Autor Thema: Impressionistisches Rollenspiel (d.i.: impression. Regel- und Weltverständnis)  (Gelesen 5023 mal)

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Offline felixs

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Liebe Leute,

ich möchte ein paar Gedanken und ein Konzept mit euch teilen.

Es kommt immer wieder die Frage auf, warum Systeme sich großer Beliebtheit erfreuen, die eigentlich aufgrund ihrer Merkmale ungeeignet für die Spieler erscheinen.
DSA, Pathfinder, D&D, Splittermond, Midgard, haben, bei aller Unterschiedlichkeit, als gemeinsames Merkmal eine Fülle von Regeln und Mechanismen, die in Summe kaum als "spielbar" zu bezeichnen sind. Dazu kommt, dass viele Spieler und Spielleiter eher geringe und lückenhafte Kenntnisse dieser Regeln haben und diese entsprechend im Spiel nicht oder "falsch" zur Anwendung bringen.

Man kann dazu meinen, die Leute spielten alle das falsche System, sie bräuchten etwas einfachereres, eingängigeres. Meine Erfahrungen stützen das nicht - die meisten Leute kommen mit den genannten Systemen erheblich besser zurecht, als mit regelleichteren Alternativen. Auch wenn es natürlich Abstufungen inb der Komplexität und individuelle Vorlieben gibt.

Ich meine, dass die Erklärung in einem sehr verbreiteten Spielstil liegt, der bisher nicht beschrieben worden ist. Diesen Spielstil, welcher (zumindest in Deutschland) lange der vorherrschende war, vielleicht immer noch ist, möchte ich "impressionistisches Regel- und Weltverständnis" (der Einfachheit kurz: "impressionistisches Rollenspiel", IR) nennen.

Viele Rollenspieler wünschen sich eine umfassend beschriebene Welt, in die man eintauchen kann. Es ist nicht wichtig, das tatsächlich zu tun; es reicht das Wissen, dass die Welt beschrieben worden ist und theoretisch lesbar ist. Das bedient IR.

Viele Rollenspieler wünschen sich Regeln, welche alle möglichen Situationen im Detail beschreiben und abhandeln können. Es ist nicht wichtig, das im Spiel dann tatsächlich zu nutzen, es reicht das Wissen, dass es diese Regeln gibt. Für die Praxis reichen flexible und handhabbare Lösungen, die sich grob an Eindrücken aus Regel- und Quellenmaterial orientieren. Das bedient IR.

Viele Rollenspieler haben als Spieler gar keinen Bedarf an Regelungen bis ins letzte Detail und überlassen die Ausgestaltung gern dem Spielleiter. In der Praxis kann, nach dem Geschmack der meisten Rollenspieler, sehr viel gehandwedelt werden und Regelfehler fallen fast niemandem auf. Gleichzeitig wünscht man sich, dass es irgendwo geregelt ist, dass man "bei Bedarf" darauf zurückkommen könnte - und beschließt dann in der Regel, das nicht zu tun. Es ist - in einem gewissen Umfang - trotzdem auch möglich und akzeptiert, auf "die Regeln" oder "den Hintergrund" zu verweisen und daraus Gestaltungsrichtlinien abzuleiten. Das funktioniert mit IR sehr gut.

Viele Rollenspielgruppen vereinen Rollenspieler mit recht unterschiedlich ausgeprägtem Interesse an den Regeln und am Hintergrundmaterial. IR ermöglicht es allen, Aspekte ihrer eigenen Interessen einzubringen und aufgrund eines breiten, gemeinsamen Horizonts, eine Grundlage für gemeinsames Rollenspiel zu finden.

Das alles ist, behaupte ich, kein Defekt, sondern Teil eines Konzepts, nämlich IR.

IR schöpft nämlich aus der Fülle. Beim Durchblättern, oder auch nur beim Überfliegen der Titel und Titelbilder der Bände mit Material und Regeln, formen sich Ideen und Vorstellungen, aus denen dann ein gemeinsamer Horizont entsteht. Es entsteht ein gemeinsames Bild davon, wie Rollenspiel ungefähr funktioniert, wie die Welt ungefähr aussieht und was die Stimmung dieser Welt ist, was angemessene Figuren, Szenarien etc. sein könnten. Das vielfältige Material erlaubt außerdem, sich mit der Welt und den Regeln zu umgeben. Auch wenn man nicht konzentriert liest und auswendig lernt, formt sich so doch ein Bild, eben eine Impression. Und die wird dann gespielt. Das ist IR.

IR ist kein geplantes Rollenspielkonzept, sondern ist historisch entstande und organisch gewachsen. IR ist für die meisten Rollenspieler, zumindest in Deuschland, das Rollenspiel ihrer Jugend.

Und was ich am Beispiel Midgard bemerkt habe: Mir macht das manchmal Spaß und ich möchte, auch als aufgeklärter Rollenspieler, zumindest teilweise IR betreiben.

Was meint ihr?
Mir hilft diese Beschreibung von "IR" dabei, einen Spielstil besser zu verstehen und zu würdigen, den ich vorher weniger gut verstanden habe.
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Online nobody@home

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Das Beschriebene klingt für mich, offen gestanden, weniger "impressionistisch" im künstlerischen Sinne und mehr nach "Regellaienrollenspiel" -- vergleichbar etwa damit, daß die meisten von uns ja auch kein Jura studiert haben, aber doch ein zumindest ungefähres Gefühl dafür besitzen, was das Gesetz so sagt und was nicht, und uns in dem sonnigen Gefühl baden können, daß wir sowohl jederzeit mehr herausfinden könnten, wenn wir denn wollten, als auch eigens Experten für das Thema haben, die uns diese Arbeit normalerweise abnehmen.

Daß es Spieler gibt, die sich mit dieser Art von "Sicherheitsnetz" im Hinterkopf einfach wohler fühlen, ist nicht schwer nachzuvollziehen, und insofern kann man das sicher auch als eigenen Spielstil betrachten. Mich irritiert einfach nur der dafür gewählte Begriff an sich. ;)

Offline felixs

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Daß es Spieler gibt, die sich mit dieser Art von "Sicherheitsnetz" im Hinterkopf einfach wohler fühlen, ist nicht schwer nachzuvollziehen, und insofern kann man das sicher auch als eigenen Spielstil betrachten. Mich irritiert einfach nur der dafür gewählte Begriff an sich. ;)

"Impressionismus" durchaus im künstlerischen Sinne.

Wie bei Castagnary: "Sie sind Impressionisten in dem Sinn, dass sie nicht eine [ein System] wiedergeben, sondern den von ih[m] hervorgerufenen Eindruck.“ (Für das Zitat und Impressionismus allgemein: https://de.wikipedia.org/wiki/Impressionismus)

"Impressionismus" hat außerdem den Vorteil, nicht abwertend zu klingen. (Wenn auch "Impressionismus" ursprünglich wohl abwertend gemeint war; was auch wieder passt, wenn man die übliche Meinung zu dieser Art des Rollenspielens unter aufgeklärten Rollenspielern betrachtet.)

Aber ich bin natürlich anderen Benennungsvorschlägen gegenüber aufgeschlossen.
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Offline Gunthar

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Viele Spieler lieben klar verregelte Optionen. Auch wenn diese von nicht ganz logisch bis ins Absurde gehen. Hauptsache es steht so da. Und je mehr Optionen, desto besser. Sieht man schön am erfolgreichen  Pathfinder 1 oder DSA 4/5 Bloat.
Spieler in D&D 5e: "8 + viel, trifft das?"

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I propose that we rename the game "The One Ring" to become "The Eleven Ring" ;)
Three Rings for the Elven-kings under the sky,
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Nine for Mortal Men doomed to die,
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Offline Dimmel

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In Sachen Setting geh ich da mit. Eine ausgearbeitete Welt hat was. Und das unabhängig davon, ob man da dann Rollenspiel macht. Ich lese z. B. Gerne die neuen Star trek Bücher, ohne das Spiel zu spielen.

In Sachen Regeln kenne ich das aus meinem Umfeld nicht, als wir noch ebendiese Spiele gespielt haben. Entweder Regeln wurden ignoriert oder es wurde auf Einhaltung gepocht, besonders wenn es die Paradedisziplin des SCs war. Aber das man da ein gutes Gefühl hat, dass da im Hintergrund noch seitenweise Regel herum liegen.... ne, damit verbinde ich jetzt nichts positives.

Offline Zed

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Das Beschriebene klingt für mich, offen gestanden, weniger "impressionistisch" im künstlerischen Sinne und mehr nach "Regellaienrollenspiel"
Mir gefällt die Wortschöpfung von felixs ganz gut. Du, nobody, siehst im Ignorieren oder Handwedeln der Regeln eher Unvermögen, aber ich denke auch, es schwingt beim Ignorieren und Handwedeln eher Überzeugung mit, nach dem Motto:

"Ich lasse mir von einer Regel/einer Weltenbeschreibung, die mir nicht gefällt, doch nicht vorschreiben, wie etwas zu entscheiden habe!"  >;D

HEXer

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Felixs, dein Post ist mit großem Abstand das Beste, was ich in den letzten Jahren hier im Tanelorn gelesen habe.



Danke dafür.  :d

Offline Maarzan

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Regeln sind formalisierte, fixierte und referenzierbare Kommunikation.
Und Kommunikation ist eine dringende Notwendigkeit, wenn es um das gemeinsame Agieren in einem Hobby wie Rollenspiel geht, wo man in einer gemeinsamen Spielwelt agieren will.

Dabei ist der Vorteil von formalisiert und referenzierbar, dass die Hauptlast der Erschließungsarbeit“ auf außerhalb des eigentlichen Spieltermins gelegt werden kann und dass diese Arbeit dann auch wiederholt in verschiedenen Gruppen genutzt werden kann, da alle zumindest ähnlich spielen.
Dazu kann diese bestehende und belastbare Basis dann als Ausgangspunkt für eigene interne Überlegungen zu weiteren Handlungen genutzt werden, ohne jeden Teilschritt wieder abklären zu müssen, statt so informiert nur die dann letztlich getätigte Entscheidung anzukündigen.

Überhaupt ist so ein System die Basis für viele qualifizierte Entscheidungen, da zumindest eine abstrahierte der Figur entsprechenden Vorstellung der Spielwelt und deren Funktionsweise vorliegen muss, damit überhaupt eine gezielte Planung der eigenen Handlung möglich ist. Für ein Spiel als Erkundung oder Herausforderung ist das essentiell.
Kraft ihrer fixierten Form (was idealerweise dann auch für die Hausregeln gilt) kann angesichts der oft unterschiedlichen Geschmäcker am Spieltisch der Kompromisszustand dokumentiert werden und vermeidet dann zu einem guten Teil die daraus entstehenden Diskussionen.

Dieser impressionistische Zustand ist damit meines Erachtens ein von Einzelnen gewünschter Zustand der inneren Autonomie des Träumens, aber eben untauglich für ein gemeinsames Spiel, wo man eben nicht alleine ist mit seinen Träumen, sondern die mit den Träumen/Vorstellungen anderer in Einklang kommen muss.

Das kann man manchmal bei kleinen Kindern sehen, die zwar nominell dasselbe Thema bespielen, aber dann letztlich autonom rumbrabeln und vielleicht mal ein Stichwort des anderen oder dritten übernehmen, aber sonst solo vor sich hin spielen.
Später ändert sich das, wo wir dann beim Beispiel mit dem „Du bist tot- gar nicht“ wären bis dann Regeln eingeführt werden. 
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Online nobody@home

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Mir gefällt die Wortschöpfung von felixs ganz gut. Du, nobody, siehst im Ignorieren oder Handwedeln der Regeln eher Unvermögen, aber ich denke auch, es schwingt beim Ignorieren und Handwedeln eher Überzeugung mit, nach dem Motto:

"Ich lasse mir von einer Regel/einer Weltenbeschreibung, die mir nicht gefällt, doch nicht vorschreiben, wie etwas zu entscheiden habe!"  >;D

Erzähl du mir nicht, welche Meinung ich habe. >;D

Ich sehe in der Sache tatsächlich denn auch -- speziell bei Leuten, die schon über das Neuspielerstadium hinaus sind, Anfänger haben natürlich ihre eigenen Gründe -- weniger Unvermögen als Unwillen. Der läßt sich nun bis zu einem gewissen Punkt ohne große Probleme nachvollziehen (auch wenn ich persönlich nicht zu den Leuten gehöre, die dann unbedingt trotzdem komplexe Regeln und detailverliebte Hintergründe wollen; handwedeln läßt es sich ohne so einen Kladderadatsch von vornherein viel freier), kann aber aus meiner Sicht im Extremfall auch zu ausdrücklichem Dienstleistungsanspruch a la "Ich will das Komplettpaket, aber ich will das gar nicht alles nicht selber wissen müssen, da soll sich gefälligst die SL jemand anderes für mich drum kümmern!" ausarten...und spätestens, wenn eine Gruppe tatsächlich mal dort landen sollte, dann, das stimmt schon, sehe ich das auch nicht mehr besonders positiv.

Offline tartex

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Ich würde es ja eher "Katalog-Spielstil" nennen, aber bin mit dem Begriff auch nicht recht zufrieden.

Es ist ja in gewisser Weise eine Erweiterung des Barbie-Stils, vielleicht auch einfach seine Grundform.
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Offline Eismann

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Aus meiner Erfahrung heraus ist es nicht ungewöhnlich, dass es Regeln gibt, die die meisten entweder gar nicht verwenden oder in den relevanten Situationen irgendwie handwedeln, aber sich darüber beschweren, wenn sie nicht im System vorhanden sind. Dazu gehört oftmals sowas wie Traglast, allgemein Gewichte hochheben oder auch Weit- und Hochsprung.

Offline felixs

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@Maarzan, nobody@home: Das ganze ist erstmal vor allem deskriptiv gemeint. Es gibt keinen Grund, dagegen zu beissen.
Bezüglich dem Träumen: Ich meine schon, dass eine Art gemeinsames Träumen (ich würde es eher "gemeinsame Horizont" nennen) entstehen kann; wenn man das will.

Meine Frage wäre erstmal, ob damit eine Herangehensweise beschrieben ist, in der jemand sich wiederfindet, oder die man beobachtet zu haben meint.

Die Beschreibung ist absichltich eher wohlwollend verfasst - ich gehe nämlich davon aus, dass ein großer Teil der Rollenspieler (in Deutschland) so spielt oder gespielt hat. Und zumindest bei mir ist da auch eine gewisse Nostalgie mit dabei. Und meine Neigung zu einem Rollenspielsystem, welches ich nie in seiner ganzen Detailtiefe durchdringen werde (Midgard), kann ich so auch erklären.

Aus meiner Erfahrung heraus ist es nicht ungewöhnlich, dass es Regeln gibt, die die meisten entweder gar nicht verwenden oder in den relevanten Situationen irgendwie handwedeln, aber sich darüber beschweren, wenn sie nicht im System vorhanden sind. Dazu gehört oftmals sowas wie Traglast, allgemein Gewichte hochheben oder auch Weit- und Hochsprung.

Ja, sowas meine ich.
Und ich meine eben, dass es hilfreich ist, wenn die Sachen da sind, wenn man sie "mal gesehen" hat. Aber man muss sie halt nicht wirklich nach Regelbuch spielen, der Eindruck reicht.
« Letzte Änderung: 29.11.2022 | 12:40 von felixs »
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Offline Maarzan

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@Maarzan, nobody@home: Das ganze ist erstmal vor allem deskriptiv gemeint. Es gibt keinen Grund, dagegen zu beissen.
Bezüglich dem Träumen: Ich meine schon, dass eine Art gemeinsames Träumen (ich würde es eher "gemeinsame Horizont" nennen) entstehen kann; wenn man das will.

Meine Frage wäre erstmal, ob damit eine Herangehensweise beschrieben ist, in der jemand sich wiederfindet, oder die man beobachtet zu haben meint.

...

Das "wenn man will" erscheint mir typischerweise bezgl. "gemeinsam" die Form von "Ihr braucht das doch bloß wie ich sehen" anzunehmen.

Und ja, das kann man durchaus öfters mal beobachten.
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Offline Lord Verminaard

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Da steckt viel Wahrheit drin, auch wenn ich an einzelnen Punkten rummäkeln könnte, was ich aber einfach mal bleiben lasse. Eines möchte ich unterstreichen: Es ist ein Trugschluss, zu glauben, weil eine Gruppe ein komplexes Regelwerk nicht vollständig oder nicht korrekt anwendet, vielleicht sogar teilweise damit hadert, weil sie sich in einem detailliert ausgearbeiteten Setting manchmal verheddert, weil der SL darüber flucht, wie Settingdetails die Abenteuervorbereitung erschweren, deshalb zu glauben, diese Gruppe spiele das falsche Spiel.

Wer einer solchen Gruppe irgendwas mit Rules Lite und No Myth empfiehlt, übersieht dabei zwei wichtige Punkte: Erstens, Rules Lite / No Myth ist nicht bloß dasselbe in leichter. Die dadurch entstehende Leere zu füllen, ist ein völlig anderes Spiel, das nicht jeder mag, oder gut kann. Es verändert das Spielprinzip viel fundamentaler, als den meisten klar ist. Und zweitens, nicht jeder Widerstand ist schlecht. Nur weil die Gruppe sich manchmal schwer tut mir ihrem Regelwerk und Setting, heißt das nicht, dass es die Mühe nicht lohnen kann. (Womit ich nicht sagen will, dass komplex automatisch gut ist, oder dass alle von dir aufgezählten Systeme gut gemacht sind.)

Ich denke, du hast auch recht, Regelwerk und Setting hier zu verknüpfen und als Einheit zu betrachten. Denn das Regelwerk ist die Schnittstelle von Spieltisch und Vorstellungsraum. Oder genauer gesagt, der fest definierte Teil der Schnittstelle. Über das Regelwerk lernt die Gruppe, wie ihre Welt funktioniert. Und genau wie du sagst, ist allein das Wissen, hier aus dem Vollen schöpfen zu können, etwas, das der Spielwelt Substanz und Tiefe verleiht oder zumindest dieses Gefühl bei den Spielern erzeugt. Und im Idealfall sollten Regelwerk und Settingmaterial dann für Konsistenz und Kohärenz sorgen, die immer deutlicher und greifbarer wird, je länger man spielt. So wird die Spielwelt glaubwürdig und fühlt sich real an. Dafür ist es nicht notwendig, sich sklavisch an alles zu halten und alles immer richtig zu machen, solange die Gruppe den Weg gemeinsam geht. (Allerdings nimmt mit steigender Eigeninterpretation die Kompatibilität mit anderen Gruppen ab.)

Wenn einige von uns heute Aventurien und andere große Settings statt mit dem Tanker, der das Original-Regelwerk heute ist, mit unseren kleinen, wendigen Story-Games-Yachten durchqueren, dann mag uns das mit Leichtigkeit gelingen. Das ist aber kein Beweis dafür, dass kein Mensch den Crunch und die simulationistischen Regeln braucht. Denn, Überraschung, wir haben ja alle auch mal das Original-Regelwerk in irgendeiner Edition gespielt, und greifen nun auf das dadurch geformte Bild des Settings zurück.
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Offline felixs

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@Lord Verminaard: Danke! Ich glaube, Du hast genau verstanden, was ich meine. Vielen Dank für die Ergänzung.

Das "wenn man will" erscheint mir typischerweise bezgl. "gemeinsam" die Form von "Ihr braucht das doch bloß wie ich sehen" anzunehmen.

Und ja, das kann man durchaus öfters mal beobachten.

Mir reicht das erstmal. Wichtig ist, ob das einen halbwegs eingrenzbaren Spielstil trifft. Scheint ja erstmal so zu sein.

Falls das tut Deeskalation beiträgt: ich möchte nicht sagen, dass das für jeden ein geeigneter Spielstil ist oder sein sollte.
« Letzte Änderung: 29.11.2022 | 13:00 von felixs »
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Offline Maarzan

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Mir reicht das erstmal. Wichtig ist, ob das einen halbwegs eingrenzbaren Spielstil trifft. Scheint ja erstmal so zu sein.

Falls das tut Deeskalation beiträgt: ich möchte nicht sagen, dass das für jeden ein geeigneter Spielstil ist oder sein sollte.

Es scheint mir kein geschlossener Spielstil zu sein in dem Sinne, dass da eine ganze Gruppe da so spielt.
Mein Eindruck ist da sind ein oder zwei in einer größeren Gruppe so oder aber es finden sich mehrere solche Spieler um einen Erzähler-SL, aber auch da kann es dann zu Konflikten kommen, wenn die erwünschten Geschichten auseinander laufen.
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Offline felixs

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Es scheint mir kein geschlossener Spielstil zu sein in dem Sinne, dass da eine ganze Gruppe da so spielt.

Es gibt selten geschlossene Spielstile, das stimmt. Und es gibt sicher innerhalb von Gruppen, die IR betreiben, auch gewisse Abweichungen. Ich würde sogar meinen, dass IR ziemlich gut darin ist, unterschiedliche Spielertypen beisammenzuhalten.

Aber ich nehme das trotzdem erstmal als grundsätzliche Gegenstimme.
« Letzte Änderung: 29.11.2022 | 13:23 von felixs »
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Offline aikar

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Beim Ansatz eines umfangreichen Regelsystems als "Sicherheitsnetz", dass man benutzen kann aber nicht muss und das damit ein Gefühl der Sicherheit gibt stimme ich zu, das mag durchaus vielen Spieler:innen so gehen.
Das ist aber kein Beweis dafür, dass kein Mensch den Crunch und die simulationistischen Regeln braucht.
Das glaube ich übrigens auch  nicht, auch wenn ich persönlich nichts damit anfange. Es gibt sicherlich genug Spieler:innen, die das wollen. Und es gibt auch genug, die es nicht nur als Sicherheitsnetz sehen, sondern an den Möglichkeiten eines detaillierten Systems explizit Gefallen finden.

Und ich stimme zu, dass viele Spieler:innen gerne gut ausgearbeitete Welten spielen bzw. leiten.

Ich finde es aber einen Fehler, diese beiden Faktoren als ein zwingendes Gesamtkonzept/Spielstil zu sehen. Das mag so erscheinen, weil die genannten Platzhirsche (+Shadowrun) sowohl umfangreiche Welten als auch umfangreiche Regelsysteme besitzen. Es gibt aber keinerlei Grund, warum das eine das andere bedingen sollte.

Aber was beide Faktoren gemeinsam haben, ist ein großer Produktausstoß. Und da sehe ich den eigentlichen Grund für den Erfolg dieser Systeme. Wenn man eine Community regelmäßig mit neuem Material versorgt, hält man sie interessiert und lebendig.
Und wenn ein System sowohl durch komplexe Regeln regelmäßig Regelbände als auch durch den umfangreichen Hintergrund regelmäßige Hintergrundbände (+evtl. Abenteuer) produziert, ist dieser Materialausstoß praktisch garantiert.

Midgard würde ich übrigens als echten Sonderfall sehen. Das lebt primär von seiner sehr eingeschworenen über Jahrzehnte gewachsenen Gemeinschaft.  Mich würden die Zahlen interessieren, aber ich vermute, dass das Wachstum von Midgard außerhalb der Hochburgen, die von den Alt-MItgardern gepflegt werden, extrem gering ist (Belehrt mich eines Besseren!)
Aber selbst Mitgard hat eine im Vergleich der Rollenspielsysteme klar überdurchschnittlich hohe Produktmenge, auch wenn es nicht mit DSA, Splittermond oder Pathfinder konkurrieren kann.
« Letzte Änderung: 29.11.2022 | 13:32 von aikar »
Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/

Offline tartex

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Es scheint mir kein geschlossener Spielstil zu sein in dem Sinne, dass da eine ganze Gruppe da so spielt.

Das Tolle am Katalog-Spiel, Barbie-Spiel oder meinetwegen impressionistischem Rollenspiel ist ja gerade, dass es eine Solo-Spiel ist, das aber dann trotzdem an eine Gruppenaktivität ankoppelt.

Der Spielleiter, der sich x Spiele zulegt, um zu studieren, was er damit geiles dann im Spieltisch abziehen könnte, zehrt sein Vergnügen wohl aus der Euphorie desselben Versprechens.
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HEXer

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Ich sehe in der Sache tatsächlich denn auch […] weniger Unvermögen als Unwillen. […] handwedeln läßt es sich ohne so einen Kladderadatsch von vornherein viel freier

Das wiederum läuft aber tendenziell auch leichter Gefahr, von einem Handwedeln zur Willkür zu verkommen - oder in langen Diskussionen auszuarten.

Ich würde es ja eher "Katalog-Spielstil" nennen, aber bin mit dem Begriff auch nicht recht zufrieden.

Es ist ja in gewisser Weise eine Erweiterung des Barbie-Stils, vielleicht auch einfach seine Grundform.

Hm. Ich erkenne die Parallelen, finde aber auch, dass es da durchaus Unterschiede gibt. Ich denke, beim "Impressionistischen Spiel" so wie ich felixs verstanden habe geht es mehr um Setting und Regeln allgemein, als um die jeweils nur für dein eigenen Charakter wichtigen Bereiche. Es geht darum, quasi durch Outsourcing der Definitionshoheit an Setting- und Regelbände einen gemeinsamen Vorstellungsraum genauer, allgemein gültiger und konfliktfreier zu erschaffen. Dabei ist es dann eben nicht so wichtig, in die tiefsten Details einzutauchen, sondern eben eine gemeinsame Basis und darauf aufbauend ein möglichst ähnliches Gefühl, einen Eindruck der Spielwelt zu haben.

Meine Frage wäre erstmal, ob damit eine Herangehensweise beschrieben ist, in der jemand sich wiederfindet, oder die man beobachtet zu haben meint.

Ja, definitiv. Das ist auch bei mir mit viel Nostalgie verbunden und mit ein Bisschen wehmut, weil heute die Zeit und Energie (und auch die Toleranz gegenüber subjektiv wahrgenommenen Unstimmigkeiten) fehlen, um noch mal so tief in ein Rollenspiel einzusteigen.

Das "wenn man will" erscheint mir typischerweise bezgl. "gemeinsam" die Form von "Ihr braucht das doch bloß wie ich sehen" anzunehmen.

Aber so wie ich es verstehe, geht es ja genau darum eben nicht. Weil man eben eine "offizielle Ebene" hat, auf die man dann zurückfallen kann bzw. die ja den gemeinsamen Vorstellungsraum schon vorgibt. Die meisten Settings haben ja den Vorteil, im Vergleich zur Realwelt eine viel eindeutigere, nachprüfbare "Wahrheit" zu haben. Mit dieser Gewissheit im Hinterkopf kann man glaube ich schon tendenziell entspannter auch die Ideen anderer zulassen, weil sie vermutlich mehr dem gemeinsamen Vorstellungsraum entsprechen.

(Ich persönlich finde das sehr gut, weil ich keine guten Erfahrungen mit Rollenspielen gemacht habe, in denen es nur wenige oder keine Vorgaben gibt. Entweder gab es große Unsicherheit, lange Diskussionen oder es kam hinterher ein Kompromiss dabei heraus, mit dem niemand mehr zufrieden war.)

Wenn einige von uns heute Aventurien und andere große Settings statt mit dem Tanker, der das Original-Regelwerk heute ist, mit unseren kleinen, wendigen Story-Games-Yachten durchqueren, dann mag uns das mit Leichtigkeit gelingen. Das ist aber kein Beweis dafür, dass kein Mensch den Crunch und die simulationistischen Regeln braucht. Denn, Überraschung, wir haben ja alle auch mal das Original-Regelwerk in irgendeiner Edition gespielt, und greifen nun auf das dadurch geformte Bild des Settings zurück.

Danke, das bringt es sehr gut auf den Punkt. Deswegen finde ich funktionieren Rollenspiele mit Realweltbezug oder aber bei denen die Welt (inkl. Regeln) allen klar ist, auch als "leichtere" Rollenspiele besser, als manche anderen.

Ich finde es aber einen Fehler, diese beiden Faktoren als ein zwingendes Gesamtkonzept/Spielstil zu sehen. Das mag so erscheinen, weil die genannten Platzhirsche (+Shadowrun) sowohl umfangreiche Welten als auch umfangreiche Regelsysteme besitzen. Es gibt aber keinerlei Grund, warum das eine das andere bedingen sollte.

Hm. Interessanter Gedanke. Ich glaube so ad hoc teile ich den aber nur bedingt. Ich denke, es kommt gerade bei den Regeln dann darauf an, wie groß die Ähnlichkeiten zwischen der Spielwelt und der Realwelt sind und wie "tief" (also wie sehr ins Detail) das Rollenspiel geht. Ich denke, das Verhältnis zwischen Setting- und Regeltiefe muss dabei aber nicht proportional gleich sein, da gebe ich dir Recht. HârnMaster ist da so ein Beispiel, wo es detaillierte Grundregeln gibt, aber darüber hinaus regeltechnisch bei weitem nicht so viel wie settingmäßig.

Aber was beide Faktoren gemeinsam haben, ist ein großer Produktausstoß. Und da sehe ich den eigentlichen Grund für den Erfolg dieser Systeme. Wenn man eine Community regelmäßig mit neuem Material versorgt, hält man sie interessiert und lebendig.

Oder setzt sie unter Druck - auch kein zu vernachlässigender Faktor bei Produktveröffentlichungen, glaube ich.

Offline tartex

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Hm. Ich erkenne die Parallelen, finde aber auch, dass es da durchaus Unterschiede gibt. Ich denke, beim "Impressionistischen Spiel" so wie ich felixs verstanden habe geht es mehr um Setting und Regeln allgemein, als um die jeweils nur für dein eigenen Charakter wichtigen Bereiche. Es geht darum, quasi durch Outsourcing der Definitionshoheit an Setting- und Regelbände einen gemeinsamen Vorstellungsraum genauer, allgemein gültiger und konfliktfreier zu erschaffen. Dabei ist es dann eben nicht so wichtig, in die tiefsten Details einzutauchen, sondern eben eine gemeinsame Basis und darauf aufbauend ein möglichst ähnliches Gefühl, einen Eindruck der Spielwelt zu haben.

Klar, für mich ging es hauptsächlich um die Gemeinsamkeit, dass ein bedeutender Anteil des Spielspaßes aus der Zeit, die man gemeinsam beim Spielen verbringt, exportiert werden kann. Aber das ist wohl eine Grundkonstante menschlicher Motivation zur Vorbereitung - für so ziemlich alles.
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Offline Maarzan

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Aber so wie ich es verstehe, geht es ja genau darum eben nicht. Weil man eben eine "offizielle Ebene" hat, auf die man dann zurückfallen kann bzw. die ja den gemeinsamen Vorstellungsraum schon vorgibt. Die meisten Settings haben ja den Vorteil, im Vergleich zur Realwelt eine viel eindeutigere, nachprüfbare "Wahrheit" zu haben. Mit dieser Gewissheit im Hinterkopf kann man glaube ich schon tendenziell entspannter auch die Ideen anderer zulassen, weil sie vermutlich mehr dem gemeinsamen Vorstellungsraum entsprechen.

(Ich persönlich finde das sehr gut, weil ich keine guten Erfahrungen mit Rollenspielen gemacht habe, in denen es nur wenige oder keine Vorgaben gibt. Entweder gab es große Unsicherheit, lange Diskussionen oder es kam hinterher ein Kompromiss dabei heraus, mit dem niemand mehr zufrieden war.)

...

Ja, deine Lesart mit Betonung des "Sicherheitsnetzes" statt des von mir prominent gelesenen und mit entsprechenden Spielsituationen verknüpften "Regeln interessieren ja eigentlich nicht" ist vermutlich die richtigere.
Sorry auch an felix.

Also z.B. die besonderen, strukturierten Tabellen wie Crit und Manöver bei Rolemaster nicht referenzieren, sondern nach den typischen Inhalten (bzw. mit vorher kommunizierten Verschiebungen) abschätzen und nur bei Protest genau nachlesen.
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Offline felixs

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@Hexer: Dankeschön. Auch mit Deinen Beiträgen stimme ich überein. So war es gemeint.

Aber was beide Faktoren gemeinsam haben, ist ein großer Produktausstoß. Und da sehe ich den eigentlichen Grund für den Erfolg dieser Systeme. Wenn man eine Community regelmäßig mit neuem Material versorgt, hält man sie interessiert und lebendig.
Und wenn ein System sowohl durch komplexe Regeln regelmäßig Regelbände als auch durch den umfangreichen Hintergrund regelmäßige Hintergrundbände (+evtl. Abenteuer) produziert, ist dieser Materialausstoß praktisch garantiert.

Midgard würde ich übrigens als echten Sonderfall sehen. Das lebt primär von seiner sehr eingeschworenen über Jahrzehnte gewachsenen Gemeinschaft.  Mich würden die Zahlen interessieren, aber ich vermute, dass das Wachstum von Midgard außerhalb der Hochburgen, die von den Alt-MItgardern gepflegt werden, extrem gering ist (Belehrt mich eines Besseren!)
Aber selbst Mitgard hat eine im Vergleich der Rollenspielsysteme klar überdurchschnittlich hohe Produktmenge, auch wenn es nicht mit DSA, Splittermond oder Pathfinder konkurrieren kann.

Einen Grund für Popularität sehe ich auch in der Veröffentlichungsfrequenz. Nicht so sehr eine Erklärung für die spezifische Spielweise, die sich entwickelt hat und die von entsprechend sozialisierten Spielern auch auf anderen Systeme übertragen wird.
Unklar wäre auch, warum Midgard auch oft als IR gespielt wird, so wie DSA oder Splittermond.

Bezüglich D&D und Pathfinder habe ich mich vielleicht ein wenig aufs Glatteis gewagt - ich bin mir da viel weniger sicher. Weiß aber, dass einige mir bekannte Gruppen zumindest D&D als IR gespielt haben.

Andererseits gibt es, gerade wenn man den englischen Bereich dazu nimmt, auch viele andere Rollenspiele, mit durchaus vielen Veröffentlichungen, die nicht so sehr zu IR neigen. Z.B. Runequest, GURPS, etc. Andererseits gibt es - so mein Eindruck, Indizien dafür, dass IR eine ziemlich "deutsche" Angelegenheit sein könnte, die - so vermute ich - in vieler Hinsicht durch DSA 3 bis DSA 5 geprägt ist.
Und bei Cthuhlhu ist es z.B. eh wieder ganz anders, weil die Regeldichte geringer ist.

Das Tolle am Katalog-Spiel, Barbie-Spiel oder meinetwegen impressionistischem Rollenspiel ist ja gerade, dass es eine Solo-Spiel ist, das aber dann trotzdem an eine Gruppenaktivität ankoppelt.

Der Spielleiter, der sich x Spiele zulegt, um zu studieren, was er damit geiles dann im Spieltisch abziehen könnte, zehrt sein Vergnügen wohl aus der Euphorie desselben Versprechens.

Ich bin nicht sicher, ob wir das gleiche meinen. Ich gehe schon davon aus, dass tatsächlich gespielt wird und dass sich auch alle einig sind, gemeinsam dasselbe Spiel zu spielen.

"Barbie-Spiel" (ich nutze den Ausdruck nicht so gern, wenn auch manchmal angeblich neutral verwendet) habe ich immer so verstanden, dass man sich mit der eigenen Figur beschäftigt und auch in dieser aufgeht (letzteres würde dann den Unterschied zum Method Acting ausmachen).
Beim IR geht es aber um einen bestimmten Zugang zu Spielwelt und Regelsystem, normalerweise als eine Einheit verstanden. Die Beschäftigung damit kann einige Zeit ausmachen und auch ein solitäres Vergnügen sein. Der Punkt ist aber die Schaffung eines geschlossenen Spielweltbildes durch Rezeption des Materials, die aber meist mehr oder weniger unsystematisch ist.

Ja, deine Lesart mit Betonung des "Sicherheitsnetzes" statt des von mir prominent gelesenen und mit entsprechenden Spielsituationen verknüpften "Regeln interessieren ja eigentlich nicht" ist vermutlich die richtigere.

Ja, so ist es auch von mir gemeint, ist von aikar ("Sicherheitsnetz") und Hexer gut beschrieben.
Wobei ich davon ausgehe, dass das Sicherheitsnetz der Regeln in den meisten Fällen halt eher dafür da ist, dass es einerseits quergelesen wurde und daher eine Idee davon rüberbringt, was möglich sein könnte und sollte. Andererseits, dass man sehr selten darauf zurückfällt, weil es nicht als notwendig empfunden wird - man hat ja durch diese Eindrücke einen ähnlichen Horizont gewonnen und daher ähnliche Vorstellungen von Plausibilität.
Natürlich ist es auch innerhalb von IR möglich (und, meine ich, gelebte Praxis), Wünschen einzelner Spieler und Spielleiter nach größerer Regeltreue in bestimmten Bereichen entgegenzukommen.

Also z.B. die besonderen, strukturierten Tabellen wie Crit und Manöver bei Rolemaster nicht referenzieren, sondern nach den typischen Inhalten (bzw. mit vorher kommunizierten Verschiebungen) abschätzen und nur bei Protest genau nachlesen.

Ja, genau sowas. Wobei ich nicht weiß, wie das konkret bei Rolemaster funktionieren würde. Meiner Einschätzung nach eignet Rolemaster sich vergleichsweise wenig für IR; kann mich aber irren. Meiner Einschätzung nach würde eine typische IR-Runde aber wohl auch Rolemaster so spielen (wenn das irgendwie möglich ist).
« Letzte Änderung: 29.11.2022 | 18:18 von felixs »
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Offline Lord Verminaard

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Ich finde es aber einen Fehler, diese beiden Faktoren als ein zwingendes Gesamtkonzept/Spielstil zu sehen.

Zwingend nicht, aber in vielen Fällen eben doch gegeben und sinnvoll. Gegenbeispiele sind eher Sonderfälle aus meiner Sicht, Rules Lite / Setting Heavy funktioniert vor allem bei Sachen mit nem starken Kanon, die typischen cinematischen Franchise-Sachen oder so. Und Rules Heavy / No Myth ist noch atypischer, vielleicht ne GURPS-Gruppe mit World-Building-Ambitionen. Ok es gibt sicherlich diverse Pathfinder/D&D-Gruppen, die nicht in den offiziellen Settings spielen, aber das ist halt trotzdem nicht No Myth, die Monster, die Zauber, die Gegenstände und sogar Preise und Währungen, die Rassen und Klassen, das wird ja in den meisten Fällen mitgeschleppt, höchstens zusammengekürzt oder reskinned, aber das ist trotzdem ein Haufen Setting, das schon da ist.
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Offline aikar

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Zwingend nicht, aber in vielen Fällen eben doch gegeben und sinnvoll.
Für praktisch alle regel- und settingschweren Rollenspiele gibt es Fan-Konvertierungen auf regelleichte Systeme. Im Grunde hätte man also das Setting auch offiziell mit einem regelleichten System raus bringen können.
Für Golarion ist das ja schon geschehen (mit Savage Worlds) und für Eclipse Phase gibt es einen offziellen FATE-Ableger.
Und das Standard-Setting des nicht übermäßig schwergewichtigen D&D5 sind die Vergessenen Reiche, für die es inzwischen auch unzählige Hintergrundbücher (aus verschiedenen Editionen) gibt.

Es mag aber sein, dass Autoren, die es gerne detailliert mögen, dies automatisch sowohl auf Regeln wie Setting anwenden, während Autoren, die leichtgewichtigere Systeme präferieren, möglicherweise auch selbst eher zu improvisiertem Spiel neigen anstatt zu im Vornherein voll ausdefinierten Settings und Abenteuern und deshalb auch weniger davon produzieren.
d.h. der persönliche Geschmack der Autoren führt zur Häufung des gemeinsamen Auftretens.

Gegenbeispiele sind eher Sonderfälle aus meiner Sicht
Umfangreich beschriebene Welten an sich sind Sonderfälle. Die Rollenspielwelten die wirklich im Detailgrad der FR, Aventurien o.Ä. beschrieben sind kann man wahrscheinlich an zwei Händen abzählen im Vergleich zu tausenden von Rollenspielen am Markt.
Da ist für mich einfach keine statistisch irgendwie relevante Menge gegeben.
Für Fans von Aventurien, denen DSA zu komplex ist: Aventurien 5e: https://aventurien5e-fanconversion.de/