Aus dem Flur in die KücheEin Blick auf die Kommode sagt Casey das es wie vermutet Rechnungen waren, das Schreiben irgendeines Anwalts aus Detroit könnte etwas mit der Trennung von ihrem Mann zu tun haben und natürlich Post von der Schule. Bei Cassandras Hintergrund werden das Ankündigungen sein Cassandra von der Schule zu schmeißen, wenn sie nicht wieder regelmäßig am Unterricht teilnimmt. Was Casey schon öfters gesehen hat, ist die damit verbundene Drohung das Jugendamt einzuschalten und wegen Kindeswohlgefährdung zu ermitteln. Cassandra ist noch minderjährig und ihre Mutter scheint sie nicht im Griff zu haben. Das die Schule da ihren „Pflichten“ nachkommt um späteren Klagen aus dem Weg zu gehen ist leider nicht allzu selten.
Vielleicht war der Kaffee für Casey nur die Pflicht vor der Kür, aber nach den ersten Schlucken musste sie zugeben, dass dieser Kaffee um Längen besser war als der den sie auf dem Weg hierher hatte und viel heißer war er auch.
„Ich brühe ihn immer frisch auf!“ erklärt sich Cassandras Mutter schnell als sie bemerkt wie Casey beim ersten Schluck etwas zurückzuckt. „Es tut mir leid, das hätte ich ihnen sagen sollen!“
Dean der bei Casey in der Küche geblieben war musste ebenso wie die Ermittlerin feststellen, dass Mrs. Angler nicht viel mehr zu erzählen hat als bei ihrem Telefonat mit Dean. Die einzige wirklich gute Freundin von der ihre Mutter weiß, sicher weiß, ist Karen. Alle anderen Freunde sind irgendwann nicht mehr erschienen und als Cassandra einen Jahrgang wiederholen musste hat sie nicht wirklich Anschluss in der Klasse gefunden, so kam es jedenfalls Georgina vor. Sie schwärmte ein wenig davon wie es früher war, als in dem Haus noch Kindergeburtstage gefeiert wurden, Halloween, Thanksgiving und Weihnachten. Aber die Zeiten schienen schon länger vorbei zu sein. Früher wusste Mrs. Angler zu berichten, hatte Cassandra im Wald hinter dem Haus eine Baumhöhle, die hatte ihr Vater noch gebaut. Aber da war Cassandra noch kleiner.
Cassandra begann sich vor ein paar Monaten zu verändern, genau konnte ihre Mutter es nicht sagen. Es war ein schleichender Prozess und Casey hatte auch das Gefühl, dass Mrs. Angler durch die Arbeit abgelenkt war und es nicht mitbekommen hatte, wann es Anfing was ihr sichtlich zusetzte. Auch wenn sie es nicht zeigen will, in ihrem Inneren gruben Selbstzweifel und Vorwürfe ihre Spuren in ihre Seele. Cassandra schlief dann immer tagsüber und verließ das Haus erst in den späten Nachmittagsstunden nur um dann bis spät in die Nacht wegzubleiben, manchmal hatte Georgina den Verdacht kam Cassandra erst kurz vor ihr nach Hause. Cassandras Schuhe waren dann noch feucht vom Tau oder Regen, das war auch die Zeit in der sie die Zeitung unter den Schuhständer gelegt hatte. Immer mal wieder eine neue.
Wie auch Dean erzählt Mrs. Angler Casey dass sie die Vermutung hatte, dass ihre Tochter möglicherweise Drogen nahm und durchsuchte ihr Zimmer, aber ohne Erfolg, was sie dann eher wieder beruhigt und doch wieder nicht, da sie sich das Verhalten ihrer Tochter nicht erklären konnte. Sie hatte da auch die Zeichnungen ihrer Tochter gesehen, irgendwelche komischen Dinge und ja die waren noch oben im Zimmer. Allerdings hatte Cassandras Mutter die aus Wut auf ihre Tochter weggeschmissen und in den Mülleimer gestopft, nach dem letzten Streit.
An der Stelle fingen die Hände von Mrs. Anlger leicht an zu zittern und Tränen sammelten sich in ihren Augen. Ein Streit wegen nichts, sie konnte nicht mal sagen worüber eigentlich, vielleicht die Wäsche die überall im Zimmer verstreut lag, die Fehlzeiten in der Schule, das lange ausblieben. Jedenfalls nichts was einen Streit wert gewesen wäre, aber an dem Tag war ihr alles zu viel geworden und ein Wort gab das andere. Ein Satz hatte Mrs. Angler ganz besonders getroffen, bevor sie aus dem Zimmer stürmte hatte Cassandra ihr gesagt, oder nein besser sie angeschrien, dass Eleanor ja eine viel bessere Mutter sei als sie. Das war das letzte was Mrs. Angler von ihrer Tochter gehört hat, seit dem hatte sie ihr Kind nicht mehr wiedergesehen.
Wer Eleanor war wusste Mrs. Angler nicht, sie hatte den Namen noch nie vorher gehört und kannte auch keine Eleanor, vielleicht die Mutter einer Freundin welche Mrs. Angler nicht kannte, aber das war nur ein schwacher Versuch sich etwas einzureden. Ein Strohhalm der Hoffnung der ihr einredete, dass ihre Tochter irgendwo behütet an einem Küchentisch saß bei einer Freundin die sie nicht kannte deren Mutter Eleanor hieß und eine so viel bessere Mutter war als Georgina es in den letzten Jahren für ihre Tochter hatte sein können.
Aus der Küche in Cassandras ZimmerDie Treppe knarzte als John nach oben gingen. Im Flur hingen ein paar Landschaftsaufnahmen ansonsten waren die Wände leer. Oben, auf dem Treppenabsatz gingen drei Türen ab, eine links in Cassandras Zimmer und zwei rechts. Eine war angelehnt und man konnte sehen, dass dahinter ein Bad war, die andere Tür war zu. Die Tür von Cassandras Zimmer war leicht zu erkennen, mehrere Poster von Bands zierten die Außenseite, genauso wie ein weißes Metallschild auf dem in roten Lettern stand „CAUTION PARENT FREE ZONE“.
Hinter der Tür wartete Cassandras kleines Reich auf John, das Zimmer lag an der Außenwand und hatte Dachschrägen auf der einen Seite, links neben der Tür war ein Kleiderschrank in der Wand verbaut und gegenüber der Tür zeigte ein Schiebefenster nach draußen, dort konnte man die Bäume an der Grenze zum Nachbargrundstück erkennen. Vor dem Fenster stand ein kleiner Schreibtisch mit einer Lampe, einem Globus, einem Ventilator und allerlei Krimskrams der sich über die Jahre angesammelt hatte. John mussten aber mit Enttäuschung feststellen, dass da wo in dem Chaos ein Laptop hätte stehen sollen nur ein leerer Fleck war. Das LAN Kabel war der einzige Hinweis darauf, dass hier mal etwas Technik gestanden hatte. Cassandra schien ihn bei ihrem „Auszug“ mitgenommen zu haben. An einer Seitenwand in der Schreibtischnische neben dem Fenster waren eine Reihe von Bildern angepinnt die Szenen aus der Stadt zeigten, oder Cassandra und Karen, Selfies, mal eines der Mädchen, mal beide, ein paar wenige von Cassandras Mutter, keine von der Familie oder von Cassandras Vater. Links vom Schreibtisch, unter einem weiteren Fenster stand Cassandras Bett und ein Nachttischschränkchen auf dem eine Lampe mit fleckigem Schirm stand.
Das Zimmer war mehr als unordentlich, der Teppich auf dem Boden war kaum zu erkennen, da überall Kleidungsstücke herumlagen. Das Bett war zerwühlt und ein paar Decken lagen in einem unordentlichen Haufen darauf, am Kopfende ein paar Kuscheltiere aus der Zeit wo Cassandra noch kleiner gewesen sein muss. Irgendwie hatte sie es aber nicht geschafft sich bis jetzt davon zu trennen.
Die Wände waren mit Postern der Popkultur überzogen, welche gut Cassandras wandelnde Musikinteressen nachvollziehen ließ. Wo freie Flecken waren hatte das Mädchen sich mit einem schwarzen Edding verewigt und ihren Gefühlen freien Lauf gelassen. Neben einem dicken schwarzen Fleck, der vielleicht handtellergroß war stand
Hole to a better World.
Auf der Dachschräge über ihrem Bett standen die Zeilen eines Gedichtes oder Liedes.
Die Türen des Kleiderschrankes standen teilweise offen und dahinter konnte man die Regale mit Klamotten sehen die Cassandra zurückgelassen hatte. In der Mitte des Schrankes hatte die Tür einen Spiegel der in einer Ecke einen Sprung hatte. Mit schwarzem Lippenstift standen auch dort ein paar Zeilen. Vielleicht waren sie als Abschied an ihre Mutter gedacht, vielleicht hatte Cassandra die Worte aber auch an sich selbst oder besser gesagt an ihr Spiegelbild gerichtet. John viel es nicht schwer sich vorzustellen wie die zornentbrannte Cassandra vor dem Spiegel stand, eine notdürftig gepackte Sporttasche in der einen Hand, das dünne schwarze Kleidchen tragend, welches sie auch auf dem Bild trug, vielleicht noch eine kurze Lederjacke, verschiedenfarbige Strümpfe und schwarze Converse die mit Buttons überseht waren von denen einer sagte „Die with your boots on“ während sie sich auf dem Spiegel verewigte.
I left you my love, like a bullet leaves a brain
And if I don´t get better I won´t see you again
Ein Bild bei dem es John schauderte weil er sich sowas nicht für seine Kinder vorstellen wollte.