Autor Thema: Was ist für euch "balancing"  (Gelesen 10802 mal)

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Offline Ainor

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #100 am: 18.08.2021 | 12:20 »
Die (subjektive) Bedeutung des Balancings und die Länge der Balancingdiskussionen hängt von der "Investition" der Spieler und von der Notwendigkeit der Wahl ab.

Wenn z.B. in D&D ein Zauber zu schlecht ist dann stört das wenig, weil man ja problemlos einen anderen nehmen kann. Wenn aber eine Klasse "zu schlecht" ist dann stört das viele weil ja die Erwartung ist das man die Klasse über die ganze Kampagne spielt. Ebenso ist es nicht so schlimm wenn Halblinge schlecht sind. Niemand muss einen Halbling spielen. Aber "irgendwer muss einen Kleriker spielen", und der ärgert sich dann vielleicht wenn der Kleriker schlecht ist.
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #101 am: 18.08.2021 | 18:10 »
Für mich ist balancing wenn jeder was zum Spiel beitragen kann. Wie häufig und in welchen Situationen spielt da für mich eine untergeordnete Rolle.

Was heißt dann in dem Zusammenhang beitragen?
Ich schätze mal etwas beitragen, was den Vorstellungen des Spielers entspricht - und da sind wir dann in einem ganz breiten Feld, so dass Balancing quasi unbrauchbar wäre als Begriff.
Beklagt wird dann mangelndes Balancing wenn sich jemand - auch wenn es nur subjektiv sein sollte - unterbespottet fühlt, was z.B. auch einfach daran liegen kann, dass es nicht so "unbalanciert" in die eigene Richtung ist, wie es sich jemand wünscht, sein "bester Schwertkämpfer"-Vorbild dann vielleicht doch nur der 2.beste Schwertkämpfer der Gruppe ist, weil jemand anderes eine ähnliche Idee hatte und mehr als 1 Schwertkämpfer in der Gruppe angesichts der erwartbaren Herausforderungen auch sinnvoll ist, also keine  Warnung kam wegen Doppelnische. 
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #102 am: 18.08.2021 | 18:42 »
Beklagt wird dann mangelndes Balancing wenn sich jemand - auch wenn es nur subjektiv sein sollte - unterbespottet fühlt, (...)

Und? Wie Railroading also. Spiel-Probleme muss man am Spieltisch lösen. Das Balancing auch nur am Spieltisch passieren kann, haben wir hier im Thema schon mehrfach gehabt. Ein Spiel kann nur dabei helfen, solche Probleme zu händeln. Es gibt ja umbekehrt auch Spieler, die am liebsten gar nicht so viel Aufmerksamkeit wollen.

Offline Haukrinn

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #103 am: 18.08.2021 | 18:42 »
Balancing heißt für mich, dass alle die am Tisch sitzen die gleichen Chancen auf Spaß haben.
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #104 am: 18.08.2021 | 18:57 »
Und? Wie Railroading also. Spiel-Probleme muss man am Spieltisch lösen. Das Balancing auch nur am Spieltisch passieren kann, haben wir hier im Thema schon mehrfach gehabt. Ein Spiel kann nur dabei helfen, solche Probleme zu händeln. Es gibt ja umbekehrt auch Spieler, die am liebsten gar nicht so viel Aufmerksamkeit wollen.

Der Knackpunkt bei diesem "Gefühl" im Gegensatz zum Railroading, wo eine Seite heimlich bescheißt oder auch nicht - auch wenn es nicht so einfach erkennbar sein sollte)  ist, dass der Akt an sich neutral sein kann und an eben beiderseits legitimen, aber eben wettstreitenden Vorstellungen hängen kann und es dann nicht der sich einstellende Zustand bzw. die Regeln und Entscheidungen auf dem Weg dahin sind, welche aufstoßen, sondern diesen Wettstreit verloren zu haben.

Und ja, damit wären wir definitiv bei einem Spielerproblem am Spieltisch, welches ein System nicht lösen kann - letztlich selbst dann, wenn alle Figuren identisch sind, wird dann doch irgendwo einer bessere Ideen haben oder seine Konflikte besser wählen. 

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Offline ArneBab

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #105 am: 18.08.2021 | 20:45 »
dass es nicht so "unbalanciert" in die eigene Richtung ist, wie es sich jemand wünscht, sein "bester Schwertkämpfer"-Vorbild dann vielleicht doch nur der 2.beste Schwertkämpfer der Gruppe ist, weil jemand anderes eine ähnliche Idee hatte
Das klingt nach einem Problem der Umsetzung von Fluff/Vorstellung in die konkrete Rundenzusammenstellung: Die Vorstellung war „ich bin bester Schwertkämpfer der Gruppe“ und die Klasse Krieger klang danach, aber in konkreten Kämpfen nimmt dir die Amazone die Butter vom Brot, weil sie nicht so viele Punkte in Reiten, Status und Menschenführung versenkt hat.

Das zu verhindern ist für mich auch balancing, aber eben nicht mehr nur regelseitig. D.h. balancing ist auch, dass beim Krieger dabeisteht: „mag nicht der Meister des Schwertkampfs sein, aber er ist es, der gerufen wird, wenn ein Trupp einen Anführer sucht.“
« Letzte Änderung: 18.08.2021 | 20:51 von ArneBab »
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #106 am: 18.08.2021 | 20:49 »
Das klingt nach einem Problem der Umsetzung von Fluff/Vorstellung in die konkrete Rundenzusammenstellung: Die Vorstellung war „ich bin bester Schwertkämpfer der Gruppe“ und die Klasse Krieger klang danach, aber in konkreten Kämpfen nimmt dir die Amazone die Butter vom Brot, weil sie nicht so viele Punkte in Reiten, Status und Menschenführung versenkt hat.

Das zu verhindern ist für mich auch balancing, aber eben nicht mehr nur regelseitig.

Das ist eine mögliche Variante, wo das Spiel ggf mit entsprechendem Fluff dieser Fehleinschätzung nachgeholfen hat (Mechwarrior z.B. auch).
Aber auch bei 2. Kriegern habe ich so etwas schon gesehen, die halt etwas unterschiedliche Wege genommen haben und dann der etwas weniger kompetente eingeschnappt war, weil er nicht der "Star" war.
Manchmal hängt das ja sogar nur an der Art der Gegner, welche man dann trifft bzw. mit denen man sich dann unter welchen Umständen anlegt.
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Offline flaschengeist

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #107 am: 19.08.2021 | 08:27 »
(Keine Diskussion war doch eigentlich hier die Regel, oder?)

Ahem.

OK.

"Balancing" ist für mich vor allem massiv, massiv, massiv überbewertet. Ich denke, dass hier oft eine Kernaufgabe der SL und tatsächlich auch der ganzen Gruppe am Tisch (!)- nämlich Spotlight und Selbstwirksamkeit für jeden einzelnen Charakter in der Runde (auch bekannt als "alle haben einen schönen Abend") - auf Regelmechanismen abgeschoben wird, die hier nur in eingeschränktem Maße Hilfestellung geben können.

Grade die Sozialisierung vieler Spieler:innen durch Video/Computerspiele schafft hier oft eine Erwartungshaltung an "Fairness", die im Pen&Paper in dieser Form kaum umsetzbar ist, ohne viel vom Reiz des Hobbys zu opfern.

Ihr könnt ruhig munter diskutierten, für mich hat der Thread seinen "Zweck" erfüllt (danke für die rege Beteiligung  :)), weshalb er nicht länger übersichtlich sein muss.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #108 am: 20.08.2021 | 12:46 »
Was heißt dann in dem Zusammenhang beitragen?
Ich schätze mal etwas beitragen, was den Vorstellungen des Spielers entspricht - und da sind wir dann in einem ganz breiten Feld, so dass Balancing quasi unbrauchbar wäre als Begriff.

Spotlight alleine reicht häufig nicht. Ich hab mal in Rolemaster einen Barden gespielt, der halbwegs nutzlos war. Der SL hat sich Mühe gegeben, Bardenaktivitäten einzubauen, aber die waren hauptsächlich Farbe. Es fühlte sich ein wenig wie Mitleid an. Man möchte stattdessen zur Lösung des Abenteuers beitragen können. Man möchte nützlich sein für die Gruppe.

Beklagt wird dann mangelndes Balancing wenn sich jemand - auch wenn es nur subjektiv sein sollte - unterbespottet fühlt, was z.B. auch einfach daran liegen kann, dass es nicht so "unbalanciert" in die eigene Richtung ist, wie es sich jemand wünscht, sein "bester Schwertkämpfer"-Vorbild dann vielleicht doch nur der 2.beste Schwertkämpfer der Gruppe ist, weil jemand anderes eine ähnliche Idee hatte und mehr als 1 Schwertkämpfer in der Gruppe angesichts der erwartbaren Herausforderungen auch sinnvoll ist, also keine  Warnung kam wegen Doppelnische.

Ich tue mich ein wenig schwer damit... warum soll ein Spieler überhaupt das Anrecht haben der beste Schwertkämpfer weltweit zu sein? Oder auch nur der beste der Gruppe? Wenn ein Spieler den Schwertkampfwert minmaxt, dann kämpft er in einer groben Kategorie wie (um auf ASOIAF/GOT zurückzugreifen) peak Arthur Dayne, Barristan Selmy oder Jaime Lannister. Dass hier Fluff und Crunch zusammenfallen, ist wünschenswert. Aber niemand kann wissen, ob es nicht noch einen besseren Kämpfer irgendwo gibt. Play to find out.
Und was Konkurrenz innerhalb der Gruppe angeht... man kann das ja vllt im Verlauf der Charakterverbesserung ausgleichen oder umdrehen.
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Offline ArneBab

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #109 am: 26.08.2021 | 19:08 »
Zitat
Ich tue mich ein wenig schwer damit... warum soll ein Spieler überhaupt das Anrecht haben der beste Schwertkämpfer weltweit zu sein? Oder auch nur der beste der Gruppe?
Und was Konkurrenz innerhalb der Gruppe angeht... man kann das ja vllt im Verlauf der Charakterverbesserung ausgleichen oder umdrehen.
Man kann das versuchen, es gibt aber auch Systeme wo das gar nicht so einfach geht.

Grundlegend sollte, wenn eine bestimmte Erwartung entsteht, die Erwartung auch erfüllt werden. Dass das nicht immer klappen wird ist klar. Es sollte aber eine Designvision sein — von der Verbindung aus Fluff und Regeln.

Und um zum Thread zurückzukommen: Auch das ist Balancing.
« Letzte Änderung: 25.10.2021 | 08:01 von ArneBab »
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Online Maarzan

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #110 am: 26.08.2021 | 19:18 »
Spotlight alleine reicht häufig nicht. Ich hab mal in Rolemaster einen Barden gespielt, der halbwegs nutzlos war. Der SL hat sich Mühe gegeben, Bardenaktivitäten einzubauen, aber die waren hauptsächlich Farbe. Es fühlte sich ein wenig wie Mitleid an. Man möchte stattdessen zur Lösung des Abenteuers beitragen können. Man möchte nützlich sein für die Gruppe.

Ich hatte bei Rolemaster mal für einen Oneshot einen Barden gebaut (lvl3 oder 4?)  - und dafür ein paar Clicheevorteile zusammen gekauft.
Dann haben wir festgestellt, dass alles nicht-epische quasi kraft angesammelter Modifikatoren wohl keine Chance hatte den Rettungswurf gegen Beeinflussungszauber zu schaffen ...
Das war dann kein gutes Balancing.
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Offline Angalion

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #111 am: 24.10.2021 | 14:16 »
Balancing heißt für mich, dass alle die am Tisch sitzen die gleichen Chancen auf Spaß haben.

+1

Offline Megavolt

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #112 am: 29.10.2021 | 23:48 »
Die Definition es Threadstarters ist gut.

Lorgalis

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #113 am: 3.11.2021 | 21:38 »
Balancing heißt für mich, dass alle die am Tisch sitzen die gleichen Chancen auf Spaß haben.

Schön auf den Punkt gebracht, der auch für mich der ausschlaggebende ist.

Offline Koronus

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #114 am: 3.11.2021 | 22:42 »
Der Irrweg, wenn alle gleich starten auch alle gleich toll sind.
Wenn man so ran geht, braucht man kein System sondern auch grob gesagt einfach  :w6: nehmen und sagen wenn ihr diese Nummer erreicht, habt ihr den Gegner getroffen, das Schloss geknackt etc.
Nicht jeder ist gleich und es gibt innerhalb der Welt auch vom Setting gegeben Machtunterschiede.
In D&D bedeutet Balancing zum Beispiel, jeder hat seine Chance zu glänzen und auf unterschiedliche Art (im Kampf) Beizutragen.
Ich kann mich noch an BEAM D&D erinnern wo Balancing bedeutete, dass jeder seinen Zeitpunkt hat zu glänzen.
Magier sind am Anfang praktisch nutzlos, wenn man sie allerdings hoch genug durchgetragen hat, sind sie die Stärksten von allen.
Zwerge und Halblinge sind am Anfang quasi bessere Krieger dafür ist der Krieger im späteren Verlauf viel besser.
Elfen sind Magier die nicht nur eine Handvoll Aktionen pro Tag durchführen können und ansonsten Beute wegnehmen und fragile Zielscheiben sind sondern können durchaus ihr Gewicht tragen, dafür aber nicht so mächtig wie Magier werden. Diebe und Kleriker haben sowieso ihre eigenen Nischen weshalb jede Gruppe mindestens einen haben möchte.

Bei Shadowrun ist zwar auch die Grundidee aber ein komplett anderes Setting weshalb ich mich hier einfach die Häufigste Kritik daran setze.
In Shadowrun wird häufig kritisiert, dass die Erwachten alles so viel besser können und es doch keinen Grund gibt einen Unerwachten zu nehmen.
Der Punkt ist, die Erwachten sollten nie so schlecht wie die anderen vom Setting aus sein. Das Setting will es so, dass sie so überdrüber sind nur glauben die Spieler, dass jeder einfach das nehmen sollte was er will. Eigentlich müsste man in Shadowrun die Leute würfeln lassen und nur wenn sie sagen wir zwei Mal auf  :w6: beide Male eine 6 Würfeln dürften sie Erwacht sein und ein weiterer  :w6: würde dann bestimmen was für eine Art von Erwachter sie sind.

Aber ja das ist auch einer Art von Balancing. Zu sagen man hat keines und lässt einfach das Glück entscheiden was man ist und ob man gut ist.
"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Offline Ainor

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #115 am: 5.11.2021 | 09:32 »
Jo. Solange niemand vom SL bevorzugt wird haben alle die gleiche Chance...
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #116 am: 5.11.2021 | 10:22 »
Jo. Solange niemand vom SL bevorzugt wird haben alle die gleiche Chance...

Das bedeutet, dass die SL das einzige Korrektiv in einer Runde ist. Das kann vielleicht sein, aber dann tut mir die SL ein bisschen leid. Besser ists freilich, wenn alle darauf achten, dass die anderen Spaß haben. Und das bedeutet nicht nur nicht bevorzugen, sondern erfordert aktiv auf die Mitspielenden zu achten.

Aber ja das ist auch einer Art von Balancing. Zu sagen man hat keines und lässt einfach das Glück entscheiden was man ist und ob man gut ist.

Das ist dann der Unterschied zwischen prozeduraler und substanzieller Gerechtigkeit. Klar, hab ich quasi die Lotterie gewonnen als Mitteleuropäer und Kind recht gut situierter Eltern geboren zu sein und theoretisch hätte das mit glücklichen Geburt ja anderen auch passieren können. Das Gedankenspiel tröstet dann aber auch nicht recht, wenns nicht so ist.

Der Unterschied ist also das wir lediglich prozdurale Gerechtigkeit nur dann leicht hinnehmen, wenn sie in ihrem Rahmen klar begrenzt ist. Bei Brettspielen, die spätestens nach ein paar Stunden um sind, geht das vielleicht noch ganz gut. Das Problem bei vielen Rollenspielen ist, dass sie in der Spielzeit theoretisch unbegrenzt sind. Da ist ein Hinterherhinken dann ganz schnell frustrierend.

Deshalb war eben auch das Konzept von Magiern, die irgendwann mal stark werden, nicht tragfähig. Das Irgendwann tritt vielleicht nie ein, weil die Kampagne vorher versandet. Auch das geht natürlich bei asymmetrischen Brettspielen viel besser, weil da dieser Bogen in einer Sitzung abgerissen werden kann.

Offline Ainor

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #117 am: 6.11.2021 | 08:53 »
Das bedeutet, dass die SL das einzige Korrektiv in einer Runde ist. Das kann vielleicht sein, aber dann tut mir die SL ein bisschen leid.

Ich meinte nicht der SL soll ein korrektiv sein. Ich meinte dass bei SL-Neutralität die prozedurale Gerechtigkeit immer gegeben ist weil die Spieler ja vom Regelwerk gleich behandelt werden.

Das ist dann der Unterschied zwischen prozeduraler und substanzieller Gerechtigkeit. Klar, hab ich quasi die Lotterie gewonnen als Mitteleuropäer und Kind recht gut situierter Eltern geboren zu sein und theoretisch hätte das mit glücklichen Geburt ja anderen auch passieren können. Das Gedankenspiel tröstet dann aber auch nicht recht, wenns nicht so ist.

Der Vergleich macht nur begrenzt Sinn. Wenn du wo anders von anderen Eltern geboren worden wärest dann wärest du jemand anderes (es sei denn man glaubt an Reinkarnation etc.)
Ich würde eher folgendes vorschlagen: In ener Prüfung gibt es leichte und schwere Prüfer die zufällig zugeteilt werden. Jeder hat dieselbe Chance auf einen leichten Prüfer, aber manche werden das System unfair finden.

Dinge wie Attribute auswürfeln sind dann ja ganz ähnlich. Wenn man am Anfang Glück hat ist es hinterher viel leichter.

Deshalb war eben auch das Konzept von Magiern, die irgendwann mal stark werden, nicht tragfähig. Das Irgendwann tritt vielleicht nie ein, weil die Kampagne vorher versandet. Auch das geht natürlich bei asymmetrischen Brettspielen viel besser, weil da dieser Bogen in einer Sitzung abgerissen werden kann.

Genau. Da gibt es noch viele ähnliche Beispiele. Und es zeigt dass "dieselbe Chance auf Spaß" auf Dauer nicht reicht.
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #118 am: 6.11.2021 | 09:27 »
Wenn man nicht völlig im Allgemeinen bleiben will, mit so Aussagen wie "Balancing ist, wenn jeder am Spieltisch gleich viel Spaß hat" (was schon an sich seltsam klingt *hust*), dann gelten erstmal die Fragen: "Worum dreht sich dieses Spiel?" und "Was handelt dieses Regelwerk zentral ab?"

Darum beantworte ich diese Frage mal nur und ausschließlich für das, was ich am meisten spiele, und das ist das traditionelle Schatzsucher-Helden-Fantasy-Abenteuer. Und ich beantworte sie nur nach dem Threadtitel, was für mich Balancing ist. Die Regelwerke drehen sich meistens um Erkundung der Welt, Reisen & Erforschen und Kämpfe gegen Monster, sekundär um soziale Interaktion. Typische Regelwerke sehen dafür eine Aufteilung in Klassen vor, die grob unter die Stränge Kämpfer, Gauner und Zauberer einzuordnen sind, wobei Überschneidungen möglich sind.

Meine Vorstellung von Balancing wäre dann, wenn die Regeln es ermöglichen, dass jede Klasse zu jedem Hauptthema des Spiels zu fast jedem Zeitpunkt des Spielfortschritts etwas Sinnvolles (und intuitiv Einsichtiges) beitragen kann ohne dass die SL eigens dafür nachhelfen muss und ohne dass eine extreme Fachkenntnis des Regelwerks erforderlich ist. Kurz: Jede Klasse hat zu jedem Hauptthema des Spiels ein oder zwei Aufgaben (Rollen), die sie besonders gut erfüllen kann.

Ob zu diesem Zweck Attribute ausgewürfelt oder nach Tabelle zugeteilt werden, ist für mich völlig zweitrangig. Attributsdifferenzen sind in vielen Spielen (gerade der D&D-Familie) lang nicht so bedeutend wie das generelle Ungleichgewicht der Klassen.

Beispiel:

Das Regelwerk kennt sie Klasse "Krieger". In der kurzen Klassenskizze steht, dass der Krieger entweder ein Bollwerk ist, dass seine schwächer gerüsteten Gefährten vor den anstürmenden Feinden beschützt (quasi ein "Schildwall" oder "Tank") oder ein Waffenmeister, der im Nahkampf Feinde mit wuchtigen Hieben niederstreckt. Wenn das so drinsteht, dann muss die Kriegerklasse auf jeder Stufe eine dieser Funktionen erfüllen können und darf nicht nur auf den ersten paar Stufen glänzen, um danach vom Magier mit Monsterbeschwörungen und Feuerbällen komplett nutzlos gemacht werden.

Hinsichtlich der Interaktion mit der Umwelt steht im Regelwerk drin, dass Krieger generell körperlich sehr fit sind und im sozialen Bereich glänzen, wenn es um Kontakte mit kriegerischen Gruppen (Ritter, Soldaten, Samurai, Elitekrieger usw.) geht oder wenn es um Einschüchterung geht - also muss das Regelwerk auch in diesem Bereich sein Versprechen halten. Der Krieger darf in der Wildnis oder im sozialen Umfeld nicht komplett nutzlos werden.
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #119 am: 6.11.2021 | 09:40 »
Wenn man nicht völlig im Allgemeinen bleiben will, mit so Aussagen wie "Balancing ist, wenn jeder am Spieltisch gleich viel Spaß hat" (was schon an sich seltsam klingt *hust*), dann gelten erstmal die Fragen: "Worum dreht sich dieses Spiel?" und "Was handelt dieses Regelwerk zentral ab?"
Exakt.

Und gleich viel "Spaß" führt dazu, dass bei der geschmacklichen Dimension von "Spaß" diese Frage gar nicht mehr beantwortet werden kann.
Dazu gibt die Antwort so auch keinen Anhaltpunkt, wie das "gleich viel" dann erreicht werden soll, sprich das Balancing selbst dann aussehen müsste, um dem erklärten Auftrag gerecht zu werden.
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #120 am: 6.11.2021 | 10:05 »
Das ist dann der Unterschied zwischen prozeduraler und substanzieller Gerechtigkeit. Klar, hab ich quasi die Lotterie gewonnen als Mitteleuropäer und Kind recht gut situierter Eltern geboren zu sein und theoretisch hätte das mit glücklichen Geburt ja anderen auch passieren können. Das Gedankenspiel tröstet dann aber auch nicht recht, wenns nicht so ist.

Der Unterschied ist also das wir lediglich prozdurale Gerechtigkeit nur dann leicht hinnehmen, wenn sie in ihrem Rahmen klar begrenzt ist. Bei Brettspielen, die spätestens nach ein paar Stunden um sind, geht das vielleicht noch ganz gut. Das Problem bei vielen Rollenspielen ist, dass sie in der Spielzeit theoretisch unbegrenzt sind. Da ist ein Hinterherhinken dann ganz schnell frustrierend.

Deshalb war eben auch das Konzept von Magiern, die irgendwann mal stark werden, nicht tragfähig. Das Irgendwann tritt vielleicht nie ein, weil die Kampagne vorher versandet. Auch das geht natürlich bei asymmetrischen Brettspielen viel besser, weil da dieser Bogen in einer Sitzung abgerissen werden kann.

Sehr schön argumentiert, volle Zustimmung  :d.
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #121 am: 7.11.2021 | 17:53 »
Exakt.

Und gleich viel "Spaß" führt dazu, dass bei der geschmacklichen Dimension von "Spaß" diese Frage gar nicht mehr beantwortet werden kann.
Dazu gibt die Antwort so auch keinen Anhaltpunkt, wie das "gleich viel" dann erreicht werden soll, sprich das Balancing selbst dann aussehen müsste, um dem erklärten Auftrag gerecht zu werden.

Dinge, die nur massiv vereinfacht (und damit in aller Regel komplett verfälschend) modelliert werden können, um sie in Regeln zu gießen, sind andererseits auch keine Lösung. "Jede Klasse soll zu jeder Zeit etwas sinnvolles tun können" ist jetzt auch nicht besser oder genauer. Was ist denn sinnvoll? Und sinnvoll mit Bezug auf was? Abenteuer lösen? Nicht krepieren? Oder vielleicht sogar, auweia, Spaß haben?  ;)
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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #122 am: 8.11.2021 | 12:10 »
= die Balance des Machtgefüges aller Teile eines Systems

Teile wären in diesem Fall jeder Spielercharakter,
ein Teil wäre aber auch jeder Encounter.

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #123 am: 8.11.2021 | 12:22 »
Und sinnvoll mit Bezug auf was?

Das sehe ich als die relvante Kernfrage. Nur in Bezug auf eine entsprechend konkrete Anforderung ist die Frage nach ausreichender Ausgewogenheit beanwtortar.

"Spaß" ist hingehen so ziemlich das unkonkreteste und kraft Geschmacksbezug erst recht nicht außer für eine bestimmte Gruppenkonstellation beantwortbar.
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Offline Arldwulf

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Re: Was ist für euch "balancing"
« Antwort #124 am: 8.11.2021 | 12:24 »
Dinge, die nur massiv vereinfacht (und damit in aller Regel komplett verfälschend) modelliert werden können, um sie in Regeln zu gießen, sind andererseits auch keine Lösung. "Jede Klasse soll zu jeder Zeit etwas sinnvolles tun können" ist jetzt auch nicht besser oder genauer. Was ist denn sinnvoll? Und sinnvoll mit Bezug auf was? Abenteuer lösen? Nicht krepieren? Oder vielleicht sogar, auweia, Spaß haben?  ;)

"Sinnvoll" nimmt hier als Maßstab die Spielweltauswirkungen im Vergleich zu den Aktionen anderer und im Kontext der eigenen Rolle.

Man könnte auch sagen: Die Rolle welche ein Spielercharakter in der Spielwelt hat sollte sich in der Mechanik des Spiels und den Auswirkungen der Aktion wiederfinden.

Gutes Balancing bedeutet nun "es gibt viele verschiedene mögliche Herangehensweisen wie dies umsetzbar ist" - schlechtes Balancing schränkt die Anzahl der möglichen Rollen ein.

Um ein Beispiel zu nennen: Nimm mal an in einem System sind die Kämpfer per se eigentlich nur die Träger und Sidekicks der Magier was die Mechanik und die Auswirkungen ihrer Rollen angeht. Auch in diesem könnte ich natürlich nun natürlich genau diese Rolle annehmen und viel Spaß damit haben. Schwieriger wäre es aber zu sagen mein Charakter sei der Partner und Freund des Magiers. Denn wenn dies so ist, warum nimmt der Kerl dann seinen Freund überhaupt mit? Die Welt ist in Gefahr, die Aufgabe wahrscheinlich tödlich...da nehm ich doch lieber wen mit der dazu in der Lage ist. Schon allein weil wir Freunde sind.

Sprich: die mechanischen Auswirkungen eines Regelwerks haben Einfluss auf die Rollen der Charakter im Spiel. Wenn man sagen kann "Spiel was du willst, das ist alles möglich und hat alles seine Vorteile und Nachteile" ist gutes Balancing erreicht. Und umgedreht äußert sich schlechtes Balancing natürlich in einer Verarmung der Charaktervielfalt, weil auf Dauer Spieler dazu neigen das zu spielen was im System zu funktionieren scheint.
« Letzte Änderung: 8.11.2021 | 12:38 von Arldwulf »