Autor Thema: Der Hang zu "negativen" Settings  (Gelesen 15410 mal)

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Offline Outsider

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #50 am: 24.07.2022 | 12:28 »
Moin, moin!

Ich vermute, das Thema wurde sicher schon mal besprochen, aber ich hab mit der SuFu nichts passendes gefunden. Aus aktuellem Anlass beschäftig mich wieder mal die Frage der "negativen" Settings.

@Teylen hat drüben im Kickstarter Thread eine schöne neue, aktuelle Übersicht verlinkt und dabei sprang mir dieser KS ins Auge: https://gamefound.com/projects/a-game-of-nerds/deep-sky-ballad "Space Western" ist ja nun mal voll mein Thema und ich dachte mir, "schau mal rein, was die 'Konkurrenz' so macht". Und dann springt mich direkt im ersten Satz das hier an: "In a once-united galaxy, war and hatred have taken everything away, leaving only blackened ruins behind."

Da dachte ich mir nur: "Och nee, nicht schon wieder noch eine Dystopie, Post-Apo, wie immer man es nennen will..."

Ich frage mich echt, woher dieser Hang zu den "negativen" Settings kommt. Sind düster Settings wirklich beliebter in der Spielerschaft? Oder ist das nur ein gefühlter Eindruck, der sich für mich irgendwie auch hier im Forum zeigt. Liegt es darin begründet, dass sich in einem düsteren Umfeld einfacher Geschichten finden lassen, welche die Charaktere strahlen lassen? (Sei es jetzt subjektiv oder auch objektiv.) Oder täuscht micht der Eindruck total und positive Settings sind eigentlich genauso beliebt wie die finsteren?

Ich meine, erst diese Woche kam ja hier im Forum die Diskussion "Ist Lorakis tatsächlich "zu lieb und zu hell"?" auf, um nur ein Beispiel zu nennen. Und auch ansonsten hab ich das Gefühl, dass hier im Forum viel öfters über dunkle Settings gesprochen bzw. danach gefragt wird.

Warum kommen positive / freundliche Settings gefühlt weniger gut in der Rollenspielszene weg? Ich meine, ich sehe ein, dass es ohne ein gewisses Konfliktpotenial wirklich herausfordern ist, spannende Abenteuer zu bauen, aber muss es wirklich immer der große Holzhammer "alles ist kaputt (gegangen)" sein? - Also, im Sinne von, will die Spielerschaft das wirklich so? Das man auch funktionierende Settings mit einer positiven Grundausrichtung bauen kann, ist mir klar. Das macht bspw. DSA seit fast 40 Jahren so, auch wenn selbst das nicht ohne seine finsteren Ecken und Episoden auskommt. Nur dominieren die halt nicht das komplette Spielgefühl des Settings.

Ich finde es einfach schade, wenn ich auf ein potentiell interessantes neues Setting stoße und dann nach wenigen Sätzen feststellen muss, dass es mal wieder auf einer Dystopie oder dem Zusammenbruch einer alten Hochkultur basiert, um den Bogen zurück zum anfang zu schlagen.  :-\

Ich denke es ist einfacher in einer kaputten Welt ein "wir" Gefühl in der Gruppe zu erzeugen und moralisch leichter aus etwas kaputtem etwas aufzubauen. CoC würde ich z.Bsp. nicht als "negatives" Setting beschreiben. weil es eine vordergründig heile Welt darstellt. Der überwiegende Teil der Menschheit wird von dem Mythos zu Lebzeiten nie betroffen sein, oder nie etwas davon mitbekommen. Ich erlebe aber immer mal wieder, dass Spieler sich in solchen Settings auf die Ordnungshüter verlassen anstatt selbst aktiv zu werden, einfach weil "das Recht" auf ihrer Seite ist. Als Gegenstück zu einer heilen Welt habe ich bei Degenesis noch nicht erlebt, dass eine Gruppe mal auf die Idee kam, hey lass uns doch den Spitaliern bescheid sagen, dass wir ein Problem haben.

Um mal bei dem CoC Beispiel zu bleiben, in dem Spiel können die Spieler immer nur gegen etwas Kämpfen und verhindern das die "positive" Welt zu etwas negativem wird aka erwachen der großen Alten usw. Wenn ich eine abgefuckte Welt habe wie die von "Death in Space" dann ist es meist Ziel sich etwas aufzubauen um sicher zu sein, etwas zu verbessern in der Welt (neben der möglichen Option einfach alles noch schlechter zu machen). Meine Erfahrung ist aber wenn man den Spielern die Wahl lässt, macht gutes oder macht schlechtes tun sie meist das gute, auch in einer verdorbenen Welt. Ausnahmen gibt es immer, die waren aber derart grenzwertig, dass ich die Leute nicht in meiner Gruppe haben wollte.

Für mich ist der Reiz an negativen Settings, dass das "wir gegen den Rest der Welt" Gefühl viel stärker ist und eher zusammenschweißt, weil man als einzelner keine Chance hat und auf andere angewiesen ist. Der Impact Gutes zu tun ist präsenter als wenn man in einer positiven Welt Gutes tut. Da haben meist eher die Leute Vorteile die sich nicht an die Regeln der Gesellschaft halten und damit auch noch durchkommen.

Meistens führen positive Settings dazu, dass man gezwungen ist diese heile Welt irgendwie kaputt zu machen, damit die Spieler etwas zu tun haben. Und diesen miesen Job *g* überlasse ich dann gern den Autoren :D
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Offline Alexandro

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #51 am: 24.07.2022 | 12:33 »
Du sagst also: düstere Settings sind nur solche, wo man nicht gewinnen kann?  :think:

Ja (zumindest nicht, ohne schier unüberwindbaren Aufwand (bei Warhammer 40k: die Bürokratie des Imperiums reformieren, den Imperator aufwecken und gemeinsam den Webway wiederherstellen, nachdem man Frieden mit den Eldar und Tau geschlossen hat), welcher das Setting komplett umkrempelt).

Ein weder düsteres noch helles Setting wäre eins, wo es keine Moral gibt und die SC nach Belieben agieren können, ohne dass die Welt groß darauf reagiert (bzw. sich die Reaktionen sehr lokal begrenzt sind, z.B. wenn es keine Autorität gibt, die über das Munizipale hinausgeht, und die SC halt einfach nur weiterziehen müssen, um sämtlichen Konsequenzen ihres Verhaltens zu entkommen).

Ein helles Setting wäre eines, wo die Leute generell gute Absichten haben und mit Vernunftargumenten überzeugt werden können. Natürlich heißt das nicht, dass es in solchen Settings keine dunklen Flecken geben kann (so wie es in düsteren Settings auch moralisch integere Leute geben kann), aber die SC haben nicht das Gefühl "Die ganze Welt ist gegen dich und um daran etwas zu verändern musst du die Welt fundamental umgestalten".

Zitat
Du Frage ist halt, wo man die Kamera draufhält.

[...]

Vielleicht einigen wir uns einfach auf "Ich will ein Wohlfühl-Setting mit klarer Schwarz-Weiß-Moralität, wo ich mir keine Sorgen machen muss Unschönes hinter dem Vorhang zu finden."

Die Frage ist, wie dick der Vorhang ist.

Bestes Beispiel 7te See: vom Anstrich her ein klassisches Heldensetting in einer aufgeklärten, weitgehend gleichberechtigten, Welt in der die negativen Seiten unserer Welt größtenteils überwunden sind. Im Hintergrund gibt es allerdings so viele Bedrohungen für diese heile Welt, dass es einigen das Setting verhageln könnte, wenn sie das Gesamtbild erkennen (und nicht nur den "Villain der Woche"
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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #52 am: 24.07.2022 | 12:34 »
Ich leite gerade noch Godbound. Das ist vom Setting her eine kaputte, ungerechte Welt, aber die SCs sind mächtig genug, das zu ändern. Das kommt aber bei einem Teil der Spielerschaft sehr schlecht an: "Das ist mir zu viel Verantwortung."

Ein bißchen mag da auch mit hineinspielen, daß in der klassischen Erzählweise die Leute, die die Welt tatsächlich verändern wollen, normalerweise die "Bösen" sind, während die "Guten" eher konservativ nur den Status Quo verteidigen und ggf. die eine oder andere aktive Bedrohung dafür ausschalten möchten. Ist nicht immer und überall so, aber doch speziell im Reiche der Fiktion ein fast schon verdächtig weit verbreitetes Muster...und selbst in den Fällen, in denen die "Guten" da doch mal die aktive Rolle übernehmen, geht's oft genug nur um die Wiederherstellung eines verlorengegangenen Status Quo Ante (Beispiele Star Wars, wo die Rebellen ja eigentlich auch nur ihre alte Republik statt eines Imperiums zurückhaben wollen, oder Robin Hood, wo der politische Winkel traditionell daher kommt, daß eben nicht der "richtige" König auf dem Thron sitzt), nicht um einen revolutionären Aufbruch in komplett neue Gefilde.

Offline Isegrim

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #53 am: 24.07.2022 | 12:35 »
Ich sehe diese Tendenz mit einer gewissen Sorge, weil sie auch etwas über die Weltsicht der Menschen aussagt. Die Message in den Medien ist häufig: Die Welt ist total scheiße, und du kannst entweder gar nichts daran ändern oder nur dann, wenn du zur Drecksau wirst oder zufällig ein Superheld bist. Das ist - wenn es zur Regel wird - kein gutes Narrativ, auch und gerade mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen wir stehen.

Der westlichen Welt sind sowohl die Utopien abhanden gekommen, als auch die Überzeugung, dass das Morgen besser wird als das Gestern es war. Im Gegenteil, viele Menschen erleben oder befürchten sehr real, dass sich ihre Situaiton fortwährend verschlechtert, und sich vermutlich weiter verschlechtern wird.
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline Radulf St. Germain

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #54 am: 24.07.2022 | 12:57 »
Ich finde es übrigens nicht schlimm, dass Leute düstere Settings mögen,  merke aber für mich, dass ich aktuell eher mal was fröhliches will.

Interessante Diskussion, was ist "düster" (oder besser, was ist es nicht).

Ein Setting wird für mich nicht dadurch düster, dass es Böses gibt. Ich finde Isegrimm macht einen guten Punkt, wenn er sagt, im düsteren Setting kann man nur als Arsch gewinnen.

Für mich wären weitere Punkte:

* Eine gewisse Hoffnungslosigkeit (Star Wars ist voller Hoffnung, auch wenn es manchmal nicht so richtig läuft)
* Gewisse Tabuthemen werden in den Mittelpunkt gerückt, d.h. sie existieren nicht nur in der Welt, sondern werden im Detail beschrieben. (Nicht düster: "Ich will gar nicht beschreiben, was ich in der Höhle gesehen habe!" Düster: Detaillierte Aufzählung sexualisierter Verbrechen bei denen dem Kannibalen von Rothenburg die Wurst im Hals stecken bleibt.)


Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #55 am: 24.07.2022 | 13:24 »
Definition (meine) von "düster": Die Meta Probleme der Welt sind zu groß, als dass sie von den Helden in naher Zukunft gelöst werden können.
(Die Umwelt/Gesellschaft  ist gefährlich/feindlich, dort zu überleben ist hart)
Die Helden können nur im Kleinen etwas bewirken. Jeder Tag ist ein Kampf.



Offline Radulf St. Germain

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #56 am: 24.07.2022 | 13:31 »
Ich finde es spielt auch eine große Rolle, wie ernst sich das Setting nimmt, das die oben genannten Eigenschaften hat.

Paranoia wäre ein düsteres Setting, wäre da nicht der humoristische Anstrich.

Ein gutes Beispiel aus der Nichtrollenspielwelt ist "Walking Dead" vs "Z Nation". Das erstere ist düster, das zweite nicht so sehr.

Online nobody@home

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #57 am: 24.07.2022 | 14:04 »
Definition (meine) von "düster": Die Meta Probleme der Welt sind zu groß, als dass sie von den Helden in naher Zukunft gelöst werden können.
(Die Umwelt/Gesellschaft  ist gefährlich/feindlich, dort zu überleben ist hart)
Die Helden können nur im Kleinen etwas bewirken. Jeder Tag ist ein Kampf.

Ist wahrscheinlich was dran. Gib mir eine Welt mit zunächst mal düsteren Aussichten, die aber unter Mithilfe unserer Spielercharaktere konkret verbessert werden können, und wir können darüber reden; ist die Welt einfach nur finster um der Finsternis selber willen und ohne Möglichkeiten für uns, daran wirklich etwas zu ändern, dann pfeif drauf. Dafür hab' ich schon die unschöneren Aspekte der richtigen Welt (die ich mich übrigens weigere, ihrerseits schon als grundsätzlich "düster" zu betrachten; so viele Komplettarschlöcher hat sie denn nun doch nicht), das brauche ich also nicht auch noch extra im Rollenspiel.

Offline tartex

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #58 am: 24.07.2022 | 14:30 »
Das verstehe ich nicht. Schwarz-weiß sagt doch grade, dass es beides gibt, schönes und unschönes, und man sich nicht sicher sein kann, was man hinter einem Vorhang findet. In den Düster-gritty-dark-Settings hingegen ist klar, hinter dem Vorhang ist es genau so grau-in-grau wie davor.

Ja, aber Schwarz-Weiß-Setting sagt meist auch, dass man sich darauf verlassen kann, dass es eine klare Lösung, einen simple Ausweg aus der Misere gibt. Der Weg dorthin mag mit noch so viel Schweiß, Tränen, Blut und Leichen gepflastert sein, aber wenn man an sich und seine absoluten Werte glaubt und nicht aufgibt, dann führt der Weg fürs Kollektiv ins Licht.

Ich glaube mit der Beschreibung ist schon einsehbar, dass diese Wohlfühl-Settings bei manchen Leuten halt auch negative Assoziatione wecken, während andere sich da gerne reinträumen.
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Offline Runenstahl

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #59 am: 24.07.2022 | 14:46 »
Für mich ist nicht belegt das es derzeit in zunehmendem Maße "Finstere" Produkte in den Medien gibt. Klar gibt es so einige, aber nehmen die wirklich überhang ? Da werden wir aber wohl auch keine "Belege" für finden, denn wie schon festgestellt ist es ja bereits sehr subjektiv was denn überhaupt "Finster" bedeutet. Der zweite unklare Punkt dürfte sein, ab wann man denn diesen "neuen" Trend feststellen will. Cthulhu & Vampire z.B. ist zwar fast immer Finster, aber nicht wirklich neu.

Zumindest aus meiner Sicht gibt es da derzeit keinen Überhang. The Boys würde ich durchaus als Düster bezeichnen, aber zum Ausgleich gibt es einen ganzen Haufen von Marvel-Serien die das Gegenteil sind. Auch der neue D&D Film scheint ebenfalls nicht wirklich finster zu werden. Und was RPGs angeht; zumindest bei den offiziellen D&D Settings würde ich nur "Ravenloft" als Finster betrachten und das neu erscheinende Spelljammer ist wohl auch eher bunt als düster. Natürlich gibt es viele "Edgy" Settings auf dem Markt. Aber machen die wirklich die Überzahl aus ? Ich sehe das zumindest nicht so.
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Offline Isegrim

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #60 am: 24.07.2022 | 14:48 »
@ Tartex: Das macht sie aber nicht zu "düsteren Settings" im Sinne des Thread-Themas. Ist ja schön, dass du offensichtlich solche "schwarz-weiß"-Settings ablehnst, und mag sein, dass bei dir gritty-grim-dark-Kram besser ankommt als geschnitten Brot. Aber muss dieser Thread, wie so oft im Forum, daher in eine sinnlose Definitionsdebatte verwandelt werden?

Ich bin erstmal raus. So was nervt mich einfach nur noch. Schade.
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Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #61 am: 24.07.2022 | 14:55 »
Bei klassischen Welten geht es meist darum, den Sieg der Dunkelheit zu verhindern, bevor es zu spät ist.
(Bsp. Herr der Ringe)

Bei düsteren Settings hat die Dunkelheit schon gewonnen.
(Das wäre dann bsp. Mittelerde nach Saurons Sieg. Alle einst freien Wesen sind versklavt, und müssen schauen, wie sie in der Welt über die Runden kommen)

Auch in einem solchen Setting gibt es noch Licht und Gutes, nur ist es unterdrückt, muss sich verstecken, und hat in absehbarer Zeit keine Chance wieder die  Oberhand zu gewinnen.
 

Offline Doc-Byte

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #62 am: 24.07.2022 | 15:12 »
Ich kann jetzt gerade nicht auf einzelne Posts eingehen, weil ich auf dem Sprung bin, aber ich finde es extrem spannend, wie unterschiedlich hier doch teilweise die grundsätzlichen Ansichten sind, was überhaupt ein "düsteres" Setting ist.

Und ich bin tatsächlich ein wenig überrascht, dass viele von euch ein grundsätzlich positiv ausgerichtetes Setting als "herausfordernder" bis hin zu weniger spannend betrachten. Mir war schon bewusst, dass eine 100%ig Utopie tatsächlich nicht wirklich ein spannendes Spiel fördert, aber dass selbst eine positive Grundausrichtung teilweise schon sehr kritisch gesehen wird, hat mich doch etwas überrascht.

Kann das evtl. auch dran liegen, dass ich persönlich primär im SF Bereich unterwegs bin und viele kritische Stimmen sich eher auf Fantasy Settings und dabei speziel den klassische Dungenon Crawl beziehen? - Wobei, es wurden hier ja durchaus auch ziemlich düstere SF Settings und auch Beispiele für helle Fantasy Welten genannt. :think:

---

Ich persönlich habe meine eigene Spielwelt ja tatsächlich "damals" ursprünglich aus dem Gedanken heraus geschaffen, dass ich weg von den kaputten und gescheiterten Zukuftsvisionen hin zu einer positiven Entwicklung der Menschheit wollte. Allerdings ist mir dann schnell aufgezeigt worden, dass es ohne ausreichendes Konfliktpotential dann doch recht schnell, sagen wir mal, "unspannend" wird. Daher hielten auch bei mir gewisse Bedrohungen Einzug in die Welt. Deshalb muss ich für mich persönlich in Bezug auf den "Dünsternis Faktor" sagen, dass ich total finstere Settings nicht mag, inzwischen aber das andere Extrem der puren Utopie auch nicht bespielen wollen würde. Ich denke, ich befinde mich im guten grauen Mittelfeld, aber mit einer deutlichen Tendenz zum "Hellgrau". Als Beispiel eines bekannten Settings würde ich da tatsächlich auf Star Trek verweisen. Es gibt große Bedrohungen wie etwa die Borg, aber die Föderation ist ein prinzipiell positiv besetztes Umfeld der Protagonisten.
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Offline Aedin Madasohn

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #63 am: 24.07.2022 | 15:33 »
aber die Föderation ist ein prinzipiell positiv besetztes Umfeld der Protagonisten.

mal als Beispiele

ultrahelles Setting
die Föderation macht immer alles richtig und gerecht. Die Bedürfnisse ihrer Gesellschaftsmitglieder sind in der Summe kleiner als die Summe ihrer Ressourcen (krasse Utopie), so dass dieser Überhang gerne, offenherzig und ohne piefk´sche Arroganz jedem gerade von einer Katastrophe heimgesuchten Planeten angeboten wird.

gespielt werden fordernde Rettungs- und Hilfsmissionen, Entwicklungsherlferszenarien (kann ja hand-in-hand mit Brettspielen gehen) sowie diplomatische Missionen

grimdarkes Setting
die Borg sind überall und mittels Massenvernichtungssuperwaffen versucht ihr, die Cubes wegzubomben. Da aber schon so viele von Spezies besiedelte Welten adsorbiert sind, kommen immer neue Borgs nach.
Droht eine zu verteidigende FöderationsWelt an die Borgs zu fallen, so wird sie als Operation verbrannte Erde selbst genukt.
Am Ende wäre das Universum leergemetzelt.

eine Spur von grau
es gibt Korruption in der Föderationsobrigkeit. Masslose Bedürfnisse enzelner knappern an dem begrenzten Ressourcenkuchen.
Föderationsagenten sichern Beweise und die funktionierende Föderationsjustiz kümmert sich.

eine Spur grau mehr
als Föderationsagenten seit ihr nicht freundlich zu Kindern und Angehörigen der korrupten Beamten. Ihr stellt "Fallen" und erpresst dann damit. Butcher lässt grüßen.
Am Ende waltet aber Justizia und alles ist gerecht und Gut. Die Fehlgeleiteten sind einsichtig und werden sich bessern (und sind nicht nur banal bestraft worden)

tiefgrau
alle Föderationsinstitutionen sind korrupt.
ihr sichert Beweise, bewertet, richtet, henkt.
in Personalunion.
ohne Dienstausweis
am Ende sind die korrupten Köpfe alle gelyncht und ein wenig heller Morgen darf auf das Setting fallen...

Offline ArneBab

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #64 am: 24.07.2022 | 15:46 »
...möge das Abenteuer mit euch sein  ;D  ~;D
Oh, wow, das ist klasse! Darf ich das eins-zu-eins für Ante Portas: Alea 1w6 Est klauen?
« Letzte Änderung: 24.07.2022 | 15:51 von ArneBab »
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Noir

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #65 am: 24.07.2022 | 15:51 »
Im Gegenzug wäre es vielleicht spannend mal herauszuarbeiten, was an grundsätzlich positiven Settings denn so viel besser/interessanter/spaßiger sein soll. Das erschließt sich mir nämlich tatsächlich eher weniger. Wenngleich ich natürlich auch sagen muss, dass es immer auch eine nicht ganz klare Sache ist, was denn jetzt "düster" heißt. Das haben wir hier im Thread ja schon gesehen. Ist Warhammer düster? Ziemlich sicher. Manche finden sogar Star Wars düster. Ein Setting, das ich für eines der Großväter des fröhlich, bunten Hoffnungssettings ansehe.

Ist "Das letzte Einhorn" düster? "Die Chroniken von Prydain"? Wie siehts mit "Harry Potter" aus? Oder "Der Brief für den König"?

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #66 am: 24.07.2022 | 15:52 »
Kann das evtl. auch dran liegen, dass ich persönlich primär im SF Bereich unterwegs bin und viele kritische Stimmen sich eher auf Fantasy Settings und dabei speziel den klassische Dungenon Crawl beziehen? - Wobei, es wurden hier ja durchaus auch ziemlich düstere SF Settings und auch Beispiele für helle Fantasy Welten genannt. :think:

Mag ein Stück weit daran liegen, ja. Ich meine, was ist denn an einem "klassischen Dungeoncrawl" schon großartig positiv? Man bricht in anderer Leute Wohnung ein, nimmt nach Möglichkeit alles mit, was nicht festgenagelt ist, und wenn die Einwohner sich beschweren oder auch nur was merken, bringt man sie kurzerhand um...um so etwas und das von der Spielwelt mit einem Kopfnicken abgesegnete Davonkommen damit mit der Idee einer "positiven" Welt unter einen Hut zu kriegen, braucht's schon ein paar kreative Gehirnverrenkungen. ;)

Offline Aedin Madasohn

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #67 am: 24.07.2022 | 15:53 »
Oh, wow, das ist klasse! Darf ich das eins-zu-eins für Ante Portas: Alea 1w6 Est klauen?

bitte schön  :)

Offline Issi

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #68 am: 24.07.2022 | 16:07 »
Ist "Das letzte Einhorn" düster? "Die Chroniken von Prydain"? Wie siehts mit "Harry Potter" aus? Oder "Der Brief für den König"?

Wird am Ende das ursächlich Böse besiegt?
Ja? - dann ist es klassische Fantasy.

Noir

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #69 am: 24.07.2022 | 16:31 »
Wird am Ende das ursächlich Böse besiegt?
Ja? - dann ist es klassische Fantasy.

Das sehe ich wiederum etwas anders. Ich glaube nicht, dass "nur" das Böse ein Setting düster macht. Es hat sicherlich seinen Anteil daran ... aber ein Setting wird für mich nicht durch das Böse düster.

Offline Isegrim

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #70 am: 24.07.2022 | 16:53 »
Im Gegenzug wäre es vielleicht spannend mal herauszuarbeiten, was an grundsätzlich positiven Settings denn so viel besser/interessanter/spaßiger sein soll.

Hoffnung. "That there's something good in the world, and it's worth fighting for."

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Offline Crimson King

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #71 am: 24.07.2022 | 16:58 »
Diverse sehr harte Settings kommen komplett ohne Das Böse aus. Was Menschen in der Lage sind, anderen Menschen anzutun, reicht da völlig aus.

Ich vermute aber, dass hier tatsächlich ziemlich unterschiedliche Ansichten darüber herrschen, was ein negatives Setting ist.

Das letzte Einhorn z.B. hat über weite Teile eine derart hoffnungslose Atmopshäre, dass ich das Setting nur als düster beschreiben könnte. Auch der Herr der Ringe ist diesbezüglich recht heftig. Beide Settings sind aber nicht kaputt. Ich nehme da nicht besonders viel Anomie wahr. Anomische Settings oder Dystopien, in denen Menschen und vergleichbare Spezies in großem Maße amoralisch handeln, wirken deutlich härter auf mich als irgendwelche übernatürlichen bösen ultimativen Bedrohungen.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Online Faras Damion

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #72 am: 24.07.2022 | 17:01 »
Im Gegenzug wäre es vielleicht spannend mal herauszuarbeiten, was an grundsätzlich positiven Settings denn so viel besser/interessanter/spaßiger sein soll. (...)

Ich mag beides und spiele z.B. auch Warhammer sehr gerne.
Vorteile von düsteren Settings wurden ja schon genannt und stimmen.
Um Argumente der Gegenseite zu nennen.

1) Bei Kampagnen mag ich es aber durchaus, funktionierende Organisationen zu haben, da man Plotstränge so auslagern und abschliessen kann.
Beispiel: Der Mörder ist gefunden und wird den Behörden übergeben. Punkt. Meilenstein erreicht, Spielererfolg abgehackt, Endloskampagne verhindert.
Auch kann man Dinge delegieren, auf die die Spieler*innen keine Lust haben und sich auf spannende Herausforderungen konzentrieren.

2) Man hat plausible Notfallkavallerie. Und bevor jetzt jemand schimpft, dass das ja völlig schlechter ja geradezu unmöglicher Meisterstil ist: In meinen Gruppen ist das i.O.

3) Und es macht durchaus mal Spaß, für die gerechte Sache zu streiten und die Autoritäten auf der eigenen Seite zuwissen. Die Quanionsqueste war eine der beliebteste Kampagne in meiner Gruppe.

4) Vermeidung von hyperparanoiden Held*innen. Auftraggeber sind keine Verräter, das kleine süsse Mädchen ist genau das und die Siegesfeier verläuft ungestört. Die Spieler*innen verzetteln sich nicht in Absicherungsdetails und die Heldin muss im Badehaus keine Vollplatte tragen.

....
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Offline ArneBab

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #73 am: 24.07.2022 | 17:35 »
Diverse sehr harte Settings kommen komplett ohne Das Böse aus. Was Menschen in der Lage sind, anderen Menschen anzutun, reicht da völlig aus.
Wenn die Menschen das Böse in sich tragen, ist es kaum mehr zu besiegen (zumindest nicht mit Schwert und Schild). Das macht das Setting dann leicht düster.
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Offline Boba Fett

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Re: Der Hang zu "negativen" Settings
« Antwort #74 am: 24.07.2022 | 17:58 »

Zitat
Dystere Settings (dark irgendwas, geht ja auch in allen Genres) haben (immer) ihre Anhänger.

Das ist ja nicht der Punkt. Natürlich haben sie das, und natürlich ist das legitim.

Das Seltsame ist, dass in letzter Zeit sehr viele Settings, die neu rauskommen, auf dieser Schiene reiten. Übrigens nicht nur im Rollenspiel, sondern auch bei Romanen, Graphic Novels, Filmen/Serien und Computerspielen. So als ob die Mehrzahl der Menschen, die sich mit Medien beschäftigen, nur noch darauf stehen würden. Und das deckt sich halt nicht mit meiner Beobachtung am Spieltisch, wo die meisten sich schon von der Illusion von Gefahr fast bis zur Handlungsunfähigkeit einschüchtern lassen.

Ich sehe diese Tendenz mit einer gewissen Sorge, weil sie auch etwas über die Weltsicht der Menschen aussagt. Die Message in den Medien ist häufig: Die Welt ist total scheiße, und du kannst entweder gar nichts daran ändern oder nur dann, wenn du zur Drecksau wirst oder zufällig ein Superheld bist. Das ist - wenn es zur Regel wird - kein gutes Narrativ, auch und gerade mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen wir stehen.

As I said:

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Ich hab mit dem Rollenspiel ja Mitte der 80er angefangen und das war noch im kalten Krieg und in der Angst vor dem bösen Wirtschaftsriesen Japan, mit der Angst vor der Klimakatastrophe Saurer Regen, mit Tschernobyl und so. Ich hab Orwell 1984 vergessen.
Und rate mal, damals kamen dann Cyberpunk und Shadowrun in Mode und Punk war gerade in bzw. die Vorgänger von Grufties und die Kinos waren voll mit Filmen wie Terminator, die Klasse von 1984, the Day after, … und wer Shadowrun gespielt hat, hatte die gleiche Planungsparanoia, die du berichtest.

Im Moment machen sich alle Sorgen wegen Putin, wegen China, wegen der Klimakatastrophe, wegen der Pandemie.
Die einen flüchten in die heile Welt und lesen Arzt Romane, gucken Schwarzwaldklinik und die anderen gehen ins andere Extrem und koketieren mit dem Weltuntergang, solange nur mit W20 auf dem Wohnzimmertisch spielerisch stattfindet.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!