Was also zeichnet eine "gute" neue Edition aus?
Als direkte Weiterentwicklung der Vorgängeredition wurde ja schon genannt: bekannte/"erspielte" Probleme beheben und den Markenkern erhalten.
Im Grunde ist es wie mit gelungenen Videospielfortsetzungen: Man will so nahe am alten Spiel bleiben, dass man es wiedererkennt und aus den selben Gründen mag, aber es soll sich so viel besser spielen, dass man den Vorgänger nicht mehr mit Genuss spielen kann, wenn man den Nachfolger kennt
Wenn man sich dagegen neu erfinden will, ist alles offen - das kann funktionieren, ist aber immer ein großes Risiko.
Einer der Hauptfaktoren in Sachen Erfolg einer neuen Edition ist die Laufzeit der alten: Wenn die lange genug her ist und am besten noch eine ganze Weile aus irgendeinem Grund Funkstille war, ist eine neue Edition eines einstmals erfolgreichen Spiels fast schon ein Selbstläufer. Darf halt nur nicht so lange her sein, dass es keiner mehr kennt
Da ist es dann auch naheliegend, dass man das Ganze auf den neuesten Stand in Sachen Artwork, Layout usw. bringt. Man schaue sich z.B. mal den Sprung von WHFRP1 auf 2 an...klar findet sich auch da noch irgendwo einer, der sagt "Näh, das ist nicht mehr das wahre Warhammer", aber ansonsten war das Update bitter nötig.
Als Gegenentwurf gibt es die "halben" Editionen z.B. von D&D3 und DSA4, wo entweder wüsterliche Probleme der neu gestarteten Edition relativ zeitnah behoben werden oder ein massiver Regel- und sonstiger Wildwuchs der laufenden Edition mal neu sortiert und aufbereitet wird. Kann klappen, muss aber nicht.
Und dann gibt es noch die Konzepte, die vom alten Editionskarussell ein gutes Stück weit weg kommen wollen.
Bei D&D5 fährt man in Sachen Power Creep und generellem Rules Bloat absichtlich mit angezogener Handbremse und verlegt sich auf das Drumherum: Viel Merchandise-Nippes bis hin zum Stranger Things-Starter Set (!), aktualisierte alte Kampagnen und wo es mal ein Regelband ist, bietet er oftmals "nur" Optionen und Perspektiven (was - um den Bogen zum einen anlassgebenden Thread zu schlagen - GURPS auch über lange Jahre so gehalten hat).
Free League schaut nicht auf ein einzelnes Spiel, sondern hat immer mehrere Eisen im Feuer, schließt eine Reihe ab und macht dann was ganz neues.
Vielleicht gibt es dann irgendwann mal eine Anniversary Edition oder ähnliches, aber wenn eine Reihe durch ist, kommt dann auch erst mal nichts mehr.
Das ist recht clever, weil man einerseits die ganzen negativen Nebenwirkungen eines zeitnahen Editionswechsels vermeidet und andererseits die Spieler, die mit einer konkreten Linie nichts anfangen können, immer noch bei einer anderen Linie aufspringen können und nicht für die nächsten Jahrzehnte verloren gegangen sind.
Aber so ganz nebenbei ist eine der aktuellen Linien dann doch eine neue Edition eines lange in der Versenkung verschwundenen Spiels, bei der es große Veränderungen zu den Vorgängern gab, nämlich Twilight: 2000. Gezockt und gewonnen