6 Tipps: improvisieren von Regeln
Irgendwann kommt in jeder Rollenspielrunde der Punkt, an dem dich das Regelwerk allein lässt. Die Spieler tun etwas, das vom System nicht abgedeckt wird - und du musst als Spielleiter improvisieren. Aber wie entwirft man schnell eigene Regeln?
1. Mach's kurz
Blätter nicht lange im Regelbuch, denke nicht Ewigkeiten nach. Das Wichtigste ist, den Spielfluss zu wahren. Konzentriere dich lieber darauf, die Spannung zu erhalten, als lange nachzudenken. Notiere dir lieber schnell das Problem und überlege dir zwischen zwei Spielrunden mit deinen Mitspielern zusammen eine dauerhafte Lösung. Im Spiel solltest du einen schnellen Weg finden, die Situation zu bewältigen.
Eine der besten und einfachsten Lösungen ist meistens die Prozentchance: Gib in der Situation dem Spielercharakter eine Chance von 1-100 zum Gelingen seiner Aktion oder für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses. Anschließend würfelst du mit einem W% (zwei W10, von dene der erste die Zehner und der zweite die Einer darstellt). Ist das Ergebnis kleiner oder gleich der Chance, gelingt die Aktion, das Ereignis tritt ein.
Besprich die Chance ruhig mit deinen Spielern. Was halten sie für realistisch? Sind sie mit deiner Lösung einverstanden? So stellst du sicher, dass sich hinterher niemand ungerecht behandelt fühlt.
2. Wenn du nicht weiter weißt, würfle einfach ein bisschen
Rollenspielrunden sind auch Show. Klapper ein bisschen mit den Würfeln, mach ne ernste Miene, erzähle den Leuten einen vom Pferd - aber wirke überzeugend. Es ist viel wichtiger, das Spiel am Laufen zu halten und kompetent zu wirken, als Ewigkeiten zu diskutieren oder im Regelbuch nachzuschlagen.
Triff auf solchem Weg allerdings niemals eine Entscheidung über Leben und Tod der Charaktere! Das könnten dir deine Spieler tatsächlich - vollkommen zu Recht - übel nehmen. Triff auf diesem Weg auch nicht zu oft Entscheidungen, denn das verdirbt den Spielspaß. Manchmal kann man auf diese Weise aber den Spielspaß retten.
3. Orientiere dich an den Grundregeln
Versuche nicht, das Rad neu zu erfinden, wenn mal eine Regel fehlt. Suche dir lieber eine Regel, die bereits existiert und wandle sie geringfügig ab. Je kleiner der Unterschied zur bestehenden Regel, desto besser ist die Regel. Denn nur dann passt sie sich ins gesamte Regelwerk und macht das Spiel auf Dauer nicht zu kompliziert.
4. Klaue, was das Zeug hält
Du kennst eine Regel aus einem anderen Rollenspiel, deiner Spielrunde gefällt sie und sie funktioniert? Dann füge sie euren Hausregeln hinzu. Nur keine Hemmungen! Immerhin dient das nur eurem persönlichen Spaß, zu Hause in euren vier Wänden. Da ist alles erlaubt. Und wenn es bereits eine existierend, funktionierende Regel gibt, die allen gefällt - wozu dann eine neue erfinden?
5. Führe keine Regel allein ein
Du bist der Spielleiter und musst daher am besten mit dem Regelwerk zurecht kommen. Immerhin musst du alle Aspekte des Systems beherrschen, die Spieler meist nur wenige. Aber führe nie eine Regel ein oder halte an einer fest, die deinen Spielern gar nicht gefällt. Das verdirbt ihnen den Spielspaß und macht auch dich als Spielleiter auf die Dauer nicht glücklich.
6. Überlege gut, ob du die neue Regel wirklich brauchst
Kommt deine Spielrunde vielleicht auch ohne die Regel aus? Was meinen die anderen? Nichts verdirbt den Spaß am Rollenspiel so gründlich, wie ein Wirrwarr aus Modifikatoren, Tabellen und Fertigkeitswerten. Wenn ihr den Überblick übers Regelwerk verliert und ständig eure Aufzeichnungen braucht, wurde das Regeldesign übertrieben. Streicht was ihr könnt, bis ihr wieder zufrieden seid.
Überlege deswegen in einer Situation, in der dir eine Regel fehlt, ob du die Entscheidung nicht auch einfach mit gesundem Menschenverstand fällen kannst. Das ist im Zweifelsfall meistens die bessere Variante. Es gibt Spielrunden, die ganz ohne Regeln spielen. Je größer das Vertrauen zwischen Spielleiter und Spielern ist, umso weniger Regeln brauchst du. Die besten Regeln sind also ein kompetentes und verständnisvolles Auftreten und ein gutes Urteilsvermögen des Spielleiters.
© Marcus Johanus