Die Charakter/Spieler Fähigkeitslücke ist ein Problem, das so alt wie das Hobby selbst sein dürfte. Beispiele sind vielfältig: der hochintelligente Magier kommt nicht auf die Lösung eines eigentlich relativ simplen Rätsels, weil der Spieler kein sonderlich begabter Logiker ist. Gleichzeitig kennt die Spielerin des Barbaren die Lösung, will sie aber nicht sagen, weil das für sie nicht zur Vorstellung ihres Charakters passt. Während es also zwei Varianten der Lücke gibt - Spielerfähigkeit übersteigt Charakterfähigkeit oder Charakterfähigkeit übersteigt Spielerfähigkeit - dürfte die zweite Variante besonders ärgerlich sein: wir spielen im Rollenspiel häufig Machtphantasien; wir schlüpfen vielleicht sogar in andere Rollen um zu erfahren: wie ist es als Introvertierte als Bardin der Mittelpunkt der Party zu sein? Als jemand, der bei den Bundesjugendspielen stets nur Teilnehmerurkunden ergatterte, eine kraftstrotzenden Kämpfer zu spielen? Erlaubt uns das Spiel dies nicht, geht ein wesentlicher Grund am Rollenspiel teilzunehmen verloren.
Historisch dürfte ein erster Lösungsversuch des Problems mit der Einführung des Diebs im frühen D&D verquickt sein: hatte man vorher noch beschrieben wie "Fighting Man" und "Magic User" mit langen Stäben jede Bodenplatte absuchten, konnte der Dieb nun auf "Fallen finden" und sogar "Fallen entschärfen" würfeln - der Umgang mit einem wichtigen Spielelement wurde also verlegt von der SpielerInnenkompetenz hin zur Charakterkompetenz auf dem Bogen.
Leider löst die Einführung eines vertieften Fähigkeitssystems, in welches viele Spielabläufe heraus aus der SpielerInnenkompetenz verlegt werden, nur teilweise. Eine Illustration finden wir in der Uralt-Youtube Serie "The Gamers": In einer Szene läuft Dieb Nimble ohne zu Zögern einen Verliesgang entlang direkt in eine Falle. Der Spieler Nimbles beschwert sich, dass einem hochstufigen Dieb wie Nimble niemals so ein Fehler unterlaufen würde, statt dessen würde er stets nach Fallen suchen. Die in der Spielwelt erlebte Inkompetenz des Charakters Nimble reißt seinen Spieler also aus der Immersion, die Beschwerde ist aus diesem Blickwinkel gerechtfertigt. Mögliche Lösungen sind eine Erweiterung des Fähigkeitssystems - beispielsweise könnte der Spielleiter einen Wurf auf "Diebeskunst" zulassen, sobald Nimble auch nur das Verlies betritt. In eine ähnliche Richtung geht die "Passive Perception" in D&D 5: diese ist ein fester Charakterwert, je nach welchem die Spielleiterin mehr oder weniger versteckte Details der Spielwelt offenbart. Der Vorteil: der Spieler muss nicht mehr ansagen, ob er jetzt dieses oder jenes Spielelement genauer untersucht; statt dessen wird diese Entscheidung in den Kompetenzbereich des Charakters verlegt.
Im Bezug auf das was am Tisch geschieht, wurde das Problem der Charakter/Spieler Fähigkeitslücke somit weitestgehend gelöst. Es bleibt aber noch eine Fähigkeitslücke außerhalb des Tisches, zwischen den Spielsitzungen bestehen: viele Systeme legen großen Wert auf das Meistern von "Charakter builds" etc, um Synergien verschiedener Charakterelemente ausnutzen zu können. Ein Negativbeispiel ist in dieser Hinsicht das "Pathfinder" System, in welchem - je nach Spielerfähigkeit in diesen Builds- Charaktere gleicher Stufe extreme Fähigkeitsunterschiede aufweisen können. Somit sollten Systeme im Sinne der Problemlösung also darauf abzielen, Optimierung durch "Builds" möglichst einzuschränken, etwa indem einfach sehr breite Pfade wie "Heiler" oder "Kämpfer" vorgegeben werden, aus welchen sich dann alle Fähigkeiten ergeben. Somit wird ein "Kämpfer" - seiner spielweltichen hohen Kompetenz in diesem Bereich entsprechend - stets die optimalsten Kampftechniken trainiert. In einem noch weitergehenden Schritt könnte auch die Wahl dieser breiten Pfade ganz aus der (häufig inkompetenten) Hände der SpielerInnen genommen werden, da ja schließlich eine erfahrene Abenteurergruppe am besten weiß wie sie zusammengesetzt ist.
Im Optimalfall würde ein Rollenspielabend, bei welchem es keinerlei Konflikte zwischen Charakter- und Spielerfähigkeiten gibt, auf einen einzigen Zufallswurf kondensiert werden können. Dieser Wurf symbolisiert dann die vielen komplexen Interaktionen zwischen den Charakteren untereinander und mit der Spielwelt, welche keinerlei Einfluss durch die SpielerInnen unterliegen. Wichtig dabei ist, dass die SpielerInnen tunlichst davon absehen, den Ausgang dieses Wurfs mit Interpretationen zu versehen - hier würde wieder ein Immersionsbrechendes Element der Spielerfähigkeiten eingeführt.
Auch wenn unser Problem nun grundsätzlich gelöst ist, stehen wir noch vor einem Grundproblem der menschlichen Psyche: es ist denkbar schwer, willentlich nicht an etwas zu denken. Daher schlage ich vor, dass sich Spielleiterin und Spieler mit anderen Aktivitäten vom Rollenspiel ablenken, um dieses nicht unwillentlich zu zerstören. Eine Möglichkeit ist Raid: Shadow Legends! Spiele jetzt sofort mit deinem Laptop oder Mobile-Device zusammen mit deinen RPG-Kumels KOSTENLOS das preisgekrönte Action-RPG. Wähle aus 300 sammelbaren Charakteren aus 16 Fraktionen, in 15 verschiedenen Charakterarten; einschließlich verschiedener menschenähnlicher Rassen, Elfen, Orks, Salamandermenschen und Untoter!!! Worauf wartest du noch????