Du schreibst einiges, was stimmt, hast aber nicht verstanden wie man Zufallstabellen benutzt.
Doch, habe ich. Seit 40 Jahren habe ich das. Und deswegen habe ich sie nie angewendet und kenne auch sonst fast keine Spielleiter, die das getan haben. Zufallstabellen sind optionale Hilfsmittel, mit denen man sich behelfen kann, wenn man gerade keine Idee hat oder den Plot zufallsbedingt modifizieren oder sogar erstellen möchte. Es gab und gibt aber nie einen Zwang oder auch nur eine starke Empfehlung, sie zu nutzen. Ansonsten wären ja alle Kaufabenteuer unsinnig, da in ihnen Plots, Pläne und Inhalte der Räume feststehen. Selbst die Einträge in den Monsterlisten sind als grobe Übersicht anzusehen, man muss das Loot der Monster auch nicht auswürfeln. Ich kann das zwar nicht belegen, da ich Gespräche nie mitschneide, aber genau so hat Gary das gesagt, als ich einmal mit ihm sprechen konnte. Sehr netter Mensch, im Übrigen, der sich immer Zeit für Spieler mit Fragen nahm.
Das sehe ich anders. Die Grenze sollte man in den 1980ern ziehen. Un man sollte es weitgehend auf Rollenspiele beschränken, die Regelmechanismen haben, die im Laufe der Zeit unmodern wurden. Auch sind Regelmechanismen, die vielleicht schon damals erfunden wurden, aber sich noch nicht durchgesetzt haben, aber heutzutage quasi zum Mindeststandard aller Rollenspiele gehören, auch ein Grund ein Rollenspiel nicht als Old-School zu bezeichnen.
OK, D&D ist nicht mehr Old School. Das ist jetzt durchaus überraschend, aber nun ja. Soll ja nicht heißen, dass ich andere Sichtweisen ablehnen würde. Trotzdem... überraschende Ansicht.
Wobei "Point Buy" damals durchaus nicht selten war, ehrlich gesagt. Natürlich hat es sich "durchgesetzt", genau wie das D&D-System, das DSA-System oder andere Systeme. Es gibt nicht eine vorherrschende Mechanik, es gibt drölfzig verschiedene... und das zu jeder Zeit.
Wenn man es aber ganz genau nimmt, bestimmen eigentlich nicht die Regelmechanismen oder die Spielweise, ob ein rollenspiel Old-School ist, sondern eher das Regelgefühl. Wie hängen die einzelnen Regelelemente zusammen? Wieviele grundlegende Regelelemente dieses Rollenspiels wurden erst in den 1980ern (oder später) Teil des Rollenspiel-Mainstreams? Muss man in bestimmten Spielsituationen Hausregeln verwenden? Oder ist quais alles schon irgendwie ver-/geregelt? Usw.
Das ist kompletter Unsinn und ganz einfaches "Ich sehe das so, also ist es so". Welche Regelmechaniken waren denn in den 80ern Teil des Mainstreams? Und in den 70ern? Die Antwort "Was in D&D drin ist" ist nicht vollständig, fürchte ich. Dazu muss man aber die ganzen Systeme kennen, um das bewerten zu können, denke ich. Dabei gewesen sein wäre auch noch ein Bonus.
Als kleiner Hinweis: Das ERSTE deutsche Rollenspiel (Nein, das ist nicht DSA) Midgard basiert NICHT auf D&D, sondern auf Empire of the Petal Throne 1st Edition. Erst wurden Regelteile übersetzt und dann dem eigenen Bedarf angepasst. Das erste mir bekannte Rollenspiel auf deutschem Boden nutzte also nicht D&D. Und tatsächlich war die Midgard-Fangemeinde auch in den 80ern noch recht groß, DSA überholte das nur, weil die Sachen in normalen Spielzeugläden angeboten wurden, im Gegensatz zur Konkurrenz. Wäre damit Midgard Mainstream gewesen? Nach meiner Erfahrung ja. Ich bin aber halt auch dabeigewesen... D&D war eines unter vielen Rollenspielen, die Vielfalt war sehr groß. Kennt heute kaum noch einer, weil der "Mainstream" nur 3-5 Systeme umfasst, den Rest kennt fast niemand. Das war mal anders.
Erst wenn man das Gefühl hat, dass ein Rollenspiel trotz seiner modernen Hochganzaufmachung von den Regeln her so schon in den 1970ern hätte erscheinen können, ist ein Rollenspiel Old-School. Aber je mehr Regelelemente eines Rollenspiels Teil des Rollenspielmainstreams sind, selbst wenn sie vielleicht schon in den 1970ern entwickelt wurden, sich aber erst in den 1990ern (oder später) durchgesetzt haben, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sich ein Rollenspiel noch Old-School anfühlt.
Ich hoffe, dass jetzt klar wird, was ich genau meine. Und wieso ich es ablehne, Rollenspiele, die erst in den letzten Jahren erfundene Regelmechanismen verwenden, als Old-School zu bezeichnen.
Welche "erst in den letzten Jahren erfundene Regelmechanismen verwenden" wären denn das? Das wird immer wieder erwähnt, aber "Point Buy" und "Gummipunkte" wurden ja widerlegt, die stammen aus den frühen 80ern, zum Teil aus den 70ern. Der "Trichter" von DCC ist ein neues System, das sich als Old School bezeichnet, das sehe ich aber wegen des Trichters nicht so. Wenn es also darum geht... andere Sachen fallen mir wirklich nicht ein.
Und "hätte so schon in den 70ern erscheinen können"... du weißt doch gar nicht, was da erschien. Sachen mit Point Buy, komplexe Systeme, unkomplexe Systeme... und ich sehe in den 80ern ehrlich gesagt nur wenig, was nicht schon in den 70ern dagewesen wäre. Andererseits wird ja Runequest (Ersterscheinungsdatum 1978!) abgestritten, Old School zu sein...
Wir haben in den 70ern Auswürfelsysteme, wir haben Point Buy, wir haben verschiedene Genre, wir haben gegeneinander würfeln, wir haben nur einen Wurf, um einen Angriff zu entscheiden (spannenderweise enthielt die D&D White Box noch eine Paraderegelung, die später bei D&D entfiel, warum eigentlich? ^^)... was gab es an Regelmechanismen erst später, was also ein "Ausschlußkriterium" wäre? Und warum die Fixierung auf die 70er, nur wegen (A)D&D?
Nicht wirklich ehrlich gesagt. Denn all die von dir genannten Beispiele sind doch durchaus abhängig davon welche Regeln so ein Regelwerk hat.
Uhm... nö? Warum sollten sie davon abhängig sein, welche Regeln ein System hat? Du hast schon gelesen, was ich schrieb? Wir haben die Sachen ausgespielt und EVENTUELL hinterher noch gewürfelt. Und ich habe nie gesagt, dass man nach der "alten Schule" nicht auch mit modernen Regeln spielen können, ganz im Gegenteil geht das sogar recht gut. Weil es bei Old School nicht um die Regeln geht.
Nimm mal dein Beispiel mit den Heilkräutern. Du hast völlig recht, so etwas bringt Leben ins Spiel. Aber aus dem gleichem Grund ist es sinnvoll selbige Kräuter im Regelwerk zu platzieren und Regeln für das anwenden und finden solcher Kräuter zu haben.
Ist also ein Rollenspiel mit besseren Regeln für derlei Dinge "mehr Oldschool"? Eher nicht, oder?
Du hast es tatsächlich nicht verstanden, merke ich gerade. Noch einmal, ich versuche deutlicher zu tippen:
Es geht NICHT um die Regeln bei Old School! Warum auch immer es diese Regelfixierung bei dir gibt, das ist Unsinn. Zumal es heutzutage fast nichts gibt, was es nicht damals schon an Regelsystemen gab. Das kann es also nicht sein. Trotzdem auf "Das hängt an den Regeln" zu beharren ist... komisch?
Jeglicher Versuch, Regelmechanismen als "das ist neu, das ist nicht old school" zu erklären wurde bisher widerlegt... Regelwerke waren nie "heilige Texte", die wörtlich befolgt werden mussten. Das steht meine ich sogar in D&D drin... und in vielen anderen Systemen auch. "Wenn euch Regeln stören, lasst sie weg, wenn ihr zusätzliche Regeln braucht, baut sie euch, es ist euer Spiel"... Regeln sind Werkzeuge, nicht mehr.
Oder wie wäre es mit deinem Beispiel für diplomatische Begegnungen.
Du sagst "einfach ausspielen und hinterher würfeln als Modifikator für die Show" sei was ihr gemacht habt in Old School Rollenspielen. Klingt cool. Und nach einer Regel. Und auch hier wieder komme ich in die blöde Situation, dass ich sagen müsste: Modernere Regelwerke sehen dort eigentlich weitaus mehr vor als nur "beschreib mal und dann würfel mal", die sehen auch vor so etwas als Herausforderung für die ganze Gruppe zu gestalten. Vor kurzem hatten wir hier im 4E Unterforum eine kleine Umfrage für Skillchallenges, da hab ich eine gepostet bezüglich der diplomatischen Unterredung der Spieler bezüglich dem Streit zwischen zwei Fürsten den man zur Abwehr einer äußeren Bedrohung schlichten soll. Betrachte ich dies und dann die Regelung in anderen Regelwerken dann ist es natürlich ein massiver Unterschied im Umfang den man solchen Dingen einräumt. Aber ich könnte dir nicht sagen ob dieser Umfang ein Spiel zu "Old School" macht. Eher im Gegenteil.
Ja, heuzutage (und zum Teil auch damals) gab es durchaus mehr Regelwerkzeuge dafür. Und? BRAUCHT man die? Nö. Haben wir damals bewiesen bei den Systemen, die sowas nicht hatten. Kann man derartige Regeln nutzen, wenn sie da sind? Natürlich, warum nicht... aber man MUSS es nicht. Woher kommt "mehr Regeln dafür sind besser" eigentlich? Definitiv NICHT von mir... ich habe nie behauptet, dass mehr Regeln für Gelegenheit X besser sind... oder dass sie etwas als Old School definieren. Und natürlich war das eine Regelung... die entsteht immer, wenn man etwas öfter auf die gleiche Art macht. Lässt sich gar nicht umgehen, ansonsten müsste man es ja jedes Mal anders machen, was unnötig kompliziert und nervig wäre. Du verwirrst mich gerade extrem, ehrlich gesagt oO
Wenn ich jetzt sage: "Ok, Regelwerk A gibt diesen Dingen mehr Wichtigkeit als Regelwerk B, das ist also mehr Old School - in Regelwerk B wird ja einfach nur einmal gewürfelt" wäre dies aber halt ziemlicher Quatsch.
Richtig... und habe ich auch nie so behauptet... warum auch, das würde der Realität damals komplett widersprechen. oO
Was ich damit sagen will ist: Viele deiner Beispiele klingen nach "Oldschool Rollenspiel ist wenn man besseres Rollenspiel macht, Umgebung und Spielwelt stärker einbringt und wenn die Spieler sich mehr damit beschäftigen".
Obwohl sie dies eigentlich genauso in Regelwerken tun können (und tun) welche ich schlichtweg nicht als Old School betrachten würde und die auch im allgemeinen Sprachgebrauch nicht so bezeichnet werden.
Gutes Rollenspiel ist immer möglich, daran kann man einfach keine Unterscheidung festmachen. Was man Unterscheiden kann ist wie sehr Regelwerke dabei helfen. Ansonsten wird man immer nur ein Streitgespräch haben zwischen Leuten die sagen "Wir haben damals richtig toll gespielt" und Leuten die sagen "und wir heute auch!" was mir schlichtweg nicht wirklich sinnvoll erscheint.
NATÜRLICH ist gutes Rollenspiel immer möglich, habe ich nie bestritten. Aber diese Aufmerksamkeit für die Umgebung im Spiel ist zum Beispiel heute kaum noch gegeben, weil sie durch Automatismen wie z.B. "passive Wahrnehmung" unnötig gemacht wurden. Und oftmals werden Dinge nicht ausgespielt, sondern durch die Würfel entschieden. Zum Teil mit der expliziten Aussage, dass man es ja nicht ausspielen müsse, weil man ja auch drauf würfeln könne, das wäre einfacher. Wenn du das auf "wir haben richtig toll gespielt" vereinfachst, ist es natürlich Unsinn. Deswegen gab ich ein paar Beispiele, was das bedeutete. DASS es damals eine andere Art zu spielen gab lässt sich schon daran erkennen, dass Spieler der neueren Generationen (ja, blöder Ausdruck, ich denke aber man weiß, was ich meine) in den alten Abenteuern sterben wie die Fliegen. Eine Gruppe aus Spielern der älteren Generation kommt da mit sehr viel weniger Verlusten durch. Und es lag NICHT an den Regeln, das Abenteuer wurde auf Pathfinder 1 umgebaut... was nebenbei beweist, dass Oldschool auch mit modernen Regeln gespielt werden kann.
Man kann alles derart vereinfachen, dass es unsinnig klingt... sollte man aber genau deswegen nicht.
Ja -- und ich muß sagen, das klingt für mich alles recht klar und eindeutig mehr nach Abenteuer- als nach Rollenspiel im engeren Sinne. Immerhin geht aus all diesen Beispielen ja hervor, daß mein Charakter in diesem Spielstil in erster, wenn nicht sogar einziger, Linie ein Avatar für mich als Spieler ist, keine "eigene" fiktive Person.
Fast wie im Computerspiel, könnte man sagen.
Hmmm... nein. Die Charaktere waren damals schon eigenständige Persönlichkeiten... jedenfalls mit zunehmender Erfahrung. Das ganze Konzept war damals nagelneu und man musste sich erst hineinfinden, klappte dann aber prima. Aber ja, wir haben als Spieler uns Wissen angeeignet, um die Darstellung noch besser zu machen, anstatt einfach zu sagen "Mein Charakter weiß das, ich würfele mal". Und wir haben mehr eigene Maßnahmen getroffen als nur die Würfel zu nutzen. Es gibt sogar Systeme komplett ohne Intelligenzattribut, weil "es nicht immer einfach ist, einen Charakter mit einer entgegengesetzten Intelligenz zu spielen"... Abenteuer in Magira ist eines davon. Ein System, das sich deutlich von "Tür auf, Monster töten, Schatz einsammeln, Tür zu, nächste Tür" absetzen wollte. Irgendwo hatte ich den Teil aus dem Vorwort zitiert.
Computerspiele waren anders... und wurden vor Diablo auch nicht als "Rollenspiele" beworben. Nebenbei ist durch den Versuch, diesen Marketingcoup zu "rechtfertigen" die Ansicht entstanden, Rollenspiele auf bloße Spielmechaniken zu reduzieren. Hat sich bis heute gehalten, wenn auch wohl nur die wenigsten den Ursprung davon noch wissen.
Kann man an dieser Stelle vlt. auf eine Quelle verweisen, die den richtigen Umgang erklärt? Ich finde diesen Kommentar so wie er ist reichlich destruktiv.
Ich verstehe die Funktion von Zufallstabellen so (die OSR- und Original-D&D-Experten mögen mich korrigieren):
- Zufallstabellen werden von der Spielleitung an verschiedenen Stellen eingesetzt um die Kontrolle derselben über die Entwicklung des Spielverlaufs einzuschränken und "Spielleiterwillkür" zumindest einzuschränken.*
- Zufallstabellen dienen dazu, die Spielwelt (durch die Eintrittswahrscheinlichkeiten) zu modellieren und diese für die Spielenden bei wiederholter Verwendung erfahrbar zu machen.
- Zufallstabellen sollten (zumindest, wenn sie den zweiten genannten Punkt verfolgen) mit Bedacht und unter Berücksichtigung von Hintergrundwissen über die Spielwelt und anwendbare reale Entsprechungen erstellt werden, und sind in der Folge in ihrem Design alles andere als zufällig (dieser Punkt wiederspricht auch dem Vorwurf, die Willkür im Spiel würde nur durch Willkür beim Erstellen der Tabelle ersetzt).
- Gute Zufallstabellen sollten in der Folge nicht zu wenig plausiblen unpassenden Ergebnissen und Spielverläufen beitragen, sondern im Gegenteil zum Erleben einer konsistenten Spielwelt beitragen.
- Insgesamt sind Zufallstabellen daher ein Werkzeug im Kasten des herausforderungsorientierten Rollenspiels, stehen "Erzählonkelei" entgegen und führen idealerweise natürlich zu interessanten Wendungen für die Spielenden - und die Spielleitung.
Man vergebe mir etwaige Fehler, die sich aus der Außenperspektive ergeben.
*Ganz lässt sich Willkür natürlich auch mit solchen Werkzeugen nicht vermeiden.
Tatsächlich ist das so fast nie passiert. Zufallstabellen wurden von Anfängern manchmal eingesetzt, um ihre ersten eigenen Schritte zu unterstützen, gingen dann aber meist schnell dazu über, das selbst auszuarbeiten. Erfahrene Spielleiter haben die Zufallstabellen fast nie benutzt. Ist halt das "lustige Klischee", das zum Beispiel bei Futurama, wenn Gygax gezeigt wird, wie er sagt "Ich wünsche einen *würfelt* Guten Tag" oder so. Macht ja heute auch kein D&D-SL so, trotzdem nicht wenige dieser Tabellen noch existieren, oder?
Das ist eine beknackte Analogie, mit Verlaub. Es geht hier um den Ursprung eines ich sag mal Fachbegriffs und wie er zu verwenden ist. Fachbegriffe kann man falsch verwenden und über ihre genaue Definition entscheidet die Fachwelt.
Glaube hat da sehr wenig mit zu tun!
Der Ursprung ist aber recht irrelevant, wenn sich die Bedeutung in der Zwischenzeit gewandelt hat. Das ist vielen Begriffen passiert, zum Beispiel "geil"... bezeichnete ursprünglich einen wildwachsenden Trieb an einer Pflanze... zwischenzeitlich wanderte sich dass dann in "brünstig" oder "gut" um, während besagter wildwachsender Trieb eigentlich unerwünscht war, weil er der Pflanze Nährstoffe "raubte", die ansonsten in das Wachstum der Früchte gingen. Oder das englische "gay", das ursprünglich "bunt, farbig" bedeutete und heute für schwul steht. Es ist komplett egal, was Begriffe ursprünglich bedeuteten... die aktuell vorherrschende Bedeutung ist relevant. Ob das ursprünglich etwas anderes bedeutete ist ehrlich gesagt komplett wumpe. Oder? Und tatsächlich hat sich diese Bedeutung gewandelt... den entsprechenden Link von jemandem, der dabei war und das erklärte, gab hier erst vor Kurzem.