Autor Thema: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)  (Gelesen 16294 mal)

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Online AndreJarosch

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #150 am: 4.07.2022 | 19:41 »
Soweit mir bekannt wird bei Groschenroman der grobe Inhalt vorgegeben und dann in Akkordarbeit "runtergeschrieben". Da dürfte wenig Kreativität und sehr viel mehr Handwerk dabeisein. Für solch eine Art der Unterhaltung ist das sicherlich OK, aber für ein Rollenspielprodukt? Das will man nach dem Lesen ja nicht weggeben/-werfen. Bezogen auf eine für RPG Produkte nötige "Mindest-Qualität" denke ich nicht, dass das realistisch ist.

180.000 Heftromanwörter brauchen natürlich weniger Gehirnschmalz als ein Abenteuerbuch oder Quellenband für ein RPG.
Aber um auf dein Einkommen zu kommen braucht ein RPG-Autor aber auch "nur" einen Output von 90.000 bis 100.000 Wörtern im Monat.

Offline Raindrop

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #151 am: 4.07.2022 | 19:46 »
Ein Heftroman besteht nur aus Text. Wer Erfahrung hat, kann den mehr oder weniger runterschreiben.

Ein Rollenspielbuch ist viel aufwändiger. Zusätzlich zu dem Text kommt u. a. hinzu:

Regelrecherche und Regelmechanismen austüfteln
Weltrecherche und Weltzusammenhänge austüfteln, Widersprüche vermeiden
Recherche in der realen Welt (z. B. Museen etc.)
Illustrationsbeschreibungen / Scribbles (z. B. entworfene Karten) und ggf. Rückmeldungen auf Entwürfe
Überarbeitungsschleifen nach Anmerkungen der Redaktion(en) bzw. des inhaltlichen Lektorats, der Kolleg*innen, übriger Testleser*innen, evtl. des Korrektorats (falls nicht direkt eingearbeitet), nach dem Satz
ggf. Teilnahme an Autorenkonferenzen
Absprachen mit anderen Autor*innen, Planung der Produkte mit der Redaktion
Testspielen (z. B. auf Cons, zu denen man ja auch hinfährt) und Überarbeitungen
...
« Letzte Änderung: 4.07.2022 | 19:59 von Raindrop »

Offline tartex

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #152 am: 4.07.2022 | 19:49 »
Recherche in der realen Welt (z. B. Museen etc.)

Testspielen (z. B. auf Cons, zu denen man ja auch hinfährt) und Überarbeitungen
...

Haha, wer macht den sowas? Die Cthulhu-Redaktion?

Wikipedia ist ja schon für Streber.
Die Zwillingsseen: Der Tanelorn Hexcrawl
Im Youtube-Kanal: Meine PnP-Let's-Plays
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Offline Raindrop

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #153 am: 4.07.2022 | 19:54 »
Recherche in der realen Welt ist natürlich freiwillig, aber ich finde sie sehr inspirierend. Klar, für historische Rollenspiele, aber auch für Splittermond habe ich das gemacht, z. B. Sea Life, Meeresmuseum.

Testspielen sollte man schon für die Qualitätssicherung, wird auch gemacht. Nicht von der Redaktion, sondern von den Autor*innen.

Online AndreJarosch

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #154 am: 4.07.2022 | 20:01 »
Ein Rollenspielbuch ist viel aufwändiger. Zusätzlich zu dem Text kommt u. a. hinzu:

Regelrecherche und Regelmechanismen austüfteln
Weltrecherche und Weltzusammenhänge austüfteln, Widersprüche vermeiden

Wenn der Autor für ein System schreibt dessen Spielsystem und Hintergrundwelt ihm bestens bekannt ist fällt das schon mal weg.


Recherche in der realen Welt (z. B. Museen etc.)

Kurze Googlesuche oder Wikipedia-Recherche vielleicht...

Illustrationsbeschreibungen / Scribbles (z. B. entworfene Karten) und ggf. Rückmeldungen auf Entwürfe
Überarbeitungsschleifen nach Anmerkungen der Redaktion(en) bzw. des inhaltlichen Lektorats, der Kolleg*innen, übriger Testleser*innen, evtl. des Korrektorats (falls nicht direkt eingearbeitet), nach dem Satz

Ja, gehört zu 50% zu den Aufgaben zu 50% zu dem des Lektorats


ggf. Teilnahme an Autorenkonferenzen
Absprachen mit anderen Autor*inen, Planung der Produkte mit der Redaktion

Das machen aber Autoren von Heftromanen auch (Perry Rhodan z.B.)


Testspielen (z. B. auf Cons, zu denen man ja auch hinfährt) und Überarbeitungen

Das ist dann Privatvergnügen. ;D

Swafnir

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #155 am: 4.07.2022 | 20:03 »
Hunter & Friends hat 279 patreons und verdient damit 1248 € pro Monat

Ich halte die für "groß", und wenn ich Recht habe, dann zeigt das eigentlich, dass die auf Patreon engagierten Rollenspieler schon ganz ordentlich sind, also wenn ich Eismanns Zahlen oben anschaue. Die sind jetzt noch bizarr abgeschlagen oder so.

Hier werden Content-Creator die grundsätzlich erstmal kostenlose Sachen produzieren (Orkenspalter, DORP, Hunter&Frieds) mit Verlagen verglichen, die Rollenspielmaterialien verkaufen. 

Offline Raindrop

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #156 am: 4.07.2022 | 20:21 »
Das machen aber Autoren von Heftromanen auch (Perry Rhodan z.B.)

Ja, sorry, da hast du natürlich recht.

Ansonsten habe ich in den letzten 10 Jahren andere Erfahrungen gemacht, aber vielleicht war ich auch immer in Streberautorenteams unterwegs ;) Ich würde es bloß 'engagiert' nennen.


« Letzte Änderung: 4.07.2022 | 20:29 von Raindrop »

Offline Skyrock

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #157 am: 4.07.2022 | 20:29 »
Wenn wir mal von 0,035 pro Wort ausgehen (Chaosium zwischen 0,02 und 0,05 je Wort), dann müsste jemand der davon Leben möchte (ca. 3300,00 Brutto) um die 95.000 Wörter pro Monat schreiben.

Ich habe da zum Vergleich "Buch der Questen" für Mythras mit 196 Seiten mit 123.000 Wörtern.
Ist aber auch nicht aufwändig illustriert... sonst wären dass wahrscheinlich noch 20 bis 50 Seiten mehr.

Daher rechne ich mit durchschnittlich 500 Wörtern pro Seite im fertig gedruckten Buch.

Dann müsste nach meiner Rechnung jemand der davon Leben können will jeden Monat ein 190 Seiten RPG-Quellen- oder Abenteuerband schreiben.

Ist das realistisch/machbar?
Wobei das dann auch nur die Bezahlung für ein einzelnes Buch ist. Jemand, der schon länger im Rollenspielgeschäft ist und sich über Jahrzehnte einen Katalog an Longsellern aufgebaut hat (z.B. Sandy Petersen oder John Wick, um mal bei Chaosium zu bleiben), zieht aus den Tantiemen dafür auch ein gewisses passives Einkommen, obendrauf zur Bezahlung für aktuelle Projekte (zumindest heutzutage in Zeiten von Kauf-PDFs und POD, wo physisch eingelagerte und präsentierte Druckwerke kein Flaschenhals mehr für die Verfügbarkeit von Rollenspielbüchern sind).

Und die alten Hasen, die seit den 80ern und 90ern dabei sind, konnten ihren Grundstock noch zu einer Zeit aufbauen, als noch Geld im Rollenspielmarkt gesteckt hat und es leichter war, davon zu leben (zumindest in der englischsprachigen Welt).

Jemand der 2022 ganz frisch, unbeleckt und unbekannt anfängt hat es natürlich wesentlich schwerer. Ausnahmen wie Jim Raggi (LotFP) oder Kevin Crawford (Stars without Numbers) existieren, aber die haben auch erst lange finanzielle Durststrecken durchstehen müssen, bis sie an dem Punkt angekommen sind wo sie heute stehen.
Aus der Höhle des Schwarzwaldschrates - Mein Rollenspielblog

Ein freier Mensch muss es ertragen können, dass seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muss es sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
- Ludwig von Mises

Offline Eismann

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #158 am: 4.07.2022 | 20:31 »
Ok, da ja hier einige schon für Rollenspielverlage tätig waren: Wer von euch hält es aus eigener Schreiberfahrung heraus für machbar sagen wir für ein halbes Jahr jeweils einen 192 seitigen A4-Rollenspielband (sagen wir mal grob 3500-4000 Zeichen pro Seite) pro Monat zu schreiben?

Offline Bospa

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #159 am: 4.07.2022 | 20:34 »
180.000 Heftromanwörter brauchen natürlich weniger Gehirnschmalz als ein Abenteuerbuch oder Quellenband für ein RPG.
Aber um auf dein Einkommen zu kommen braucht ein RPG-Autor aber auch "nur" einen Output von 90.000 bis 100.000 Wörtern im Monat.

Gehen wir mal von 90.000 Wörtern aus:

- Bei 20 Arbeitstagen pro Monat wären dass dann 4.500 Wörter pro Tag
- 4.500 Wörter pro Tag mit durchschnittlich 7 Zeichen ergibt 31.500 Zeichen
- 31.500 Zeichen durch 1.800 Zeichen pro "Standardseite" ergibt 17,5 Seiten pro Tag

Konstant 17 - 18 qualitativ annehmbare Seiten pro Arbeitstag zu produzieren halte ich für eine echte Herausforderung. Ich bin da immer noch skeptisch. Aber wer das hinbekommt, vor dem ziehe ich meinen Hut!

Oder hab ich mich da verrechnet?

EDIT:
Ich habe gerade noch mal etwas recherchiert. Demnach schafft ein druchschnittlicher Autor pro Jahr einen Roman mit ca. 300 Seiten.
Siehe:
Wie viele Wörter schreibt ein Schriftsteller am Tag?
inklusive der verlinken Artikel, sowie
Andreas Eschbach - Wie die tägliche Arbeit aussieht
« Letzte Änderung: 4.07.2022 | 20:51 von Bospa »
Aktuell bespielte RPG-Systeme: Eigenentwicklung D20 basiert, Rolemaster 2nd Ed., D&D 5ed.
Lieblings RPG Systeme: MERP/S, D&D 5e., OSRs, MIDGARD, BRP & Co.
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Offline Tele

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #160 am: 4.07.2022 | 20:38 »
Ok, da ja hier einige schon für Rollenspielverlage tätig waren: Wer von euch hält es aus eigener Schreiberfahrung heraus für machbar sagen wir für ein halbes Jahr jeweils einen 192 seitigen A4-Rollenspielband (sagen wir mal grob 3500-4000 Zeichen pro Seite) pro Monat zu schreiben?

Das ist doch keine Frage. Locker, wenn ich gar nicht mehr schlafen, esse oder etwas anderes mache. Die Zahlen hier haben so wenig mit irgendeiner Realität zu tun...

Offline AlucartDante

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #161 am: 4.07.2022 | 20:46 »
Ich glaube auch kaum, dass heute möglich ist oder erstrebenswert ist. Ich kenne schon Leute die sehr viel sehr schnell schreiben. Belletristisch mag das möglich sein, aber im Rollenspielbereich braucht das einfach alles viel mehr Überlegungen. Es ist viel einfacher und realistischer, dass man viele Leute gewinnt, die das ehrenamtlich oder für wenig Geld machen.

Wie viele Seiten hatte denn die DSA1 Box? Das wurde ja in unglaublich kurzer Zeit von verschiedenen Leuten in dieser extrem kurzen Zeit runtergeschrieben. Klar könnte man so etwas heute mit mehr Erfahrung besser machen. Aber damals gab es eben keine Konkurrenz. Heute müsste so ein "hingerotztes" Rollenspiel eben gegen diejenigen konkurrieren, in die viel mehr Aufwand und Liebe gesteckt wurde. DSA4.0 hat einfach mehr Zeit gebraucht.

Bei Musik oder Malerei kann ein Künstler heute noch theoretisch auch schnell fertige Dinge hinbekommen. Aber auch da gilt meistens, dass Kunst Zeit und Muße braucht.

Pyromancer

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #162 am: 4.07.2022 | 20:49 »
Ein Manntag pro Seite, WENN die Vorbereitung gut erledigt und dokumentiert ist - natürlich nur, wenn es GUT werden soll. Stumpfe Textproduktion geht erheblich schneller.
« Letzte Änderung: 4.07.2022 | 20:57 von Pyromancer »

Offline Bospa

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #163 am: 4.07.2022 | 20:53 »
Eine Manntag pro Seite, WENN die Vorbereitung gut erledigt und dokumentiert ist - natürlich nur, wenn es GUT werden soll. Stumpfe Textproduktion geht erheblich schneller.

Das deckt sich ja in etwa mit dem, was ich eben noch recherchiert und weiter oben rein-editiert habe.
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Samael

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #164 am: 4.07.2022 | 20:55 »
Noch mal zu einem Punkt, der weiter oben genannt wurde: Ausgaben für Tabletop oder MtG. Ähnliche Zielgruppe. Gibt ohne mit der Wimper zu zucken 25€ für eine einziges kleines Plastikfigürchen oder 300-400€ (oder weit mehr!!) für ein Commanderdeck von 100 Karten aus. In meiner Runde hat jeder schon mehr oder weniger hohe zweistellige Beträge (mein eigener Rekord 55€) für eine einzige kleine bunte Pappkarte ausgegeben.

Daher glaube ich, dass im Rollenspielsektor höhere Preise durchsetzbar wären. Das nächste DSA Grundregelwerk (natürlich dick, mit herausnehmbarer Karte, spielgetestet und astrein lektoriert und illustriert) für 99€ - why not?

Glaubt ihr wirklich die Fans würden es deswegen in Scharen drangeben?

Online AndreJarosch

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #165 am: 4.07.2022 | 20:57 »
Ich glaube auch kaum, dass heute möglich ist oder erstrebenswert ist. Ich kenne schon Leute die sehr viel sehr schnell schreiben. Belletristisch mag das möglich sein, aber im Rollenspielbereich braucht das einfach alles viel mehr Überlegungen. Es ist viel einfacher und realistischer, dass man viele Leute gewinnt, die das ehrenamtlich oder für wenig Geld machen.

Das ist genau der Punkt:
Die gleiche Textmenge für ein Rollenspielprodukt zu schreiben benötigt viel mehr Zeit und Aufwand als die eines Romans.
Nicht ohne Grund hat W.K. Giesa (in den 90ern alleiniger Autor der Heftserie "Professor Zamorra") es abgelehnt für Rollenspiele zu schreiben, weil der Aufwand viel zu groß sei. "Wenn ich einem Romanhelden an ein paar Wachen vorbeischleichen lasse, dann schreibe ich einfach 'Er bewegte sich so geschmeidig, dass die Wachen nichts hörten.' in einem Rollenspielabenteuer muss ich viel mehr begründen und zwei Optionen schreiben, eine wenn die Wache den Helden nicht hört und eine falls doch." (sinngemäß aus dem Gedächtnis wiedergegeben)

Dieser Mehraufwand wird bei der Bezahlung nach Seiten, Wörtern oder Zeichen aber nicht berücksichtigt.

Online schneeland

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #166 am: 4.07.2022 | 21:00 »
Glaubt ihr wirklich die Fans würden es deswegen in Scharen drangeben?

Ein größerer Teil würde vermutlich das machen, was man auch sonst tut, wenn einem irgendwas an einer neuen Edition nicht passt: erstmal die alte weiterspielen.
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Raise your pick and raise your voice!
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Brainworm

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #167 am: 4.07.2022 | 21:06 »
Noch mal zu einem Punkt, der weiter oben genannt wurde: Ausgaben für Tabletop oder MtG. Ähnliche Zielgruppe. Gibt ohne mit der Wimper zu zucken 25€ für eine einziges kleines Plastikfigürchen oder 300-400€ (oder weit mehr!!) für ein Commanderdeck von 100 Karten aus. In meiner Runde hat jeder schon mehr oder weniger hohe zweistellige Beträge (mein eigener Rekord 55€) für eine einzige kleine bunte Pappkarte ausgegeben.

Daher glaube ich, dass im Rollenspielsektor höhere Preise durchsetzbar wären. Das nächste DSA Grundregelwerk (natürlich dick, mit herausnehmbarer Karte, spielgetestet und astrein lektoriert und illustriert) für 99€ - why not?

Glaubt ihr wirklich die Fans würden es deswegen in Scharen drangeben?

Ich denke auch das es durchsetzbar wäre, nur würde es vermutlich nichts daran ändern, wie viel insgesamt für Rollenspiele ausgegeben wird, da dann einfach weniger gekauft werden würde. Natürlich könnten die Verlage dann auch weniger produzieren und somit hätten die Mitarbeitenden dann mehr Zeit für ihren Brot-Job, was vielleicht gar nicht so eine schlechte Sache wäre.
Mal davon ab könnte ich mir gut vorstellen, dass Rollenspielbücher (also die Papierversionen) vermutlich eh deutlich teurer werden mit der Zeit, so wie die Welt gerade aussieht.

Samael

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #168 am: 4.07.2022 | 21:10 »
Ich bezweifele das. Ich glaube der Gesamtumsatz würde auch steigen.

Offline AlucartDante

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #169 am: 4.07.2022 | 21:10 »
Es lohnt sich zweigleisig zu fahren. Bei Dingen wie DSA mit einer Fangruppe alter gutverdienender Männer, ist es kein Problem 99 € für das Regelwerk zu verlangen. Wenn man Jugendlichen mal die Chance geben will einfach reinzuschnuppern, weil man langfristig etwas bekannt machen will, dann ist es eben eine Strategie wie Pegasus auch mal 20 € für ein Regelwerk zu verlangen.

D&D geht da sicher einen klugen Mittelweg mit 3x50 € für die Grundregelwerke. Führt aber dazu, dass es doch ein paar Leuten zu teuer ist, die es dann eher nicht kaufen. Ich glaube aber, dass sich nur DnD solche Preise leisten kann, weil sie so gut auf dem Markt positioniert sind.

Der Vergleich mit Magic oder Tabletop geht in der Form nicht, weil die Leute ja das Geld ausgeben um persönliche Vorteile zu haben. Möglich wäre ja ein Rollenspiel zu verkaufen, bei dem das Grundregelwerk extrem günstig ist, jeder Spielercharakter aber nur die Feats, Skills und Zauber anwenden kann, für die die einzelnen Spieler die entsprechenden Tradingkarten hat. Mein Magier kann dann geile Feuerbälle schleudern, weil ich 500€ ausgegeben habe, der von Anna kann halt nix, weil sie nur ein Starterkid hat. Das würde mich finanziell aber mehr als Verleger interessieren und weniger als Spieler. Was der Spielleiter sich dann kaufen müsste, weiß ich noch nicht. Aber vielleicht bekommt der einfach alle coolen Sachen für seine Charaktere gratis und so wollen mehr Leute Spielleiter werden und es gibt mehr Runden...

Offline Daniel S.

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #170 am: 4.07.2022 | 21:12 »
Hier mal mein Input als Übersetzer. Ich schaffe pro Monat ca. 1.000.000 Anschläge zu übersetzen ohne mich zu stressen. Früher wie ich viel jünger war, keine Familie hatte und in Crunch-Phasen auch mal kaum was anderes pro Tag gemacht habe als zu übersetzen (beispielsweise bei Baldurs Gate 2, Neverwinter Nights oder Knights of the Old Republic) habe ich auch vorübergehend 1.500.000 Anschläge gemacht, aber da ist man dann nach 3-4 Monaten am Ende und braucht ne Pause.

Bin aber auch ein ziemlich schneller Übersetzer und die meisten Kollegen, die ich kenne, kommen maximal auf die Hälfte. 1.000.000 Anschläge sind dann ca. 150.000  - 160.000 Worte.

Wenn man den Text selbst schreiben muss (mit all den Dingen, die da dranhängen) halte ich maximal ein Drittel also ca. 50.000 - 60.000 Worte pro Monat für sinnvoll machbar, damit die Qualität passt.

Und bezüglich Romanschreiber. Perry Rhodan ist als Beispiel sicherlich sehr schlecht. Das ist ein so komplexes und ineinander vernetztes Universum, dass die Recherche ziemlich albtraumhaft ist, obwohl die durch die Arbeit von Rainer Castor (leider inzwischen verstorben) inzwischen eine ziemlich perfekte Datenbank haben, wo die Autoren auch gleich zusammen mit ihrem Expose einen Stapel Datenblätter zu relevanten Themen mitgeschickt bekommen. Dennoch schreibt da ein Autor ca. 3-4 Wochen an einem Roman (wird aber auch besser bezahlt als andere Romane). Ich habe einmal einen PR-Autor auf der Buchmesse in Frankfurt getroffen und mit dem ein wenig gequatscht. Aber bei anderem Zeugs wie beispielsweise Liebesromanen, die den Markt ja förmlich überfluten, kann man den Text sicher einfach so runterkloppen, dass es nur so raucht, wenn man die Erfahrung hat wie man das Genre bedient und was die Leser(innen) gerne haben.


« Letzte Änderung: 4.07.2022 | 21:15 von Daniel S. »

Brainworm

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #171 am: 4.07.2022 | 21:15 »
Mein Magier kann dann geile Feuerbälle schleudern, weil ich 500€ ausgegeben habe, der von Anna kann halt nix, weil sie nur ein Starterkid hat.

Haha, die Vorstellung ist gut  ;D
Ich denke das funktioniert bei Tabletops und TCGs halt vor allem, weil es kompetitiv und PvP ist. Man müsste ein Battle Royal Rollenspiel erfinden  :think:

Offline AlucartDante

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #172 am: 4.07.2022 | 21:19 »
Übrigens hat es für Redakteure große Vorteile, wenn der Verlag viele Festangestellte hat und man Löhne vergleichen kann. Ist man nämlich der einzige der da arbeitet, ist man mit Mindestlohn zufrieden. Arbeitet da aber noch eine Putzkraft, eine Grafikerin, ein Buchhalter, Lageristen, eine SocialMediaWerbefrau, etc will man als studierte Kraft nicht schlechter bezahlt werden als die. Und wenn die weniger nerdig sind, verlangen die eben die üblichen Löhne...

Brainworm

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #173 am: 4.07.2022 | 21:27 »
Ich bezweifele das. Ich glaube der Gesamtumsatz würde auch steigen.
Hm... Man weiß es natürlich nicht, aber ich kann mir, aus meiner Erfahrung, nicht vorstellen, dass der Gesamtumsatz groß steigen würde.
Wenn ich mein Kaufverhalten mal so beobachte, gebe ich in manchen Monaten jetzt schon sehr viel Geld für Rollenspielprodukte aus. Das können bei Cons oder so auch gerne mal 300€+ werden (natürlich sowieso viel mehr als ich spiele/lese).
Das ist dann aber auch langsam meine Schmerzgrenze. Wenn die Bücher jetzt teurer wären, dann würde ich (zwangsläufig) weniger kaufen. Ich würde dann unter Umständen die anderen Produkte, die ich mir nicht leisten konnte/wollte später kaufen, aber ich glaube das würde bei mir dafür sorgen, dass sich das einfach immer weiter verschiebt, weil ich ja nächsten Monat sowieso auch was anderes gekauft hätte.
Klar, kann jetzt natürlich bei anderen Menschen anders sein. Vielleicht bei denen die eh weniger kaufen, da wäre es dann einfach ein Umsatzplus. Andererseits würde man sicher auch wieder einige Leute über die Schwelle zum "ne für den Preis kaufe ich es dann doch nicht" schieben.

Offline Raindrop

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Re: Gehälter in der Rollenspielbranche (war: Uhrwerk Verlag)
« Antwort #174 am: 4.07.2022 | 21:31 »
Das ist beeindruckend, Daniel! Damit schaffst du die 192 Seiten.

Sind Überarbeitungswünsche darin eingeschlossen?

Funktioniert das in der Geschwindigkeit auch bei Rollenspiel-Produkten?

Eine andere Frage wäre, ob Übersetzer*innen das gleiche Geld bekommen wie Autor*innen, aber da wird es zu persönlich - es sei denn, es gibt wieder veröffentlichte Zahlen.

(Ich kenne es im Rollenspielbereich im deutschsprachigen Raum übrigens nur, dass Anschläge gezählt werden, nicht Wörter.)