Keine Ahnung, ob das eher unter "Rollenspiel und Gesellschaft" gehört - ich stell's mal hier rein und überlasse es der Moderation, es richtig einzuordnen...
Eigentlich ist auch nur ein kleiner, persönlicher Abschieds-Post. Mir ist nämlich gerade klar geworden, dass das Thema "Rollenspiel-Cons" für mich wohl erledigt ist. Ich habe mich immer schon schwer damit getan, weil ich es nicht so mit großen Menschenansammlungen habe und weil ich kaum etwas verstehe, wenn mehrere Gruppen im gleichen Raum spielen (beides hängt zusammen, aber das ist hier nicht das Thema). Aber ich bin trotzdem ab und zu mal auf Cons gefahren und habe dort auch viele interessante Leute kennengelernt.
In letzter Zeit stelle ich aber immer wieder fest, dass mir die Lust vergeht, wenn ich sehe, was für Runden dort angeboten werden. Eigentlich dachte ich, ich hätte wirklich (u.a. durch all die Jahre im Tanelorn) einen guten Überblick über Rollenspiele, und ich habe (gezählt) über 100 Regelbücher zumindest angelesen und viele Dutzend davon auch gespielt. Aber wenn es um Cons geht, kann ich Jahr für Jahr die Suchmaschine der Wahl auspacken, um zu sehen, was das überhaupt ist, was da gespielt oder gewünscht wird. Und das bedeutet natürlich auch, dass ich für nahezu jede Runde ein neues System lernen muss. Klar, meist sind die leichtgewichtig, aber trotzdem: neue Regeln. Und natürlich auch neue Charaktere, eine neue Story, und in < 4 Stunden soll alles erledigt sein. Und mir wird immer klarer: So gerne ich Rollenspiele spiele - das gibt mir überhaupt nichts.
Was mir hier gewissermaßen fehlt sind die 2-3 Systeme, die alle einigermaßen können und die man auf einer Con auch einsetzen kann. Früher waren das die Schlachtschiffe des deutschen Rollenspielmarktes (DSA, Cthulhu & Co), aber inzwischen dienen Cons scheinbar vor allem dazu, das System X auszuprobieren, das man immer schon mal ausprobieren wollte. Nur ich nicht - vielleicht werde ich alt, aber gefühlt habe ich Rollenspiele noch nie gespielt, um neue Regeln auszuprobieren.
Wobei ich mich gefragt habe, ob es hier nicht eine Parallele zur Entwicklung in anderen Bereichen gibt, die ich ebenfalls schwierig finde. Früher hat man gemeinsam gekocht (ein Essen, für alle) - heute zunehmend undenkbar (der eine ist Vegetarier oder besser gleich Veganer, der nächste muss religiöse Vorschriften beachten, der nächste mag kein Gemüse... oder keine Pilze...). Früher gab es eine Handvoll Gesellschaftsspiele, die jeder rumstehen hatte und die alle konnten - heute ist die Zierde des Wohnzimmers das Spiel, das erst letzte Woche rauskam und das sonst noch niemand hat (das aber ein 50-seitiges Regelheft und 5 kg Props enthält, in die man sich erstmal einarbeiten muss). Früher hat sich mein gesamtes Viertel vor unserem Haus getroffen, um Fußball zu spielen - heute hat jeder eher so seine "individuellen Vorlieben" und wundert sich, dass in seinem Dorf keine Lacrosse- oder Quidditch-Mannschaft zusammenzukriegen ist. Die ewige Jagd nach dem Neuen, noch Besseren, das den eigenen Vorlieben noch mehr entspricht und die eigene Persönlichkeit noch besser zum Ausdruck bringt, ist gefühlt zum Selbstzweck geworden. Und ganz manchmal schiele ich neidisch zu den alten Männern in der Vereinskneipe rüber, die sich seit 30 Jahren jeden Mittwoch zum Skatspielen treffen und dabei eine Weisheit besitzen, die uns verloren gegangen ist, nämlich dass es in Wahrheit gar nicht um das Skatspielen geht, sondern um eine Ausrede, sich mit anderen zu treffen und einen netten Abend zu haben.
Werde ich alt? Vielleicht. Aber ich verliere zunehmend die Lust an dieser Jagd nach dem neuen, noch besseren Kick. Und jetzt hat es gerade dazu geführt, dass ich zwei Cons innerlich gekündigt habe, auf die ich sonst vielleicht gefahren wäre. Schade (und irgendwie selbstwidersprüchlich, habe ich doch eben selbst gesagt, dass es eigentlich um die Menschen geht), aber das ist mir irgendwie alles zu anstrengend geworden.