Bei "Opening Arguments" - gibt es mal einen Blick auf die OGL Erneuerung aus einer ganz anderen Richtung.
https://openargs.com/oa675-gizmodos-critical-hit-piece-on-wizards-of-the-coast/Kurz von mir als juristischen Laien zusammengefasst:
- niemand braucht die OGL, sofern man in seinen Publikationen nicht weite Passagen aus der SRD (Source Reference Document) wortwörtlich übernimmt. Regeln (aka Methoden oder Geschäftsprozesse) können in den USA (und IMHO auch hierzulande) nicht rechtlich geschützt (Copyright) werden. Wer also nur Quellenbände und Abenteuer verfasst und den Regeln anpasst OHNE geschützte Namen (Trademarks), und schöpferische/geistige Eigenleistungen (z.B. alle Monster mit allen D&D-Eigenschaften) von WotC zu verwenden, brauchte die OGL nie.
(Da IMHO TSR im Jahr 2000 jedoch den Ruf hatte alles und jeden zu verklagen, war das verwenden der OGL eine Art "Schutzschirm vor Klagen" für viele Kreative. Man muss dazu wissen, dass man in den USA Copyrights AKTIV verteidigen MUSS (sprich Klagen oder vertraglich bearbeiten), sonst kann ein Copyright verlieren - das ist in Deutschland anders.)
- grundsätzlich ist laut "OA" die OGL 1.1 nicht "böse", sondern für USA-Verhältnisse eher normal und korrigiert vor allem ein paar juristische Fehler der Vergangenheit. Diese sind vor allem dadurch entstanden, dass die ursprüngliche OGL wohl von Justiz-Laien erstellt wurde. Man wundert sich eher, dass WotC jemals so ein eher uneigennütziges Dokument erstellt hat - vermutlich von Linux Lizenzen inspiriert - aber für die USA wäre das eher unüblich.
- eine alte OGL Version beim in Verkehr bringen für "ungültig" zu erklären ist ganz normale Vertrags-Praxis. Wer gestern ein Auto für 10 Euro angeboten hat, und den Preis heute auf 20 Euro steigern möchte, wird seinen Kunden auch nicht die Wahl lassen dass Auto weiterhin für 10 Euro zu kaufen. Bereits verkaufte Autos (gültige Verträge für veröffentlichte Printprodukte oder statische Dateien wie PDF) sind davon natürlich nicht betroffen.
- der gesteigerte Umfang (900 -> 9000 Worte) ist vor allem durch die hinzugefügten Rechtstexte (juristische Klarstellungen von offenen Sachverhalten) aber auch durch Passagen mit "Erklärungen für den juristischen Laien" entstanden.
- Der am meisten Betroffene der OGL 1.1 bzw. 2.0 ist wohl ganz klar Paizo, die sich mit ihrem Pathfinder (parallel zu DND4 und auch jetzt noch) eine goldene Nase verdient haben (wir reden hier wohl von dreistelligen Millionenbeträgen und 150+ Angestellten - und damit der Hauptkonkurrent von WotC), und denen mit der neuen OGL die Erlaubnis entzogen werden soll, dass ab 2024 auch weiterhin zu tun - ohne dafür Geld an WotC zu überweisen. Paizo hat wohl die komplette SRD (Source Reference Document) als Basis von Pathfinder 1.0 übernommen und stellenweise verbessert (ich selbst habe PF nie gelesen). Wie nah 2.0 noch an der SRD dran ist, weiss ich nicht. Ob man einfach mit 2.0 weiter machen kann oder ob eine 3.0 mit weitreichenden Änderungen für den finalen Absprung notwendig ist, werden wohl Anwälte klären müssen.
- Es gibt ein "großzügiges Schlupfloch", weiterhin beliebig viel Geld mit OGL-Content zu machen, ohne die Nachteile der OGL zu spüren. Wenn man seinen Content frei zugänglich macht, aber sich durch Spenden unterstützen läßt (Paypal, Patreon, ...). Solange man seinen OGL-Kram nicht hinter eine Paywall packt, gelten die "Gewinne" nicht als "Umsatz/Revenue" im Sinne der OGL.
- Laut "Opening Arguments" steht in der OGL nichts Unfaires drin - mit EINER Ausnahme. Während OGL-Verwender ein uneingeschränktes Recht an WotC für alle OGL-Inhalte abgeben, räumt WotC sich das Recht ein, jemandem jederzeit die Lizenz zu entziehen. Rechtlich ist das notwendig, z.B. wenn jemand etwas illegales publiziert - in den USA könnte WotC dann nämlich mit vor Gericht landen, weil es unter deren Lizenz passiert ist. Hier sagen "OA", dass WotC diesen Sachverhalt besser angeleichen sollte, d.h. sobald WotC die Lizenz entzieht, erlischt auch deren Recht die Inhalte dieses Lizenznehmers zu verwenden. Gerichte würden sonst - je nach Staat - ggf. zugunsten des OGL-Verwenders entscheiden.
Ich fand diese Sicht von "Opening Arguments" ganz interessant, um mal auf den Boden der Tatsachen zurück zu kommen.
Natürlich bleibt die neue OGL a) eine lästige Änderung die ordentlich Bewegung ins Hobby bringt und wird b) dazu führen, dass noch aktive OGL-Verwender auf eine Alternative umsteigen müssen - sei es die OGL 1.1/2.0 oder die neue ORC Lizenz oder gar keine Fremdlizenz.
Vielleicht beruft man sich als gewinnorientierter Kreativer einfach wieder darauf, dass man etwas für das "weltweit erfolgreichste Fantasy-Rollenspiel" geschrieben hat und belässt es dabei.