Es gab ja vor ein paar Jahren mal diese Pink Mohawk Geschichte, Norbert hatte das auch promotet. Das verstand sich ja so ein bisschen als SR-OSR, aber ich fand immer, die haben das falsch aufgezogen, zu sehr auf Gonzo, zu sehr auf Style over Substance. Insofern gefällt mir "Black Mohawk" schon mal als Titel. Wobei ich damals in den 90ern eine ziemlich Diskrepanz empfand zwischen diesem Noir-mäßigen Flair und auch den politischen Themen, die da drin waren und die ja auch in den Romanen eine Rolle spielten, einerseits, und der Spielkultur, andererseits.
@Setting: Cyberpunk lässt sich ja generell sinnvoll nur als Retro-Setting begreifen. Es gibt keine LEDs in Cyberpunk.
Ich finde du widersprichst dir da selbst, Vermi. Einerseits betonst du sehr richtig die politischen Elemente und das Noir-mäßige Flair, das SR-Cyberpunk (entgegen des reinen Styles) erst zu SR-Cyberpunk machen. Andererseits sagst du, dass man Cyberpunk insgesamt als Retro-Setting begreifen muss... und das ist dann wieder auf der ästhetischen Ebene. Retro ist vor allem eine ästhetische Kategorie, da ich viele Themen, die ich früher erzählen kann auch heute noch erzählen kann – die Menschen haben nur andere Sachen an und die Computer sind ein wenig kleiner.
Dass 80er Jahre-Mukke im Hintergrund laufen und Neon-Reklame im Hintergrund stehen muss, ist von meiner Warte aus kein zwingendes Element für Cyberpunk. Die wichtigen Elemente von Cyberpunk sind für mich:
- invasive Technologie, die in die Menschen selbst eingebaut wird
- entgrenzter Kapitalimus mit Konzernen, die quasi offen Staatsgewalt ausüben
- massive Schere zwischen Arm und Reich, die sich in darbenden Unterschichten widerspiegelt
- ein aktiver, lebendiger Cyberspace, wo Daten eine wichtige Währung sind
- eine zurückgedrängte Umwelt mit gigantischen Städten oder Kolonien
- ein enttäuschtes Versprechen, dass Technik das Zusammenleben der Menschheit verbessert
- ein Aufstand der in diesem System Lebenden gegen das Establishment
Diese Themen sind heute noch relevant, wahrscheinlich relevanter als in den 0er Jahren noch. Die Technologie, die wir in Cyberpunk-Filmen sehen können, wird entweder gerade erprobt oder existiert schon. Cyberpunk ist wenn überhaupt nur in Bezug auf Äußerlichkeiten als retro zu begreifen, nicht in Bezug auf seine Inhalte. Wir setzen dieselben engen Kriterien für andere Genres ja auch nicht an. "Das finstere Tal" ist ein Western-Film, auch wenn's da keine Wüsten gibt. "Mom and Dad" ist ein Zombie-Film, ohne dass nur ein einziger Zombie drin vorkommt. "Ex Machina", "Mr. Robot", "Transcendence" und ein großer Teil der "Black Mirror"-Shorts sind Cyberpunk oder zumindest Proto-Cyberpunk... ohne irgendwie 80s zu sein.
Ich frage mich warum wir bei anderen Genres akzeptieren, dass sie mit ihrer Ästhetik spielen, und trotzdem im Kern sie selbst bleiben, ausgerechnet bei Cyberpunk aber nicht. Ich meine, Steampunk ist bereits jetzt alles Mögliche und Unmögliche, aber Cyberpunk muss natürlich irgendwo retro sein, sonst ist es kein Cyberpunk? Da gehe ich nicht mit. Es ist völlig egal, ob da ein Kabel im Kopf steckt oder nicht.