@Ahasverus
zum Beispiel:
der wesentliche Punkt war, dass der Spieler auf seine _Magiefähigkeit_ würfelt. Keine Sprüche, kein Bastelsystem, es wird nur der mechanische Effekt festgelegt und alles andere obliegt (in diesem Fall) dem Spieler. Ob der SC magische Papierdrachen auf den Feind schleudert, ein Pülverchen wirft oder einen Feuerball loslässt würde in diesem Fall vom System gleichbehandelt (Falls es dich näher interessiert: Donjon und Trollbabe ansehen, evtl. auch Whispering Vault).
Der Unterschied zur traditionellen Vorgehensweise ist im Spiel eigentlich auch nicht besonders groß, d.h. es wird nach wie vor Ähnliches erzählt. Nur geben die Regel halt jetzt an, wer wie extreme Dinge erzählen darf und liefern keine Information darüber, wie die Welt beschaffen ist, welche Magiearten es gibt etc.
ABER: im Rollenspiel gehts mir darum eine Figur zu verkörpern, die nicht ich selbst bin. Meine Rolle dabei ist v.a. deren Persönlichkeit zu entwickeln und zu verkörpern, so gut ich das kann.
Wie Du richtig sagst, "dir geht es darum" und "deine Rolle ist v.a.". Das lässt sich sicher auf viele Rollenspieler verallgemeinern, aber nicht auf "das Rollenspiel". Aber gut, wir reden hier ja von Deinen Vorlieben.
Wenn mir die Würfel vorschreiben, dass ich auf dem Schlamm ausrutsche, dann passiert das eben. Es gehört nicht zur Persönlichkeit auf Schlamm auszurutschen oder es nicht zu tun.
Anders gehts mir, wenn ich einen mutigen Kämpfer darstelle und ein kleiner Bauerntölpel daherkommt, der per Zufall n guten Skill im Einschüchtern hat und ich meinen Wurf verpatze. Plötzlich ist mein mutiger Krieger feige und rennt davon. Das hat ziemlich viel mehr mit der Persönlichkeit des Kriegers zu tun als sein Hinfallen... Deshalb will ich dort auch nicht von Würfeln bestimmmt sein. Wenn ich bei jeder sozialen Interaktion von Würfeln oder Regeln bestimmt werde, dann scheine ich eine Marionette der Würfel zu sein....
Um es in meinen Worten auszudrücken: du betrachtest die Charakterdarstellung als deine Aufgabe und deinen Einflussbereich und willst Dir durch die Würfel dort nicht hineinreden lassen. Ok.
Andere Spieler haben andere Bereiche in denen ihnen Kontrolle wichtig ist, ok?
Wenn dein Charakterkonzept beinhaltet, dass der SC ein Waldläufer o.ä. ist, womöglich noch aus einer Gegend in der es oft regnet, dann kann das genauso fatal für das Konzept des Spielers sein, wenn der SC im Schlamm ausrutscht (er hat doch schon X-mal im Regen Hasen mit der bloßen Hand gefangen...) und den Spieler zu einer Marionette der Würfel machen. Auch ok?
Anders gesagt, du akzeptierst bei einer Verfolgungsjagd im Schlamm dass dir die Würfel dein SC-Konzept bedrohen oder ruinieren, nicht aber bei Einschüchterungsversuchen. Warum? Ist es für dich nachvollziehbar, dass ein anderer Spieler die Sache genau andersherum sehen kann?
(An dieser Stelle nochmal kurz der Grund warum ich heilfroh bin auf "conflict resolution" umgestiegen zu sein: ein Misserfolg muss nicht zwangsläufig als Inkompetenz des SC interpretiert oder beschrieben werden.)
Wie sollte das denn Deiner Meinung nach Funktionieren? Magst Du es wirklich, Regeln bei jeder sozialen Interaktion befolgen zu müssen? Inwiefern spielst Du in dem Fall Deinen Charakter noch selber?
Wie gesagt, es gibt mehrere Systeme in denen das gut funktioniert, ich komme auch gut damit klar. Ich betrachte diese Regeln entweder (a) als Preis dafür, dass meinem SC ähnliche Möglichkeiten zustehen (dann "muss" ich die Regel befolgen, weil das der Deal ist auf den ich mich mit Mitspielern und SL geeinigt habe) (b) als kreativen Input. Ok, Krieger läuft davon, ich erzähle den Mit-SCs irgendwas von einer schrecklichen Erscheinung hinter dem Bauernjungen, die sie nun, da der Krieger wieder bei Sinnen ist, gemeinsam bekämpfen müssen. Oder der Krieger stürzt sich bei nächster Gelegenheit noch wagemutiger als sonst auf seine Feinde um die Schmach zu tilgen oder er fängt an in sich zu gehen und erwägt sich ganz dem Schutz der Wehrlosen zu verschreiben, weil ihn die Erfahrung gelehrt hat, dass er Unschuldige nicht einmal bedrohen kann (in diesem Fall vertieft das Würfelergebnis den SC, egal wie es ausgeht. Ich "muss" sie nicht befolgen, ich verstehe sie als Gelegenheit, die ich wahrnehme. Wenn das ganze vor der Angebeteten des Kriegers passiert _will_ ich wahrscheinlich sogar, dass der Wurf danebengeht.). Meinen SC spiele ich dabei selbstverständlich noch selber, _ich persönlich_ wechsle allerdings gerne mal auf die Metaebene, überlege mir, welche Richtung der SC jetzt am besten nehmen sollte und lassen mich auch von meinen Mitspielern beraten.
Unabhängig von meiner Person gibt das "Dying Earth" Regelwerk in etwa folgenden Ratschlag: Spieler werden von NSCs übertölpelt, verführt und manipuliert werden. Genau wie andersrum. Innerhalb des DE Settings ist das völlig normal, es basiert nunmal darauf, dass Unmengen eleganter Halsabschneider und Trickbetrüger versuchen die Oberhand zu gewinnen und zu behalten. Betrachten Sie das als Chance, gemeinsam eine amüsante oft aber auch dramatische Geschichte zu erzählen und nicht als würde man Ihnen etwas wegnehmen. Es gehört zur Natur der Art von Rollenspielerlebnissen, die man mit diesem Regelwerk haben kann, dass man die Persönlichkeit des SC nicht immer unter Kontrolle hat. Genießen Sie es! Spielen Sie die Niederlagen Ihres SC mit ebensoviel Hingabe wie seine Triumphe.
(das war jetzt aus dem Gedächtnis, keine Ahnung wie viel Eigeninterpretation da eingeflossen ist.)