Teil 2
Nach einer Weile angeregten Gesprächs machte Baronet Harun mich auf ein Gespräch hinter uns aufmerksam, einige andere Adlige waren offenbar der Meinung, wir wären nicht auf dem Wege zu Count Jusuf. Ehe wir beide dies noch genauer in Erwägung ziehen konnten, stand einer dieser Adligen auf (Baron Raschid al Faridne al-Malik, du weißt schon, der mir vor zwei Jahren diesen geschmacklosen Schmuck schenkte), ging zum Cockpit vor, hatte dort offenbar ein Wortgefecht und wurde dann erschossen. Wir waren erst einmal alle so geschockt, dass Niemand reagierte. Zwei vom „Personal“ gingen dann mit Waffen durch den Gleiter und befahlen Ruhe. Wir waren sowieso alle viel zu geschockt um zu reden, Baroness Fatima fiel in Ohnmacht. Nun, das ist ja normal bei ihr, aber in der Situation auch verständlich. Ich war selbst einer Ohnmacht nahe, besonders weil „unser Bauerntölpel“ Ärger machte. Harun mischte sich dann ebenfalls ein, warum auch immer. Am schlauesten erschien es mir, mich ruhig zu verhalten. Auch wenn Baronet Harun ein beeindruckendes Geschick mit seinem Krummdolch entwickelte. Ich möchte mich nicht unbedingt mit ihm duellieren, denke ich. Wenn es sich vermeiden lässt.
Aber um gewöhnliches Personal handelte es sich bei den Angreifern nicht, soviel war mir mittlerweile klar.
Auf alle Fälle gab es ein ekelerregendes Blutbad, andere Passagiere mischten sich ebenfalls ein. Ich hielt es für klüger mich herauszuhalten. Blut hätte sich auf meinem schönen neuen Kleid auch nicht ganz so gut gemacht. Das war es mir jedenfalls nicht wert. Abgesehen davon befand sich mein Rapier sowieso im Gepäckgleiter. Einer der „Diener“ erstach Baronet Garban bi Janubi al-Malik und brüllte etwas von Intrigant. Merkwürdig, ich hatte von ihm nie etwas Auffälliges gehört. Natürlich wurde der Diener sofort erstochen. Aber es war irgendwie noch mehr von diesem Gesindel an Bord. Anscheinend konnte der „Bauerntölpel“ immerhin schießen, leider auch auf den Piloten. Sehr geschickte Aktion, besonders weil Niemand von uns Anderen fliegen kann/konnte. Aber Baronet Harun erwies sich als Held, ermachte dort im Cockpit irgend etwas, so dass wir zumindest nicht abstürzten. Was in Anbetracht der Lage immerhin etwas war. Also, einen Flug zum Ball hätte ich mir anders vorgestellt. Arme Azhara, arme Aladaya, sie würden sicherlich in Sorge geraten. Aber man würde uns ja wahrscheinlich vermissen. Die Minuten verstrichen recht quälend, bis wir wunderbarerweise dann doch zum Palast kamen und unser Gleiter sogar landete. Dank sei dem Allschöpfer (und Baronet Harun).
Erstmal war mir natürlich nach einem Bad zumute. Azhara war völlig aufgelöst, aber ich konnte sie ja dann beruhigen. Nach dem Bad und neu frisiert ging es mir dann schon wieder besser. Bruder Serenus machte allerdings immer noch einen sehr aufgelösten und kalkweißen Eindruck. Ich glaube, ihn hat dieser Flug mehr mitgenommen als mich. Nun, Ablenkung hatte er so auf alle Fälle.
Der Saal machte einen sehr netten und ausgesprochen stilvollen Eindruck. Sehr exquisite Ausstattung und einige interessante Gemälde. Ich nutze die günstige Gelegenheit Baronet Harun noch einmal für sein beherztes Eingreifen während des Fluges zu danken. Es schien ihm peinlich zu sein?
Dann erschien unser Gastgeber. Also für sein Alter, ich muss sagen, er sah richtig gut aus! Und von sehr einnehmender Ausstrahlung. So Jemand hätte mal um mich freien sollen dachte ich. Oh wenn ich gewusst hätte! Eine kalte Hand greift nach meinem Herzen! Es war besser, dass ich nichts wusste. Count Jusuf.... Hilfe! Ich sollte mit meinem Bericht fortfahren, für Verzweiflung bleibt noch genug Zeit….
Als erstes schritt Count Jusuf zum Auspacken seiner Geschenke. Er scheint Spielzeuge aus der zweiten Republik zu mögen. Das Geschenk des „Bauerntölpels“ war natürlich sehr beleidigend, ein Ritualdolch für Selbstmord, aber etwas anderes hatte ich von diesem ungehobelten Dümmling auch nicht erwartet.
Mein Geschenk erregte Hass und Entsetzten bei den anderen Gästen, der Count brach nach einer 2-3 minütigen Betrachtung in schallendes Gelächter aus und bedankte sich explizit bei mir. Also hatte er tatsächlich Humor, wie ich gehofft hatte. Das hätte ja auch leicht schief gehen können, ich glaube Mamma und Aladaya waren hierüber besorgt. Oh wie es mich freute, Jemanden zu treffen, der denselben Humor hatte wie ich!
Baronet Harun geleitete mich zu Tisch. Ich hatte das Gefühl, er wollte einigen aufdringlichen Damen ausweichen, so wie ich einige Barone vermied. Außerdem speisten der Großwesir Aman Ibn Hassan mit uns, meine geliebte Tante, Faatina natürlich, Baroness Farrar Haadi al Buchi al-Malik, Sir Faaroog el-Mustaf al-Malik und Bruder Serenus. Meine liebe Tante fand mein Geschenk gewagt aber durchaus gelungen. Natürlich hatte ich dann ausführlich mit Faatina zu sprechen und zu diskutieren. Wir amüsierten uns besonders über Sir Faaroog und Bruder Serenus, die sich einen Wettbewerb darin lieferten mich mit offenem Mund an zu starren. Zum Glück hatten wir mit Baroness Farrar eine weitere Schönheit an unserem Tisch, so dass sich nicht alle Blicke nur auf mich konzentrierten, was ich zur Abwechslung einmal recht erholsam fand. Für später jedoch erschien es mir ratsam, mich von ihr zu entfernen, damit ich selber besser zur Geltung käme, denn auf den Tanz wollte ich ja nun nicht verzichten.
Der Großwesir klärte uns dann genauer über die Vorgänge während des Hinfluges auf. Offenbar gab es Vergiftungen und ähnliche unschöne Angelegenheiten unter den Beduinen des Baronets Garban. Dieser war offenbar weder nett, noch politisch geschickt.
Viel interessanter aber war, dass der Großwesir bereitwillig auf meine geschickt eingefädelte Anspielung auf die Pferdezucht des Count einging (ich berichtete von den Gerüchten, die man so über ihn verbreitete und erwähnte die Pferde so beiläufig wie möglich), er lud mich sogar ein länger zu bleiben, um einige der Tiere zu besichtigen. Eventuell würde sich sogar ein Ritt ergeben. Es fiel mir schwer mir mein Entzücken hierüber nicht allzu deutlich anmerken zu lassen.
Im übrigen erwähnte meine liebe Tante, dass der Count ihr Cousin sei. Interessant!
Aber die Pferde des Count...! Du kannst dir mein Entzücken denken. Und der Großwesir ging bereitwillig darauf ein. Was mich in Anbetracht der späteren Ereignisse immer noch erstaunt.
Dann sollte der Tanz mit einem Zufallswalzer beginnen. Mir rutschte ja gleich das Herz hinunter, denn mit mindestens einem Dutzend der Barone wollte ich nicht für den Rest des Abends geschlagen sein. Katastrophe! Ich war nur froh, dass wenigstens Baron Raschin nicht mehr zu diesen unliebsamen Gestalten gehören konnte. Vor lauter Panik vor bestimmten Leuten achtete ich wenig auf den Tanz. Aber dann stell Dir vor, wer vor mir stand, als die Musik aufhörte... Count Jusuf! Mit Sicherheit hatte da mindestens der Großwesir seine Finger im Spiel. Wirklich erleichtert war ich erst mal nicht, denn noch wusste ich ja nun nicht, was an diesen ganzen Gerüchten über ihn dran war. Gut, ich hatte den Bonus, dass mein Bild ihn belustigte, aber natürlich wollte ich auch gerne weiterhin einen guten Eindruck hinterlassen, um mir die Chance auf einen Ritt mit einem seiner phantastischen Pferde nicht zu verderben. So etwas bekäme man ja nicht alle Tage. Aber es war dann einfacher, als ich dachte und fürchtete. Er schien recht angetan zu sein von mir, ohne jedoch in ein dümmliches Anstieren zu verfallen. Noch während des Tanzes bot er mir an, mir die Stallungen zu zeigen, was ich natürlich gerne angenommen habe. Aber wenn ich gewusst hätte was kommt, dann hätte ich vielleicht versucht dem auszuweichen oder hätte gar nicht erst mit den leidigen Pferden angefangen. Aber das ist nun zu spät fürchte ich... . Alles ist nun zu spät, oh grausames Schicksal!
Zuerst war es sehr nett, er zeigte mir ausführlich seine Tiere und wir unterhielten uns sehr angeregt über die Zucht. Es war höchst interessant, aber darauf will ich jetzt nicht näher eingehen. Er lenkte dann das Gespräch leider recht geschickt auf meine Freier. Meine peinliche Berührtheit schien ihn dann zu belustigen. Ein Ausweichen war aber auch nicht möglich. Also ging ich notgedrungen darauf ein. ER schenkte mir eine exquisite Haarspange aus Elfenbein mit Gold- und Silberfäden durchwirkt, in Rosenform mit Blättern aus Jade. Nie zuvor bekam ich ein derart schönes und stilvolles Geschenk. Aber dann wollte er unbedingt von mir wissen, ob ich an die Liebe auf den ersten Blick glaube und was ich von meinem Leben erwarte. Was antwortet man darauf? Das hatte mich noch nie Jemand gefragt. Lügen hielt ich für sehr unschlau, da der Count mit seinem Alter bestimmt über eine entsprechende Menschenkenntnis verfügt/verfügte. Vollends ratlos wurde ich jedoch, als er dann plötzlich auf die Knie sank und um meine Hand anhielt, weil er keinen weiteren Tag seines Lebens ohne mich sein wolle. Das ging mir alles zu schnell und plötzlich. Keiner meiner bisherigen Freier war so schnell und so direkt zu mir. So eine Überrumpelungsstrategie! Auf der einen Seite war ich geschockt, auf der anderen aber auch beeindruckt von seiner Zielstrebigkeit.
Auf jeden Fall hatte er Erfolg mit seiner Strategie, wenn er denn wirklich „nur“ um meine Hand anhalten wollte. Bei Jemandem, der so reich und so einflussreich ist, weiß man ja nicht, ob derjenige nicht doch noch andere Ziele im Hintergrund verfolgt. Und ich weiß nicht, ob ich dem gewachsen bin. Gegenüber Jemandem wie Count Jusuf muss ich noch sehr viel lernen, denke ich.
So wie er da vor mir kniete konnte ich nicht ablehnen, auch wenn ich noch immer nicht weiß, ob es schlau war. Er überraschte mich gleich darauf wieder, indem er mir mitteilte, dass Mamma und Pappa schon auf dem Weg hierher seien und wir in zwei bis drei Stunden heiraten könnten. Mein anfänglicher Schock wich bald der Belustigung bei der Vorstellung der Gesichter der anderen Gäste. Aber wer zuletzt lacht...
Und ich muss zugeben, dass mich selten Jemand so beeindruckt hat wie Count Jusuf. Es fiel mir schwer das alles zu realisieren. Es war wie ein Traum. Nie vorher begegnete mir so Jemand.
Als wir weiter durch den Park flanierten, um zum Palast zurück zu kehren, vernahmen wir plötzlich ein Stöhnen und fanden Baronet Harun neben einem der Teiche. Zuerst dachten wir er sei betrunken, doch dann stellte sich heraus, dass er vergiftet worden war. Nach dem zu urteilen was zwischen dem Count und ihm hin und her gesprochen wurde, gab es da wohl eine größere Intrige, in die der Baronet hineingeriet. Offenbar initiiert von einer Erbschleicherin, aber vielleicht war auch der Großwesir beteiligt. Mich grauste es, in welches Schlangennest bin ich geraten? Außerdem fiel mir plötzlich Bruder Serenus ein... . Aber gut, er war und ist nur mein Beichtvater.
Das Gesicht des Baronets, bei der Eröffnung, dass ich die Braut des Count bin, war göttlich! Man muss ja alles mit Humor nehmen, auch wenn mir im Moment nur noch nach Verzweiflung zumute ist.
Am Palast angekommen trennten wir uns von Baronet Harun, um den sich inzwischen auch die Ärzte kümmerten, um Mamma und Pappa zu begrüßen. Ich war gespannt auf ihre Gesichter. Vielleicht hatte Pappa auch etwas geahnt? Zumindest hatte er keine Befürchtungen wegen meines Bildes, also wusste/weiß er vielleicht mehr über den Count, als er mir erzählte? Ich muss ihn einmal fragen, dazu kam ich bisher vor lauter Aufregungen nicht. Wobei es nun aber auch eigentlich egal ist. Als der Count ihn nun jedoch um meine Hand bat, wirkte er sehr überrascht und auch leicht geschockt, aber als ich ihm mein Ja zunickte, schien er sehr erleichtert zu sein. Mamma war völlig außer sich, es war etwas schwierig sie zu beruhigen, vor allem als der Count ihnen dann mitteilte, dass die Trauung schon in zwei Stunden stattfinden solle. Sie waren jedenfalls ebenso überrascht wie ich selbst und genauso überrumpelt. Irgendwie bin ich immer noch durch den Wind von alledem. Es ging alles so schnell und ich wollte doch eigentlich nur ein nettes Abenteuer. Und nun diese Überrumpelung, dann das Glück und jetzt diese bodenlose Verzweiflung...
Wo war ich mit Schreiben?
Count Jusuf ließ den Großwesir kommen, damit er die Gäste um Ruhe und Aufmerksamkeit für die Ankündigung des Count bitten konnte. Die Gesichtszüge der Gäste, als sie mich am Arm des Count sahen, waren schon sehr schön, aber als Count Jusuf dann nach einer sehr schönen Ansage sozusagen die Bombe platzen ließ, gab es eine Reihe von Ohnmachten, sowie allgemeines Entsetzten. Baronet Harun tat sich als Retter der Lage hervor, indem er einen Hochruf auf uns, auf das Brautpaar anstimmte, in den die übrigen Gäste sehr eilig einstimmten. Als der Count unseren Trauungszeitpunkt bekannt gab, war das Entsetzen noch größer. Ich meinte sogar zu sehen, dass der Großwesir zusammensackte. Komisch, da er sich zuerst für uns zu freuen schien. Ich fürchte, ich bin nicht nur im Schlangennest, sondern direkt vor den Mäulern mehrerer Schlangen, die ich gar nicht kenne.
Dann jedoch kam erst einmal ein netter Teil der Nacht: man hatte bereits Gemächer für mich eingerichtet, auch Azhara und Aladaya waren schon geholt worden. Und es gab eine Reihe von Brautkleidern zur Auswahl, sowie Schuhe und Schmuck in allen Variationen. Selten hat mich Jemand so schnell erkannt wie Count Jusuf.
Natürlich gab es Schüsse vor meiner Tür, aber damit hatte ich gerechnet. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, damit die Dienerinnen nicht in Hysterie ausbrächen. Später erfuhr ich, dass es der Großwesir war. Also doch. Nun lebt er nicht mehr... .
An die Trauungszeremonie selbst erinnere ich mich nur nebelhaft. Das war alles etwas viel für mich. Ich denke, eine ganze Reihe Leute war sehr enttäuscht und von Hass erfüllt. Aber in dem Moment war mir das ziemlich egal. Auch glaubte ich mich ja noch beschützt von Count Jusuf. Wenn ich geahnt hätte..., nein es war besser so. So hatte der Count einige glückliche Stunden zum Ende seines Lebens, zumindest hoffe ich, sie waren glücklich, ich hätte ihm so gerne mehr gegeben. Ja, zum Ende seines Lebens, ich kann das nicht schreiben!
Ich weiß nicht wie man Verzweiflung beschreibt!
Es war beim Essen..., wir waren erst vier Stunden getraut, noch nicht mal eine Hochzeitsnacht, da....
Ich weiß nicht, wie ich die Fassung bewahren konnte, um die Benachrichtigung des Dukes zu veranlassen und darum zu bitten, dass dieser eine unabhängige Untersuchungskommission schickt. Auch wenn selbst das wahrscheinlich nicht die Gerüchte zum Schweigen bringen kann. Mit dem letzten Rest meiner Selbstkontrolle veranlasste ich, dass Count Jusuf hier in der Kapelle aufgebahrt wird. Mein Wunsch, die Totenwache zu halten löste einige Verwunderung aus (mehr als meine Tränen jedenfalls). Mamma, Pappa, Tante Balgis und Bruder Serenus sind ebenfalls hier, auch wenn ich ihre Anwesenheit momentan nur wie durch einen Nebel wahrnehme. Ich hoffe, die Wachen, die um die Kappelle verteilt sind, waren dem Count so treu ergeben, dass sie auch mich respektieren. Weniger wegen meines eigenen Lebens, als um meiner lieben Familie Willen. Nein, ich will nicht, dass diese Tagebücher mit den ersten Seiten des achtzehnten Bandes enden, aber im Moment schreckt mein eigener Tod mich wenig. Im Moment hält mich eine ganz andere – nie gekannte – Verzweiflung in ihren Fängen. Ich weiß nicht wie es geschehen konnte, dass Jemand, der soviel älter ist als ich, jemand der so direkt ist, mich derart beeindrucken konnte, in nur wenigen Stunden, dass ich jetzt den Gedanken ohne ihn zu sein nicht mehr ertragen kann, aber es ist geschehen. Mit Count Jusuf an meiner Seite wäre mein Leben nicht der langweilige Alptraum geworden, den ich von der Ehe befürchtet hatte. Nein, ich habe ihn nicht vergiftet, was auch die Leute sagen mögen! Warum hätte ich das tun sollen? Wegen Geld? Was soll ich denn damit, wenn er nicht mehr da ist? Wegen Geld den interessantesten, den beeindruckendsten Mann, der mir je begegnet ist, je begegnen wird, umbringen? Nein, nicht einmal im Wahnsinn! Aber Niemand wird glauben, dass ich, Baroness Nenezareh Ibn Falaschniin Ibn Razime al-Malik, diejenige, die für das grausame Spiel mit ihren Freiern berüchtigt war, die sogar das Herz ihres eigenen Beichtvaters brach (ja, ich weiß, seine Blicke sprachen ja nun Bände genug), ihr Herz an einen Hundertjährigen verlor. Ich verstehe mich ja selbst nicht mehr.
Noch meine ich den warmen Hauch seines Kusses zu fühlen, noch meine ich den sanften Druck seiner Hand an meinem Arm zu spüren, noch meine ich den glücklichen Blick seiner leuchtenden Augen auf mir verweilen zu sehen, und doch liegt da vor mir sein Leichnam und ich weiß nicht mehr wie ich mein Leben ertragen soll. Selbst wenn ich noch lange leben sollte (was hier im Schlangennest unwahrscheinlich ist), werde ich nie mehr Jemanden wie ihn treffen! ER war der einzige, der nicht nur auf mein Aussehen geachtet hat, der auch mich als Menschen darunter wahrnahm und auf mich, auf diesen Menschen einging, anstatt mein Äußeres mit dümmlich-lüsternem Grinsen zu betrachten.
Und mir bleibt nur die Erinnerung an einige wenige Stunden zu voll der Überraschung und des Glücks, um sie fassen zu können... . Oh, Allschöpfer!
Sahrie
Etwas später
Mein liebes Tagebuch,
in meinem Kopf spuken die Bruchstücke eines uralten Liedes oder Gedichtes herum. Den gesamten Text weiß ich nicht mehr, aber das was ich noch erinnere passt zu den chaotischen Gefühlen und Gedanken in mir. Deshalb will ich Dir diese Bruchstücke schreiben (als Dokument für die Nachwelt?).
Now you´re gone
I can feel my heart is breaking
And I can´t go on
When I think of the love you have taken
…
I never realised my love could be so vine
You´re all I want
Can´t you feel the love in this heart of mine
You´re all that I need
So maybe we can turn back the hands of time,
Maybe we can give it another try,
Just one more time
But now you´re gone
There´s an emptiness closing around me
And I can´t go on
When all I have left is a memory
In the night
I call out your name
…
I need your love
Much more than I can say
I realise without you
I can´t face another day
You´re all I want
Can´t you feel the love in this heart of mine
…
Now you´re gone
I can feel my heart is breaking
And I can´t go on,
When all of my love has been taken
…
(Dieser Text stammt aus dem Lied “Now you´re gone” von der Gruppe Whitesnake. )
Mehr fällt mir nicht mehr ein, aber es reicht vielleicht auch. Die Totenwache ist noch lang und mir ist nach inbrünstigem Gebet zumute. Ich werde den Allschöpfer um die Gnade bitten, irgendwo, irgendwie, irgendwann Count Jusuf noch einmal sehen zu können. Vielleicht würde es ihn belustigen, vielleicht auch erfreuen zu erfahren wie sehr seine Überrumpelungsstrategie zur Eroberung meines Herzens geglückt ist. Und ich würde gerne ihn nur noch einmal...
Sahrie
© by Wiltrud Daniels