Autor Thema: Wie unterschiedlich müssen Charaktere sein, und wenn ja, wodurch?  (Gelesen 2124 mal)

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Offline RackNar

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Da ich vor ein paar Tagen über The Fantasy Trip gestolpert bin, dass (fast) mit nur drei Attributen*1 auskommt, stelle ich mir mal wieder die Frage, wie unterschiedlich müssen eigentlich Charaktere sein? Natürlich hängt das stark von dem bevorzugtem Spielstil und dem angestrebten Spielgefühl ab. Meine Fragen daher:

Wie differenziert müssen die Charaktere für den entsprechenden Stil sein?
Wie muss diese Differenzierung in den Regeln modelliert sein?
Und ab wann bietet weitere Differenzierung keinen Mehrwert mehr?

*1) Ich weiß, dass TFT auch Talente, Zauber und mehr besitzt. Es war auch nur der Impuls für diese Frage.
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Offline BBB

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Ein komplexe Frage.
Die möglichst einfach gehaltene Antwort von mir ist, dass Charaktere so unterschiedlich sein müssen, dass jeder Spieler etwas für sich selber aus dem Spiel ziehen kann, aber ähnlich genug, dass das Spiel funktioniert.

Außerdem finde ich, dass man Persönlichkeit und Fähigkeiten unterscheiden muss.

Beispiel:
Ich spiele gerade (wieder) eine DSA Kampagne. Im Wesentlichen sind das vier Kämpfer. Jeder nutzt unterschiedliche Waffen, unterschiedliche Sonderfertigkeiten, aber eigentlich ist das komplett egal. Selbst wenn alle vier SCs die gleichen Waffen nutzen würden - die Charaktere sind extrem unterschiedlich. Von ihrer Persönlichkeit her.
Und da ist es komplett egal, was auf dem Charakterbogen steht. Ich finde, auch wenn DSA das teilweise macht, eine Verregelung von Persönlichkeit meist nichtmal zielführend.

Aber die Persönlichkeit macht das Spiel aus, zumindest für mich.
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Spielt zur Zeit: DSA Briefspiel, sowie 3-6 DSA Larps pro Jahr. Am Tisch: derzeit nix ;D

Würde gern spielen: Altered Carbon, Shadowrun, Cyberpunk, irgendetwas aus diesem Genre... außerdem The Witcher, Nesciamus, Vampire, ... irgendwas

Offline KhornedBeef

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Ja.
Viele Spiele funktionieren mit mechanisch sehr ähnlichen Charakteren ja wunderbar. Eigentlich sind DnD-artige Dungeon Crawler mit komplementären Rollen, ohne die man irgendwann stirbt, der Spezialfall.

Aber interessant für SpielerInnen sind Rollen natürlich schon, weil dann jeder seinen Moment haben kann. Das kann man regellos erledigen, aber Crunch ist halt Empowerment.

Ob die Personen verschieden sind, hängt von den SpielerInnen ab. Ich finde das das Ínteressant am Rollenspiel, aber eine Gruppe von Klonen gibt es sicher irgendwo. Beachte jedoch: Die meisten Spiele gehen von einer gewissen Entwicklung aus. Wäre seltsam, wenn die nicht für Unterschiede sorgt.
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Ich vergeige, also bin ich.

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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline RackNar

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Außerdem finde ich, dass man Persönlichkeit und Fähigkeiten unterscheiden muss.

Das ist ein guter Punkt, aber wie du schreibst nicht immer Teil der Regeln. Auf jeden Fall etwas zum weiter darüber nachdenken  :think:
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Offline Maarzan

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Kommt sicher auch auf die Länge des geplanten Spiels an.
Aber letztlich sollen sich Unterschiede in der Figur dann auch in unterschiedlichen Werten niederschlagen.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

HEXer

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Es hängt davon ab, wie sehr das jeweilige System auf niche protection setzt (durch Regeln, Charakter-Optionen, etc.), also letztlich, wie da die Vorgaben oder Möglichkeiten sind. Zweiter Faktor ist die Granularität selbst. Je detaillierter die Regeln und Charakterwerte, desto eher sollten sich die Charaktere unterscheiden.

Bei Systemen, die wenige, grobe Werte haben und keine/kaum niche protection, können im Extremfall auch alle Charaktere die gleichen Werte (oder auch gar keine) haben. Dann unterscheiden sie sich halt nicht darin, was sie können, sondern darin, was sie wann (nicht) tun bzw. wie, warum oder wozu sie es (nicht) tun.

Offline nobody@home

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Es ist natürlich einerseits richtig, daß auch Charaktere, die rein mechanisch komplett identisch sind, sich in Sachen Persönlichkeit, Hintergrund, und anderer Elemente, die von den Regeln meist nicht großartig eigens erfaßt werden, immer noch drastisch unterscheiden können. Andererseits kann man in so einem Fall noch nicht wirklich von Regelunterstützung für unterschiedliche Konzepte sprechen...

Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen, daß Dinge, die ohnehin jeder Charakter in mehr oder weniger starker Ausprägung hat -- also Sachen wie Attribute, eine Menge an Trefferpunkten o.ä., die meisten Fertigkeiten und dergleichen -- zumindest bei mir ebenfalls generell noch kein besonders ausgeprägtes Unterschiedsgefühl auslösen. Um das "richtig" hinzukriegen, braucht's schon ausdrücklich Elemente, die ein Charakter haben kann, ohne sie mit dem Rest der Welt teilen zu müssen; dabei müssen die nicht zwingend absolut einmalig sein und können auch in der Gruppe mehrfach vorkommen, aber es sollte eben doch etwas sein, was nach dem Motto von den vielen Gewehren halt "meins ist". Hierunter fallen dann Elemente wie spezielle Talente/Feats/Stunts/etc., bestimmte Fertigkeiten "nur für Spezialisten", diverse Klassenfähigkeiten, und in Systemen, die's erlauben, auch solche Dinge, die man als Spieler weitgehend frei zusammenfabulieren und sich dann trotzdem darauf verlassen kann, daß sie auch regelseitig Auswirkungen haben, anstatt nur unter "Zeugs außerhalb des Charakterbogens" zu fallen -- ist also immer noch eine recht breit aufgestellte Kategorie, und insofern habe ich bei diesem Mindestanspruch auch keine großen Gewissensbisse. ;)

Offline Boba Fett

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Sie müssen sich signifikant genug unterscheiden, um den Spielfiguren genug Alleinstellungsmerkmale zu verleihen, dass man sie von einander unterscheiden kann UND dass jeder seine Spezialisierungsnische hat, in der dieser Charakter 'glänzen' kann.

Wie viel dieses "signifikant genug" ist, hängt von der Art des Settings/Systems/Kampagne/... ab.

Ich mach mal ein Beispiel: In einem SF Setting könnte einer den Schmuggler (Pilot, Techniker, Heimlichkeiten), der andere einen Händler (zwischenmenschlich begabt) und der dritte einen Soldaten (Konflikt) spielen. Die unterscheiden sich deutlich. In einer anderen Kampagne spielen alle Soldaten, aber einer einen Scout/Scharfschütze, der nächste einen Tank und der dritte einen Commando (Taktik, Zwischenmenschlich). Auch das unterscheidet sich deutlich, obwohl alle drei eigentlich im ersten Beispiel in die gleiche Kategorie fallen würden und dort vielleicht nicht genug "Alleinstellungsmerkmale" hätten...

Und natürlich kann man es auch umdrehen und schauen, was die Charaktere darstellen und können und davon dann eine Kampagne ableiten, in der jeder genug Alleinstellungsmerkmale hat.

In einer Runde, wo alle Zwerge spielen, die gut mit Äxten kämpfen und schmieden können, unterscheiden sich möglicherweise nur Farbe, Länge und Flechtvariante der Bärte.
Ob das genug Unterschied macht, muss dann die Runde für sich entscheiden...
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Offline Boba Fett

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Es hängt davon ab, wie sehr das jeweilige System auf niche protection setzt...

Ich würde eher sagen, es hängt davon ab, wie sehr die jeweilige Spielrunde darauf wert legt.
Natürlich kann auch davon die Wahl des Systems abhängen.  Aber generell definiert der Wunsch der Spielenden, wie sehr "Individualismus" notwendig ist.

Und die Gruppe entscheidet ja auch, inwiefern dieser Individualismus sich auch durch sich unterscheidende Spielwerte ausdrücken muss.
Manchmal reicht es ja auch aus, wenn die Unterschiede im Kopf existieren. (3 Charaktere, alles Klasse: Kämpfer, alle mit Waffen und Schwerten identischer Werte, aber das eine ist ein Pirat, der nächste ein Söldner und der Dritte eine Stadtwache...  Anderes Beispiel wären die vier Musketiere...)
« Letzte Änderung: 5.01.2023 | 13:33 von Boba Fett »
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Offline 1of3

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Charaktere müssen so sein, dass andere am Tisch wissen, wie sie den Charakter anspielen sollen. Numerische Werte tun da in meisten Fällen gar nichts. Klassen oder Traits funktionieren da meistens besser.

Offline RackNar

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Charaktere müssen so sein, dass andere am Tisch wissen, wie sie den Charakter anspielen sollen.

Der gefällt mir, denn klaue ich :-)
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Offline Ein Dämon auf Abwegen

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Das Hängt mMn auch von der Rolle des Characters ab.

Im Kampf Kämpfer kann man in der Regel beliebig viele haben solange keiner den anderen völlig überschattet von daher ist es wirklich nicht mal von Nachteil wenn sie alle ähnlich sind solange du dadurch keine massive Schwäche (keine Fernkämpfer o.ä.) hast. Aber bei mehreren Controllern und Buffern wird es irgendwann redundant, vorallem wenn sie alle die selben Zauber haben (die ja in der Regel nicht stacken).

Außerhalb des Kampfes ist eigentlich ehr von Vorteil wenn mehrere Chars gut in Heimlichkeit und Körperlichen Talenten sind. Bei Wissensfertigkeiten brauchst du hingegen in der Regel keine Dopplungen und im Sozial Bereich kommt es auf den Spielstil an.
Merke: Neue Regeln zu erfinden ist nicht schwer, unnötige Regeln zu erkennen und über Bord zu werfen erfordert bedeutend mehr Mut und Sachverstand.

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Offline Schalter

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Mein Gefühl dazu ist, dass jeder SC in der Erzählung eine eigene Nische braucht. Das muss gar keine eigene Spielmechanik sein. Charaktere, die sich von der Funktion her doppeln (Klasse/Beruf/Spielregeln), funktionieren dennoch prima miteinander, wenn sie beide im ausreicenden Maß "Variationen desselben Themas" sind. Wenn aber nicht, bekommen Spieler leicht das Gefühl, sie würden beide dieselbe Nische in der Gruppe füllen, und konkurrieren dann darum oder machen zumindest einander überflüssig. Das betrifft natürlich NSCs auch, die öfters mit der Gruppe zu tun haben.

Die Differenzierung kann auch von den Spielregeln her kommen, wäre aber keine Erwartung von mir an ein System. Sowas muss man eh weitgehend je nach Spielgruppe zusammenpuzzeln.
Für mich ist die Differenzierung ab dann nicht mehr hilfreich, wenn sie gar zu kleinteilig wird. Gibt ja verständlicherweise Leute, die den Überblick über ihre Sonderregeln irgendwann verlieren. Ein Spiel mit nur drei Attributen wie das eingangs erwähnte Fantasy Trip wäre mir zu wenig, ich würde es aber eher spielen als eins, das nicht mit weniger als 30 Attributen auskommen mag.  :)

Offline Saffron

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Meiner Meinung nach kommt es darauf an, wie strategisch das jeweilige Rollenspiel ist. Die meisten oldschooligen Spiele (D&D, DSA etc.) sind stark daruf ausgerichtet, dass die Gruppe bestimmte Herausforderungen überwindet, und idealerweise sollte jeder Charakter in der Lage sein, etwas dazu beizutragen. Je nachdem, ob bzw. wie sehr man auch Charakterspiel betreiben möchte, ist es ggf. völlig egal, wie die Persönlichkeit und die Hintergrundgeschichte der Figur sich von den anderen in der Gruppe unterscheidet.

Je mehr man in Richtung Erzählspiel rückt, desto unwichtiger werden Werte, die sich auf Attribute und Fertigkeiten beziehen, und umso wichtiger werden Motivation, Persönlichkeit und Hintergrund des Charakters.

In beiden Fällen bin ich sehr dafür, dass die Figuren sich so weit unterscheiden, dass man im Spiel eine große Bandbreite abdeckt, egal ob es eine Bandbreite an Fertigkeiten ist oder eben eine Bandbreite an Persönlichkeitsmerkmalen.

Die Frage wie sehr sie sich unterscheiden müssen, finde ich insofern schwer zu beantworten, weil man das eben nicht messen kann. Es kann z.B. in D&D langweilig sein, zwei Nahkämpfer in der Gruppe zu haben, wenn sie sich kaum unterscheiden. Haben sie aber eventuell einen ganz unterschiedlichen  kulturellen Hintergrund, unterschiedliche Kampfstile, Herangehensweisen und Taktiken, dann finden beide auch ihre Nische, ohne sich gegenseitig auf die Zehen zu treten.
Ich leide nicht an Realitätsverlust. Ich genieße ihn.

Offline schneeland

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Mein Gefühl dazu ist, dass jeder SC in der Erzählung eine eigene Nische braucht. Das muss gar keine eigene Spielmechanik sein. Charaktere, die sich von der Funktion her doppeln (Klasse/Beruf/Spielregeln), funktionieren dennoch prima miteinander, wenn sie beide im ausreicenden Maß "Variationen desselben Themas" sind. Wenn aber nicht, bekommen Spieler leicht das Gefühl, sie würden beide dieselbe Nische in der Gruppe füllen, und konkurrieren dann darum oder machen zumindest einander überflüssig. Das betrifft natürlich NSCs auch, die öfters mit der Gruppe zu tun haben.
...

Das würde ich weitgehend so unterschreiben. Wobei ich für mich selbst feststelle: ich wünsche mir schon eine gewisse Unterfütterung der unterschiedlichen Spielwerten bzw. -konzepten, die dafür sorgt, dass meine Spielfigur in den Bereichen kompetent ist, die zum Archetypen passen (minus ggf. persönliche Defizite). Ob das jetzt Attribute, Fertigkeiten, Aspekte oder Klassen sind, ist dabei dann in der Tat nicht so wichtig, solange eine Differenzierung zwischen verschiedenen Konzepten für alle Spieler möglich ist.
Idealerweise sind es dann auch nicht (deutlich) mehr Spielwerte als für die grundlegende Differenzierung nötig sind.
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Offline Jens

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Charaktere müssen so sein, dass andere am Tisch wissen, wie sie den Charakter anspielen sollen.
Ein wichtiger Punkt, wie ich finde! Gerade "andere am Tisch" schließt auch die SL mit ein. Und manchmal macht es auch Spaß, wenn drei Leute praktisch denselben Charakter spielen und sich dabei gegenseitig verstärken, wo die Unterschiede wirklich nur in der Bartfarbe der Zwerge liegen ;D

Offline 1of3

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Mein Gefühl dazu ist, dass jeder SC in der Erzählung eine eigene Nische braucht. Das muss gar keine eigene Spielmechanik sein. Charaktere, die sich von der Funktion her doppeln (Klasse/Beruf/Spielregeln), funktionieren dennoch prima miteinander, wenn sie beide im ausreicenden Maß "Variationen desselben Themas" sind. Wenn aber nicht, bekommen Spieler leicht das Gefühl, sie würden beide dieselbe Nische in der Gruppe füllen, und konkurrieren dann darum oder machen zumindest einander überflüssig.

Nische ist so eine Sache. Die liegt nur teils beim Charakter, teils bei dem Rest der Party und teils bei der Kampagne. Kann ja sein, dass mein Charakter ein ganz toller Seemann ist. Tut nichts, wenn wir in der Wüste spielen. Nischen sind also weniger Kompetenzen, sondern von der Gruppe identifizierte Situationen. Und ich habe die Nische, wenn alle mich angucken, dass ich da etwas tue.

Dieses Identifizieren ist ein Aushandlungsprozess in der Gruppe. D.h. erstens geht es nicht so sehr, dass ein Charakter etwas besser können muss in einem mechanischen Sinne. Wir müssen uns nur einigen. Wenn meine Zauberschulrunde hier ein Problem mit Geistern hat, gucken alle CP an. In den meisten Fällen kann CPs Charakter das nicht besser als andere. Aber das ist die vereinbarte Nische und das ist so.

Anders herum bedeutet Aushandeln auch, dass Nischen beliebig gezogen werden können. "Heiler" gilt ja so als typische Nische. Wir hatten eine D&D-Runde, da wurde so gesprochen:

Priester-Spieler: Ah, Untote. Da sollte ich wohl Restoration einprägen.
Ich: Werter Freund, bitte sorgt euch nicht. Ich habe die liederliche Effekte von Untoten wohl in der Hand.
Priester-Spieler: Spielst du nicht Sorcerer oder sowas?
Ich: Oder sowas. Wenn es sein muss mache ich das 13 mal am Tag und abends mit Beleuchtung.

Der Priester-Spieler war ganz zufrieden, konnte er mehr Selbst-Buffs einprägen. Ich hatte also die Nische "Effekte von Untoten" erhandelt.

Mit Kampf funktioniert das nicht so. Da tun bei typischen Bewegen-und-Zielen-Kampfsystemen immer alle irgendwas. Da kann man über Rollen sprechen, aber nicht über Nischen.

HEXer

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Wobei man in diesen Beispielen dann ja auch auf der Spieler- und nicht mehr (nur) auf der Charakter-Ebene Nischen zieht. Und da sind wir dann irgendwie doch bei Kompetenzen. Nur nicht bei Charakter- sondern Spielerkompetenzen.

Offline Torsten (Donnerhaus)

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Am wichtigsten finde ich immer, dass Figuren sich psychologisch und sozial voneinander unterscheiden.
In dem, was sie technisch tun, können sie völlig identisch sein. Wenn die Option besteht, dann gern mit einer eigenen Ausprägung.

Dass das gut funktioniert, kann man an den meisten Kriegs- oder Piratenfilmen sehen. Die tragen alle mehr oder minder die gleichen Klamotten und benutzen auch oft die gleichen Waffen. Aber es macht einen deutlichen Unterschied, was für eine Persönlichkeit sie haben. Natürlich können sich solche Dinge, je nach System, auch stark in Werteunterschieden niederschlagen. WENN es aber besondere Nischen gibt (Zauberer, Beschwörer, Berserker, Prinzessin,…), dann finde ich es besser, wenn diese Nischen nicht doppelt besetzt sind. Vor allem, weil solche Dinge auch in der Welt oft Alleinstellungsmerkmale sein sollen.

Offline Maarzan

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Jetzt könnte ich raten, aber was meinst du damit hier?
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Offline Arldwulf

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Rollenspiel funktioniert über Entscheidungen, die Charaktere am Spieltisch lernt man am besten anhand dessen kennen.

Und darum ist mechanische Unterscheidbarkeit ebenfalls sehr wichtig, je genauer "dran" eine Regelumsetzung am Charakter eines der Protagonisten ist umso klarer wird auch das Bild von diesem für die anderen beteiligten.

Wenn die Namen austauschbar werden, weil alle das gleiche tun wird dies oft eher als Bruch im Rollenspiel empfunden, als etwas nach dem man wieder mit dem eigentlichen Spiel weiter machen kann.

Offline 1of3

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Jetzt könnte ich raten, aber was meinst du damit hier?

Anspielen? Etwas geben, worauf die Spieler*in reagieren kann. Kannst du als SL tun, kannst du mit deinem SC tun.
« Letzte Änderung: 6.01.2023 | 04:07 von 1of3 »

Offline Doc-Byte

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Ich bin nicht ganz sicher, ob sich die Frage jetzt konkret auf das von dir verlinkte RPG bezieht oder allgemein gemeint ist. In letzterem Fall hängt es mMn stark von Setting und natürlich auch Regelwerk ab, wie stark sich die Charaktere im Idealfall unterscheiden sollten. Paradebeispiel für komplexe RPGs ist da natürlich immer noch Shadowrun, wo die ideale Gruppe (die es in der Spielpraxis praktisch nie gibt  ;)) aus mindestens einem Kämpfer, einem Magier und/oder Adepten, einem Hacker, einem Rigger und einem Face besteht. (Wobei ein Charakter z.T. mehrere Gebiete abdecken kann.) Geht man jetzt zu einem Fantasy Setting, fallen ja alleine die technischen "Klassen" schon mal weg und es bleiben noch Kämpfer, Zauberer und "Sozialcharaktere" über. Vielleicht dazu noch Handwerker, Alchemisten o.ä. (Okay, okay, reden wir an dieser Stelle nicht über DSA. ;D) Daher denke ich, dass man deine Frage nicht allgemeingültig für alle denkbaren Szenarien beantworten kann. - Oder vielleicht ja doch genau darüber. In dem Falle wäre die Antwort: Die Charaktere sollten so verschieden sein, dass sie alle (primären) Aufgabenfelder abdecken können, die es in einem konkreten Setting gibt. (Im Idealfall, versteht sich.)
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Offline YY

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Grundsätzlich: das.

Weiterhin: Auch etwas komplexere Systeme leiden für mich nicht unter mechanisch sehr ähnlichen Charakteren. Da ergibt sich i.d.R. mindestens eine schwache Spezialisierung in dem Sinne, dass die prinzipiell gleichen Kompetenzfelder mit verschiedenen Schwerpunkten abgegrast werden.

Generell reicht mir eine "immaterielle" Differenzierung, d.h. über die Anteile, die nicht auf dem Charakterblatt stehen.


Daher:
Und ab wann bietet weitere Differenzierung keinen Mehrwert mehr?

Quasi sofort.
Spielmechanik, die primär oder sogar ausschließlich der Ausdifferenzierung von Charakteren dient, ist für mich komplett verzichtbar und ein Indikator dafür, dass das Spiel an meinen Schwerpunkten vorbei entwickelt wurde.
Das zieht dann nämlich erstaunlich weite Kreise, was das Design angeht.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

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Wenn die Namen austauschbar werden, weil alle das gleiche tun wird dies oft eher als Bruch im Rollenspiel empfunden, als etwas nach dem man wieder mit dem eigentlichen Spiel weiter machen kann.

In dem Sinne wäre es wahrscheinlich auch sinnvoll, ein paar klare Unterscheidungsmerkmale zwischen Charakter und Spieler vorzusehen -- einfach, damit man auch nach einer Weile die verschiedenen Figuren, die ein und dieselbe Nase am Tisch im Laufe der Zeit so gespielt haben mag, in der Erinnerung immer noch einigermaßen leicht voneinander trennen kann. Wobei das dann nicht zwingend regeltechnisch unterfüttert werden müßte (auch wenn das sicherlich nicht schadet), ein paar der brauchbareren Ratschläge für SL bei der Darstellung einschlägiger NSC beispielsweise sollten sich eigentlich systemagnostisch auch Spielern nahebringen lassen. :think: