"Meta" Gaming ist ja erstmal nichts Schlechtes.
Wenn ich als SPL jedes "Meta" ausblenden muss, damit meine "Immersion" nicht gestört wird, dann habe ich vermutlich Probleme mit dem hineinversetzen..
Meta gaming ist nichts global schlechtes, aber etwas schlechtes für diejenigen, welche sich davon gestört fühlen. Und ich gehe noch vom engeren Umgang mit dem Begriff aus und nicht von dem eigentlich ist doch alles meta.
Für SPL die leicht in eine Rolle schlüpfen können, die sie sowohl von außen, als auch von Innen betrachten können, ist " Meta" für die Immersion nicht so bedrohlich.
Denn die Innensicht ist ja jederzeit da.
Und wird durch Außensicht oder taktische Überlegungen nicht ausgehebelt.
Als SL muss man teilweise so schnell, und soviele unterschiedliche Typen spielen.
Können =/= mögen.
Es ist eine entsprechend starke unerwünschte Störung und auch ein Grund, warum sich SL-Position von SP-Position unterscheidet.
Wieder so ein Dualismus – das ist das Problem an den gesamten hier vorgestellten Theorien: Da werden immer scheinbar unvereinbare Begriffspaare gegenübergestellt. Das entspricht überhaupt nicht der Vielfältigkeit von Rollenspiel, wie es tatsächlich betrieben wird. Im Rollenspiel in seinen versatilen Ausprägungsformen und Techniken überlappen und überlagern sich ständig Motivationen, Innenschau aus der Figur, Außenschau in die Figur und Kommunikation von Spielinhalt über Sprache und Regelmechanik.
Das mag im laufenden Spiel so sein - nahezu jeder wird anteilmäßig was von allen z.B. GDS-Elementen in sich tragen - , aber an den Bruchstellen wo es zum Knall kommt, der durch die theoretische Aufarbeitung ja vermieden werden soll, treffen 2 Prinzipien hart aufeinander.
Das zu ignorieren heißt den Vermeidungsversuch zu torpedieren.
Und bei Weg vs Ziel heißt dass, dass du nur einen ergebnisoffenen Weg haben kannst oder eine gesicherte Zielumsetzung.
Eine Vorfertigung der eigenen Figur hat jeder Rollenspieler, wenn er sich an den Tisch setzt. Das bleibt nie aus. Sonst bräuchte man ja keine Werte, um irgendwelche Aussagen über Charaktere zu treffen. Gleichzeitig kann ich auch in Spielen, die mir erlauben, gute oder schlechte Situationsausgänge nachträglich zu beeinflussen trotzdem dran interessiert sein, auszuloten, wie es wäre, so jemand wie meine Figur zu sein. Das sind zwei Zielsetzungen, die einander nicht ausschließen.
Punkt 1. Die Vorfertigung beschreibt den Startzustand, nicht die kommende Geschichte. Da extrapolieren sich zwar potentielle Erwartungen heraus, aber die kritische Erwartung ist, dass dies so auch eintreten muss.
Das Erkunden beschränkt sich nicht nur auf das Abspielen des Erwartungsskripts sondern ist für diese Spielsicht ein Experimentieren mit den spielweltlichen Möglichkeiten der Figur - und das schließt zwingend auch eine ungeplante Fehlschlagsmöglichkeit ein und vor allem externe Manipulation aus.
Das nachträgliche Verändern eines Wurfes ist eine Interaktionsart von Regeln mit den Spielinhalten. Wie viele andere, die miteinander interagieren und ein komplexes, sehr subjektives, psychologisch komplexes Bild der Interaktion mit der Spielwelt und der Metaebene entwerfen.
Daraus sowas zu machen wie "Weg"-Spieler vs. "Ziel"-Spieler wird der Komplexität der Thematik überhaupt nicht gerecht. Und so kommen wir zum Fingerpointing.
Es ist für diese Spielart eine unerwünschte Interaktionsart und das Weg vs Ziel-Konzept nicht zu verstehen oder nicht vertsehen zu wollen ist ein grundlegendes Defizit zur Erfassung dieser Komplexität, welche auch andere Spielvorstellungen als die eigene umfasst.
Wo man hinterher dort steht ist egal, aber zum Gesamtverständnis gehört zumindest auch das Verstehen dessen, was einen von der anderen Seite trennt.
Mit Immersion hat das alles ferner überhaupt nichts zu tun. Das Eintauchen in die Immersion erfolgt meines Erachtens am Spieltisch ohnehin punktuell: Man springt rein in die Figur, wenn man sie spielt, die Welt durch ihre Augen sieht, bewusst oder unbewusst ihre Perspektive im Geschehen einnimmt etc. Man springt raus aus der Figur, wenn man Metaelemente jeglicher Art nutzt, also Regelanwendung, Outgame-Kommunikation, Befriedigung körperlicher Bedürfnisse (Griff zur Chipstüte, Gang auf die Toilette) etc. Insofern ist Immersion im Sinne eines "Sich vollkommen Verlierens in einem Spiel" im Rollenspiel auch gar nicht so ohne Weiteres durchsetzbar, weil man die Immersion ständig performativ aufrecht erhalten muss, vor allem durch Kommunikation (die immer auch Nachfragen, nachträgliches Korrigieren und Ebenenwechsel zwischen In- und Out-Time erfordert).
Diese Effekte /Störungen sind von unterschiedlicher Störungsstärke und auch "Kernnähe" zum Spiel und dein allgemeiner stark erweiterter Gebrauch von Metaelementen daher hier die eigentliche Problematik bewusst oder irrtümlicherweise verfälschend.
Ein großer Teil passiert abseits des eigentlichen Spiels (Chips,Toilette,Offtopic). Andere Elemente (innerweltliche Effekte repräsentierende Regeln, Nachfragen zu Sinneseindrücken oder Hintergrundwissen) sind nicht Meta sondern automatisierbare und damit quasi unsichtbar werdende Transformationen von Spielweltinhalten.
Kritisch wird es, wenn es akut zur Spielbeteiligung geht, das von dir beschriebene Eintauchen in die Figur erfolgt ist .. und man direkt wieder rausgerissen wird, weil zu der eigentlich essentiellen dort nun anstehenden Entscheidung wieder auf die Metaebene gesprungen werden muss.
Es ist dieser Eingriff im Herzen des Spiels, bei der Entscheidungsfindung als Figur, wo für diese Spielart die Metaelemente ihr Gift versprühen.
Bedeutet das, dass meine eigene Immersion durch Mechaniken wie Gummipunkte gestört werden kann. Klar, natürlich. Ist die Gestaltung von Gummipunktsystemen ein Garant dafür, dass das passiert? Nein, absolut nicht. Jeder hat sein eigenes Mechanikset, das ein perfektes Eintauchen in ein Spiel ermöglicht. Das kann Gummipunkte enthalten, Battlemaps, Ressourcenmanagement (Hartwurst, etc. ... für mich ein sicherer Garant dafür, dass ich die Figurenperspektive verlasse und taktische Entscheidungen treffe), what have you.
Und deshalb werden spiele mit und ohne Gummipunkte benötigt, statt zu erklären: ihr mögt keine Gummipunkte? ich spinnt doch bloss!
Aber trotzdem gilt: Die Figurenperspektive wird ständig verlassen, ja, ist vielleicht sogar nie völlig deckungsgleich mit der Spielerperspektive. Wer das aber möchte, dem empfehle ich tatsächlich Freeform mit Zufallsauflösung durch die SL hinterm Schirm und ohne sichtbare Charakterwerte. Oder gleich LARP. Tatsächlich wollen viele von uns das aber genau nicht. Keine Mechanik allein verstellt die Möglichkeit, die Figurenperspektive einzunehmen und auszuleben. Sie verstellen sie höchstens subjektiv für mich. Das kann auch Gewöhnung sein (und ja, es gibt Dinge, an die gewöhnt man sich nie – völlig wertfrei).
Es geht diesem Spielgeschmack darum im Kern des Spiels, der Entscheidungsfindung als jemand anderes, diesem Zustand möglichst nahe zu kommen. Selbst wenn das Ideal nicht erreicht wird ist das etwas ganz anderes als bewusst genau da Störfaktoren zu platzieren.
Wenn mir jemand sagt "Du, ich finde Gummipunkte doof, damit finde ich nicht in den Charakter", und den anderen am Tisch hängt das Herz nicht dran... ja dann lassen wir sie halt weg, ist auch kein Thema. Aber an dieser Frage eine ganze Theorie dranzuhängen mit klaren Zweiteilungen... uff, das wird der Komplexität menschlicher Interaktionen mit Spielinhalten nicht gerecht. Es hat schon einen Grund, warum die Bartle-schen Spielertypen keine Oppositionen sind, sondern Spektren, auf denen sich Spieler verorten oder auch nicht.
Es ist genau das Thema, weil hier grundsätzliche Diskussionen geführt werden und versucht wird diejenigen keine Gummipunkte etc aus dem Bild zu drängen und deren Belange als nicht existent, öde etc. zu diskreditieren - und damit mit dazu beitragen weitere Spieler und Spiele in Richtung Einheitsspielkultur zu formen.