Autor Thema: Wie bereite ich DW/MW Abenteuer vor, damit es "funktioniert"?  (Gelesen 2663 mal)

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Offline SirMaoh

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Guten Abend miteinander,

nachdem ich mich jetzt ein bisschen über Dungeon World und Mythos World schlau gemacht habe, bin ich momentan sehr an dem System interessiert. Neben dem sehr interessanten Spielzüge-System spricht mich auch sehr der Punkt an, dass man als SL nichts, bzw. nur wenig vorbereiten muss. Genau an diesem Punkt scheitert es jedoch an meiner Vorstellungskraft. Da die Spieler zu einem gewissen Grad die Story mitsteuern, ist mir überhaupt nicht klar, wie man als SL sein Abenteuer bei Dungeonworld entsprechend "vorbereitet" und wie dies dann am besten vorgetragen wird.
  • Was und wieviel genau bereitet ein SL vor?
  • In welcher Form notiert sich der SL diese Vorbereitung am besten? (in Szenenform?)
  • Wie trägt man den Spielern das dann am besten vor, damit man sich nicht "vergaloppiert"?
  • Gibt es irgendwo Beispiel-Dialoge, die auch den dazugehörenden Vorbereitungstext des SL zeigen?
« Letzte Änderung: 22.02.2021 | 22:29 von SirMaoh »

Offline KhornedBeef

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Rückfrage von mir: was hälst du von dem Fronten in Dungeon World? Ist das einleuchtend, wie man damit auf der Abenteuerebene vorbereiten soll? Letztendlich ist es eine Art von Sandbox-Vorbereitung, die mit den SL-Spielzügen verknüpft ist. Man strukturiert damit auch ein bisschen, welchen "Handlungsrahmen" ein Spielzug hat. Ich habe keine gutes Wort dafür, aber meine die Frage, ob du als Reaktion auf einen Wurf ein paar Sekunden abhandelst oder ein halbes Epos erzählst.
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Offline Thaddeus

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Also wie viel man vorbereitet ist ziemlich subjektiv. Ich persönlich gehe sehr ungern unvorbereitet in eine Session. Meistens produziere ich vor jeder Session ca. 5 DIN-A4 Seiten mit Notizen. Das ist aber schon relativ viel. Damit DW überhaupt funktioniert, kommt es eher darauf an, wie und was Du vorbereitest.

Für mich ganz persönlich gehört zum Rollenspiel - damit es mich irgendwie auch langfrisitg interessiert - das Aufdecken von Zusammenhängen oder Plots. Das funktioniert aber nunmal nicht ohne Vorbereitung.

Ich finde KhornedBeefs Hinweis auf die Fronten schon sehr gut. Als weiteren Tip würde ich noch einwerfen: Bereite keine Dungeons vor, sondern stelle Fragen, die möglicherweise für die Geschichte interessant sein könnten und zwar OHNE sie für dich zu beantworten!

- Warum haben die Dorfbewohner Angst davor, in den Wald zu gehen?
- Weshalb gibt es in Hintertupfingen keine Männer ohne Bart?
- Wie konnte es dazu kommen, dass Musterhausen unabhängig ist und zu keiner der umliegenden Grafschaften gehört?
- ... bla ...

Mit solcherlei Fragen kannst Du dann Längen überbrücken, die sich ggf. im Spiel ergeben und zwar weniger dadurch, dass Du sie stellst, sondern im Kopf behältst.

Mein Stil ist es eigentlich überhaupt nicht, so wie Adam Koebel es vorgesehen hat, die Welt vollständig mit den Spieler zu erschaffen. Ich finde das sowohl als SL als auch (insbesondere) aus SC Sicht totlangweilig. DW lässt sich auch wunderbar spielen, wenn man als SL jedenfalls einen Teil einer Kulisse bereithält, so lange Du genug (große) weiße Flecken auf der Landkarte lässt (im eigentlichen und übertragenen Sinne).
« Letzte Änderung: 23.02.2021 | 10:09 von Thaddeus »
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Offline KhornedBeef

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Hundertprozentige Zustimmung zu Thaddeus! Halte dich an die Prinzipien ("zeichne Karten, lass' weiße Flecken" ist ja wortwörtlich eins), und eine gute Frage wird dir mehr Spielmaterial liefern als eine ganze Seite vorgeschriebener Text. Ich würde beides mischen: Stichpunkte und einzelne Stücke aus deinen Ideen, explizit genug Platz für wohlüberlegte Fragen.
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Offline Thaddeus

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...noch eine Sache, die mir grade eingefallen ist: Bedenke, dass pbta (also auch DW) "von hinten denkt". Die klassischen RPGs fragen: Schafft der Dieb es, das Schloss zu öffnen, ja oder nein? Das ist linear von vorne gedacht. PbtA denkt aber quasi von hinten. Wenn der Dieb versucht das Schloss zu öffnen, unterstellt pbta, dass der Dieb es schon geschafft hat oder auf jeden Fall schaffen wird! Das klingt erst einmal unlogisch und bedarf der Gewöhnung, aber es ist letzten Endes genau DAS, was hinter den Moves steckt. Das musst Du bei der Vorbereitung der Session unbedingt beachten!

Im klassischen RPG habe ich oft erlebt, dass SLs ihre Spieler gerne mit unüberwindlichen Hindernissen (schwierige Schlösser, Fallen, Monster, wattweissich) lenken oder gar railroaden... das funktioniert bei DW definitiv NICHT! (Schon deshalb nicht, weil alle, aber wirklich ALLE Schlösser der Welt bei einer 7+ auch wirklich aufgehen!) Am besten gehst Du - solltest Du einen Plot und sowas wie ein Abenteuer in groben Zügen vorbereiten wollen - immer davon aus, dass wenn Spieler einen Move auslösen, sie auch immer eine 10+ würfeln... sonst kommste am Ende in Teufelsküche ;-)
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Offline Daniel E.

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Hallo,

das Thema trifft sich gut; ich habe gerade vor zwei Tagen selbst noch einmal im Dungeon World Regelwerk gelesen; insbesondere im Kapitel zur ersten Sitzung und den Fronten. Ich rutsche so schnell in den klassischen Stiel des content Lieferns statt des Fragens hinein, dass es mir gut tut, mich immer einmal wieder an das Wesentliche in pbta zu erinnern.

Eine der wichtigsten Maximen in Spielen powered by the apocalypse ist: play to find out. Entdecke die Geschichte - zusammen mit deinen SpielerInnen -; lasse sie emergieren.

Explizit nicht zu meiner Vorbereitung gehören daher story-Ziele, die eingeholt werden sollen, bzw. auf die ich hinarbeite. Das, was ich vorbereite, ist eigentlich nur eine Sache: Probleme für die Charaktere. Nach dem gemeinsamen Erstellen von Welt und Charakteren, habe ich eine Ahnung davon, was diese erreichen wollen und wer ihnen dabei im Weg stehen könnte. Die erste Sitzung beginnt dann direkt mit dem ersten Problem. Danach entscheiden die Würfel, ob dieses Problem eskaliert oder gelöst wird.

Was nach der ersten Sitzung übrig bleibt, bildet die Grundlage für die nächste Sitzung. Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Taten der Charaktere? Sinnt jemand auf Rache? Ist der Regent umgekommen und das Land nun herrenlos? Hat sich ein größerer Zusammenhang offenbart? hat sich jemandes größte Furcht bewahrheitet? Bedenke, dass jedes Problem mit einer potentiellen Katastrophe kommt. Jeder Fehlschlag der Charaktere rückt das Geschehen näher an diese Katastrophe. Ich versuche, ein Beispiel zu skizzieren:

Einer der Charaktere ist ein durch politische Machenschaften in Ungnade gefallener Adelssohn, der sich nun als Abenteurer herumschlagen muss. Hinter diesen Machenschaften steht der böse Baron, der seinen Einfluss vergrößern will. Die größte Sorge des Charakters ist es, dass der Baron Erfolg hat. Die erste Sitzung beginnt im brennenden Schloss des Regenten. Noch weiß keiner der Charaktere, der Spieler oder auch der Spielleiter, weshalb. Der Adelssohn möchte verstehen, was vor sich geht; sein Spieler darf Discern Realities würfeln. Das Ergebnis ist eine 6. Was jetzt nicht passiert, ist dass der Spielleiter dem Spieler sagt, sein Charakter könne nichts in Erfahrung bringen! Das ist lame und weak. In DW scheitert man vorwärts; auch Fehlschläge bringen die Geschichte voran, nur nicht in eine Richtung, die den Charakteren gefällt. Stattdessen erinnert sich der Spielleiter an die größte Sorge des Adelssohns; Zeit für einen hard move: der Spielleiter teilt dem Spieler mit, dass der Adelssohn mitbekommt, wie unbekannte Angreifer die Wache des Regenten überwältigen. Er überhört, wie sich zwei von ihnen unterhalten: sie sind die Leute des bösen Barons und ein weiterer Trupp ist bereits auf dem Weg zum Regenten. Der Adelssohn ist nun super motiviert. Das Würfelglück ist aber leider nicht auf seiner Seite. Nach drei weiteren Fehlschlägen erreicht er den Thronraum zu spät. Der Regent ist tot. Er kann nun nur noch fliehen. Ende der Sitzung.
Die nächste Sitzung könnte mit der Ernennung des Barons zum Regenten beginnen oder damit, dass der Adelssohn von Kopfgeldjägern umzingelt ist, weil man den Mord des Regenten ihm angehängt hat.

Dass es keine festgelegten story-Ziele gibt, muss übrigens nicht bedeuten, dass es keine Überraschungen gibt. Zum einen ist alles überraschend, wenn niemand weiß, was passieren wird, zum anderen hast du als Spielleiter zwischen den Sitzungen die Möglichkeit, die verschiedenen Probleme zu verbinden: in Dungeon World wird das als Abenteuter-Front und Kampagnen-Front behandelt.

Zusammengefasst lautet meine Antwort auf deine erste Frage also: der Spielleiter bereitet Probleme (oder: Gefahren) vor. Zwei bis drei Probleme pro Abenteuer schlägt DW vor; das scheint mir angemessen zu sein. Abenteuer verbindet er zu einer Kampagne. Meiner Erfahrung nach ergibt sich ganz organisch, wie viel man zwischen den Sitzungen zu seinem Material hinzufügen muss. Generell gilt: wenig. Ich lehne mich aus dem Fenster und behaupte: wenn du dich dabei erwischst, mehr als die folgende Sitzung zu planen, machst du zu viel.

Deine zweite und dritte Frage möchte ich zusammen beantworten: in Szenen. Ich hoffe, dass mein Beispiel hierbei hilft: nach dem Ende der ersten Sitzung ist der Regent tot. Nachvollziehbare Konsequenzen sind, dass der Baron aufrückt, und dass jemandem die Schuld gegeben wird. Da der Spielercharakter der Protagonist der Geschichte ist, sollten die Konsequenzen ihn direkt betreffen. Ich entscheide mich daher für die Kopfgeldjäger-Szene. Das ist meine erste Notiz für Sitzung 2; und so beginne ich auch Sitzung 2: mit der beschreibung dieser Szene. Danach ist es wieder: play to find out.

Ob es Beispieltexte gibt, wie du sie dir in deiner vierten Frage wünschst, weiß ich leider nicht. Ich hoffe, dass du meine anderen Antworten aber erhellend fandest. Vielleicht ergibt sich in diesem Thread ja etwas Vergleichbares.

Offline SirMaoh

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Vielen lieben Dank für die ganzen Antworten, ganz besonders an Daniel E., für das großartige Beispiel :)

Wenn ich das Beispiel lese, wirkt das auch alles sehr schlüssig und logisch, auch, dass die Story sich so mehr oder weniger von selbst trägt. Ich bin mir nur noch nicht ganz sicher, ob ich das auch selbst auf die Reihe bekomme. Da mich das Thema nach wie vor nicht loslässt, habe ich jetzt bei beiden Büchern zugegriffen (Dungeon World und Mythos World). Berufsbedingt hatte ich leider noch nicht viel Zeit diese durchzuarbeiten. Der Punkt den Thaddeus angesprochen hat, beschäftigt mich allerdings.

...noch eine Sache, die mir grade eingefallen ist: Bedenke, dass pbta (also auch DW) "von hinten denkt". Die klassischen RPGs fragen: Schafft der Dieb es, das Schloss zu öffnen, ja oder nein? Das ist linear von vorne gedacht. PbtA denkt aber quasi von hinten. Wenn der Dieb versucht das Schloss zu öffnen, unterstellt pbta, dass der Dieb es schon geschafft hat oder auf jeden Fall schaffen wird! Das klingt erst einmal unlogisch und bedarf der Gewöhnung, aber es ist letzten Endes genau DAS, was hinter den Moves steckt. Das musst Du bei der Vorbereitung der Session unbedingt beachten!
Ich habe die Regeln wie gesagt noch nicht komplett gelesen, allerdings "zwingt" mich doch nur ein Wurf von 7-12 das Schloss zu öffnen, oder verstehe ich das falsch? Mir ist klar, dass ich es in dem Fall machen muss (und diesen Punkt als SL nicht anfechten kann), aber bei einer 1-6 wäre es doch ein Fehlschlag bei dem ich irgendeinen passenden SL-Spielzug ausführen kann (bei dem die Tür geschlossen bleibt), oder nicht?. Außerdem steht im Regelwerk, dass der SL auch Spielzüge verbieten kann, falls es z.B. offensichtlich ist, dass die nicht zu öffnen ist (wobei ich dort dann erst gar keine Tür einbauen würde).

Offline Thaddeus

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Ja und nein und ja... ;-)

Der entscheidende Denkfehler, den ich am Anfang gemacht hatte, war, zu denken, dass die Spielzüge vorgeben, was die Spieler (machen) können. Aber so funktioniert das Spiel nicht, gar nicht! Die absolute Grundregel lautet: To do it, do it! Bei DW (pbta) ist es nicht möglich, auf Schlösserknacken zu würfeln, um ein Schloss zu öffnen! Die Moves/Züge sind keine Skills! Ein Spielzug wird erst nachträglich ausgelöst, wenn er sich durch die Narrative ergibt. Die Betonung muss hier lauten: nachträglich! (Nochmal: PbtA denkt von hinten!)

Der Satz: "Ich würfel mal auf Schlösserknacken..." löst keinen Spielzug aus und führt nicht zu einem Wurf.
Das Satz hingegen: "Okay, ich schnapp mir mal meine Dietriche und stochere in dem Schloss herum..." (ggf.) schon!

Der Unterschied wird nicht so ohne Weiteres  sofort klar, ich habe dafür einige Zeit gebraucht, bis es "klick" gemacht hat. Er ist aber elementar, denn sonst funktioniert das gesamte Spiel nicht. Du brauchst nämlich als SL, Anknüpfungspunkte für Deine Züge, falls keine 10+ fällt. Bestehe als SL darauf, dass Deine Chars in der Narrative bleiben! Das ist manchmal echt nicht ganz einfach, aber es passierte mir leider gerade bei Dungeon World viel zu oft, dass Spieler gesagt haben: "Okay,... dann würfel ich mal auf Discern Realities...". Da musst Du als SL leider penetrant sein und von Deinen Spielern fordern zu beschreiben, zu erzählen, was sie da eigentlich machen.

Und... 2 - 6 muss kein Fehlschlag sein! Die Spielzüge geben den Spielern keinen DC vor, den sie erreichen müssen. Bei einer 2 - 6 Kann das Schloss trotzdem aufgehen, aber dafür steht hinter der Tür eine Horde Oger, was macht ihr?!

Wichtig ist auch: Nach einem Wurf passiert nie nichts. Wenn Du also als SL vor einem Wurf eigentlich keine Lust hast, einen Zug zu machen, dann lass den Wurf!

Und das Wichtigste: Es ist immer cool, sich Tips zu holen. Am Ende lernt man eben doch Schwimmen nur im Wasser... probiers aus, probier rum und vor allem: habe Spaß dabei! :-)
Hoffe meine Ausführungen haben nicht noch mehr Verwirrung gestiftet.
« Letzte Änderung: 24.02.2021 | 19:46 von Thaddeus »
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Offline SirMaoh

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Ich habe mir jetzt nochmal die Erklärung zu den Spielzügen sowohl bei DW, wie auch bei MW durchgelesen. Leider wird mir bei keinem Regelwerk klar, ob eine 2-6 trotzdem ein Erfolg der Aktion sein muss/sollte, oder ob es lediglich bedeutet, dass ich als SL alleine entscheide was passiert (im Vergleich zu 7-9).

10-12: Das Ziel der Aktion, die der Spieler gerade beschrieben hat, trifft ein (das Schloss öffnet sich)
7-9: Das Ziel der Aktion, die der Spieler gerade beschrieben hat, trifft ein (das Schloss öffnet sich), aber zusätzlich muss der Spieler einen negativen Effekt wählen (die Art), die der SL dann entsprechend beschreibt (z.B. Dietriche fallen zu Boden und verschwinden im Gitter unter der Tür)
2-6:der SL dramatisiert die Lage (weicher Spielzug) oder sorgt für direkte Konsequenzen, z.B. eines Knüppelschlags in den Nacken (harter Spielzug)

Bei einer 2-6 könnte die Tür verschlossen bleiben und der Spieler hört Schritte im Gang hinter sich näher kommen (als weicher SL-Spielzug). Dann müsste er sich entscheiden, ob er es noch einmal versucht und bei erneutem Misserfolg ertappt wird, oder ob er stattdessen etwas anderes tut. Alternativ könnte bei einer 2-6 auch das Schloss kaputt gehen (harter SL-Spielzug) und die Tür bleibt verschlossen, oder liege ich hier falsch?

Das ist ja tatsächlich ein großer Unterschied, ob es nur darum geht, wer über die zusätzlichen Konsequenzen entscheidet, oder ob ein Spielzug tatsächlich scheitern kann :)
« Letzte Änderung: 24.02.2021 | 22:40 von SirMaoh »

Boni

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Idealerweise orientierst du dich an deinen Agendas und Principles. Wenn ich mich richtig erinnere, ist bei den Principles von DW "Separate them" dabei. Beispiel Tür öffnen: Es gelingt, aber der Dieb übersieht den Rückschlagmechanismus, geht durch und auf der anderen Seite ist keine Klinke. Jetzt muss er einen Weg finden, den Rest der Gruppe zu finden.

Damit hättest du einen Soft Move ausgelöst, der den Principles folgt. Und dadurch geht die Geschichte im Sinne der zentralen Spielagenda weiter. Als Faustregel würde ich sagen, setzedie MC-Moves so, dass dadurch neue Spielanreize geschaffen werden. Im Tür-Beispiel könnte auch eine Falle auslösen (2 Harm). Das kann spannend sein, wenn die Gruppe keine Möglichkeit zur Heilung hat, in den meisten Fällen wird es aber keine neuen Ereignisse im Spiel generieren. Die Trennung der Gruppe tut das aber sehr wohl.

Offline Thaddeus

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[...] Leider wird mir bei keinem Regelwerk klar, ob eine 2-6 trotzdem ein Erfolg der Aktion sein muss/sollte, oder ob es lediglich bedeutet, dass ich als SL alleine entscheide was passiert (im Vergleich zu 7-9).
Versuch mal, dich von den Kategorien Erfolg und Misserfolg zu lösen. DW ist ein schönes Spiel, aber eine schlechte Umsetzung von pbta ;-)
Ich kann immer nur empfehlen, immer mal wieder das Original zu lesen, es liest sich einach 1. fantastisch und 2. ist es immer wieder meine goto Lektüre, wenn ich als SL mal wieder eine Blockade habe, egal was ich grade leite... einfach das Rollenspielbuch, welches mich in 30+ Jahren am meisten berührt hat.

Ein Zug sollte immer von einer Spannungssitution ausgehen, daher ist der Hinweis auf die Principles von Boni sehr gut!

Der Zug Tricks of the trade ist nicht wirklich gut geschrieben, weil er keine Spannungssituation/Krise voraussetzt. In AW gibt es eigentlich keinen Zug (habe grade nochmal nachgeschlagen), bei dem noch vorher schon klar ist, dass nie nichts passiert... bei DW ist das aber nicht so gut umgesetzt.

Eigentlich müsste der Zug in DW wie folgt formuliert sein: "Wenn Du eine Tür ohne Schwierigkeiten öffnest..."

Es kommt also nach dem Wurf nicht darauf an, ob die Tür aufgeht oder nicht, sondern was nach der Narrative das Spannungsmoment gebildet hat... also frage Dich ausgehend von Deiner Welt, worum es ging? Die Tür leise zu öffnen? Schnell zu öffnen? Überhaupt zu öffnen? etc. Das ist letzten Endes auch der Grund, warum die Narrative der Spieler so wichtig ist und es kein Aufschlösselknackenwürfeln gibt.

Zitat
7-9: Das Ziel der Aktion, die der Spieler gerade beschrieben hat, trifft ein (das Schloss öffnet sich), aber zusätzlich muss der Spieler einen negativen Effekt wählen (die Art), die der SL dann entsprechend beschreibt (z.B. Dietriche fallen zu Boden und verschwinden im Gitter unter der Tür)
Naja, Du musst ihm schon wie im Zug Tricks of the trade beschrieben, eine Wahlmöglichkeit lassen, aber: ja.

Zitat
Dann müsste er sich entscheiden, ob er es noch einmal versucht und bei erneutem Misserfolg ertappt wird, oder ob er stattdessen etwas anderes tut. Alternativ könnte bei einer 2-6 auch das Schloss kaputt gehen (harter SL-Spielzug) und die Tür bleibt verschlossen, oder liege ich hier falsch?
Nö, das kannst Du schon machen... aber wenn nichts auf dem Spiel steht (Kein Zeitdruck, keine Gefahr entdeckt zu werden, etc.) dürfte die Aktion von vornherein keinen Spielzug auslösen, mit der Konsequenz: die Aktion gelingt auf jeden Fall. Anders als im klassischen Rollenspiel zwingt Dich DW gerade zu Dir vorher eine Vorstellung davon zu machen, warum da eigentlich überhaupt eine Tür ist? Oder halt: play to find out!

Zitat
Das ist ja tatsächlich ein großer Unterschied, ob es nur darum geht, wer über die zusätzlichen Konsequenzen entscheidet, oder ob ein Spielzug tatsächlich scheitern kann :)
Wie gesagt: Versuch mal, Dich von den Kategorien Erfolg/Misserfolg zu lösen. Schau doch mal auf http://apocalypse-world.com/ vorbei, da gibt es ganz viel kostenlos zum Download. Gerade die Übersicht über die Moves geben m.E. eine gute Einschätzung, wie pbta gedacht ist, gespielt zu werden.

Aber ich habe den Eindruck: Du kriegst das schon hin! :-)
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Offline Harlekin

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Offline Baron_von_Butzhausen

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Spannende Frage, mir gefällt (Subjektiv) Dungeon World mit am Besten von allen pbtA Systemen.
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Offline KhornedBeef

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Warum gilt bei manchen DW als keine gute pbta Umsetzung?
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Ich weiß nicht, mehr, wen ich da genau zitiere, aber die Beschreibung von DW als "schlechte pbtA-Umsetzung, aber gutes Spiel" ist bei mir hängengeblieben.

Ich würde sagen, Apocalypse World hat nicht nur Regeln, sondern eine Designphilosophie, und DW setzt die nicht konsequent um. Das hat mit dem diesem "Tanz" der Spielzüge zu tun, bei denen das Ergebnis eines Zugs eben eine neue Situation sein soll und bei DW bekommst du oft nur einen Modifikator. Ich kenne aber AW nicht und kann den Unterschied aucht nicht gut erklären. Ich glaube, das Blog Spouting Lore hat ein paar Artikel zu Dungeon World und Designschwächen einzelner Moves, vielleicht interessiert dich das. Das ist vom Designer von Stonetop, was gerade kickstartet.
https://spoutinglore.blogspot.com/
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Offline Baron_von_Butzhausen

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Ah, ja differenziert betrachtet könnte das Sinn machen, wenn man sich gut genug auskennen würde :-) Also ich spreche jetzt von mir.

Danke für den Blog Hinweis.
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Offline tanolov

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pbtA ist am besten darin kaskadierende und schnell eskalierende geschichten zu erzählen. DW emuliert DnD stories die eher gradlinig sind. Außerdem ist DnD im herzen ein herausforderungsorientiertes spiel, während pbta eine Konsequenzenmaschine ist. Da DW ein Love Letter an DnD ist, hat man dann auch einige mechaniken im spiel die so wenig sinn im pbtA Korsett machen.
Beispiele sind u.a. HP die man trotzdem runter hauen muss und nichts/wenig an der fiction ändern oder ein rudimentäres ressourcen management was halbherzig implementiert ist (tracking von Ammo/Spellslots/Rations etc). DW dreht sich einfach langsamer als Urban Shadows oder Masks. DW ist da irgendwo auch eine nette brücke zwischen dem eher herausforderungsorientiertem Spiel von DnD und dem story focus von pbtA. Da knirschts aber eben hin und wieder. Ist trotzdem ein gutes Spiel.

@SirMaoh
Zitat
10-12: Das Ziel der Aktion, die der Spieler gerade beschrieben hat, trifft ein (das Schloss öffnet sich)
7-9: Das Ziel der Aktion, die der Spieler gerade beschrieben hat, trifft ein (das Schloss öffnet sich), aber zusätzlich muss der Spieler einen negativen Effekt wählen (die Art), die der SL dann entsprechend beschreibt (z.B. Dietriche fallen zu Boden und verschwinden im Gitter unter der Tür)
2-6:der SL dramatisiert die Lage (weicher Spielzug) oder sorgt für direkte Konsequenzen, z.B. eines Knüppelschlags in den Nacken (harter Spielzug)

ja das fasst das gut zusammen. Für pbtA ist es wichtig moves nicht als pseudo skillproben fehlzuinterpretieren. Moves sind dazu da die story voranzutreiben und die spieler (GM inklusive) mit situationen zu füttern mit denen sie interagieren können. Für die GM Moves ist das recht einfach: die Spieler machen irgendwas mit ihren charakteren, schauen den GM an was passiert und der GM guckt in seine GM-Move liste und wählt einen der Moves. Das passiert im spiel auch ganz organisch:

Paar Beispiele:
1.
Spieler: "Ich gehe vorsichtig den Gang hinab in den Dungeon"
GM: "Du siehst eine Leiche der ein Pfeil im Hals steckt" [Reveal an unwelcome truth / Show signs of an aproaching threat]

2.
Spieler: "In der Stadt suche ich erst mal eine Taverne um ordentlich einen zu heben!"
GM: "In der Taverne ist gute Stimmung, eine Traube hat sich um zwei Männer gebildet die versuchen zu klären, wer der beste Trinker ist" [Give an opportunity that fits a class abilities / Offer an opportunity]

Bei Player Moves gibt es etwas mehr struktur. Player Moves sind (quasi) Input-Output Maschinen. Der Spieler macht etwas in der Fiction und wenn der Output des Moves möglich ist (= das was bei den Moves bei einer 7-12 steht + GM Moves möglich ist), dann triggert der Move, es wird gewürfelt und mit dem Output kann man weiterarbeiten.


Offline KyoshiroKami

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Was mich ganz ehrlich immer an Dungeon World gestört hat, ist das Geschwafel. Das liegt vermutlich an Adam Koebel, der immer ausholt und nach einer Viertelstunde immer noch nichts richtig gesagt hat. Nicht umsonst gab es mit Truncheon World eine Kurzversion von DW, wo nur die wirklich relevanten Dinge drinstanden.
DW war mein erstes PbtA und wenn ich nicht danach Apocalypse World gelesen hätte und es dadurch Klick bei mir gemacht hätte, dann wäre das kein letztes PbtA gewesen. Danach habe ich DW deutlich besser gefunden, aber es halt der Versuch DnD anders umzusetzen und wirkt dadurch nicht so konsequent wie andere PbtA.

Offline KhornedBeef

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Hinweis: Truncheon World ist keine Kurzversion, sondern eine Spielleiterreferenz. Da fehlen die Klassen, Charaktererstellung und Monsterlisten und so komplett.
Aber ansonsten hast du vermutlich recht, und tanolov auch.
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Offline KyoshiroKami

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Hinweis: Truncheon World ist keine Kurzversion, sondern eine Spielleiterreferenz. Da fehlen die Klassen, Charaktererstellung und Monsterlisten und so komplett.

Für mich ist es trotzdem eine Kurzversion, da Moves und Klassen ja eh separat verfügbar sind. Und für Monster gibt es online auch Übersichten bzw. Tools zum Selbermachen.

Offline KhornedBeef

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Für mich ist es trotzdem eine Kurzversion, da Moves und Klassen ja eh separat verfügbar sind. Und für Monster gibt es online auch Übersichten bzw. Tools zum Selbermachen.
Fair enough. Aber nicht dass man es mit World of Dungeons verwechselt ;)
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Offline 1of3

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Habe mir DW und MW geholt und bin von beiden Systemen echt angetan. Was machen andere ptba Systeme denn "besser"?

Monster of the Week kann ich wenig aus praktischer Erfahrung zu sagen, aber zu Dungeon World:

  • Defy Danger ist ein Move mit variablem Attribut. Das ist schlecht, weil es den Hauptvorteil von Moves zernichtet: Sie minimieren Diskussion. Bei einem vernünftigen Move sollte relativ evident sein, ob er triggert oder nicht, und über Modifikatoren oder zu verwendene Werte muss man dann gar nicht erst reden.
  • Spout Lore hat einen Trigger, den man nicht recht tun kann, um ihn zu tun. Ein Spieler muss das tun wollen, kann also nicht vor sich hinspielen und dann stellen wir fest, du hast übrigens gerade Lore gespoutet.
  • Die Kampf-Moves sind weniger spannend als in anderen Spielen, sie bringen weniger Veränderung in die Fiktion. Vergleiche zum Beispiel Masks.
  • Die Bonds tragen nicht groß zum Spiel bei. Für herumziehende Abenteuerer wäre vielleicht ein Party-Playbook spannender gewesen.
  • Die Klassen sind keine sonderlich guten Playbooks. Sie versinnbildichen keine Charakterentwicklung oder sagen etwas über den Charakterhintergrund. Wenn du ein Fantasy-PbtA willst, dass da eher was macht, schau mal bei Fellowship. Da hast du zum Beispiel das Aragon-, Gandalf-, Gimli-, Legolas- und Sam-Playbook.
  • Der Ritual-Move beim Magier wäre besser ein allgemeiner gewesen.
  • Viele andere Playbook-Moves, gerade die, die man auf weiteren Stufen bekommt, sind eher langweilige Boni als neue Aspekte und Inhalte.
« Letzte Änderung: 12.03.2021 | 14:56 von 1of3 »

Offline Der Dritte Held

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Zitat von: SirMaoh
1. Was und wieviel genau bereitet ein SL vor?

Unter den SL-Spielzügen gibt es einen, der nicht so recht ins Schema der anderen passt, nämlich "Nutze den Spielzug eines Monsters, einer Gefahr oder eines Ortes". Alle anderen Spielzüge können praktisch nicht vorbereitet werden, weil sie weitgehend situationsbedingte Reaktionen auf Spielerhandeln sind. Monster- oder Ortsspielzüge aber kann man vorbereiten und für mich machen sie (neben den Abenteuerfronten) den Hauptteil der (überschaubaren) Vorbereitung aus.

Gerade Ortsspielzüge sind das Feld, wo die SL ihre Agenda, nämlich eine fantastische Welt darzustellen, umsetzen kann. Wenn es gut läuft, stricken die SpielerInnen ihre eigene Geschichte, angetrieben von ihren Gesinnungen, ihren Banden, den Fronten und den gestellten Fragen. Bald aber wird diese Geschichte ins Stocken geraten, weil die SpielerInnen von der SL wissen wollen, was weiter passiert oder weil jemand eine 6- gewürfelt hat, sprich: es Zeit für einen SL-Spielzug ist. Manchmal ergibt es sich aus der vorherigen Geschichte, wie dieser SL-Spielzug nun aussehen wird, nicht selten aber ist es jetzt Zeit für die SL, ihre Agenda ganz grundsätzlich voranzutreiben, also eine fantastische Welt darzustellen und das Leben der Charaktere zu einem Abenteuer zu machen. Und wenn man dann auf vorbereitete Ortsspielzüge zurückgreifen kann, ist diese Aufgabe leicht zu bewältigen. Man muss nicht spontan improvisieren, sondern greift auf einige vorbereitete Gedanken zurück. Das ureigenste SL-Terrain der Weltgestaltung wird hier zu einem bequem nutzbaren Spielelement.

Ein Beispiel: Die SpielerInnen haben beschlossen, den berüchtigten Harpyienpass zu überqueren. Die SL hat drei Spielzüge vorbereitet:
- Ein Harpyienschwarm wird auf die Charaktere aufmerksam [das Offensichtliche]
- Ein dreiköpfiges fliegendes Drachenirgendwas macht Jagd auf einen panisch fliehenden Harpyienschwarm [das Unerwartete]
- Irgendwer meldet die Ankunft der Charaktere am Pass mit dumpf dröhnenden Alphörnern weiter den Passweg hinauf [das Dritte].

Alles sind bequeme Fortsetzungen der Geschichte, die ohne Probleme eingesetzt werden können, wenn die SL einen Zug machen muss - und zugleich sagen sie etwas über die Welt aus (es gibt hier Harpyien, es gibt hier harpyienfressende Drachenirgendwasse es gibt hier Bewohner oder zumindest Wachposten) und bieten Anknüpfungspunkte für weitere Handlungen der SpielerInnen (Können die Harpyien etwas über den verräterischen General Blutfaust wissen, der hier vor einer Woche durchgezogen ist? Was ist das für ein Drachenirgendwas und hat das mit den Überfällen der Harpyien auf die Grenzdörfer zu tun? Wagen wir uns weiter vor oder klären wir erst auf, wer am Harpyienpass Wache hält und warum?)

Diese Ortsspielzüge kann man bequem für alle wahrscheinlichen Orte der kommenden Spielsitzung vorbereiten, egal ob der Ort groß ist wie der Harpyienpass oder doch eher klein wie in einem zweiten Beispiel die Hafenkaschemme Volles Fass:
- Der blinde Kujo ist heute Gast und seinen Geschichten sagt man prophetische Inhalte nach.
- Die Schmuggler vom Schwarzwasser brauchen keine Fremden, die ihre Geschäfte gefährden.
- Der Prinz von Sommermund, mit notdürftigem Umhang verkleidet, trifft einen Kapitän der Donnerflotte.

Grundsätzlich funktioniert das mit Monsterspielzügen ganz genau so. Betritt ein Monster die Bühne macht es das, was seine Spielzüge ihm nahelegen, die ja Teil seiner Beschreibung sind. Auch hier hat die SL mit den Spielzügen genau das Werkzeug in der Hand, mit dem das Monster zum Leben erweckt wird. Ein paar vernünftige Spielzüge scheinen mir sogar wichtiger als Werte.

Ist die SL super darin, Szenen spontan zu improvisieren, geht es auch ohne vorbereitete Spielzüge. Ich würde hier aber immer ein paar Stichworte vorbereiten, um gute Ideen dann ins Spiel zu werfen, wenn sie gebraucht werden. Sollten sie nicht benötigt werden, auch gut, die Spielzüge brauchen nur dann eingesetzt werden, wenn es gut passt, es besteht kein Bedarf, sie unbedingt ins Spiel einzubringen.