Autor Thema: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?  (Gelesen 58106 mal)

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Swafnir

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Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« am: 16.03.2021 | 15:07 »
Ich bin in einer kleinen Sinnkrise als Spielleiter. Daher habe ich angefangen mich mit Spieltheorie zu befassen. Besonders angetan hat es mir dabei das Werk von Roger Caillois „Die Spiele und die Menschen“.

Laut ihm kann man Spiele in vier Kategorien einteilen:
Agon (Wettkampf), Alea (Glück), Mimicry (Verstellung) und Ilinx (Rausch).  Wie immer gibt es diese überwiegend in gemischten Formen.
Aufs Rollenspiel bezogen ist Agon die Vorbereitung, der Charakterbau, die Regelkenntnis und taktisches Spiel. Alea ist dann der Würfelwurf. Ich kann zwar mit Agon den Würfelwurf vorab beeinflussen (indem ich zum Beispiel einen Gegner in die Zange nehme und meine Chancen verbessere), am Ende entscheidet aber das Glück (als jemand der sehr schlecht würfelt, merke ich das meist recht deutlich). Aber dieser Moment in dem man aufs Glück angewiesen ist, übt einen großen Reiz aus. Mimicry letztlich ist das Verstellen, das spielen einer Rolle. Die drei beeinflussen sich alle gegenseitig.
Spiele ich zum Beispiel meinen Charakter dumm (weil der SC dumm ist), gebe ich dem Mimicry den Vorzug vor dem Agon (das wäre taktisch gutes Spiel). Mit taktisch gutem Spiel (Agon) beeinflusse ich meine Chancen beim Würfeln (Alea) usw.

Gleichzeitig definiert Caillois ein Spiel als: „System von Regeln, die definieren, was zum Spiel gehört und was nicht, das heißt das Erlaubte und das Verbotene. Diese Konventionen sind willkürlich, bindend und zugleich unwiderruflich. Sie dürfen unter keinen Umständen verletzt werden, andernfalls das Spiel auf der Stelle zu Ende und zerstört ist.“

Jetzt bin ich aber über diverse Stellen in Rollenspielen gestolpert, die dem Spielleiter explizit zugestehen die Regeln zu brechen oder zu umgehen. Im Earthdawn-Spielleiterhandbuch steht etwa:
„Die Regeln sollen dabei helfen, gute Geschichten zu erzählen – wenn die Regeln dem Geschichtenerzählen im Weg stehen, ignoriert sie.“ Und auf derselben Seite weiter: „Der Spielleiter ist der Einzige, der seine Würfelwürfe ignorieren darf, aber nur, wenn die Regel dem Spaß im Weg stehen.“

Oder ganz frisch heute gelesen in Little Wizards als Gesetz des Erzählers:
"Es gibt eine geheime vierte Regel – du kannst schummeln! Wenn nötig kannst du die Regeln verbiegen oder sogar brechen, um sicherzustellen, dass eine Geschichte nicht völlig aus den Fugen gerät. (…) In jeder dieser Situationen hast du das Recht, heimlich zu würfeln (und das Würfelergebnis zu sagen, was immer du willst) oder die Geschichte zu ändern, oder was auch immer, solange du es zum Wohle des ganzen Spiels tust."

Nun haben wir ein Paradoxon: Wir haben an Anweisungen in den Regeln, dass der Spielleiter die Regeln brechen darf – wenn die Regeln dem Spaß im Weg stehen. Breche ich die Regeln nicht und akzeptiere alle Würfe, breche ich die Regeln. Hierfür muss der Spielleiter das aber heimlich tun (Geheime Regel in Little Wizards, Regel im Spielleiterhandbuch im Spielerhandbuch). Das ergibt Sinn, denn sonst würde er sowohl Agon als auch Alea entwerten. Die Spieler würden merken, dass ihre Vorarbeit wie Charakterbau oder taktisch cleveres Spiel (Agon) ebenso wenig relevant sind wie es auch der Würfelwurf (Alea) letztlich ist. Denn nicht das Glück entscheidet, sondern der Spielleiter.

Und hier auf trifft wiederum die Definition von Caillois zum Falschspieler ziemlich genau:
„Der Falschspieler ist noch in der Welt des Spiels. Wenn er die Regeln umgeht, tut er immerhin noch so, als respektiere er sie. Er ist unehrlich, aber er heuchelt wenigstens. So bewahrt und behauptet er durch seine Haltung die Gültigkeit der von ihm verletzten Konventionen, denn er ist darauf angewiesen, dass wenigstens die anderen sich ihnen unterwerfen.“

Dreht er die Würfel also öffentlich, ist das dem Spaß nicht zuträglich, sofern wir keine Gruppe haben, die einzig an Mimicry interessiert ist. Da stellt sich mir aber dann die Frage, warum sie nicht gleich ohne Regeln spielen. Das Spiel an sich würde sich aber dann auflösen und in ein Rollenspiel frühkindlicher Prägung oder in eine reine Erzählung driften. Der Aspekt des Spiels wäre zerstört (siehe Zitat Caillois weiter oben). Es würde "entarten".

Ich habe vor einigen Jahren gemerkt, dass einer meiner Spielleiter Würfel gedreht hat. Damit war für mich die Spannung am Spiel zerstört.  Dieser Moment des Würfelns, die Gefahr in der meine Charakter schwebt – das macht für mich einen wichtigen Teil des Rollenspiels aus. Ebenso möchte ich natürlich, dass in das Spiel durch schlaues Spiel beeinflussen kann. Ab dem Zeitpunkt bin ich dazu übergegangen als Spielleiter alles offen zu würfeln und die Regeln konsequent anzuwenden. Schnell hatte ich bei uns im Verein den Ruf ein „Charaktertöter“ zu sein und mehrere Runden gingen zu Bruch, sobald ein oder mehrere Charaktere in Gras gebissen haben. Obwohl ich den Spielstil vorher genau erklärt und ausgeführt habe und alle Spieler damit einverstanden waren. Reine Erzählspiele wollten sie nicht spielen.

Ganz offensichtlich hat das den Spielern aber auch keinen Spaß gemacht. Wäre es also als SL meine Aufgabe gewesen, die Charaktertode zu verhindern? Nach den Regeln von Earthdawn und Little Wizards schon (die stehen hier nur als Beispiele, ich habe in diversen Regelwerken gleiche oder ähnliche Passagen gefunden). Es gibt natürlich Gruppen von Erzählspielern die nur mit Mimikry/Erzählen auskommen oder wir haben die ARS-Spieler bei denen ein Charaktertod eben nicht den Spielspaß mindert.
Für die meisten anderen Spielrunden muss ich aber folgendes Ergebnis festhalten:

Die Spieler wollen nur einen scheinbaren Nervenkitzel. Es soll spannend sein und Glück soll auch eine Rolle spielen, aber bitte mit einem unsichtbaren Sicherheitsnetz, welches schlechte Ergebnisse und Pech abfedert. Der Spielleiter muss also als Falschspieler agieren.

Aber will ich das? Möchte ich meine Spieler hinters Licht führen (müssen)?
Unser Vereinsmotto heißt nicht umsonst: aleam inter seria exercemus - Wir nehmen das Würfeln ernst.

Tegres

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #1 am: 16.03.2021 | 15:19 »
Wenn die Spielleitung die Würfelwürfe manipulieren muss, damit alle Spaß haben, ist entweder das Abenteuer Grütze, das System diskfunktional oder die Vorstellungen der Spielgruppe über Spaß im Rollenspiel gehen zu weit auseinander. Letzteres scheint in deinen Ausführungen der Fall zu sein. In jedem Fall ist es kein gutes Zeichen. Wenn Spieler:innen nur scheinbaren Nervenkitzel suchen, können sie auch einen Film schauen, ein Buch lesen oder sich in die Geisterbahn setzen. Wenn ich Angst habe, dass mein Charakter durch Würfelwürfe sterben könnte, sollte ich entweder ein System spielen, in dem Charaktere gar nicht sterben können oder in dem Charaktere nicht durch Würfelwürfe sterben können. Diese Systeme gibt es, aber vielleicht wissen die Spieler:innen nicht um sie.

Ich möchte als Spielleiter definitiv nicht die Würfel drehen. Der Spaß für mich als Spielleiter ist gerade nicht, alles zu bestimmen, sondern mich durch die Ideen der Spieler:innen und durch die Würfelwürfe überraschen zu lassen. Sonst finde ich das Leiten langweilig. Wenn Spieler:innen erwarten, dass ich zu ihre Gunsten oder Ungunsten Würfel drehe, sind sie bei mir falsch. Wenn ich das vorher sage und hinterher sind sie dennoch traurig, dass der Tod ihres Charakters nicht verhindert wurde, kann ich ihnen auch nicht helfen. Das müssen sie einfach akzeptieren und gegebenenfalls nicht mehr bei mir spielen. Zum Glück gibt es meiner Erfahrung nach genügend Spieler:innen, die die Würfel ernst nehmen und Schummelei auch bei der Spielleitung ablehnen. Notfalls muss man auf Online-Runden ausweichen. Da findet man immer passende Spieler:innen. ¯\_(ツ)_/¯

Online ghoul

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #2 am: 16.03.2021 | 15:22 »
Du stellst aber Fragen, wurde das nicht alles vor Jahren schon geklärt?
Alles, was du wissen musst, steht, wie könnte es anders sein, im Ghoultunnel>;D
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Offline nobody@home

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #3 am: 16.03.2021 | 15:22 »
Hmmm. Geht Caillois an irgendeiner Stelle auf Spiele ein, bei denen "Du darfst schummeln!" ausdrücklich Teil der Regeln selbst ist, oder hat er diesen (immerhin auch außerhalb des Hobbys Rollenspiel hier und da vertretenen) Fall schlicht übersehen? In letzterem Fall würde ich mich nicht nämlich erst gar nicht allzusehr auf ihn als Autorität mit Definitionsgewalt stützen. :think:

Offline Alex

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #4 am: 16.03.2021 | 15:24 »
Spielleiter und Spieler müssen zueinander passen.

Wenn du Erzählrollenspiel leiten willst, dann muss es die Gruppe auch mögen. Ich kann das Mal machen, spiele es auch regelmäßig (vor allem auf Cons), aber auf Dauer langweilt mich das (wie du auch weißt) - was aber keine Kritik an dem Spielstil oder dem SL ist.

Wenn du aber „ehrlich“ spielen willst, dann muss die Gruppe auch den Tod des Charakters akzeptieren.
Aber Ende ist es eine Frage von Balancing oder „Todeslevel“ des Rollenspiels. Das ist bspw. bei Cthulhu und Paranoia sehr viel höher, als bei anderen Rollenspiele. Passt mMn nach auch dazu, aber das muss man vorher klar kommunizieren, damit niemand überrascht ist.
Wenn die Spieler aber nur einen scheinbaren Nervenkitzel wollen und der SL nicht, dann wird die Kombination nicht lange gut gehen.

« Letzte Änderung: 16.03.2021 | 15:29 von Alex »

Supersöldner

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #5 am: 16.03.2021 | 15:26 »
die regle des schummeln sagt ja das du es DARFST. sie sagt nicht das du musst. So würde ich das auch halten. Was ist das ist und SL schummeln ist SL Willkür.

Swafnir

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #6 am: 16.03.2021 | 15:32 »
Spielleiter und Spieler müssen zueinander passen.

Wenn du Erzählrollenspiel leiten willst, dann muss es die Gruppe auch mögen. Ich kann das Mal machen, spiele es auch regelmäßig (vor allem auf Cons), aber auf Dauer langweilt mich das (wie du auch weißt) - was aber keine Kritik an dem Spielstil oder dem SL ist.

Wenn du aber „ehrlich“ spielen willst, dann muss die Gruppe auch den Tod des Charakters akzeptieren.
Aber Ende ist es eine Frage von Balancing oder „Todeslevel“ des Rollenspiels. Das ist bspw. bei Cthulhu und Paranoia sehr viel höher, als bei anderen Rollenspiele. Passt mMn nach auch dazu, aber das muss man vorher klar kommunizieren, damit niemand überrascht ist.
Wenn die Spieler aber nur einen scheinbaren Nervenkitzel wollen und der SL nicht, dann wird die Kombination nicht lange gut gehen.

Ich hab es klar kommuniziert, sogar mehrfach. Trotzdem und trotz der Zusicherung Charaktertode zu akzeptieren, war die Stimmung danach bescheiden.
Auf der anderen Seite können sie ja auch nicht sagen: Bitte beschummel uns. Damit würden sie ja ebenfalls ihren Spielspaß untergraben - wie oben dargelegt.

Offline Marduk

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #7 am: 16.03.2021 | 15:38 »
Wenn du Erzählrollenspiel leiten willst, dann muss es die Gruppe auch mögen. Ich kann das Mal machen, spiele es auch regelmäßig (vor allem auf Cons), aber auf Dauer langweilt mich das (wie du auch weißt) - was aber keine Kritik an dem Spielstil oder dem SL ist.
Ich spiel auch gerne Erzählrollenspiel und muss dafür nicht mal schummeln  ~;D

Narrative Systeme haben da teilweise recht gute Regeln für, solange man sich an sie hält.
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Offline Alex

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #8 am: 16.03.2021 | 15:41 »
Ich hab es klar kommuniziert, sogar mehrfach. Trotzdem und trotz der Zusicherung Charaktertode zu akzeptieren, war die Stimmung danach bescheiden.
Auf der anderen Seite können sie ja auch nicht sagen: Bitte beschummel uns. Damit würden sie ja ebenfalls ihren Spielspaß untergraben - wie oben dargelegt.
Da sehe ich manchmal das Problem bei Kaufabenteuern.
Ich habe Sachen von Pathfinder und D&D, da führen unvermeidbare Begegnungen zu 95% zu einem TPK, ohne dass die Gruppe wirklich was dafür kann. Ein oder zwei schlechte Würfe und Ende ist.
Das gnadenlos durchzuziehen finde ich schwierig, daher muss in solchen Situationen das regulieren, ohne Würfel zu drehen (ich streiche da meist Sonderfertigkeiten, die zu viel reinhauen). Ist das schon Betrug? Vielleicht. Vielleicht balanciere ich das aber auch nur wieder gerade.

Und wenn das AB eine solche Falle hat, dann beschweren sich die Spieler nicht beim Autor, sondern bei dir und geben dir die Schuld.


« Letzte Änderung: 16.03.2021 | 15:45 von Alex »

Online ghoul

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #9 am: 16.03.2021 | 15:43 »
Lösungen:

1. Spiel doch mit Erwachsenen, nicht mit Kindern über 18! Ich wollte natürlich sagen, leite worauf du Bock hast und such dir die passenden Spieler dazu. In VTT-Zeiten ist die Auswahl an Spielern doch groß genug, oder?

2. Alternativ, richte dich, wenn es denn sein muss, nach deinen Stammspielern. Es gibt genug Systeme, oder? Bei manchen ist die Sterblichkeit sehr gering (bspw. durch Gummipunkte), andere Systeme sind tödlich aber haben Optionen für Wiederbelebung (alle D&D-Systeme bspw.).

Schummeln ist keine Option! Aus oben verlinkten Gründen.
« Letzte Änderung: 16.03.2021 | 15:45 von ghoul »
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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #10 am: 16.03.2021 | 15:43 »
Ich spiel auch gerne Erzählrollenspiel und muss dafür nicht mal schummeln  ~;D
Narrative Systeme haben da teilweise recht gute Regeln für, solange man sich an sie hält.
Ohne Zweifel. Da gibt es einiges und ich habe da viel von Jörg D. gelernt ( :'(), aber der Spielstil ist nicht meins, was wirklich keine Kritik ist.
Ich esse auch keine Oliven und halte Leute, die das machen nicht automatisch für doof.  :)

Swafnir

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #11 am: 16.03.2021 | 15:46 »
Lösungen:

1. Spiel doch mit Erwachsenen, nicht mit Kindern über 18! Ich wollte natürlich sagen, leite worauf du Bock hast und such dir die passenden Spieler dazu. In VTT-Zeiten ist die Auswahl an Spielern doch groß genug, oder?

2. Alternativ, richte dich, wenn es denn sein muss, nach deinen Stammspielern. Es gibt genug Systeme, oder? Bei manchen ist die Sterblichkeit sehr gering (bspw. durch Gummipunkte), andere Systeme sind tödlich aber haben Optionen für Wiederbelebung (alle D&D-Systeme bspw.).

Schummeln ist keine Option! Aus oben verlinkten Gründen.

Mit meinen Stammspielern spiele ich DCC und hab dahingehend gar keine Probleme. Da war die Stimmung auch super, als die halbe Gruppe ertrunken ist.

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #12 am: 16.03.2021 | 15:47 »
Mit meinen Stammspielern spiele ich DCC und hab dahingehend gar keine Probleme. Da war die Stimmung auch super, als die halbe Gruppe ertrunken ist.

Na also, geht doch!  :d  8)
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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #13 am: 16.03.2021 | 15:50 »
Grundsätzlich hab ich's speziell mit dem heimlichen "Drehen" von Würfelergebnissen nicht so. Wenn ich das als SL nämlich machen "muß", dann ist das ja an sich schon eigentlich nur noch ein Eingeständnis von Versagen -- welche Ergebnisse herauskommen konnten, sollte ich ja eigentlich vor dem Wurf auch schon gewußt haben, wenn ich also trotzdem unangenehm überrascht werde, liegt das allein an mir. Da kann ich an anderen Stellen (und sei es beispielsweise bloß die Entscheidung, ob jetzt gerade unbedingt ein Würfelwurf nötig ist oder nicht; okay, vielleicht nicht gerade direkt im Kampf o.ä., aber doch in vielen anderen Situationen...) dank meiner verbrieften SL-Autorität doch wesentlich freier eingreifen.

Offline Alexandro

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #14 am: 16.03.2021 | 16:11 »
Die Frage wäre erstmal, ob Rollenspiel überhaupt ein "Spiel" (nach Caillois Definition von Spiel) ist - Caillois sieht Spiele als unproduktiv und das trifft auf Rollenspiel definitiv nicht zu.

Unabhängig davon:
Bei "alea" ist noch wichtig zu betonen, dass Caillois darin einen bewussten Akt der Entscheidung sieht, den Zufall zuzulassen ("the resignation of will, an abandonment to destiny") und ich denke da steckt viel Kluges drin.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Rollenspieleinsteiger das Würfeln ziemlich langweilig finden. Sie machen irgendwas at random, der SL sagt ihnen irgendeine kryptische Würfelformel, sie führen diese aus und dann passieren Dinge. Wenn das zu sehr Überhand nimmt, hat man Einsteiger schnell für das Hobby verloren. Interessant wird es, wenn Einsteiger langsam blicken, wodurch die Würfelwürfe ausgelöst werden (was, nebenbei gesagt, fast nichts mit dem Regelwerk zu tun hat und alles mit der Runde in der sie spielen) und anfangen, gezielt Handlungen durchzuführen die (aufgrund arbiträr hergeleiteter Wahrscheinlichkeiten) eine größere Chance haben das gewünschte Ergebnis herbeizuführen - das letztere ist "alea", das erstere nicht.

Warum ist das wichtig? Weil es bedeutet, dass innerhalb der Runde eine Auswahl stattfindet, inwieweit der Zufall zugelassen wird. Und ein guter SL trifft diese Auswahl eben auch - Handlungsmaschinen oder komplett zufällige Abenteuergestaltung haben sich über die Jahre als unbrauchbar erwiesen: ohne eine dezidierte Auswahl und Kuratierung durch den SL kommt da nur Grütze raus. Selbst Runden, die vorgeben alles vorzubereiten und nichts der "SL-Willkür" zu überlassen, beschränken die Vorbereitung auf die Kartierung der Spielwelt und ihre "plausible Darstellung" derselben hat dann doch einen starken bias in Richtung dessen, was ihre Gruppe gut findet - würde sich die Spielwelt wirklich komplett zufällig weiterentwickeln, so hätte vermutlich keine Spielrunde daran Freude.

Das wichtige ist also nicht, dass manchmal im Spiel eben Dinge ohne ein Zufallselement ablaufen, sondern wann die Entscheidung getroffen wird den Zufall zur Hilfe zu nehmen - und aus welchen Gründen.
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Swafnir

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #15 am: 16.03.2021 | 16:15 »
Was stellen Rollenspiele denn her, wenn sie produktiv sein sollen?

Offline KhornedBeef

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #16 am: 16.03.2021 | 16:15 »
Hmmm. Geht Caillois an irgendeiner Stelle auf Spiele ein, bei denen "Du darfst schummeln!" ausdrücklich Teil der Regeln selbst ist, oder hat er diesen (immerhin auch außerhalb des Hobbys Rollenspiel hier und da vertretenen) Fall schlicht übersehen? In letzterem Fall würde ich mich nicht nämlich erst gar nicht allzusehr auf ihn als Autorität mit Definitionsgewalt stützen. :think:

die regle des schummeln sagt ja das du es DARFST. sie sagt nicht das du musst. So würde ich das auch halten. Was ist das ist und SL schummeln ist SL Willkür.
Das fiel mir auch direkt ein. Aber das läuft ja auf "es gibt keine Regeln für Spielleiter (im Sinne von Verboten)" hinaus, was unbefriedigend sein kann (obwohl ja prominente Erzählspiele eh lieber mit Gebote/Prinzipien arbeiten).
Aber tatsächlich deckt die Falschspielerdefinition Spielleiten so oder so nicht ab. Denn:

Die SL ist nicht darauf angewiesen, dass die anderen sich an die Regeln halten, denn die SL will nicht gegen Sie gewinnen. Falls doch, dann wäre Würfeldrehen natürlich Falschspiel.

Und natürlich stellt sich das Problem nicht, wenn man nicht auf Teufel komm raus Plotarmot mit Wargaming-Regeln umsetzen will.
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
Firepower, B&C Forum

Ich vergeige, also bin ich.

"Und Rollenspiel ist wie Pizza: auch schlecht noch recht beliebt." FirstOrkos Rap

Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Alexandro

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #17 am: 16.03.2021 | 16:16 »
Was stellen Rollenspiele denn her, wenn sie produktiv sein sollen?

Geschichten natürlich!
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Swafnir

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #18 am: 16.03.2021 | 16:18 »
Geschichten natürlich!

Das ist doch Quatsch. Du kannst genauso gut auch die geschichte einen Schach- dier Fußballspiels erzählen. Das macht es aber noch lange nicht produktiv.

Offline Alexandro

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #19 am: 16.03.2021 | 16:21 »
Fussballspiele und Schachturniere sind ja auch ungemein produktiv.

Oder warum denkst du, schauen sich die Leute Aufzeichnungen davon an oder lesen Analysen dazu, selbst wenn sie das Ergebnis längst kennen?

EDIT: Beim Rollenspiel ist halt noch eine zusätzliche Nähe zu Geschichten, die wir aus diversen Medien (Film, Buch, Serie...) kennen - einfach weil es das ist, was Spieler in das Spiel hineintragen und zur Etablierung des GMV verwenden.
« Letzte Änderung: 16.03.2021 | 16:23 von Alexandro »
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Offline tartex

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #20 am: 16.03.2021 | 16:24 »
Die Frage wäre erstmal, ob Rollenspiel überhaupt ein "Spiel" (nach Caillois Definition von Spiel) ist - Caillois sieht Spiele als unproduktiv und das trifft auf Rollenspiel definitiv nicht zu.

Also wenn man das so großzügig definiert, kann es auch lassen. Jede Art von sportlichem Spiel ist dann auch nicht unproduktiv, denn es produziert zumindest Fitness. Und das Kinderspiel produziert Erfahrungen für das spätere, "echte" Leben.
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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #21 am: 16.03.2021 | 16:24 »
Was stellen Rollenspiele denn her, wenn sie produktiv sein sollen?
Unterhaltungswert.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Swafnir

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #22 am: 16.03.2021 | 16:25 »
Die SL ist nicht darauf angewiesen, dass die anderen sich an die Regeln halten, denn die SL will nicht gegen Sie gewinnen. Falls doch, dann wäre Würfeldrehen natürlich Falschspiel.

Das sehe ich auch anders. Der SL ist darauf angewiesen, dass sich die Spieler an die Regeln halten. Sonst würde alles beliebig und das Spiel wäre zerstört.

Beispiel:

SL: Da ist eine Mauer.
SC: Ich fliege drüber.
SL: Dein SC kann gar nicht fliegen.
SC: Mir egal, er fliegt drüber.

Halten sich die Spieler nicht an die Regeln löst sich das ganze Spiel auf. Es entartet.
Es sei denn sie halten sich auch an die Regeln für den Falschspieler. Wenn das alle machen, müsste es funktionieren. Es muss aber halt geheim bleiben.

Online JollyOrc

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #23 am: 16.03.2021 | 16:26 »
Das wichtige ist also nicht, dass manchmal im Spiel eben Dinge ohne ein Zufallselement ablaufen, sondern wann die Entscheidung getroffen wird den Zufall zur Hilfe zu nehmen - und aus welchen Gründen.

 :d danke für diese Ausführung - das war für mich überraschend erhellend.
Fürs Protokoll: Ich bitte hiermit ausdrücklich darum, mich in der Zukunft auf schlechte oder gar aggressive Rhetorik meinerseits hinzuweisen. Sollte ich das dann wider Erwarten als persönlichen Angriff werten, bitte auf diesen Beitrag hier verweisen und mir meine eigenen Worte um die Ohren hauen! :)

Offline Alexandro

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Re: Muss der Spielleiter ein Falschspieler sein?
« Antwort #24 am: 16.03.2021 | 16:31 »
Das sehe ich auch anders. Der SL ist darauf angewiesen, dass sich die Spieler an die Regeln halten. Sonst würde alles beliebig und das Spiel wäre zerstört.

Beispiel:

SL: Da ist eine Mauer.
SC: Ich fliege drüber.
SL: Dein SC kann gar nicht fliegen.
SC: Mir egal, er fliegt drüber.

Halten sich die Spieler nicht an die Regeln löst sich das ganze Spiel auf. Es entartet.
Es sei denn sie halten sich auch an die Regeln für den Falschspieler. Wenn das alle machen, müsste es funktionieren. Es muss aber halt geheim bleiben.

Das gilt aber nur solange, wie die Regeln sind "Die Fähigkeiten der SC stehen von Anfang an fest" - wenn am Anfang des Spiels noch nicht klar ist, wer die SC sind und was sie können, dann ist es kein Regelbruch.

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