Meine These ist: Die Prototypen des Rollenspiels D&D und AD&D 1 waren damals noch nicht wirklich gut designt. Ich sehe in den alten Systemen die Bugs, für manche sind es aber Features Um in dem Bild zu bleiben: Das Versprechen des Sportes war in meinen Augen, dass er den Körper des Spielenden vollumfänglich fordert. Doch es stellt sich raus: Beim Fussball darf nur der Torwart Hand spielen, der Rest muss mit dem Fuß klarkommen. Körperkontakt ist offiziell nicht so richtig erwünscht, aber sehr geduldet. Aus der Perspektive ist es wünschenswert, dass sich der Fußballsport zu American Football entwickelt hat.
Das Versprechen hat der Sport nie gegeben, ehrlich gesagt. Immerhin gilt Schach als Sport... und als ehemaliger Turnierspieler kann ich bestätigen, dass körperliche Fitness kein Trainingspunkt war. ^^
Nebenbei hat sich der American Football aus dem Rugby entwickelt, der sich (aufgrund von Regelstreitigkeiten) aus dem Fußball entwickelt hat. Sagt man zumindest.
Um deine These aber bewerten zu können, müsste erst "gutes Rollenspieldesign" definiert werden... und das NICHT nach heutigem Maßstab, 50 Jahre nachdem es angefangen hat. Sondern nach den Maßstäben aus den 70ern. Und da D&D diese 50 Jahre durchgehend recht weit vorne präsent war, kann das so schlecht nicht gewesen sein. DAZU muss man dann auch noch sagen, dass sich die Spielweise gravierend geändert hat gegenüber den 80ern... damit fällt ein weiteres Mal der Vergleich mit heutiger Designphilosophie raus, weil die "Anforderungen" damals anders waren. Wie könnten und auf "nicht mehr zeitgemäß" einigen, aber "schlechtes Design" sehe ich ehrlich nicht, sonst wäre das System nicht so lange und so solide in der Spitzengruppe gewesen.
Achtung: Ich überspitze jetzt etwas:
Das Versprechen von Rollenspiel (in meinen Augen) ist | Realität (A)D&D: |
Spiele, was Du möchtest! | Spiele, was die Würfel Dir ermöglichen. |
Du kannst eines Tages ein Held vom Range eines Aragorn sein. | Du wirst den morgigen Tag vielleicht nicht überleben und dann nie ein Held wie Gandalf werden, und Du kannst nichts dagegen tun. |
Du wirst mit der XY-Klasse auch später zuverlässig Spaß haben - soviel Balance ist auf jeden Fall gegeben. | Du als Schurke versteckst Dich vielleicht erfolgreich, und leise kletterst Du hoffentlich unbemerkt die Wand hinauf - das ist, was Du außerhalb des Kampfes am besten kannst! - oben wartet schon der Magier, den Du nicht gesehen hast, wie er unsichtbar neben Dir noch oben levitiert ist. Kämpfer, Du darfst nicht versuchen, die glatte Wand hochzuklettern. |
Die eingängigen Regeln helfen Dir, Deine Ideen zu entwicklen und auszuspielen und hindern Dich nicht. | Würfle mal hoch, mal tief, mal mit D100, D20 oder D6. Nein, ein Elb darf kein Druide werden. Zwerg, Du darfst kein Kleriker werden. Isso. |
Alles ist "echter, logischer" als in einer Computerspielwelt mit ihren systembedingten Einengungen. | Und *Würfelrollen* jetzt tauchen an der *Würfelrollen* Brücke *Würfelrollen* 7 *Würfelrollen* Bugbears auf! |
Das ist nicht nur ETWAS überspitzt, das ist zum Teil tatsächlich derart überspitzt, dass es nicht mehr den Tatsachen entspricht.
Die Würfel sind in 99,9% aller Rollenspiele ein limitierender Faktor, indem sie nämlich gewollte Aktionen nicht ermöglichen. Auch DAS widerspricht "Spiel, was du willst". Kaufsysteme schränken den Spieler auch ein, weil er an bestimmte Punktzahl gebunden ist und nicht mehr ausgeben kann. Mit dieser Art "Argument" pflücke ich dir alles auseinander. Aber wo wurde das "Spiel was du möchtest"-Versprechen von Rollenspielen (gerade bei AD&D) denn gegeben, hast du da mal ein Zitat?
Und wenn Aragorn Pech beim Kampf gehabt hätte, dann wäre er auch tot gewesen. Derartige "Versprechen" kann man nur geben, wenn man die Charaktere nie sterben lässt. Was meines Wissens KEIN Rollenspiel (OK, Tails of Equestria und andere Spiele für Kinder lasse ich mal außen vor) verspricht. Das besagt allein schon die Logik, dass derartige Versprechen immer ein "Außer du hast Pech und der Charakter stirbt" enthalten müssen. Tatsächlich wäre das für jedes (bis auf die Systeme für Kinder) moderne Rollenspiel auch ein KO-Punkt... sterben kann man immer.
Der versteckte Magier... das bedeutet, es darf keine versteckten oder getarnten Gegner mehr geben? Man MUSS - wie mit einem Röntgenblick - alle Hinterhalte aufdecken können, bevor man da hineinrennt? Auch hier würden ALLE modernen Rollenspiele durchfallen.
Hmmm... ja, ich fand die Regeln eingängig. Und die Einschränkungen wurden rechtzeitig angesagt, damit war das auch OK. "Du kannst Volk X nicht spielen" ist aber tatsächlich bei 99% der aktuellen Rollenspiele gegeben... und Dinge wie "Magier dürfen keine Plattenpanzer tragen" oder sowas sind auch recht häufig. Und nun?
Es gab einen Zwang, Begegnungstabellen live im Spiel zu nutzen? Faszinierend. Dazu hast du BESTIMMT eine Quelle, oder? Es war eine Option... man konnte, musste sie aber nicht nutzen. Diese Tabellen gibt es aber immer noch in D&D. Und in einigen anderen Systemen auch, ehrlich gesagt.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, worauf du hinauswillst... die angegebenen Punkte treffen bei einem Großteil der Systeme zumindest zum Teil zu, das betrifft auch aktuelle Systeme. Ich weiß jetzt nicht, welches System du spielst, das all das nicht hat... aber so generell, wie du das erwähnt hast, wundert es mich, dass du noch im Hobby bist, ganz ehrlich. Es dürfte nicht viel geben, das gar keinen von den Punkten hat... und einige der Systeme, die mir einfallen, gibt es schon einige Jahrzehnte... *schulterzuck*
"Von der Nulpe zum Helden" Dann leitest Du aus Deinen gespielten Erfahrungen der (A)D&D-Regeln einen (allgemein?) intendierten Spielstil ab? Ich habe in großen Teilen andere Erfahrungen mit AD1 gemacht und die Folge-Editionen als sehr hilfreiche Weiterentwicklung für unsere Spielbedürfnisse empfunden. (P.S. Ging Mentzer-D&D nicht richtig weit über Stufe 4 hinaus? Bis zum Halbgott?)
Tatsächlich nicht nur aus meinen Erfahrungen. Es gab seit den 80ern "deutschlandweite" Cons, die auch (nach damaligen Verhältnissen) recht gut besucht waren, natürlich unterhält man sich mit anderen Spielern. Ich hab auch lange Jahre in Spieleläden gearbeitet und selbst einen besessen. "Die Charaktere sind Helden von Anfang an" war damals eine nur von einer Minderheit vertretene Meinung, die Mehrheit sah Charaktere tatsächlich als Anfänger. Das hat sich in letzter Zeit verschoben, könnte aber mit der Änderung des Spielstils um die 2000er herum zu tun haben.
Tödlichkeit in unteren Stufen - Designfehler? Meine zweite 3.5e-Gruppe (seit den 90ern) hat insgesamt den Anspruch, mit Diplomatie Konflikte zu lösen. Dass die NSCs das nicht immer möglich sein lassen, freut die Gruppe insgeheim manchmal, glaube ich, und das ist ja auch legitim. Aber ich habe sie noch nie enttäuscht erlebt, wenn sie einen Konflikt durch ausgespielte Diplomatie anstatt eines "schönen Kampfes" gelöst haben. - Damit will ich sagen: Die geringere Tödlichkeit jüngerer Systeme hat meine Gruppe kein Stück dazu gebracht, Konflikte "erstmal" mit Gewalt zu lösen. Stattdessen hat die geringere Tödlichkeit dafür gesorgt, sich mutig und mit Selbstvertrauen in Situationen zu werfen - die ihnen dann in der Regel doch entgleiten , wenn auch nicht tödlich.
Es gab auch in den 80ern reine "Diplomatenkampagnen", in denen kaum Gewalt vorkam. Ich kenne auch genug Gruppen, die Shadowrun 1 nach der Maxime "Wenn der erste Schuß fällt, ist der Run vergeigt und wir ziehen uns zurück" jahrelang gespielt haben... meine Gruppen unter Anderem. Und das in einem System, wo man sehr viel mehr Schaden anrichten kann, als sich die meisten (A)D&D-Charaktere je träumen lassen würden. Funktioniert prima. Auch bei anderen tödlichen Systemen funktioniert das ganz prima, Kämpfen auszuweichen. Und tödlich sind ganz viele Systeme. Die erste Regelversion von Empire of the Petal Throne war so hart, dass man die ersten zwei Level erstmal "in der Kultur ankommen" und Kontakte knüpfen musste, um mit deren Verstärkung dann in der Umgebung der Stadt "entdecken" gehen konnte, vorher war das stumpf Selbstmord. Dagegen ist (A)D&D wirklich softig. Die Welt hinter EPT ist aber klasse und sehr reichhaltig (inklusive eigener Sprachen und schön ausgearbeiteten Kulturen (wird gerne mit Mittelerde verglichen, von der Ausarbeitung her), auch bei den Insektenvölkern, darum wird es bis heute gespielt. Das System ist auch nicht mehr ganz so tödlich.
S t r i k t e Aufgabenverteilung von Klassen in früheren Systemen Ich stehe dieser Narration, dass eine D&D-Gruppe zum guten Zusammenarbeiten quasi gezwungen ist, skeptisch gegenüber. Nicht weil sie nicht stimmt: Sie ist wahr. Wir hatten in den Augen einiger Gruppenmitglieder jedoch zwei "Underperformer", den Kleriker und den Magier. Wenn sie "falsche" taktische Entscheidungen trafen und "ihretwegen" der Waldläufer, Paladin oder der angehende Barde draufgingen, dann gab es mächtig Druck (wie gesagt, wir waren leidenschaftliche 16-17 Jahre alt). Nein, dass hat der Gruppe kein Stück beim Zusammenwachsen geholfen, das hat es bei uns erschwert! Das schiebe ich nicht nur auf unser Alter und unsere Leidenschaft, sondern auch auf das System. Die jüngeren Systeme haben erreicht, dass Zusammenarbeit noch immer hilfreich ist, jedoch nicht mehr so absolut notwendig. Vielleicht gehtst Du auch noch mal auf das Beispiel unseres damaligen Klerikers ein, der als einziger Kleriker der Gruppe über viele Stufe hinweg quasi nur Heilung prägen durfte. Keine andere Klasse war so unfrei wie unser Kleriker. Ein Designfehler, würde ich noch immer sagen.
Naja, wenn die Kämpfer draufgingen, haben sie zu wenig Aufmerksamkeit für die "Stoffklassen" gehabt... das sind keine bloßen Diener, die zu funktionieren haben... deswegen redete ich ja von dem Zusammenspiel innerhalb der Gruppe. Einer ist für den anderen da und alle tun ihr Bestes, ohne die anderen zu überlasten. Fehler macht jeder... irgendwie scheint da aber der Leistungsgedanke über dem Zusammenspiel gestanden zu haben, zumindest klingt das nach der Beschreibung so. Und nein, das lag nicht am Alter, ich hab mit 14 angefangen. Ich kenne diese Probleme aber tatsächlich gar nicht aus eigener Erfahrung.
Was den "unfreien Kleriker" angeht... das ist tatsächlich ein Fehler der Gruppe, ehrlich gesagt. Erstens gibt es Heiltränke, zweitens gab es NSCs, die man anheuern und mitnehmen konnte. Fackelträger, Lootträger, aber auch Heiler waren gern genutzte Optionen. Steht eigentlich auch deutlich in den Regelbüchern von damals drin... habt ihr das nicht gemacht? oO
Zugestanden: Dein Breitenwissen ist größer als meins Meine Energie floss in all den Jahren in unsere nun über 25 Jahre bespielte, selbstgeschriebene (seit den Nuller Jahren als 3.5-) Kampagne. Wir sind jetzt 17.-18. Stufe und befinden uns im Finale. Auch befriedigend.
Ich hab mehrere feste Kampagnen über die Jahrzehnte gehabt... auch derzeit ist das so, aktuell 5, eventuell demnächst 6 - mit jeweils anderen Systemen. Zu meinen "Spitzenzeiten" hab ich 8 aktive Kampagnen nebeneinander laufen gehabt, Systeme antesten geht eigentlich immer nebenbei. Aber wie gesagt, ich hab jahrelang in Rollenspielläden gearbeitet, da war dieses "Breitenwissen" immer ganz nützlich. Hat sich über die Zeit einfach so ergeben.
Zu den bekommenen Antworten: Zumindest bei der Zwei-Klassen-Regel würde ich gerne von Dir wissen, warum es sie so gibt, und wie man sie seiner Gruppe irgendwie innerweltlich verkaufen könnte. Oder ob zumindest die auch in Deinen Augen ein Fehlgriff war.
Sorry, ich war nicht der Designer dieser Regeln, ich kann dir nicht sagen, was sie sich dabei gedacht haben. Und warum "innerweltlich verkaufen"? Entweder nutzt man die Regel, dann muss man die nicht in der "Realität" der Spielwelt ableiten... dann müsste man auch "innerweltlich" begründen, warum man würfelt, wenn man jemanden angreift oder über eine Schlucht springt... macht aber ehrlich gesagt niemand. Nutz die Regel oder nicht, wenn nicht, bau was anderes an deren Stelle. Eigentlich ganz simpel, finde ich. Wenn du anfängst, Dinge "innerweltlich" erklären zu müssen, dann hast du ein großes Problem, dann kommen nämlich Fragen wie Warum sagt der Spielleiter nicht an, wann eine Fackel angebrannt ist? Zumal sie die letzte Zeit nur schwach leuchtet und kaum noch Licht bringt. Wenn eine Bedrohung schon Jahre lang existiert, warum hat die noch niemand beseitigt, zur Not die Armee? Und wer bitte duldet es, dass Räuber Handelswege unsicher machen, wenn es Aufspürzauber gibt, die das Problem einfach dadurch beheben, dass sie einer Kompanie Soldaten den Zielort nennt. Danach WILL keine andere Bande das nachmachen, garantiert. Und Verbrecherbanden nach Mafiamanier? Für die Zaubersprüche ein Klacks, warum gibt es die noch? Und... warum lernt ein HELD, Schlösser zu knacken, war ein Einbrecher und wird als "Schurke" bezeichnet? Beißt sich das nicht? Und das ist nur der Anfang, ich komme auf Millionen von völlig logischen Fragen, die aber eigentlich JEDES Setting und jedes Abenteuer komplett auseinandernehmen. Funktioniert auch bei den meisten Romanen sehr gut. Man stellt sie aber nicht, weil einem das die Illusion zerbröseln würde. Weil jeder weiß, dass nicht alles erklärt werden sollte. Und einiges den Regeln geschuldet ist. Kann man natürlich alles besser machen. Gibt auch Systeme, die das versuchen... dann endet man aber bei extrem detaillierten Regeln, die sich gerne mal in Kleinkram verlieren... "Augenfarbe auswürfeln" wäre so ein Stichwort. Warum sollte man das aber tun?
Das empfinde ich um 180Grad anders: Die alte Raum-für-Raum-, Dungeon-für-Dungeon-Mentalität fühlt sich für mich nach Computerspiel an. Meine Gruppen und ich wollen Zusammenhänge, fundierte Gebäude im doppelten Sinne (wovon ernähren sie die Monster im Dungeon, woher beziehen sie ihr Trinkwasser?), Gründe, warum die Gegner sind, wo sie sind. Nicht weil sie dorthin ausgewürfelt wurden, sondern weil es eine Ursache für ihre Existenz dort gibt.
Tatsächlich wurde das früher gar nicht so oft gespielt. Klar, die alten Abenteuer sind voll davon, aber nur, weil das EINFACH zu bauen und eigentlich von jeder beliebigen Gruppe schaffbar ist. Abenteuer in der Wildnis setzen besondere Kenntnisse voraus, das ist nicht immer gegeben, aber es gibt auch sowas unter den Kaufabenteuern. Und Stadt- oder Diplomatieabenteuer gab es tatsächlich nicht wenige. Wobei damals tatsächlich in den meisten Dungeonabenteuern sogar explizit dabeistand, dass die NSCs, die hier zu finden sind, bei Kampflärm zu Hilfe eilen. Das ging nicht Raum für Raum, außer man war SEHR leise. In Computerspielen geht das Raum für Raum... egal was in den Nachbarräumen hockt. Und ja, manchmal waren Dungeons etwas widersinnig aufgebaut, einige waren aber durchaus logisch aufgebaut. "Dungeons ausgewürfelt" hat ehrlich gesagt damals kaum jemand, warum auch? Die Tabellen waren optional, für Anfänger, die sich verloren fühlten. Genutzt wurden sie kaum noch, wenn man etwas Erfahrung hatte. Wenn ihr das anders gemacht habt... kann ich dazu nichts sagen.