergibt sich nach den Regeln keine Behinderung durch die Rüstung).

So feingliedrig Splittermond bei seinem Ticksystem ist, so grobkörnig ist es oft bei seinen Fertigkeiten. Während "Rudern" und "Segeln" bei Warhammer Fantasy 4 zwei separate Fertigkeiten sind, fasst man diese beiden Dinge bei Splittermond unter "Seefahrt" zusammen und fügt als Anwendungsgebiete noch Fischen, Navigation und Fesseln/Knoten hinzu.

Warhammer Fantasy 4 punktet mit einem tödlichen, durch verschiedene kritsche Verletzungen "realistischeren" Kampfsystem und feiner unterteilten Fertigkeiten.

Während man bei Splittermond die -optionale- Traglast noch ziemlich handwedeln muss, hat bei Warhammer 4 jeder Gegenstand einen -ebenfalls abstrakten- Traglastpunktewert, der geringer ist, wenn man den Gegenstand am Körper trägt, allerdings wird bei der bestimmung der Gesamtlast jeder Gegenstand mitgezählt (während bei Splittermond die -von SC zu SC und ebenfalls von Gruppe zu Gruppe unterschiedliche- "Grundausstattung", die je nach Interpretation auch Dinge wie Zelte (mit einem vergleichsweise hohen Last-Wert von 4) umfassen kann, welche nicht gegen die maximale Tragekapazität zählen).

Hier punktet Warhammer 4 in Sachen Realismus.

Doch Splittermond hat trotz einiger Ausreißer wie Fela (was phonetisch manchmal wie "Fehler" klingt) oder Velan (was -je nach Aussprache- phonetisch wie "W-LAN") insgesamt ernsthaftere Namen wie z.B. Frowin Brunwald, Alanna Siltebrink, Berion Holke oder Ralina Mirwald.

In Warhammer Fantasy 4 hingegen begegnet man bereits in der Einsteigerbox einem NSC namens "Aloises Arschloch", im Grundregelwerk liest man von einem Ort namens "Holswig Schliestein". Teilweise reißt mich das aus dem "Ich bin in einer Fantasywelt"-Gefühl raus, trotz Sigmarpriestern, Goblins, Hochelfen und Untoten.

Hier punktet Splittermond in Sachen Immersion und Ernsthaftigkeit.

Wie seht ihr das?
Fehlt Splittermond teilweise der Realismus, während es Warhammer 4 dafür teilweise an Ernsthaftigkeit mangelt?
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Offline Excaleben

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Ich weiß nicht ob meine Erfahrung viel wert ist da ich keine Runde Splittermond gespielt habe aber ich finde zu Warhammer gehört teils das nicht ernsthafte um diesen ganzen Grim Dark Kram ab und zu ein wenig aufzulockern sonst wird das nämlich einfach nur deprimierend an manchen Stellen. Bei Splittermond sehe ich diese dunkle fiese Settingprämisse nicht weswegen die sich auch ernster nehmen dürfen. So viel zur Meinung eines unbelesenden  ~;D.

Offline YY

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Im Vergleich zur 1. Edition mit ihrem anarchischen Gonzo-Humor und den In-die-Fresse-Realbezügen ist WH4 schon ziemlich "erwachsen" geworden.

Lang etablierte Namen von Adelshäusern usw. müssen halt bleiben...und das hat für mich immer noch einen gewissen Charme.


Ich weiß nicht, ob Realismus unbedingt die Messlatte ist, die ich da anlegen würde - aber Splittermond hat an vielen Stellen schon ein irgendwie...brettspieliges Spielgefühl. Die Spielmechanik ist an den allermeisten Stellen ziemlich clever aufgezogen und funktioniert, aber es ist viel und es ist eben klar erkennbar zuallererst Spielmechanik.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Megavolt

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Hat Warhammer nicht diese deutschen Bezüge drin, weil das für die Briten irgendwie besonders finsteres Mittelalter suggeriert?

Würde das nicht überbewerten, dieses "Aloisius Arschloch". Man müsste zum Vergleich mal versuchen, sich einen "lustigen" oder sprechenden französischen Namen auszudenken, da würde auch viel Murks bei rumkommen, und das würde auf die Franzosen vermutlich auch so rumpelig wirken wie das hier bei uns. Die können halt kein Deutsch, die Briten, da ist das Deutsche entsprechend hermetischer.

Dass man das nicht sinnwahrend übersetzt, das ist doch eher der Fehler, also halt "Aloisius Bosewill" (im Sinne von "will dir Böses") oder so.

Offline YY

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Das Imperium ist eben schwer an das Heilige Römische Reich Deutscher Nation angelehnt - daher das Deutsch. Oder zumindest so viel Deutsch, wie man in den 80ern als handelsüblicher britischer Rollenspielautor konnte ;)

Dass das Spiel überhaupt den Sprung auf die Weltbühne und speziell nach Deutschland schafft, war da noch gar nicht abzusehen...

Ich muss aber sagen: Gerade als halbwegs englischsprechender Deutsch-Muttersprachler kommt mir eine deutsche WH-Übersetzung nicht in die Tüte. Da geht ja gerade der Kontrast zum Englischen verloren und das Deutsche/Reikspiel verliert seine eindeutige ingame-Verortung. 
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Offline Moonmoth

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Es passt eigentlich - ohne Kenntnis der Splittermond Welt - dass die Alte Welt von Warhammer bei weitem düsterer ist, aber durchaus auch immer diesen leicht albernen Einschlag hatte. Das sich Warhammer insbesondere in den älteren Publikationen (und genau da sind die Wurzeln der 4. Edition) durchaus auf als eine schwarzhumorige, nicht besonders hochgeistige Satire der realen Vorbilder lesen lässt, ist nichts neues. Das beschränkt sich auch bei weitem nicht auf das Imperium, man muss nur richtig hinschauen.

Yep, es ist düster und tödlich wie die richtige Welt, aber so richtig ernst nimmt sich das ganze Ding nicht. Und ja, die Albernheiten wie die "Sprechenden Namen" der Imperiumsbewohner sind zu großen Teilen Absicht.

Also: Cleric hat wohl mit seiner Einschätzung recht, würde ich sagen.
« Letzte Änderung: 10.02.2021 | 22:33 von Moonmoth »
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Offline Seraph

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Ja, Warhammer mangelt es teilweise an Ernsthaftigkeit und "Eigenständigkeit". Das war aber schon immer so und nicht erst seit der 4. Edition.
Gerade die Namen von NSCs, die teilweise übelst offensichtliche Anspielungen an irgendwen Realen sind, stoßen mir als Hardcore-Fanboy schon übel auf.

Zu Splittermond kann ich leider nichts sagen.
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Offline unicum

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In Warhammer Fantasy 4 hingegen begegnet man bereits in der Einsteigerbox einem NSC namens "Aloises Arschloch", im Grundregelwerk liest man von einem Ort namens "Holswig Schliestein". Teilweise reißt mich das aus dem "Ich bin in einer Fantasywelt"-Gefühl raus, trotz Sigmarpriestern, Goblins, Hochelfen und Untoten.

Geht es dabei wirklich um "erntshaftigkeit"?
Wenn du alle Namen ersezt ist es dann urplötzlich ernsthaft?



Offline Tele

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Aber sie sind wenigstens konsequent, siehe den 40k Inquisitor Obiwan Sherlock Clouseau

Offline Moonmoth

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Wenn ihr mich fragt, ist der ziemlich eigene Humor eine klare Stärke der Warhammer Welt. Das macht sie aus und ich finde schade, dass man scheinbar für eine Weile - beginnend mit den 90ern - davon weg wollte.
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Offline Seraph

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Geht es dabei wirklich um "erntshaftigkeit"?
Wenn du alle Namen ersezt ist es dann urplötzlich ernsthaft?

Das ist ja eine interessante Frage, aber ich würde grundsätzlich sagen - ja!
Natürlich ist die Welt nach wie vor nicht besonders realistisch (der Tod droht an jeder Ecke, alle kämpfen gegen alle, jedes Volk hat DEN krassesten Feldherren aller Zeiten etc.), aber für mich ist doch deutlich mehr Ernsthaftigkeit da, wenn der NSC vor mir nicht mehr Albert Arschloch oder der Händler nicht mehr Guido Geizhals heißen...
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Offline Benjamin

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Warhammer Ernsthaftigkeit: Symbolbild



Hier ist ein schöner Text zu Warhammer: https://wearethemutants.com/2019/01/14/when-warhammer-was-radical-the-egalitarian-origins-of-the-fantasy-battle-game/
Zitat
Heinrich Kremmler, the foul Necromancer who summons his army of undead. The name is clearly a pun on both Heinrich Himmler, the Nazi occultist, and Heinrich Kramer, witch-hunter and author of the Malleus Maleficarum (“The Hammer of Witches”), published in 1487 as a handy guide to the persecution of scapegoats during the Inquisition.

Offline Uferschnepfe

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Warhammer ist im Kern recht düster und die meisten Charaktere beginnen auf der sozial untersten Stufe. Das Leben ist hart und Geld knapp.
Und letztlich trudelt die alte Welt ihrem Untergang entgegen.

Aus diesem Grund gab es in WH immer eine gewisses Maß an "Comic Relief", um das ganze unterhaltsam und erträglich zu machen.