Autor Thema: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun  (Gelesen 6422 mal)

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Offline Jens

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Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« am: 27.01.2022 | 14:23 »
In einem anderen Faden schrieb Jiba:
Die wichtigen Elemente von Cyberpunk sind für mich:
- invasive Technologie, die in die Menschen selbst eingebaut wird
- entgrenzter Kapitalimus mit Konzernen, die quasi offen Staatsgewalt ausüben
- massive Schere zwischen Arm und Reich, die sich in darbenden Unterschichten widerspiegelt
- ein aktiver, lebendiger Cyberspace, wo Daten eine wichtige Währung sind
- eine zurückgedrängte Umwelt mit gigantischen Städten oder Kolonien
- ein enttäuschtes Versprechen, dass Technik das Zusammenleben der Menschheit verbessert
- ein Aufstand der in diesem System Lebenden gegen das Establishment

Diese Themen sind heute noch relevant, wahrscheinlich relevanter als in den 0er Jahren noch.
Ich finde diese Themen sehr interessant, allerdings muss sich ein "Cyberpunk" des Jahres 2022 im Gegensatz zu dem von 1980 nicht nur vom Flair, sondern auch von den Themen her weiter entwickeln.
Früher war da viel Tech-Ficition und gesellschaftliche Dystopie dabei, die von der Realität ja stellenweise schon eingeholt wurde (haben wir nicht alle unser Kommlink dabei und sind Sklaven der Matrix? ;) )
Aber was für neue Themen gibt es im Jahr 2022, gibt es schon quasi die "nächste Generation" Dystopie, die nicht nur unsere heutigen Standards ins Extrem treibt (wie Qualityland von Kling z.B.) sondern da auch etwas in neue Richtungen denkt? Welche neuen Geschichten können da erzählt werden oder wurden erzählt, von denen ich nur nichts mitbekommen habe?
« Letzte Änderung: 27.01.2022 | 14:25 von Jens »

Offline Sosthenes

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #1 am: 27.01.2022 | 14:31 »
Ich glaub in vielen Romanen war die Cyberware selbst jetzt auch gar nicht soo relevant, Hardwired-Reflex-Booster usw. abgesehen. Das wird im Rollenspiel mit unserem Gear-Fetischismus gerne etwas auf die Spitze getrieben.

Dafür ging's bei den meisten CP-Rollenspielen weniger in den Weltraum, wohl um sich zu anderer Sci-Fi abzugrenzen.

Offline aikar

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #2 am: 27.01.2022 | 14:43 »
Ich denke Komponenten des "modernen Cyberpunks" sind (zusätzlich zu den genannten Klassikern)

- Nanotech
- Genmodifikation
- Überwachung/Der gläserne Mensch
- Manipulation der Meinung
- Soziale Netze mit all ihren Auswirkungen
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Offline YY

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #3 am: 27.01.2022 | 19:46 »
Aber was für neue Themen gibt es im Jahr 2022, gibt es schon quasi die "nächste Generation" Dystopie, die nicht nur unsere heutigen Standards ins Extrem treibt (wie Qualityland von Kling z.B.) sondern da auch etwas in neue Richtungen denkt? Welche neuen Geschichten können da erzählt werden oder wurden erzählt, von denen ich nur nichts mitbekommen habe?

Große Dystopien gehen im Grunde nur in zwei Richtungen:
Erdrückend starre soziale/politische Systeme oder Chaos.

Ersteres findet sich in verschiedenen Ausprägungen schon deutlich vor Cyberpunk (mit den bekanntesten Vertretern 1984, Brave New World und Wir - über diese Vorreiter kommen auch noch so scheinbar zeitgemäße moderne Dystopien nicht hinweg, nur die Ästhetik und die Paraphernalien sehen ein bisschen anders aus), zweiteres umfasst dann neben "klassischen" balkanisierten Cyberpunk-Ansätzen auch das weitgehende oder komplette Zerfallen der Zivilisation.

Aus dieser Flughöhe sind die angeklungenen Themen also recht zeitlos.


Ich werfe mal aus zwei Posts zusammen:

- entgrenzter Kapitalimus mit Konzernen, die quasi offen Staatsgewalt ausüben
- massive Schere zwischen Arm und Reich, die sich in darbenden Unterschichten widerspiegelt
- ein enttäuschtes Versprechen, dass Technik das Zusammenleben der Menschheit verbessert
- ein Aufstand der in diesem System Lebenden gegen das Establishment
- Überwachung/Der gläserne Mensch
- Manipulation der Meinung
- Soziale Netze mit all ihren Auswirkungen


Da muss man schon in die Feinheiten zoomen, um eine moderne Perspektive in Abgrenzung zu klassischem Cyberpunk zu entwickeln. Z.B. in der Richtung, dass Konzerne heute "nur" die entsprechenden Regulierungen manipulieren oder umgehen und gar kein Interesse an "richtiger" staatlicher Macht haben (ist ja bei Licht betrachtet auch Quark, weil da zuallererst mal eine ganze Menge lästige Pflichten dranhängen) - was auch damals schon die bodenständige Perspektive gewesen wäre, aber man wollte ja ein bisschen auf die Kacke hauen ;)


Ansonsten ist aktuell gerade beim Thema Massenmedien zwar so einiges in Bewegung, aber ich tue mir ehrlich gesagt ein bisschen schwer, aus dieser Situation eine neuartige dystopische Entwicklung abzuleiten - dafür müsste ich erst einmal einen ins Extrem gedachten Endpunkt festlegen, der dann entweder die gesamte aktuelle Entwicklung zurücknimmt (also genau das Gegenteil von dem ist, was wir versuchen wollen) oder der am anderen Ende das gesteckte Themenfeld verlässt und völlig andere Betrachtungen aufwirft (weil ein totales Zersplittern jeder halbwegs massentauglichen Kommunikationsform auch politische Auswirkungen hat und man dann über "echte" Tribalisierung & Co. nachdenken muss - das verlässt das Thema Massenmedien und man landet ziemlich flott wieder genau bei der Reduzierung staatlicher Bedeutung und allgemeiner Balkanisierung wie im klassischen Cyberpunk...).


Es ist also kurz gesagt wie immer in der SF:
Die Themen an sich ändern sich nicht groß, "nur" die zugehörige Ästhetik, der zugrundeliegende Zeitgeist und das damit verbundene Lebensgefühl.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline General Kong

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #4 am: 27.01.2022 | 20:15 »
Ich frage mich übrigens immer, wo der "Punk" um Cyberpunk versteckt ist.
Assis tun Assidinge für Geld, weil Johnson ganz viel Asche zahlt. Dafür bricht man ein, stiehlt und tötet.
Und wird dann vielleicht vom Johnson verarscht.
Oder man verarscht den.

Klingt eigentlich weniger nach Cyber"punk" (verstanden als "Rebellion gegen das System") als nach Cybercrime nach dem Motto: "Tu alles, um dich zu bereichern und scheiß auf alles andere. NO FUTURE für die andern, KOKS UND NUTTEN für mich!"

Und dass man halt große Konzerne beklaut liegt halt daran, dass im Tante-Emma- und Onkel-Ali-Laden an der Ecke nicht so richtig was abzugreifen ist.

Ich will nun nicht Shadowrun Cyberpunk und andere Systeme heruntermachen, aber man spielt halt eher "Leon den Profi" oder Ocean's 11 als Rebellen gegen das "System". Mit viel Ausrüstungsporno.
« Letzte Änderung: 27.01.2022 | 20:18 von General Kong »
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Offline Flamebeard

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #5 am: 27.01.2022 | 20:26 »
Was leider auch an den Präferenzen der meisten Spieler liegt. Die sind meiner Meinung nach nachhaltig von Hollywood verdorben worden. Gibt halt viele Filme mit Profi-Verbrechern als Hauptcharaktere, aber nur recht wenige, in denen ein Ganger/Punk mal zum Zug kommt (und es überlebt).
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Offline Prisma

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #6 am: 27.01.2022 | 20:28 »
Ich frage mich übrigens immer, wo der "Punk" um Cyberpunk versteckt ist.
Assis tun Assidinge für Geld, weil Johnson ganz viel Asche zahlt. Dafür bricht man ein, stiehlt und tötet.
Und wird dann vielleicht vom Johnson verarscht.
Oder man verarscht den.

Klingt eigentlich weniger nach Cyber"punk" (verstanden als "Rebellion gegen das System") als nach Cybercrime nach dem Motto: "Tu alles, um dich zu bereichern und scheiß auf alles andere. NO FUTURE für die andern, KOKS UND NUTTEN für mich!"
Da haben Sie schon Recht, General. Allerdings ist "Neuromancer" auch genau das. Was zu der Frage führt, ob der Punk in Cyber"punk" etwas mit gesellschaftlicher Revolution zu tun haben muss oder einfach nur bedeutet, quasi als kleinster Nenner, dass man Lowlifes in einer Technodystopie spielt. Und war nicht eine Definition von Cyberpunk: "Lowlifes and Hightech"?
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Offline Undwiederda

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #7 am: 27.01.2022 | 20:31 »
Ich hatte den transhumanismus wohl als Thema moderner Cyber"Punk" Varianten mit reingenommen

Offline Doc-Byte

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #8 am: 27.01.2022 | 20:39 »
Aber was für neue Themen gibt es im Jahr 2022, gibt es schon quasi die "nächste Generation" Dystopie, die nicht nur unsere heutigen Standards ins Extrem treibt (wie Qualityland von Kling z.B.) sondern da auch etwas in neue Richtungen denkt?

Ich denke, heutiger Cyberpunk würde weg von den Konzernen als offene Machthaber gehen. Was wir in der Realität sehen sind vielmehr immer restriktivere Regierungen. China ist da sicher ein Extrembeispiel, zweigt aber, wie moderne Technik zur totalen Überwachung bis hin zum Social Scoring hin getrieben werden kann. - Und die Meisten machen über ihr Smartphone auch noch mehr oder weniger freiwillig bei der Datensammelwut mit. - Die übrigens ein anderer modernen Aspekt ist. Große Industriekonzerne geben heute nicht mehr den Ton an (wenn wir mal Autobauer in Deutschland außer Acht lassen  >;D), aber Daten und Informationen über die Nutzer sind das aktuelle Thema.

Einschub: China ist übrigens das vielleicht extremste Beispiel, aber auch Europa und Deutschland erleben ja immer mehr und mehr Einschränkungen. Nicht nur bei der fortschreitenden Verregelung des Internets, sondern ich erwähne da bspw. auch mal das neue Versammlungsrecht in NRW. Eigentlich immer unter dem Vorwand der Gefahrenabwehr.

Was wir derzeit aber auch sehen, sind immer mehr Bürger, die sich zusammentun und aktiv auf ihre Anliegen aufmerksam machen. Seien es jetzt FFF, Waldbesetzer oder halt auch Corona Leugner. So unterschiedlich diese Gruppen und deren Motivationen auch sein mögen, verbindet sie alle eine Unzufriedenheit damit, wie der Staat bestimmte Themenfelder behandelt. In meinen Augen müsst ein Cyperpunk 2022 diese Strömung auf jeden Fall berücksichtigen.

Was die Rolle der Konzerne in so einem "Re-Boot" des Genres betrifft, hat man ja inwischen reichlich Gelegenheiten gehabt, zu sehen, wie die tatsächlich agieren. Staatliche Macht wollen sie gar nicht haben, aber Lobbyismus, Steuertricks, Aktienschiebereien und Offshore Geschäfte sind ein große Thema. Genauso wie Verflechtungen von Konzernen, aber auch Organisationen wie etwa der FIFA oder dem IOC mit "weniger demokratischen Staaten" auf der Welt.

Ob ein zeitgemäßes Cyberpunk dann noch "Cyber" braucht, ist ein Frage für sich. Ob FB's Metaverse jetzt das nächste große Ding wird, oder angesichts der wohl imensen Energiemengen, die es benötigen wird, bei der Generation FFF dann doch nicht so gut ankommen wird, bleibt abzuwarten. Das wäre etwas, was man in der alten Tradition spekulativ in die Zukunft projezieren könnte. Sowas wie Implantate und Gehirn-Maschine-Interfaces sind hingegen weiterhin noch Technik in den Kinderschuhen und würden in einem neuen CP-Genre irgendwie mMn ein wenig "aus der Zeit gefallen" wirken. Da müsste man das Setting wohl schon wenigstens in die Mitte oder das letzte Drittel des 21. Jahrhunders verschieben, damit das glaubhaft wirkt. - Nötig fände ich es aus erzählerischer Sicht übrigens nicht zwingend.

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Offline Flamebeard

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #9 am: 27.01.2022 | 20:41 »
Ich hatte den transhumanismus wohl als Thema moderner Cyber"Punk" Varianten mit reingenommen

Wobei sie das ja in der 4. und 5. Edition mit den Fragmentierten als einem Aspekt des Transhumanismus angegangen waren, nur um es nach dem Shitstorm aus der Community wieder zu lassen. Ich hoffe ja immer noch, dass sie mal ein Quellenbuch bringen, in dem das auch regelseitig angegangen wird. Hat bei der Wandlung von Otaku in Technomancer ja auch geklappt.
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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #10 am: 27.01.2022 | 22:05 »
Ins Thema "zurückgedrängte Umwelt" ließen sich heutzutage sicher auch die Auswirkungen des Klimawandels und des "verantwortungsbewußten" (:gasmaskerly:) Umgangs damit durch diverse Stellen mit einbauen. Speziell, wenn die Handlung eh noch ein paar Jahrzehnte in der Zukunft spielen soll und die ganze Geschichte dadurch entsprechend mehr Zeit hat, sich mal so richtig zu entwickeln...

Oder die ganze seit spätestens ein paar Jahren hochgekochte "Fake News"-Thematik samt dazugehörigen öffentlichen und privaten Krachamseln, die fröhlich den größten Blödsinn verbreiten. Sicher, Konzernpropaganda gab's auch früher schon, aber wessen "Nachrichten" wird jemand, der in der schönen neuen Cyberwelt bald pausenlos von ihnen bombardiert werden mag, überhaupt noch trauen können?

Offline aikar

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #11 am: 28.01.2022 | 08:40 »
Wobei sie das ja in der 4. und 5. Edition mit den Fragmentierten als einem Aspekt des Transhumanismus angegangen waren, nur um es nach dem Shitstorm aus der Community wieder zu lassen. Ich hoffe ja immer noch, dass sie mal ein Quellenbuch bringen, in dem das auch regelseitig angegangen wird. Hat bei der Wandlung von Otaku in Technomancer ja auch geklappt.
Kamen die Fragmentierten wirklich so schlecht an? Ich fand das einen der interessantesten SR-Plots der letzten Jahre. Das einzige Problem, dass ich damit gesehen habe ist, dass sie logisch kaum aufhaltbar waren. Weshalb auch das Ende des Plots etwas gekünstelt wirkte, mir wäre aber auch keine saubere "Lösung" eingefallen.
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Offline Jens

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #12 am: 28.01.2022 | 11:00 »
Ja gerade die "Naturmagie" gäbe dem ganzen noch einen gewissen Twist (aus dem Cyberpunk versuchen, einen Solarpunk zu machen ;D ) geben, aber ich sehe da vor allem zwei Punkte, die "neu" sind:

Tribalisierung / Filterblasen und die Herrschaft darüber bzw. der Ausbruch aus diesen Herrschaftssystemen (quasi von den "kontrollierten Bubbles" ausbrechen wollen und können als Szenario) die auch für Konzerne interessant sind (Influencer sind Cyberkrieger, ich wusste es ;D )

Transhumanismus als Thema ist auch interessant und ist ja gerade auch ein gewisses "Mode" Thema. Ich will hier nicht ins Politische abgeiten, aber die ganzen Online- und Offlinekonflikte allein um die LGBTQIA+ Communities, Gendersprache etc. geben schon Inspiration wenn man bedenkt, wie sich Menschheit verändert und welchen Widerstand solche Änderungen erfahren.

Am Ende geht es um "Qui bono" und da sehe ich die Konzerne immer noch als großen Gegenspieler, die das politische System auch unter Kontrolle hat / hält - und diese Herrschaftssysteme müssen sich in einer sich schnell ändernden Welt eben verteidigen.

Wie YY schon so schön sagte: Am Ende ist es immer zerstörerisches Chaos VS unterdrückende Ordnung und das Spannungsfeld zwischen diesen beiden.

Und irgendwie wünschte ich, es würde noch ein Faktor dazu kommen, aber am Ende sind die Themen wohl alle mehr oder weniger auf dieser Skala.

Offline Infernal Teddy

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #13 am: 28.01.2022 | 11:09 »
Ich weiß nicht mehr wer es gesagt hat, aber ich finde das Zitat bei der Diskussion um "modernen" Cyberpunk passend:

"Transhumanism is about how technology will improve mankind. Cyberpunk is about how it will not"
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Offline Haukrinn

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #14 am: 28.01.2022 | 12:08 »
Ich denke Komponenten des "modernen Cyberpunks" sind (zusätzlich zu den genannten Klassikern)

- Nanotech
- Genmodifikation
- Überwachung/Der gläserne Mensch
- Manipulation der Meinung
- Soziale Netze mit all ihren Auswirkungen
- Hass und Vorurteile

Das wäre dann unsere reale Welt. Wozu dann noch eine Dystopie? Es sei denn man möchte das noch weiter treiben (und auch den schon mehrfach genannten Aspekt des Transhumanismus stärker hervorheben). Dann landet man bei Medien wie Altered Carbon und Spielen wie Eclipse Phase.

Auch die transportieren aber eigentlich die heute schon sehr präsenten Probleme nur weiter in eine aus transhumanistischer Sicht technologich fortschrittlichere Welt.

Cyberpunk (ganz traditionell im Sinne von Neuramancer, Hardwired oder Snow Crash) ist ein faszinierendes Genre. Aber auch eins, dass man meiner Meinung nach nicht sinnvoll weiterdenken kann - einfach weil es mehr oder weniger komplett von der Realität eingeholt worden ist.
« Letzte Änderung: 28.01.2022 | 12:10 von Haukrinn »
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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #15 am: 28.01.2022 | 12:23 »
Cyberpunk (ganz traditionell im Sinne von Neuramancer, Hardwired oder Snow Crash) ist ein faszinierendes Genre. Aber auch eins, dass man meiner Meinung nach nicht sinnvoll weiterdenken kann - einfach weil es mehr oder weniger komplett von der Realität eingeholt worden ist.

Und da sage ich eben: Nein. Höchstens weniger als mehr.
- Wir haben keine Externalität von Konzernen – das ist der nächste Schritt (wer glaubt, Konzerne wollten keine politische Macht, der schaue in die wirtschaftlichen Großräume Asiens und der USA, wo die ganze Städte bauen – oder auf die Leute, die dort so in die Politik gehen).
- Wir haben keine invasive High-End-Technologie, die unsere Körper boostet, womöglich noch gegen den Willen von Menschen eingebaut – das ist der nächste Schritt.
- Wir haben kein völlig hoffnungsloses, dystopisches Erodieren der Mittelschicht – das ist der nächste Schritt.
- Wir haben kein alles durchdringendes Cyberspace – das ist der nächste Schritt.

Aber ich habe es falsch formuliert: Das ist "ein" nächster Schritt. Die Zukunft ist offen. Cyberpunk als Genre ist auch heute eine mögliche Zukunft, vielleicht auch eine, die wahrscheinlicher geworden ist. Aber das Genre bleibt so wie es es noch eine auf die Spitze getriebene Zukunftsvision. Heute würde man wohl die propagandistische Desinformation in den Medien und die Umweltzerstörung in solchen Stoffen noch stärker hervorheben.

Und grade noch was zum Thema Transhumanismus: Ich würde ja sagen, dass für viele Menschen eine dystopische Zukunft eine solche ist, in der das Trans-Sein, in welcher Ausgestaltung auch immer, staatlich oder marktwirtschaftlich komplett reguliert oder gar verboten ist. Wenn wir bei modernem Cyberpunk in Richtung autoritäre Regime denken, dann ist Transhumanismus eher eine Akt der Rebellion als der Status Quo.
« Letzte Änderung: 28.01.2022 | 12:40 von Jiba »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Sosthenes

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #16 am: 28.01.2022 | 12:32 »
Transhumanismus  ist jetzt auch kein literarisches Genre, das ist jetzt ein bisschen Zitrusfrüchte und Limonensorbet.

Offline aikar

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #17 am: 28.01.2022 | 12:40 »
Das wäre dann unsere reale Welt. Wozu dann noch eine Dystopie? Es sei denn man möchte das noch weiter treiben
Darauf wollte ich hinaus. Ein modernes Cyberpunk-Setting müsste diese Punkte aufnehmen und (negativ) weiterführen.
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Offline Infernal Teddy

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #18 am: 28.01.2022 | 12:42 »
Transhumanismus  ist jetzt auch kein literarisches Genre, das ist jetzt ein bisschen Zitrusfrüchte und Limonensorbet.

Öhm, doch, es ist auch ein literarisches Genre
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Offline Flamebeard

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #19 am: 28.01.2022 | 19:22 »
Kamen die Fragmentierten wirklich so schlecht an? Ich fand das einen der interessantesten SR-Plots der letzten Jahre. Das einzige Problem, dass ich damit gesehen habe ist, dass sie logisch kaum aufhaltbar waren. Weshalb auch das Ende des Plots etwas gekünstelt wirkte, mir wäre aber auch keine saubere "Lösung" eingefallen.

Geht mir ähnlich, ich mag die Idee an sich und die Implikationen, die sich daraus ergeben. Aber da hat Catalyst sich tatsächlich von ständiger Kritik aus dem Spieler-Lager ins Bockshorn jagen lassen.
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Offline ArneBab

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #20 am: 28.01.2022 | 22:00 »
Klingt eigentlich weniger nach Cyber"punk" (verstanden als "Rebellion gegen das System") als nach Cybercrime nach dem Motto: "Tu alles, um dich zu bereichern und scheiß auf alles andere. NO FUTURE für die andern, KOKS UND NUTTEN für mich!"
Den Punk sehe ich darin, dass die SCs wirklich noch was bewirken können. Dass ein Straßenmetzger dir geklaute experimentelle Cyberware einbaut, mit der du sogar für die besten Sicherheitskräfte zur Gefahr wirst, weil du alle Sicherheitsmechanismen abschaltest, aber riskierst, in drei Monaten als zuckendes Wrack zu nden. Dass Decker sich in Großkonzerne einhacken und noch verschwinden können. Dass Magie sich ihre Ausübenden selbst wählt — und Zaubernde oft in ihrer Gemeinschaft bleiben, statt gleich beim Großkonzern anzuheuern.

Das ist Punk. Selbstwirksamkeit der Einzelnen.

Es ist eine Dystopie, weil sich bei all der Selbstwirksamkeit die Welt nicht nach deinem Willen richtet und am Ende eine Spezialeinheit deine Wohnung stürmt und dir ein nicht abschlagbares Angebot oder einen spektakulären Abgang verschafft, über den noch für Jahrzehnte gesprochen wird.

Die Professionalisierung von Runnern als dass ultimative Versagen zu beschreiben fehlt mir dabei allerdings noch. Das gehört ins Grundregelwerk.
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
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Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #21 am: 29.01.2022 | 07:57 »
Ich lass mal erstmal ein Abo da, damit ich es nicht vergesse. Glaube aber das Thema Transhumanismus kann man heute viel größer machen. Altered Carbon hat da ja schon in die Richtung gezeigt. Fragen wie "Was ist Bewusstsein" und "Wie sehr hängt unsere Existenz am Körperlichen" sind da spannende Fragen.
Power Gamer: 33% Butt-Kicker: 21% Tactician: 67% Specialist: 42% Method Actor: 88% Storyteller: 75% Casual Gamer: 42%

Spielt zur Zeit: DSA Briefspiel, sowie 3-6 DSA Larps pro Jahr. Am Tisch: derzeit nix ;D

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #22 am: 29.01.2022 | 08:42 »
Glaube aber das Thema Transhumanismus kann man heute viel größer machen. Altered Carbon hat da ja schon in die Richtung gezeigt.

Die Kovacs-Reihe zeigt mMn auch ganz gut die Probleme auf, wenn das Ganze keine abstrakte Betrachtung bleiben soll: Da war Mr. Morgan gezwungen, den Stand der Wissenschaft großteils auszuklammern, damit eine unterhaltsame Geschichte draus wird - und gerade in den späteren Büchern wird klar, wo das, was für eine geschriebene Geschichte noch funktioniert, am Spieltisch schnell zu hakeln beginnt (sieht man ja auch an Eclipse Phase).

Unterm Strich sind solche grundsätzlichen Fragestellungen für ein Spiel recht zwingend nur Hintergrundrauschen oder lockere Prämissen. Zentraler Spielinhalt können sie ja nicht sein, ohne dass man sehr konkrete Festlegungen dazu trifft.
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Offline Nebelwanderer

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #23 am: 29.01.2022 | 09:42 »
Ich frage mich übrigens immer, wo der "Punk" um Cyberpunk versteckt ist.
Assis tun Assidinge für Geld, weil Johnson ganz viel Asche zahlt. Dafür bricht man ein, stiehlt und tötet.
Und wird dann vielleicht vom Johnson verarscht.
Oder man verarscht den.

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Ich will nun nicht Shadowrun Cyberpunk und andere Systeme heruntermachen, aber man spielt halt eher "Leon den Profi" oder Ocean's 11 als Rebellen gegen das "System". Mit viel Ausrüstungsporno.

Shadowrun bezeichnet sich selbst ab der vierten Edition nicht mehr als Cyberpunksystem, ich hätte es mehr unter Near Dark-SciFi gesehen, wobei ich nichtmal weiß ob es diesen Begriff überhaupt gibt, aber für Cyberpunk sind vorallem Runner aus der vierten zu glatt und und sauber. In der fünften wurde der Aspekt dann wieder etwas mehr betont, aber reicht dennoch nicht an die zweite und erste Phase der dritten heran die gegen Ende ja immer mehr davon abgedriftet ist.

Offline Infernal Teddy

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Re: Moderner "Cyberpunk" von heute und Shadowrun
« Antwort #24 am: 29.01.2022 | 10:28 »
Cyberpunk war schon immer eher punk im sinne der DIY Ästhetik, nicht im sinne der Rebellion.

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