Hallo,
Ich bin neu im Forum und beschäftige mich erst seit kurzen mit Rollenspieltheorie, mir sind bei der Aneignung der GNS-Theorie nur ein paar Gedanken gekommen die ich gerne zur Diskussion stellen möchte. Vielleicht sind sie ja brauchbar, aber zumindest wird die Debatte darüber meinem Verständnis der Theorie helfen. Nur was kleines zu meinem Hintergrund.
Meine These ist folgende: Das was wir als verschiedene Spielformen bezeichnen, sind eigentlich verschiedene Spielphasen, oder ergeben sich aus diesen.
Um dies aufzuzeigen versuche ich im folgenden jede der 3 Spielformen auf eine Spielphase zurück zu führen.
Gamism(GAM): Laut Joe Dizzy geht es bei dieser Spielform darum "sich messen zu wollen"[
https://www.tanelorn.net/index.php/topic,32021.0.html], also sich einer Herausforderung zu stellen und diese möglichst gut zu bewältigen. Diese Herausforderung kann erst einmal alles mögliche sein, auch eine andere Herausforderung besser als eine andere Person zu bewältigen. Darunter wird oft das Maximieren von Charakterwerten verstanden um die Herausforderung der Proben so gut wie möglich zu bewältigen. Doch Herausforderungen können auch abseits des Charakters auftreten, nämlich in Form des Quest-Ziels. Bei diesem handelt es sich um nichts anderes als eine Herausforderung, es geht darum den bösen Zauberer zu besiegen, den bösen König zu vertreiben, schneller als andere irgendwo anzukommen oder einen bestimmten Gegenstand zu finden, kurz gesagt möglichst in einer Herausforderung zu triumphieren da man das Spiel besser gespielt hat. Bei all diesem geht es darum ermitteln zu können wie eine Person im Vergleich zu anderen (Dingen) zu einem bestimmten Moment bei etwas bestimmten abgeschnitten hat.
Gamism kann also auch als die Konzentration auf einen bestimmten
Punkt im SIS beschrieben werden, es geht um das "
Was passiert?"
Narrativism(NAR): Bei dieser Spielform geht es um die Bedeutung die Ereignisse auslösen und diese zu überdenken. [
https://www.tanelorn.net/index.php/topic,32021.0.html] Bei Bedeutung handelt es sich um all das was wir mit Dingen verbinden, was wir über sie denken, was wir bei ihnen empfinden und was wir über sie wissen. Bei Bedeutung geht es also nicht um den einen Moment, den einen Moment in dem ein Charakter stirbt oder den Thron besteigt, es geht um den Weg dorthin, ob und wie viel wir bis dahin über ihn und diesen Moment wissen, ob wir ihn mögen oder hassen, was er getan hat um auf den Thron zu kommen, ob wir denken das er ein Guter König sein wird. Wüssten wir nicht das Vader der Streiter des Bösen und Luke der Held des Guten ist, dann würde die Szene in der Vader seine Vaterschaft offenbart keine Bedeutung haben, sie wäre schlicht irrelevant, erst durch den Kontext trägt sie die tragische Bedeutung das nun Vater und Sohn sich auf einen sich gegenseitig Zerstörenden Kurs befinden.
Narrativism kann so als die Konzentration auf eine
Strecke im SIS beschrieben werden, es geht um das "
Wie passiert es?"
Simulationism(SIM): Hier geht es darum was auf das bereits existierende aufgebaut werden kann und die innere Konsistenz des SIS, darum was im SIS hinter dem nächsten Stein sein könnte. Anders gesagt, es geht darum was sich aus dem SIS ergibt, welche Konflikte können auftreten, was kann alles passieren, das sind seine Inhalte.
Simulationism kann so als die Konzentration auf eine
Ebene beschrieben werden die durch den SIS aufgespannt wird, es geht um das "
Was kann passieren?"
In dieser Interpretation erscheinen die GNS-Formen nicht mehr als Punkte die ein Dreieck aufspannen in denen sich eine Spielgruppe verordnen lässt, sondern als Elemente des SIS die durch eine Gruppe durchlaufen werden und zusammen das Spiel ausmachen. Am Anfang beginnt die Gruppe beim SIM, dies kann auch OT geschehen, sie stellt sich vor was alles im SIS geschehen könnte, welche Konflikte es geben könnte, welche Herausforderungen es durch diese gibt und welche Geschichten dadurch entstehen. Hat sich die Gruppe für eine Herausforderung entschieden, erlebt sie die Geschichte die sie zur Bewältigung der Herausforderung beschreitet. Um sich am Ende am Grad der Bewältigung oder nicht Bewältigung zu messen. Folgendes Beispiel zur Verdeutlichung:
Die Gruppe bespielt eine Welt in der feudale Reiche gegeneinander um magische Steine aus dem Himmel kämpfen. Die SL denkt sich dass das erlangen eines dieser Steine für einen der Könige eine interessante Herausforderung für die Gruppe sein könnte. Sie beginnt damit sich zu überlegen wie die Gruppe an den Stein kommt, welche Personen sie dabei treffen, welche Entscheidungen sie treffen, was sie erleben können und was der König mit dem Stein machen will und ob die SCs das mitbekommen werden. Als nächstes Spielt die Gruppe nun dieses Abenteuer, es gibt Höhen und tiefen, sie lernen das der König der sie beauftragt hat gegen friedliche Orks vorgeht (die sie beherbergt haben) da diese ein Gebiet reich an Erz bewohnen, sich ihre heiligen Stätten auf den reichsten Vorkommen befinden(Da diese Orks ihre Toten rituell Verbrennen und ihre Knochen über die Jahre reines Eisen einlagern). Der König braucht dieses Eisen um gegen ein anderes Reich zu bestehen was droht sein Reich zu erobern. Sie schaffen es den Stein zu besorgen und geben sie dem König. Dieser vertreibt damit die Orks, baut das Eisen ab, kann sich so gegen das andere Reich behaupten und so bleibt das geopolitische Gleichgewicht in der Region erhalten.
Am Anfang findet SIM durch den SL statt, er erkundet den SIS und findet die Möglichkeit für den Konflikt zwischen den Reichen um einen Stein. Den Konflikt um den Stein nutzt der SL um die Herausforderung den Stein zu beschaffen für den GAM zu setzen. Dann wird wieder SIM betreiben indem die Möglichkeit für den Konflikt zwischen den Orks und Reich 1 entdeckt wird. Diese Entdeckung nutzt der SL für NAR, indem er den Entscheidungen der Gruppe so Bedeutung verschafft. Spielt sich der GAM aus, der Stein wird erlangt und überbracht, die Gruppe hat die Herausforderung gemeistert. Und am Ende entfaltet sich der NAR indem, die Gruppe die Bedeutung ihrer Taten erfährt.
Dieses Beispiel ist grob und zwischen jedem der Schritte könnten mehrere Schritte von GNS-Wechseln liegen, aber es reicht um das Prinzip zu veranschaulichen. Was auch zu sehen ist das keine der Spielformen ohne die andere existieren kann. Ohne SIM haben GAM und NAR nichts indem sie entdeckt werden könnten. Ohne NAR hätten SIM und GAM keine Bedeutung. Ohne GAM hätten SIM und NAR kein Ziel. Deswegen bittet sich als Schaubild auch die mathematischen Formen von Ebene, Strecke und Punkt an. Die Ebene gibt der Strecke die Fläche in der sie sein kann und der Punkt ein Ziel, Die Strecke führt von einem Punkt zum nächsten und nutzt die Ebene und der Punkt und die Strecke brauchen eine Ebene in der sie existieren können.
Was aber sehr wohl sein kann ist das verschiedene Teile der Gruppe verschieden stark von einer der GNS-Phasen profitieren oder geschädigt werden können und sie können auch verschieden stark an der jeweiligen GNS-Phase interessiert sein. All das ist aber beweglich, es hängt von gemachten Erfahrungen ab(z.B. wurde sich schon mal im SIM verloren), die Erfüllung einer Herausforderung des GIM hat für sie eine wichtige Bedeutung oder andere Dinge. Es geht also nicht um feste Spielformen, sondern um situationsbedingte Präferenzen und Toleranzen.
Das unterbringen aller GNS-Formen in einem Spiel zur Zufriedenheit aller ist so also machbar und da sich alle gegenseitig bedingen kann es kein System geben was nur eine GNS-Form bedient, sie tut es nur in unterschiedlicher Menge.
Jede GNS-Phase braucht RegelnEin Ergebnis der GNS-Theorie war, so weit ich weiss, das entstehen der "Narrativen-Spiele". Diese haben in der Regel wenige Regeln, doch führten sie einen neuen Regelbereich ein. Viele von ihnen enthalten Regeln dazu wann wer das Erzählrecht hat, anders gesagt schufen sie Regeln um zu klären wer wann das Recht hat das "Wie" zu beantworten und so zur Narrativismus-Phase beizutragen, vorher lag dieses Erzählrecht schlicht in der Hand der SL. Zu den anderen GNS-Phasen entstanden schon früher genauere Regelungen, hier wurden diese Regelkonzept nun auf die Narrativismus-Phasen erweitert. Auf diese Weise erlangte er eine höhere Bedeutung im Spiel und interagierte auch anders mit den anderen GNS-Phasen, nun konnte das ausspielen der Narrativismus-Phase selbst zur Herausforderung des Gamismus werden und jeder hatte nun die Möglichkeit Entdeckungen aus dem Simulationsmus über die Narrativismus-Phase in den SIS einzubringen.
Aber nicht nur bei Narrativismus-Phase halfen Regeln sie mit den anderen GNS-Phasen zu verbinden, auch bei den anderen. Indem Regeln definieren was im SIS erlaubt ist, z.B. welche Werte ein Artefakt haben darf und wie dieses hergestellt wird, werden die Simulationsmus-Phasen in das Spiel geholt und der Simulationsmus kann auch selbst zur Herausforderung des Gamismus werden, z.B. das perfekte Schwert für den Charakter zu schmieden, und es ermöglicht auch denen ausserhalb der Rolle der SL Narrativismus zu betreiben, z.B. indem sie das neu geschmiedete Schwert beschreiben mit dem die nächsten Herausforderungen bewältigt werden.
Zusammen mit der Erkenntnis das sich der Bedarf innerhalb der Gruppe nach einer der GNS-Phasen schnell ändern kann, kommt es darauf an Regeln zu entwickeln die einen schnellen Wechsel zwischen flexibel ausgedehnten GNS-Phasen ermöglichen damit die Gruppe bestmöglich auf ihre aktuellen Bedürfnisse am System reagieren kann.
Das wären erst mal alles, danke das ihr euch die Mähe gemacht habt diesen, jetzt doch recht langen Text zu lesen. Ich freue mich auf Kritik.