Ich hab' etwas gespaltene Gefühle zu GURPS:DF, weil es als Produkt zwar sehr gut gemacht ist, aber sowohl für dungeon crawls als auch für GURPS per se mein Ideal-Power-Level etwas übersteigt. Aber gut, das tun auch andere Games wie 5E oder PF2 sehr schnell.
Zur Entstehungsgeschichte und zum Aufbau: GURPS ist inzwischen in seiner vierten Edition angelangt, wobei die ersten drei davon weitgehend identisch sind. Es war immer ein universelles, stufenloses System. Du machst fast alles mit Fertigkeiten, die du mit 3w6 zu unterwürfeln versuchst. Die Charaktere baut man indem man Punkte für Attribute, Eigenschaften und einige Vorteile (Kampfgeschick, gutes Aussehen) vergibt und ebenso ein paar Punkte für Nachteile (einäugig, ehrlich,jähzorning) bekam. Der "Sweet Spot" bei GURPS lag bei eher "realistischen" Settings und Genres, und es wurden ein Haufen davon produziert. Wenn man in den 90ern in einen Rollenspielladen kam, war da oft ein ganzes Regal voll mit GURPS Hintergrundbüchern, die von allgemeinen Genres und Epochen ("Space", "Fantasy", "Japan") bis zu mehr oder weniger großen Lizensen reichten ("Riverworld", "Conan", "Vampire:The Masquerade").
Mit der vierten Edition hat man dann neben ein paar mitunter substantiellen Aufräumarbeiten (z.B. leiten sich Trefferpunkte nun von Stärke ab, nicht Konstitution) versucht auch Dinge jenseits normaler Fertigkeiten und Vorteile mehr Bedeutenung und Balance zu geben. Sprich "Kräfte", die zum Bauen der besonderen Eigenschaften von Aliens, Superhelden oder auch Magiern genutzt werden können. Wurde also noch "universeller", aber auch vom Umfang her etwas größer. Die beiden Basisbücher haben zusammen so 600 Seiten, und dann kämen erst so Setting-spezifischere Sachen wie Zaubersprüche usw. drauf.
Settings wurden auch weniger geschrieben, die finanzielle Situation sieht einfach anders aus. GURPS ist nicht mehr so beliebt wie in den 90ern, Lizenzen und Drucke sind teuer. Steve Jackson Games braucht das auch nicht mehr, die verdienen sich dumm und dämlich mit den Munchkin-Spielen.
So kamen dann hauptsächlich kleinere PDFs raus. Mini-Settings. Regeln wie man weniger realistische Action Spiele gut macht. Ein System für rituelle Magie für moderne Horror-Settings, usw.
Eins dieser PDFs war dann auch das erste "Dungeon Fantasy". Das Grundbuch ist ja für alle möglichen Spiele geeignet und bietet einen Riesenhaufen an Möglichkeiten an. Wenn ich jetzt "einfach" nur ein typisches Fantasy-Spiel machen will, ist das schon viel wo ich mir meine Sachen raussuchen muss. Statt nun 250 Punkte frei zu verteilen, bot das Dungeon Fantasy PDF damals ein paar Archetypen an, die einem viel Arbeit abnehmen. Will ich nun einen "Barbaren" spielen, dann bekomme ich Standard-Attributswerte, Vor- und Nachteile und einen Haufen von Fertigkeiten. Dann darf ich mir noch eins von zwei Waffenfertigkeits-Paketen aussuchen (Zweihandwaffe oder Schwert&Schild) und dann noch aus vorausgewählten Listen weitere Vorteile oder Fertigkeiten aussuchen und meinen Charakter noch etwas zu feinjustieren, je nachdem ob ich jetzt z.B. ein grimmiger Cimmerier aus den Bergen bin oder ein Wikinger.
Das war sehr beliebt, und es folgten noch ein Haufen weiterer kleiner PDFs die man online kaufen konnte - "Upgrades" für die Charaktere, wie man typische Aktionen in Dungeons macht, neue "Charaktertypen" wie Ninja oder Beschwörer usw.
Und schließlich beschloss man dann eine eigenständige Box zu kickstarten, wo alles schon drin ist, kein Grundregelwerk notwendig wäre. Nur das was man für Fantasy braucht, keine Fertigkeit für Quantenphysik, kein Vorteil mit dem man Laserstrahlen aus seinem Roboterarm schickt. So sind in der Box ein paar relativ schmale Heftchen:
1.) Adventurers (130 Seiten) - Charakterbau, also Templates für alle Charaktertypen (Barbar, Barde, Kleriker, Druide, Heiliger Krieger ("Paladin"), Ritter, Kampfkünstler ("Mönch"), Kundschafter, Swashbuckler, Dieb und Zauberer. Mehrere Rassen (Katzenmensch, Zwerg, Elf, Halb-Elf, Gnom, Halb-Oger, Halb-Ork, Halb-ling), Fertigkeiten und Ausrüstung.
2.) Exploits (114 Seiten) - Regeln. Sehr fokusiert auf das was man in einer Dungeon-zentrischen Kampagne braucht, die größeren Sektionen sind also "In der Stadt", "Im Dungeon" und "Im Kampf". Ich persönlich mag' die sehr zweckdienliche und referenzartige Beschreibung. Da lässt es sich schnell finden wie meine Spieler jetzt ihre Fertigkeiten anwenden um Fallen zu umgehen, Hindernisse zu überwinden usw.. Im Vergleich zu den Grundbüchern viel zweckdienlicher.
3.) Spells (82 Seiten) - Zaubersprüche. Da es keine Stufen gibt, sind Sprüche auch "nur" Fertigkeiten, die aber hoch genügend Anfangen (z.B. Kleriker -> 1 Punkt -> "Mindere Heilung" 15 mit 3w6 ->95% Erfolgschance). Zaubern kostet Erschöpfung, was im Endeffekt heisst dass du in einem Kampf schnell an deine Reserven kommen kannst, dich aber danach vergleichsweise schnell erholst.
4.) Monsters (66 Seiten) - 70+ Monster. Oger, Zombies, Höllenhunde, Drachen, Vampire, Schleime, Eiswiesel, Brennende Schädel. Das meiste was man braucht.
5.) Dungeon (26 Seiten) - Das erste Abenteuer. Ganz passabler Dungeon.
So, urks, schon recht viel geschrieben. Zu den GURPS Regeln gibts sicher einiges zu sagen, ich würds in Deutschland ja immer beschreiben als "Stell dir vor DSA4 würde schnell sein und richtig funktionieren". Generell 3w6, Wert unterwürfeln. DF fängt da schon auf "Experten"-Niveau an, unser Barbar hat dann "Axt 18". Also kann man sich schon einiges an Finten, schlechten Kampfbedingungen, doppelten Angriffen usw. erlauben.
So, ja, von der "Umgebung" her schon recht "old school", aber man fängt auf einem Niveau an, was manche OSR Systeme fast nie erreichen. Kann man sich deswegen leisten, weil die Magier im Vergleich nicht ganz abdriften.
Das mit dem Setting ist so eine Sache. Ja, auch bei D&D Derivaten ist keins dabei, aber da kann man sich leicht eins kaufen das dafür gemacht ist. Andererseits hat man so gut wie alle Regelinfos in der Box und das generelle "Genre" passt gut zur "Norm". Ich würd' also persönlich einfach ein beliebiges OSR- oder D&D-Setting nehmen.