#5: Jim Butcher - Verrat (Dresden Files Band 11)
Wenn "Kleine Gefallen" der Tiefpunkt der Reihe war, dann ist "Verrat" definitiv einer ihre Höhepunkte. Nicht nur, weil der Vorgänger so eine Gurke war, kann dieser Band glänzen, nein, hier stimmt alles: Das Pacing der Geschichte, die Charaktere, die diesmal wohldosierte Action. Zur Handlung selbst kann ich gar nicht soviel sagen, da viel Bezug auf frühere Bände genommen wird, nur soviel: Ein alter Gegner von Harry bittet diesen, ihm zu helfen, was der Magier widerwillig auch tut. Das tritt eine Lawine von Ereignissen los, an deren Ende einige der (Neben-)Charaktere auch einmal auseinandergenommen und wieder neu zusammengesetzt werden.
5 von 5 Magierstäben
#6: Nora Bendzko - Die Götter müssen sterben
Ich hatte das Buch schon letztes Jahr zum EVT gekauft, weil ich die Werbung auf Twitter interessant fand, die Autorin wirkte sehr sympathisch und ihre Kurzgeschichte in der Anthologie "Erntenacht" hat mir sehr gut gefallen. "Die Götter müssen sterben" ist ihr erster Roman.
Grob umrissen, handelt es sich um die Geschichte von Areto, einer jungen Frau, die durch Zufall Aufnahme bei den Amazonen findet. Areto ist keine Kämpferin, und so sind die anderen Amazonen natürlich überrascht bis offen feindselig, als eben diese Frau von Artemis, der Hauptgöttin, erwählt wird, um die Amazonen in die Schlacht gegen die Griechen bei Troja zu führen. Weitere Hauptpersonen (und PoV-Charaktere) sind Clete, eine Amazonenkriegerin, und Penthesilea, die einigen aus dem Deutsch- oder Lateinunterricht bekannt sein dürfte, die berühmte Königin der Amazonen.
Das Buch lässt sich in drei Teile unterteilen: Der erste Teil zeigt Areto in ihrem Leben in Athen, wo sie gegen ihren Willen mit Miron verheiratet wurde, einem deutlich älteren Mann, der seine Frau eher wie ein kleines Kind behandelt. Trotzdem erlaubt er ihr, wenn auch mit Widerwillen, dass sie sich um die Amazone Antiope kümmert, die Theseus als Kriegsgefangene mitgebracht und zur Ehe gezwungen hat. Als die Amazonen zu Antiopes Rettung eilen, schließt Areto sich ihnen an.
Der zweite Teil beschreibt Aretos Leben bei den Amazonen, und das ist leider der schwächste Teil des Buches, denn es passiert nichts. Es wird sehr viel Worldbuilding betrieben, die Amazonen werden als diverser Gegenentwurf zur heteronormativen Gesellschaft Athens und Griechenlands gezeigt und die Hauptpersonen eingeführt.
Der dritte Teil (um Seite 150 herum, und ich hatte mir vorgenommen, wenn danach nichts passiert, lege ich das Buch wieder weg, auch wenn mir der Schreibstil durchaus gefällt) nimmt dann deutlich an Fahrt auf und ist ein ziemlicher Ritt. Das Buch hat Triggerwarnungen (sehr gut gemacht übrigens, als würde eine antike Erzählpersona den Zuhörenden sagen, dass bestimmte Dinge in der Geschichte vorkommen und nicht einfach nur "Es kommen vor: A, B und C"), und die braucht es auch, wobei die Gewalt nie so Game of Thrones-mäßig zelebriert wird, sondern eher als etwas, was den Alltag der Frauen (und auch Männer) dieser Zeit bestimmt.
Aber es sind auch mehr die inneren Konflikte, die das Buch so intensiv machen. Areto, die (zu Recht) mit ihrer Aufgabe hadert und glaubhaft über sich hinauswächst. Clete, die Areto und deren Sohn beschützen will und gleichzeitig aber Angst hat vor dem, was aus ihr werden könnte, und Penthesilea, die hin- und hergerissen ist zwischen Pflicht und Gefühl und sich schlussendlich für eins entscheiden muss.
Hätte dieses Buch nicht diesen eher betulichen Teil, würde ich ihm volle Punktzahl geben (es gibt aber einen Extrapunkt für die Darstellung eines männlichen Aeneas, neben vielem anderen Murks nehme ich Wolfgang Petersen und seinem Drehbuch-"Schreiber" David Benioff ja immer noch übel, dass sie aus Aeneas in "Troja" einen Teenie gemacht haben). Aber es lohnt sich, auch wenn ich gestern abend dann erstmal meine Buchsammlung nach etwas leichtem und eher komischen durchsucht habe.
4 von 5 Amazonen-Äxten