:w8:lIch erläutere mal die Herkunft meiner Einstellung. Und nehme das zum Anlass: (danke)
Ich habe nur die Vermutung geäußert, dass Du auch ohne Werteprogression Spaß haben kannst
Ich war vor meiner Rollenspiel-Infektion reiner SF Fan (damals hieß das noch nicht SciFi.
Fantasy als Genre hat mich damals gar nicht abgeholt.
Im Jahr 1984 wurde ich mit DSA und D&D (red Box) involviert, aber das hat mich nicht wirklich gehooked.
Insofern war ich da eher Casual Gamer und habe nur sehr sporadisch mitgespielt. Ich hatte auch eine Freundin und die anderen nicht…
Dann war ich auf meinem ersten Con und habe Traveller kennengelernt und das hat eingeschlagen wie eine Bombe. (Und die Freundin machte Schluss und ich hatte wieder mehr Zeit für Eskapismus…)
Wir haben darauf hin lange Zeit (3-4 Jahre, bei 2-3 mal pro Woche spielen) nichts anderes mehr gespielt und auch unser eigenes Traveller Universum Worldbuilding betrieben.
(Mir ist übrigens klar, dass man da auch Werteprogression über bessere Ausrüstung, bessere Raumschiffe haben kann - hatten wir auch einmal, als ein Spielleiter meinte, er müsste uns aufpimpen, weil unser 100t Scoutship nichts reissen würde. Danach hatten wir ein Kompetenten Schiff und nach 2-3 Abenteuer, wo alle merkten, dass das nur unzufriedenstellende Resultate ergab, haben wir den RetCon vereinbart und die Charaktere wachten alle unter der Dusche in der Naßzelle auf und alles war nur ein böser Traum. (und weil wir keine Werteprogression hatten, brauchten wir nicht mal Erfahrungspunkte zurückrechnen…)
Irgendwann kam Cyberpunk 2013 und 2020 dazu, wo es auch keine Werteprogression gab.
Werteprogression war für mich die ersten 5 Jahre meines Rollenspieldaseins daher völlig unbekannt.
Insofern: ja, ich kann sehr gut völlig ohne Werteprogression und eigentlich ist das für mich sogar evolutionär der „Normalzustand“. Wenn man Rollenspiel anfangs so kennenlernt, dass man sich Charaktere schafft, die schon Profis oder Veteranen sind, ihren Lebenslauf bis mitte 30 haben, und die dann entsprechend spielt, fühlt es sich extrem befremdlich an, wenn man dann von diesem als „normal“ empfundenen Status Quo auf den „Standard“ stößt, wo man sich einen Charakter schafft, der so gar nichts kann und sich durch die Karrierleiter erst mal durchboxen muss.
Ich weiß noch, dass ich bei meinem ersten „nicht-Casual“ Fantasy Versuch einen Charakter machen wollte. in der Vorstellung hatte ich damals einen „ich will sowas wie „Mad Martigan“ aus dem Willow Spielfilm spielen, der Scoundrel Schwertkämpfer. Und dann hatte ich einen Midgard Ordenskrieger im Grad 1.
Ich empfinde bei dem ganzen „von Zero to Hero“ Heldenreise Rollenspielen auch eine ganz große Schwindelei, denn wenn man (Zumindestens damals) zum Rollenspiel angefixt wurde, wurde einem „Du kannst wirklich alles “sein“, was Du möchtest, nur deine Fantasie setzt dir da Grenzen“ versprochen. Und dann erstellt man sich einen D&D Magier, der in der ersten Stufe von einer Hauskatze totgebissen werden kann - in einer Runde…
Als man mich mal zu
Das schwarze Auge einlud (DSA hab ich wirklich ganz wenig gespielt) und ich mich etwas angelesen hatte und die Frage kam, was ich denn spielen wollte, kam auf meine Antwort „Raidri Conchobair“ nur ein „das kannst du nicht“. „Och, den spielt schon jemand?“ - „Nein, den kann man nicht spielen.“ - „Na gut, dann einen Charakter, der so gut kämpfen kann, wie er, oder zumindestens fast so gut.“ - „das geht nicht“ - „okay, was kann ich denn dann spielen?“ - „Na, alles was Du möchtest!“ … („…nur eben keinen kompetenten Charakter“ kam mir damals in den Sinn.)
Das fühlte sich für mich immer seltsam falsch an. Denn man ja meistens eine Vorstellung im Kopf, wie die Rolle sein soll, die man spielen möchte.
Und in dieser Vorstellung ist nicht der Leidensweg aus der ersten Stufe heraus enthalten.
Dazu kommt, dass meine Vorstellung der Abenteuer, die man spielt. niemals das völlig „over the top“ epische irgendwo zum Inhalt hatte.
Bei mir hört es bei „Todesstern zerstören“ oder „einen Drachen töten“ auf. Ich muss keine Dimensionshüpferei haben oder Morgoth erschlagen. Das ist mir zu „über episch“.
Wie gesagt, nicht falsch verstehen, ich möchte auch keinen Bauerntölpel spielen, der auf seinem Weg in die nächste Stadt mit 800 Einwohnern seinen Erfahrungshorizont erweitert und sich mit dem ansässigen Zuckerbäckerlehrling und der Hesindegeweihten in Ausbildung anfreundet.
(Deswegen fand ich Harry Potter auch extrem ‚nichts für mich‘. 1.Fantasy - 2. Noobs - 3. uber-epische Welten Rettung
Und beim
Hern der Ringe gucken überspringe ich in Teil 2 und 3 auch immer die Szenen mit Frodo und Sam)
Mein Lieblingsfilm (neben Bladerunner) ist „das fünfte Element“ und Corben Dallas zeigt schon gut, wo ich mit meinen Charakteren im Kompetenzgrad spielen möchte. Dass sein Love-Interest Leeloo die schwarze Kugel vom einlochen der blauen Kugel im galaktischen Billiardtisch ausbremst, ist bei der Geschichte eigentlich Nebensache. Und Corben Dallas legt sich auch nicht mir den Cops an und ballert mal eben alle weg, sondern er versteckt sich und hat danach ein völlig zerschossenes Taxi. Alles grün?
Beim „ich muss nicht Morgoth“ töten, kommt hinzu, dass ich eben auch wahrnehme (auch in eigener SpL Erfahrung), wie bescheuert die oberen Stufen der Kompetenz-Treppe eigentlich sind. Es kostet einen Haufen Arbeit, in dem Niveau Abenteuer zu konzipieren. Ganz oft ist die Grenze zwischen frustrierendem Total-Party-Kill und „der-Magier.hat-zufällig-genau-die richtigen-Sprüche-parat-und-das-ganze-wird-zum-Spaziergang“ eine Rasiermesserklinge. Überhaupt sinnvolle Inhalte zu erfinden, die eine Stufe 18 Gruppe irgendwo ansprechend findet („Gandalf hat angerufen. Er und Elminster sitzen in der Patsche und brauchen usnere Hilfe…“) ist nicht ohne. Das sieht man auch, wenn man die ganzen Marvel (oder DC) Movies anschaut, die im obersten Level spielen. Ich mochte Batman lieber, als er noch gegen den Joker kämpfte und nicht gegen Superman (und ihn wiederbelebte).
Meine Erfahrung: meistens verenden diese Kampagnen irgendwo auf halber Strecke. Und die Charaktere liegen dann Jahrzehnte in Klarsichtfolien ungespielt aber eben auch nicht „fertig gespielt“ herum.
Meine Conclusion: das macht mir wenig Spaß und deswegen würde ich gern in einem klaren Rahmen spielen, der mir am meisten bringt.
Wenn sich Charaktere in ihren Werten in Punkto Verschiebung in der Kompetenzebene also nur wenig verändern, aber vielleicht lange gespielt werden sollen, dann braucht es für mich keine (oder zumindestens kaum) Werte-Progression…