Die Zock-Böcke erzählten in ihrer
letzten Episode ihren jeweiligen Weg zum Rollenspiel, und solche Threads haben wir hier ja auch regelmäßig, aber interessant fand ich den von kirilow reingebrachten Blickwinkel. Nicht: welcher Zufall war es, durch den du deine erste Runde fandest, sondern: was war die Vorgeschichte, warum war dieses doch relativ spezielle und abseitige Hobby etwas, das dich interessierte und das du ausprobieren wolltest?
Für mich muss ich sagen, auch wenn ich vermutlich Defender of the Crown genauso gesuchtet habe wie die geneigten Zock-Böcke, und auch wenn Strategiespiele immer mein Ding waren und bis heute sind, sehe ich diese Schiene für mich als etwas separates und überhaupt gar nicht als den Weg, über den ich zum Rollenspiel kam. Sondern für mich waren es in erster Linie Bücher und in erster Linie Fantasy.
Als ich Ende der 80er das erste Mal von D&D hörte, konnte ich die drei Star-Wars-Filme, die es damals gab, auswendig mitsprechen, vor allem las ich aber alles an Fantasy, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Angefangen von den Brüdern Löwenherz über Narnia, Märchenmond und Enwor, verschlang ich alles, was die lokale Leihbücherei an ansatzweise Fantasy-artigen Kinder- und Jugendbüchern zu bieten hatte. Schließlich landete ich bei Drachenlanze, die Chroniken hatte ich bereits gelesen, bevor ich mit D&D überhaupt in Berührung kam. Die ersten englischen Romane, die ich las, waren ebenfalls aus dem Drachenlanze-Zyklus, die kaufte ich dann schon im Rollenspielladen.
Ich las auch Shadowrun- und BattleTech-Romane, bevor ich die zugehörigen Spiele spielte, das war aber etwas später. Letztendlich war das alles keine große Kunst, aber es war für den pubertären Vermi genau die richtige Dosis Pathos, und das war es dann auch, was ich in erster Linie im Rollenspiel suchte und letztlich in (A)D&D, Shadowrun und MechKrieger nicht wirklich fand. Star Wars d6 und später Vampire holten mich da dann besser ab.
Den gedanklichen Schritt vom passiven Lesen zum (inter-)aktiven Spielen brachte für mich nicht erst D&D, vorher hatte ich bereits die Abenteuer-Spielebücher von Ian Livingstone und Steve Jackson kennengelernt. Mein erstes war “Die Höhlen der Schneehexe” von Livingstone. Es faszinierte mich als Spiel, ich finde die Regeln in ihrer Einfachheit bis heute gelungen, und ich hatte durchaus den Ehrgeiz, es ohne zu Schummeln zu lösen. Aber vor allem faszinierte es mich, weil ich mich sofort in die Welt und die Rolle des Protagonisten hineingezogen fühlte.
Wenn ich es mir heute ansehe, finde ich das Abenteuer an sich gar nicht so besonders toll, aber die
Einführung ist einfach großartig. Mit ein paar wenigen Sätzen hast du nicht nur ein Bild von einer rauen, winterlichen Wildnis à la Yukon vor Augen, ein Wagentrek auf einem zugefrorenen See, im Hintergrund schroffe Berge, sondern du hast auch das Gefühl, dass diese Gegend Teil einer viel größeren Welt ist, und vor allem bekommst du ein Gefühl für die Figur, als die du angesprochen wirst. Du bist offensichtlich ein kompetenter Kämpfer und Scout, der für die Sicherheit des Treks garantiert und von dem erfahrenen Händler Big Jim Sun als Gleichgestellter behandelt wird. Ich empfand das als mega immersiv und es hat mich sofort in seinen Bann geschlagen.
Als mir dann ein Klassenkamerad von D&D erzählte, brauchte ich nicht lange nachzufragen. Mir leuchtete sofort ein, wie das Konzept von “Die Höhlen der Schneehexe” durch das Hinzufügen eines Spielleiters aufgewertet, ja vervollständigt wurde. Ich stellte mir vor, dass es genauso wäre wie das Buch, nur halt mit mehr Leuten und vor allem, unendlichen Handlungsoptionen. Und das war es dann ja letztlich auch, aber weder in der Spielpraxis meiner ersten Runde, noch in den Regelwerken von BECMI-D&D und AD&D 2nd Edition, die ich mir dann kaufte, fand ich dieses Plastische und Immersive von Livingstone, oder diesen Pathos von Hohlbein oder Weis & Hickman, die ich gesucht hatte. Als nächstes schaute ich mir Laurin-Chthulhu an, das zumindest plastisch und immersiv war. Doch die wirkliche Initialzündung war Star Wars d6, mein erstes Rollenspiel auf Englisch und das erste, das ich intensiv geleitet und auch auf diverse andere Settings konvertiert habe.
Wie war es bei euch?