Das wird gerne behauptet, aber was konkret spricht denn gegen ein DM's Guild/Jonestown-artiges Arrangement?
Das einzige, was GURPS jenseits der etablierten "Jünger" Kundschaft beschert hat, war die hohe Qualität der Quellenbücher.
Und da ist der Ausstoß auch genau deswegen so gering, weil der Anspruch hoch ist.
GURPS hat eben keinen gigantischen Zugfaktor wie es D20 mit (leichte Übertreibung:) "quasi jeder amerikanische Nerd über 12 kennt das Regelwerk" hatte.
Da muss irgendwas anderes kommen und das kann so, wie das ganze Ding aufgestellt ist, eigentlich nur inhaltliche Qualität sein.
Also als Beispiel etwa eine Technothriller-Box, in der das Genre in Sachen Erzählstruktur, Atmosphäre, Geschichte, Erscheinung in anderen Medien und vor allem verschiedenen Spielarten/-stilen und "Härtegraden" (von locker-flockig-cinematisch bis knüppelhartem Realismus) ausufernd beackert wird.
Das kann man dann mit dem mitgelieferten GURPS-Zuschnitt spielen oder für andere Systeme nutzen.
So kann das mMn funktionieren, aber nicht mit "wurstel irgendwas zusammen und schreib GURPS drauf, Hauptsache Produktausstoß".
Wenn das Alleinstellungsmerkmal von GURPS darin besteht, bizarre Crunchwelten zu erschaffen, dann sollte man diesen Aspekt mMn schon aus taktischen Gründen eher noch ausbauen als verklappen.
Da sagst du ja selbst: das ist nie so recht an dich gegangen. So geht es der absoluten Mehrheit potentieller Spieler und genau deswegen ist das Betonen oder gar Ausbauen dieses Merkmals kein Erfolgsrezept.
Wie Kromm/Mr. Punch schreibt, zieht man damit keine neuen Spieler - und auch nicht erst "heutzutage", sondern quasi schon immer. Wer GURPS4 in den letzten fast 20 Jahren (!) Editionslaufzeit nicht für sich entdeckt hat, bei dem passiert das auch nicht mehr.
Ansonsten ist "mit GURPS kann man angeblich alles machen, also muss man auch immer alles damit machen" eine ziemlich gute Methode, keinen Spaß damit zu haben
Zudem: Schwarzweißveröffentlichungen von Settings als Nur-PDF sind da bestimmt hilfreich ...
Ja, manchmal hat man schon den Eindruck, SJG
will mit GURPS einfach kein Geld verdienen.
Aber das System liegt auch im Dornröschenschlaf und wird sehr stiefmütterlich behandelt. Über weite Strecken lief das wohl nur weiter, weil es mal Steves liebstes Kind war.
Wie man an Dungeon Fantasy sieht, können die das ja durchaus anders. Wenn man sich jetzt dazu entscheidet, das in Zukunft auch öfter mal tatsächlich zu machen, soll es mir recht sein.
Auch das Kampfsystem ist mehr oder minder detailverliebt- und deshalb spielen es die Leute, die es spielen. Das kleinzudampfen vergnatzt die, die es deshalb schätzen. Und Leute, die es gerne einfacher haben, gewinnt man doch nicht damit, dass man die Stärken eines detaillierten Systems schwächt und verwässert, aber dennoch NIE die Stärken eines einfacheren Systems erreicht.
Kann man so nicht sagen.
GURPS lässt sich durchaus einfach spielen und ist dann auf Augenhöhe mit "normalen" einfachen Systemen.
Das Problem ist: Es gibt GURPS entweder mit alles und scharf oder GURPS Lite. Auf dem Crunch-Level, auf dem die meisten Spieler gerne unterwegs sind, gibt es so gut wie nichts.
Und die "Vollversion" abspecken kann auch nur einer, der sie erfasst hat - DAS ist dann natürlich schwer sinnbefreit, sich das alles anzueignen, nur damit man am Ende 70% davon rausschmeißen kann.
Was GURPS für mich aber immer wieder abschießt, sind die 1-Sekunde-Kampfrunden - das ist mir einfach viel zu feinkörnig und bremst Kämpfe zu stark aus. Leider hängt da meinem Eindruck nach zu viel Regelkram dran, um es ohne umfangreiche Hausregeln zu ändern. Sehr schade, denn GURPS spricht mich ansonsten sehr an - falls jemand eine Alternativregel für die Rundendauer hat, immer her damit!
Ein Stück weit ist das Gewöhnungssache, aber insgesamt muss man sagen: Ja, das ist für mit anderen Systemen "aufgewachsene" Spieler eine so große Hürde, dass man damit signifikante Anteile der möglichen Spieler vertreibt.
Man kann daran schrauben und damit bin ich auch an der Stelle, wo ich mir überlege, was man mMn für den von Kromm angerissenen Ansatz an GURPS ändern müsste bzw. welche Veröffentlichungsform und welche Anpassungen man wählen müsste. Das muss ja größtenteils kompatibel bleiben und wäre nur eine spezifische Anwendung des Baukastens.
- Die Kampfrunden auf 2-3 Sekunden setzen und vieles, was sich aktuell über mehrere Runden erstreckt, zu einem Paket zusammenfassen.
Dann gibt es Evaluate, Feint usw. eben nicht mehr getrennt, sondern gleich in Verbindung mit einem Angriff.
Das ist nicht überall trivial, aber machbar.
In dem Zuge kann man dann auch sozusagen "gegenüberliegende" Manöver, die z.B. einen Angriffsbonus, aber einen Verteidigungsmalus geben und umgekehrt, von einzelnen "Knöpfen" zu einem Schieberegler zusammenfassen.
- Mindestens den Nahkampf als vergleichenden Wurf aufziehen und entsprechend die aktive Verteidigung auf die Fälle begrenzen, in denen das nicht zur Anwendung kommt. Je nach Genre genau so für den Fernkampf.
- Die Fertigkeiten eindampfen. Also das Mittelding zwischen der "großen" Liste und den Wildcard-Skills mit Tendenz zu letzterem.
- Die Speed-/Range-Table auf ausgewählte Entfernungsbänder umlegen. Die kann man auch wieder für die jeweilige Anwendung anders sortieren; wenn das jemand anpassen möchte, kann er das ja über die Tabelle tun - kompatibel bleibt es.
- Die Modifikatorenliste zurechtstutzen auf die größten Einflüsse und die kleineren Faktoren in einen großen Trichter schmeißen, der am Ende einen kleinen Bonus oder Malus auswirft. Gerade im Fernkampf (der ja die meisten Modifikatoren zu bieten hat) könnte man das auch umsetzen, indem man einfach ein Entfernungsband hoch oder runter geht.
- Die Charaktererschaffung anwendungsorientiert vorsortieren und gar nicht mehr mit CP arbeiten, sondern "nur" mit zu verteilenden Attributs- und Fertigkeitspunkten etc. Gerne auch mit vorbereiteten Paketen, an denen man dann verwerfungsfrei kleine Änderungen vornehmen kann.
Vor- und Nachteile größtenteils rauswerfen und nur die zentralen Elemente für eine bestimmte Anwendung beibehalten, aber auch die nicht in CP-Form verrechnen. Höchstens noch große und kleine unterscheiden.
Generell ist GURPS ja sehr frontlastig. Wenn die Charaktere einmal erstellt sind und der Detailgrad der Regeln gewählt ist, fluppt es im Spiel ziemlich gut. Da ist aber eine Session 0 auch gerne mal eine Session 0-3 und wenn ich Spielern nur eine CP-Zahl nenne und sie machen lasse, kommt so gut wie immer irgendwas raus, was so nicht passt.
Da kann der Weg eigentlich nur sein, diese Vorsortierung der zu benutzenden Regelelemente nicht durch den SL, sondern den Verlag zu machen.
Z.B. in der oben angedachten Technothriller-Box kann man dann immer noch ein breites Spektrum von Varianten bedienen, aber es fällt schon mal ein Riesenstück Komplexität weg, wenn ich von vornherein weiß, welche dieser Varianten ich spielen will.
Und zuletzt noch mal kurz allgemein zu den CP:
Die empfinde ich auch als kurioses Gebilde. Einerseits muss ich genau wissen, mit wie vielen CP ich in der Charaktererschaffung arbeiten soll, andererseits kann man die mit sehr verschiedener praktischer Spielauswirkung ausgeben und obendrauf gibt es dann im Spielverauf fetteste CP-Auswirkungen, die man eben
nicht bezahlt, sondern "einfach so" erspielt.
Natürlich braucht man irgendeine Berechnungsmethode für ein Kaufsystem, aber die CP wollen zu viel gleichzeitig sein.
Und ich hatte auch schon Spieler am Tisch sitzen, die mit der Aussage mal so gar nicht klar kamen, dass die CP eigentlich egal sind