Ich hoffe, der Popkultur-Hype ums Rollenspiel ist bald vorbei. Der bringt kurzfristig eine Explosion und hinterher ist dann die "Subkultur" im Arsch.
Sounds like gatekeeping to me.
Nee, sorry HEXer, wenn ich da jetzt ein wenig rabiat drauf reagiere. Daraus spricht, finde ich, diese seltsame Einstellung, nach der Dinge nur dann einen Wert haben, wenn sie innerhalb einer eng gefassten Nische konsumiert werden. Die man doch bitte nicht teilen möchte. Das letzte mal, das ich mit so einer Einstellung konfrontiert war, war ich ein Teenager, dem eine Freundin partout ihre Jupiter Jones-CD nicht ausleihen wollte, weil das ja ihre Band sei, die sie entdeckt hat, und niemand sonst solle davon erfahren (was ja letztlich dann nicht viel gebracht hat, als Jupiter Jones Jahr später mit "Still" durch die Decke ging.)
Aber das nur als Anekdote. Denn für Musik mag das noch irgendwo funktionieren.
Aber Rollenspiel ist ein
soziales Hobby.
Dieses Gemotze über "Rollenspiel in der Popkultur" geht mir ehrlich gesagt völlig auf die Nerven. Denn es übersieht, dass es damals, als man selbst angefangen hat, wahrscheinlich nur zwei Möglichkeiten gab:
- Entweder man hat das Hobby unabhängig von irgendwelchen anderen Menschen selbst entdeckt und sich erschlossen (das dürften die Wenigsten gewesen sein... und wenn man tatsächlich zu denjenigen zählte, die sich mit 14 die Rote Boy zu Weihnachten wünschen konnten oder vom Patenonkel das Abenteuer-Basisspiel aus der Spielwarenabteilung (!) mitgebracht bekam... dann herzlichen Glückwunsch: Dann ist man zu einer Zeit eingestiegen, als Rollenspiel ebenfalls Teil der Popkultur war!)
- Oder man ist von anderen Rollenspielern angefixt worden, die man kennengelernt hat. Und die hatten alles, aber gewiss nicht die Einstellung: "Uff, soooo viele neue Rollenspieler. Wir brauchen gewiss nicht noch mehr. Wenn's noch mehr werden, dann leidet der Zusammenhalt."
Ich war lange Zeit in einem Rollenspielverein engagiert und neue Leute mit ins Hobby gebracht. Ich habe Rollenspiel für Schulkameraden geleitet, die es nicht Ich habe jahrelang auf der "AnimagiC" jedes Jahr Runden angeboten für Personen, die noch nie damit Kontakt hatten. Und ich war froh für jeden, der es schon einmal irgendwo gesehen oder gehört hatte.
Und selbst als ich noch nicht wusste, was Rollenspiel war, wusste ich es doch zumindest ein bisschen. Warum: Weil es in der Popkultur vorkam. Z.B. in Form der DSA-Computerspiele. Oder der D&D-Zeichentrickserie. Oder der parodistischen Rollenspielsequenz in "Simon The Sorcerer 2". Trotzdem brauchte ich jemanden, der offen war. Der nicht gesagt hat: "Pfui, nicht noch wer Neues!" Der sich hingesetzt hat und mit mir spielte und mir alles zeigte.
Und diese nervösen Seitenblicke gegen die "komischen neuen Leute in der Szene, die ja gar nicht so sind wie wir", die hat es immer schon gegeben. So haben die oD&Der:innen die DSAler:innen angeschaut. So haben die DSAler:innen die Vampire-Spieler:innen angeschaut. Und so haben die Vampire-Spieler:innen dann irgendwann die Vampire-Spieler:innen der 2. Vampire-Auskopplung (nWoD) angeschaut. So hat man die Forgeler:innen angeschaut. Und die SaWo-Gentlemen (und Ladies). Und die Fate-Fans. Und jetzt die itch.io-Crowd und die OSRler und die YT-Streamer-Community. Und dieser sogenannte "Zusammenhalt" ist angesichts der Grabenkämpfe im Hobby, die es immer schon gegeben hat, eine völlige Chimäre.
Für mich steht Folgendes fest:
Wenn ich mein Hobby wirklich liebe, und zwar um seiner Selbst willen und nicht als ein Anhängsel, mit dem ich meine eigene Exklusivität zementieren will, dann will ich auch, dass es sich verbreitet. Dass viele Leute unabhängig von mir daran Freude haben. Nach ihrer Facon. Alles andere fühlt sich für mich nach, ich erwähnte es schon, "Gatekeeping" an. Ich könnte mich jeden Tag wütend in den Schlaf darüber tippen, dass alle nur dieses doofe D&D5 spielen obwohl mir bei amerikanischer EDO-Fantasy die Füße taub werden. Mach ich aber nicht. Weil ich das, mit Verlaub, ziemlich ziellos finde.
Panta Rhei... alles fließt. Der Rollenspielmarkt wird nicht bleiben wie er jetzt ist. Aber ich hoffe er bleibt so attraktiv und im Gespräch wie jetzt. Allein schon weil das die Arbeit all der tollen Vereine leichter macht, die Nachwuchsarbeit betreiben.