Womit denn anfangen? Wie oben schon gesagt halte ich eine Einteilung in "alt" und "neu" dafür für eher problematisch und nicht allzu nützlich. Wenn überhaupt kann man sagen dass es Regeln gibt welche als "modern" betrachtet werden und solche die als "old school" betrachtet werden. Es ist eine subjektive, nicht mit der realen Rollenspielhistorie übereinstimmende Einstufung welche auf Klischees basiert.
Und darum keine wirklich gute Einstufung. Aber halt nicht weil man gar keine Einstufungen von Rollenspielen anhand ihrer Regeln machen könnte.
Und welche Regeln sind "modern" und welche "old school"... bisher wurde gern gesagt, "Point Buy" wäre modern, was kam von 1978, wenn ich mich recht erinnere, 4 Jahre nach D&D. Das würde ich nicht modern nennen. Und die Gummipunkte sind auch älter.
Tatsächlich geht es hier aber um "Old School"... mit einer subjektiven Einstufung wird das alles noch schwammiger und weniger nachvollziehbar. Dann direkt den Bereich auflösen?
Ich bin tatsächlich etwas perplex, gerade ob der oben getroffenen anekdotischen Aussagen bezüglich eines OSR-Spielstils, was OSR-Fans tatsächlich zu glauben scheinen, wie in anderen Runden so Rollenspiel betrieben wird. Ich meine, wird hier ernsthaft angenommen, dass Gespräche NICHT ausgespielt werden?!? Dass die Spieler:innen, die ihre Charaktere mit Verve verkörpern wollen, nicht Vorbereitungen treffen, sich Gedanken machen, sich vielleicht sogar einlesen. Da werden doch Zuschreibungen gemacht, die nicht der Realität in Rollenspielrunden entsprechen.
Ich bin nicht religiös, ich hab mit Glauben nichts am Hut. Tatsächlich habe ich in den Jahrzehnten, die ich das Hobby nun schon betreibe, mit sehr vielen Leuten gespielt, sei es in Demorunden, auf Cons, in Privatrunden... dazu jahrelang in Rollenspielläden gearbeitet. Ich denke, ich habe ein wenig über den Tellerrand geblickt und verschiedene Spielstile kennengelernt. Ich habe tatsächlich einen Unterschied über die Jahrzehnte festgestellt. Und tatsächlich geht die von mir beobachtete Tendenz immer mehr hin zu "Ich würfle man, ob ich ihn überredet bekomme" anstatt dazu, den NSC tatsächlich zu überzeugen. Von daher... doch, das entspricht der von mir beobachteten Realität, leider. Ich wurde auch öfter angepflaumt, wozu man das denn darstellen solle, man wäre schüchtern und könne sowas deswegen nicht, dazu gäbe es ja die Werte... kam nicht schüchtern rüber aber hey, wenn das bei anderen Spielleitern funktioniert hat...
Ich bin zum Beispiel 2000 ins Rollenspiel eingestiegen, sporadisch. Und 2001 habe ich richtig losgelegt mit dem Spielen und Leiten... mit der World of Darkness. Und auch in dieser wurden selbstverständlich Gespräche ausgespielt, man hat Pläne gemacht, war kreativ, auch oft vorsichtig. Bei Shadowrun sogar noch mehr. Und bei L5R NOCH VIEL MEHR. Bei 7te See dann aber nicht mehr, und bei Exalted auch nicht. Und bei Engel hatten wir noch nicht einmal Regeln, da haben wir nur Karten gezogen und Bedeutungen interpretiert. Man braucht keine Regeln für Kämpfe oder Fallen im Rollenspiel. Wir haben's damals bewiesen.
Habe ich das bestritten, dass man für Kämpfe und Fallen keine Regeln braucht? Ich glaube nicht. Weswegen ich Regelwerke mit einem Gesamtumfang von 60 Seiten bevorzuge, das bisserl Regelwerk hat man schnell drauf.
Aber warum wurden Gespräche bei 7th Sea nicht mehr ausgespielt... das ist doch eigentlich ein klassischer Fall dafür?
Unterschiedliche Spiele haben unterschiedliche Mechaniken. Die können den gewünschten Stil der Gruppe unterstützen oder nicht. Denn jede Regel macht irgendwas.
Ich finde zum Beispiel einiges in der OSR-Theorie, durchaus auch Tödlichkeit oder prozedurale Weltgenerierung, spannend. Aber Stufen für Gold zu kriegen ist halt einfach... entschuldigung... völliger Bruch in der Suspension of Disbelief bei mir. Das finde ich so dämlich. Vor allem weil es heute tatsächlich andere Spielmechaniken gibt, die Exploration und Vermeidung von Kämpfen belohnen... zum Beispiel: Exploration und Vermeidung von Kämpfen einfach direkt zu belohnen, ohne den Umweg über Gold. Oder dass ich die Ziele, für deren Erreichen ich als Spieler XP bekomme, sogar selber festlege. Das ist für mich eine willkommene Verbesserung, denn dann kann ich eine Figur spielen, bei der das Heben von Schätzen nicht im Fokus steht. Und trotzdem alles von dem machen, was du in deinen Anekdoten beschreibst.
Tatsächlich war "XP für Gold" dazu gedacht, um nicht um jeden Preis kämpfen zu wollen. Denn besiegte Gegner gaben fast keine XP, wenn man sie aber umging, bekam man trotzdem die Hauptbelohnung. Klar kann man das auch auf andere Arten regeln, tatsächlich hat NUR D&D damals "XP für Gold" gemacht, keines der vielen anderen Systeme. Es gab also schon damals komplett andere Spielmechaniken dafür... aber D&D hat das Thema dann komplett umgangen und ab der Dritten Edition gibt es die XP für Hauereien. Die Kämpfe sollen also nicht mehr umgangen werden. "Schätze heben" ist ein reines (A)D&D-Ding und fand ich nie toll. Zumal es in allen anderen Systemen besser gelöst war. Deswegen wundert es mich ja, dass einige (A)D&D diesen Sonderstatus zugestehen, so toll und gut war das System nicht.
Allein schon diese Ausdrücke "ältere Generation", "neuere Generation"... kein:e Rollenspieler:in sollte sich dafür rechtfertigen müssen, wann er:sie geboren ist und wie zum Hobby gefunden hat. Und du kannst auch mit Rollenspieler:innen, die erst 2010 angefangen haben, ein oD&D-Abenteuer mit Charakterabreißblock spielen. Du musst halt nur ehrlich kommunizieren, was der Spielstil ist und was erwartet wird. Und selbstverständlich sind Leute, die das jahrelang so gespielt haben, besser darin, als die, die mit einem bestimmten Spielstil zum ersten Mal konfrontiert worden sind. Das gilt andersherum aber genauso.
"Ältere Generation" und "neuere Generation" war auf die Spielstile gemünzt, nicht auf das Alter der Spieler. Und ich spiele im alten Stil auch mit jüngeren Spielern, auch mit modernen Regeln. Wo habe ich bitte verlangt, dass sich jemand dafür rechtfertigen müsse, wann er geboren wurde? Ich bitte sehr nachdrücklich darum, mir nichts in den Mund zu legen oder zu unterstellen. Danke!
Ich stell mich aber auch nicht hin und sage: Boah, Mensch, mit diesen Rollenspiel-Rentner:innen ( ) kann man echt keine vernünftige Runde "Broken Compass" spielen. Die gehen jeden Raum im Mayatempel einzeln durch und klopfen die Wände mit ihren Teleskopstangen ab und verpassen die ganze Action. Und "Aces in Space" letzte Woche war auch so 'ne Katastrophe: Die kommen ja mit den Fatepunkten und dem Faktenschaffen einfach nicht klar.
Gut, okay, ich hab's jetzt gesagt. Ist aber überspitzt.
Und das habe ich in der umgedrehten Form wo gesagt? Da wäre ein Zitat oder eine Entschuldigung nett.
Und ich würde sogar sagen: Das Spiel entsteht erst im Spiel. Was am Tisch passiert ist ein Mischmasch von Vorlieben, die bestimmte Leute haben und die miteinander Kompromisse schließen. Spielstile sind ziemlich wibbly-wobbly – ein Großteil aller Runden spielt das eigene Lieblingssystem an irgendwelchen Punkten zumindest anteilig falsch. Deswegen ist es einfacher in den Mechaniken und im SL-Kapitel zu schauen, wie ein Spiel gespielt werden will. Darauf basierend kann man dann Spielfamilien zusammenfassen, die ähnlich gespielt werden wollen. Aber aus der konkreten Erfahrung am Tisch kann man da nichts allgemeingültiges herausfiltern.
Nein, funktioniert meiner Erfahrung nach nicht. Aber bitte, versuche es gerne.
Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte: Du scheinst nicht so der Computer-/Videospieler zu sein, oder?
Der Begriff "Rollenspiel" für Computerrollenspiele ist sicherlich so alt wie seinerzeit "Dungeon", "Ultima" und "Wizardry". Und auch das, was Computerrollenspiele so tun können, hat sich sehr stark weiterentwickelt. Und auch was sie tun wollen: Obwohl ich dieses spezielle Videospielgenre als insgesamt eher traditionell verhaftet empfinde, gab's da durchaus immer wieder sehr spannende Ausbrüche in ganz neue Spielformen, von "Undertale", das das JRPG dekonstruiert, bis hin zu "Disco Elysium".
Rollenspiel am Tisch ist natürlich freier als Rollenspiel am Computer, das liegt in der Natur der Sache. Und deshalb ist es einfach wichtig, gut zu kommunizieren, was man von seinen Mitspieler:innen erwartet und nichts einfach vorauszusetzen.
Ich hab das vor bummeligen 16 Jahren oder so aufgegeben, als ich anfing, für Onlinespiele zu arbeiten... da war der Reiz dann raus. Nie Hobby und Beruf mischen, hab ich zu meinem Leidwesen festgestellt.
Aber ich nehme gerne zeitgenössische Artikel an, die Dungeon, Ultima oder Wizardry als "Rollenspiele" bezeichnen. "Adventures" gab es, aber das Schlagwort "Rollenspiel" hat tatsächlich Diablo das erste Mal benutzt... und eine Diskussion in der Rollenspielszene verursacht damit. Selbst die (A)D&D-Spiele wurden immer nur als Computerspiele oder Adventures beworben, vor Diablo aber nie als Rollenspiele. Rollenspieler waren die Schmuddelkinder, mit denen warb man nicht, das waren die "komischen Leute". Das änderte sich tatsächlich ganz langsam ab den 2000ern und nahm dann mit D&D5 und der massiven Werbekampagne (der u.A. Critical Role angehört) richtig Fahrt auf. Seitdem sind wir einigermaßen respektierlich... aber damals nicht.
@camo: Bist du dieser "Orlanth", der kurz den DMG-Lesekreis besuchte?
Nein. Warum sollte ich einen DMG-Lesekreis besuchen? Und dann noch unter anderem Namen? oO