Bin mir nicht sicher, ob dem wirklich so ist.
1. Sprechen ja die mittelalterlich anmutenden westlichen Länder dagegen. Diese wurden IMHO erst am Ende der HeroQuest-Ära mit dem Guide to Glorantha geretconned.
2. Machen alle Illustrationen und Beschreibungen der 80er und 90er auf mich den Eindruck, dass gerade Sartar eher eine eisenzeitliche, an die europäische keltische Kultur angelehnte Gesellschaft ist. Es sieht so aus, als wäre der U-Turn hin zu vorderasiatischer Bronzezeit erst mit RQG gekommen. Auch das Lunare Imperium war ganz klar (schon allein aufgrund der lateinischen Namen) am römischen Reich orientiert. Ok, es gibt schon am Ende von HeroQuest einige Artworks, wo die Sartariten so ein bisserl "orientalisch" gekleidet sind. Aber ich hab da oft den Eindruck (z.B. bei "Coming Storm"), dass da jemand einen alten Museumskatalog aus den 70ern zur minoischen Kultur in der Hand hatte und dann dachte: "Jede zweite Frau braucht jetzt ein "boob window" in ihrer Kleidung, weil das ist voll authentisch!".
3. Im alten Runequest gab es ja viele anachronistische Elemente, die nix mit dem pseudohistorischen Touch der neuesten Produkte zu tun hatten. Ich verweise hier nur auf sonnenbrillentragende Trolle, den Gott Geo mit der gleichnamigen Motel-/Pensionkette "Geo's", Casinostadt usw. Liest man die alten Abenteuer (Apple Lane, Snakepipe Hollow) würde man ohne das Wissen, dass diese Abenteuer auf Glorantha angesetzt sind, niemals daran denken (IMHO), dass es sich hier um eine bronzezeitliche Welt handelt. Auch wenn man die Regelwerke von Nomad Gods und Konsorten in die Hand nimmt hat man den Eindruck, dass es hier um Superhelden geht und nicht so sehr um mythische Heroen. IIRC wird das Wort Superhero sogar irgendwo im Text erwähnt.
TLDR: ich bin nicht der Meinung, dass der Bronzezeit-Vibe bei Glorantha von Anfang an so stark war, wie er jetzt ist.
Ich gehe nicht auf jedes Detail ein, aber
1. Gregs Geschichten von 1966 bis Anfang der 1970er waren eher westlich orientiert (Pendragon lässt grüßen).
Ab ca. 1972 beschäftigten sich die Texte nicht mehr auf die westlichen Reiche, sondern auf den Mittelteil des Kontinents Genertela. Und das war alles schon sehr Bronzezeitlich.
2. Als die ersten beiden KoSim-Brettspiele und RQ 1 erschienen flossen Ideen, Beschreibungen, etc. seiner Spieler und anderer Spielleiter ein.
Diese anderen Spielleiter kamen aber von D&D, und der Hintergrund von Glorantha war nur grob definiert, so dass vieles generisch mittelalterlich rüberkam.
3. Da Greg nicht zeichnen konnte mussten Zeichner engagiert werden. In den 70ern waren Bilder (VORbilder, also Lexica, Museumsführer, etc.) für Bronzezeitliche nicht so einfach verfügbar wie heutzutage und Zeichner im Fantasy-Bereich hatten D&D und klassische weitläufig besser bekannte historische Kulturen zum Vorbild (Wikinger, Frühes Mittelalter, Römer,...).
4. In den 1980ern war es auch einfacher die Konzepte von Sartar und dem Lunaren Imperium in die Köpfe zu bekommen, wenn man sich an Cliché Kulturen anlehnte die jeder potentielle Spielleiter und Spieler im Kopf hatte, ohne vorher in eine Bibliothek oder ins Museum gehen zu müssen. Deswegen blieb Greg bei dem etablierten "falschen" Bild.
5. In den HeroWars und HeroQuest Produkten ging es langsam los, das Greg endlich genug Vorkenntnisse bei den Spielleitern und Spielern voraussetzen konnte ODER zumindest konnte jeder die passenden Vorbildkulturen googeln, da das Internet nicht mehr ein Tool für ein paar Nerds war, sondern allgemein für jeden Verfügbar.
Fazit:
Greg hatte schon immer Glorantha als Bronzezeitlich konzipiert und musste in den 70ern vis in die 2000er nur abstriche machen, damit RQ auch verkaufbar war. Glorantha war immer bronzezeitlich wurde nur nicht immer so dargestellt.