Hallo zusammen!
Die Bronzezeit scheint mir als Hintergrund für eine Fantasy-Setting ziemlich unterrepräsentiert. Ich kann mir nicht wirklich erklären, woran das liegt, außer daran, dass die Bronzezeit auch in Film, Fernsehen und Literatur ziemlich unterrepräsentiert ist - mir fallen da spontan nur “Troja” und die verschiedenen Verfilmungen der Lebensgeschichte des Moses ein, zumindest was Werke mit halbwegs historischem Anspruch angeht (Werke wie die Fernsehserie “Herkules” zähle ich da eher nicht mit).
Der größte Teil der ägyptischen Geschichte, von der prädynastischen Zeit bis zum Neuen Königreich, fällt in die Bronzezeit, ebenso die Blütezeit der verschiedenen mesopotamischen Kulturen (Sumerer, Assyrer, Akkadier und wie sie alle heißen), die mykenäische und minoische Kultur in Griechenland (und die gesamte griechische Mythologie ist auch in der späten Bronzezeit angesiedelt). Die Indus-Kultur, oder die Shang- und Zhou-Dynastien in China, sind zwar hierzulande nicht ganz so bekannt, aber ebenfalls erwähnenswert. Und auch wenn es bei der Historizität teils in wenig hapert, auch ein ordentlicher Teil der Handlung des Alten Testaments findet in der Bronzezeit statt.
Vorlagen und Inspiration sind also zu Genüge vorhanden. Deshalb frage ich mich, wie ein Setting aussieht, das auf der Bronzezeit basiert, ohne bestimmte historische Kulturen direkt zu kopieren.
Kulturelle und Technologische Aspekte
- Eisen und Stahl sind (logischerweise) nicht vorhanden, womit auch die Auswahl an Waffen und Rüstungen ziemlich drastisch zusammenschmilzt.
- Streitwagen nehmen den Platz der Kavallerie ein; Pferde als Reittiere dürfte es geben, aber wenn es zum Kampf kommt, steigt man ab und kämpft zu Fuß.
- Münzgeld gab es damals historisch nicht, rein technologisch wäre es aber möglich. Tauschhandel, oder Edelmetall nach Gewicht als Wertmaßstab, passt wohl am Besten.
- Papier und Pergament gab es ebenfalls noch nicht; geschrieben wird je nach Gegend auf Papyrus, oder auf Ton- oder Holztafeln.
- Städte sind größtenteils eine Mischung aus massiven Steinbauten für Großprojekte (Paläste, Tempel, Stadtmauern, Monumente etc) und kleineren Häusern aus Lehmziegeln.
- Zivilisation gibt es vorrangig in den fruchtbarsten Regionen der Welt, vor allem entlang großer Flüsse. Generell sind zivilisierte Kulturen weltweit eine Minderheit, und nicht alle zivilisierten Kulturen sind auch Flächenstaaten.
- Die Grenze zwischen Staat und Religion ist oft sehr fließend; Priesterkönige und als Gottheiten verehrte Herrscher können durchaus die Regel sein anstatt die Ausnahme.
- Bedingt durch den Zinn-Handel (es gibt relativ wenige ergiebige Zinnvorkommen, und die sind selten da, wo es auch Kupfer gibt) gibt es relativ viele lange Handelsrouten, und die Welt, zumindest in den zivilisierten Teilen und entlang der Handelsrouten, ist relativ kosmopolitisch.
- Ohne magische oder göttliche Hilfe findet Seefahrt vor allem entlang Küsten und Flüssen statt; ozeantaugliche Schiffe und Navigationsinstrumente sind noch lange nicht erfunden.
Fantastische Elemente
Die gängigen EDO-Völker (plus optionale Extra wie Halblinge, Goblins etc) fände ich für so ein Setting eher nicht so stimmig. Zum einen sind sie für mich sehr stark mit Mittelalter-Fantasy assoziiert, zum anderen stammen die mythischen Gestalten, auf denen sie basieren, in der Regel aus dem keltischen und germanisch-nordischen Kulturbereich; diese Kulturen gabe es in der Bronzezeit noch nicht in erkennbarer Form, und die Regionen, in denen die Vorfahren der Germanen und Kelten lebten, waren, diplomatisch ausgedrückt, nicht gerade Mittelpunkt der Welt.
Ansonsten findet sich aber zum Beispiel im D&D-Monsterhandbuch so einiges, was auf passenderer Mythologie basiert, also griechisch, ägyptisch, mesopotamisch, indisch oder chinesisch. Zentauren, Satyre, Nymphen, Greife, Lamassu, Rakshasa, Vanara, Naga (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)… und die Gnolle brauchen auch nur einen neuen Anstrich, dann sind sie Kynokephaloi (”Hundeköpfige”).
Was Zauberei angeht… ich würde ja schreiben, dass der klassische fliegende, Feuerbälle schleudernder D&D-Zauberer nicht so wirklich in ein Setting auf Basis der Bronzezeit passt - aber eigentlich ist so ein Archetyp in jeder historischen Ära ein Fremdkörper. Angelehnt an das, was die Leute damals geglaubt haben, dürfte Magie sich wohl hauptsächlich um Flüche (und Schutz vor Flüchen), Hellseherei und den Umgang mit Geistern und Dämonen drehen - insgesamt eher in der Form von Ritualen und magischen Symbolen (Fluchtafeln, Schutzamulette etc etc) als in Form von Spruchzauberei.
Das ist alles, was mir im Moment einfällt. Was sagt ihr dazu? Habe ich irgendetwas Wichtiges übersehen? Seid ihr irgendwo anderer Meinung als ich?