Ein Sequel u n d ein Prequel: Ich habe da nicht viel erwartet. "Kenobi" spielt nach Episode III und vor Episode IV, von daher wissen wir, dass Luke, Obi-Wan und Lukes Onkel Owen überleben werden.
Doch ich bin sehr positiv überrascht. Zum einen gefällt wir, wie gut und konsequent die emotionalen Lagen der Figuren aufgegriffen werden. Soviel sei ohne Spoilertag verraten, weil es konsequent aus Episode III folgt und weil es quasi sofort erzählt wird: Obi-Wan ist am Ende, und nur die kleine Aufgabe, die er noch in Episode III übernommen hat, scheint ihn überhaupt noch am Leben zu halten. Daraus folgt eine emotionale Steighöhe, die es für mich sehr spannend macht, weiter verfolgt zu werden.
Der Plot, den die Creator der Serie gefunden haben, nutzt sowohl konsequent bekannte Elemente, als auch führt er in eine Erzählschleife, die ich bis hierher nicht erwartet habe. Letztere nutzt aber auch nicht zu neues: Das Bekannte wird so weiterentwickelt, dass es sich für mich organisch einfügt. Die Pläne und die Differenziertheit der Gegenseite sind für mich auch überzeugend und interessant. Nach den ersten beiden Folgen möchte ich sagen: Das Skript halte ich für sehr gelungen für diese Mini-Serie, (auch wenn ich ab jetzt keine unerwarteten Wendungen mehr kommen sehe).
Ganz ausgezeichnet für mich aber ist, wie die beiden Figuren mit der meisten Screentime geschrieben und gespielt sind: McGregor zB lässt in meinen Augen immer mehr Alec Guiness in sein Spiel einsickern und schafft so die Brücke zwischen dem sympathisch-beinahe-naiven-geschickten-fast-gute-Sprüche-klopfenden Obi-Wan der Episode I-III und dem stoischen, zurückhaltenden, abwartenden Ben Kenobi der Episode IV. Auch die zweite Hauptfigur der ersten beiden Folgen ist die überaus gelungene Prequelversion ihres älteren, manchmal schnippischen Ichs.
Schauwerte sind 1A. Musik ist für mich okay: Nicht so ikonisch wie von "The Mandalorian", nicht so präsent wie von John Williams, aber sie fügt sich auf jeder Ebene gut ein.
Das Erzähltempo ist genauso angemessen, wie eine Miniserie es nutzen sollte. Sicher ließe sich die kommende Geschichte auch in einem 2-Stunden-Plus-Actionfilmtempo abhandeln, aber die Creator nutzen die Zeit, um insbesondere Obi-Wan, aber auch den anderen Figuren ihren Raum zu geben, den sie in Actionfilmen nicht haben könnten.
Aufgrund der ersten beiden Folgen und Episode IV glaube ich (anmaßenderweise) zu wissen, wie im Groben die Erzählschleife der Serie ablaufen wird. Trotzdem freue ich mich aus den genannten Gründen auf das, was kommt, und lässt mich mein Disney-Abo nicht bereuen.