Thema: Scion in Deutschland - Kampagnenplanung

[Jürgen Hubert]

Ich werde bald eine Scion-Kampagne leiten, die in Deutschland spielen soll (mit Kassel als zentralem Ort), und könnte etwas Unterstützung gebrauchen.

Ein wahrscheinlich recht zentraler Treffpunkt wird wahrscheinlich ein geheimer Goth Club sein, der auch Kontakte zur übernatürlichen Welt hat. Zwei der SCs haben direkte Verbindungen zu diesem Club. Aber leider habe ich so gut wie keine Ahnung von der Goth-Szene, und brauche ein paar Tips, wie ich den Club und seine Mitglieder darstellen kann, ohne mich lächerlich zu machen (ebensowenig will ich die Goth-Szene lächerlich machen). Könnt Ihr mir hier helfen?


Darüber hinaus ist ja in der Welt von Scion das Übernatürliche und die Götter grundsätzlich bekannt, auch wenn die Götter und diverse übernatürliche Wesen oft gute Gründe haben, diskret zu sein. Aber da es Teil der Pop-Kultur ist, gibt es in Deutschland bestimmt eine langjährige Krimi-Fernsehserie, die sich mit "übernatürlichem Verbrechen" beschäftigt. Hier hätte ich gerne ein paar Vorschläge für Namen und Konzept.   

[Jiba]

Ich persönlich würde das Mythologische hinter dem "Gothic" betonen. Die Gothic-Kultur nimmt viele Versatzstücke aus der ägyptischen und keltischen Mythologie (I mean, eine der frühen Bands hat tatsächlich Banshees im Namen), die ja in Scion beide als Pantheons vertreten sind. Dazu dann noch die Motive aus der Gothic Fiction bzw. Schauerliteratur. Beide Pantheons sind vielleicht auch ein guter Kontrast zum wahrscheinlich eher Theoi-geprägten Hochkultur-Kassel (ich meine, das ist das Wahrzeichen der Stadt).

Du merkst, ich fange da viel high-leveliger an als deine Frage eigentlich ansetzt. Das liegt aber mehr daran, dass ich gar nicht glaube, dass du eine Subkultur im Rollenspiel mit allen Nuancen darstellen musst. Gerade bei "Scion" ist ja alles immer mit antiken Mythologien unterfüttert und die eigentlichen, realweltlichen Strukturen sind zum Teil verfremdet oder stark von diesen übernatürlichen Elementen bestimmt. Warum ist dir das so wichtig?

Ansonsten würde ich den Spieß umdrehen: Hast du Spieler in der Runde, die selbst der Gothicszene angehörten oder angehören? Frag die, auf was du achten musst und was sie im Spiel sehen wollen. Oder gehe einen Schritt weiter und gib diesem Spieler gleich die Deutungshoheit über die Gothicszene in deiner Runde: Er wird dann der Experte für diesen speziellen Settingteil und wenn einer eine Frage hat, wendet man sich an ihn. Und ihr entscheidet dann gemeinsam über alles. 

[kizdiank]

Muss es ein Goth Club sein? Nicht dass ich da was gegen habe, aber es ist schon ein WoD-Klischee. Eine piefig-spießige Eckkneipe wäre im Verhältnis richtig originell.

Zur eigentlichen Frage:
Wichtig ist natürlich, ob du Goth-Fans in der Runde hast. Falls ja, solltest du diese einbinden, wie von Jiba vorgeschlagen. Falls deine Spieler auch keine Ahnung von der Szene haben kommst du auch mit ein paar einfachen Klischees durch.

Youtube kann dich mit Eindrücken versorgen z.B. zum WGT (findet dieses Wochenende wieder statt). Wenn du dich richtig reinhängen willst, kannst du dich auch in einen schwarzen Anzug schmeißen und selber einen Goth Club besuchen. Das gibt den besten Eindruck. Die meisten Goth sind auch nur Menschen die im Club Spaß haben, was trinken und tanzen wollen. Abgesehen vom Musik- und Modegeschmack sind die Gesprächsthemen meist die gleichen wie sonst auch. Klatsch und Tratsch sowie Meckern über die Arbeit, den Verkehr, das Wetter und die Politik.

[Jürgen Hubert]

Ich habe keine eindeutigen Hinweise darauf, daß Spieler Teil der Goth-Szene sind.

Die Spielerin, die auf die Idee mit dem Goth Club kam, will allerdings einen Scion von The Morrigan spielen, also würde eine thematische Verknüpfung schon Sinn machen.

Ich bin gerade am überlegen, ob ein Club, der auf dem Thema "Schlafende Kaiser" aus der deutschen Sagenwelt basiert, für die Goth Szene passen würde (die Besitzerin würde sich dann "Falstrada" nennen). Was meint ihr?

[Schleicher]

interessante Idee.
Midjourney stellt sich das so vor:

[kizdiank]

Die Spielerin, die auf die Idee mit dem Goth Club kam, will allerdings einen Scion von The Morrigan spielen, also würde eine thematische Verknüpfung schon Sinn machen.

Ich bin gerade am überlegen, ob ein Club, der auf dem Thema "Schlafende Kaiser" aus der deutschen Sagenwelt basiert, für die Goth Szene passen würde (die Besitzerin würde sich dann "Falstrada" nennen). Was meint ihr?

Klingt beides cool. Eine thematische Verknüpfung des Goth Clubs mit der Morrigan, Krähen und keltischen Mythen, aber auch die Verknüpfung mit deutschen Sagen und den schlafenden Kaisern. Oder beides? Ist Artus nicht mit dem walisischen Pantheon verbandelt und gibt es da nicht auch Ähnlichkeiten bei den Sagen? Vieleicht lässt sich da eine Geschichte drauß spinnen.

[Jürgen Hubert]

Nun, der Charakter der Spielerin kommt aus Irland, aber hier soll der Fokus defintiv auf der deutschen Sagenwelt sein.

Außerdem ist das schon mal eine frühe Andeutung auf eine der Gegenspieler-Gruppen der Kampagne - die sogenannten "Reichsritter". Stell sie Dir als "Reichsbürger" vor, aber statt das Parlament zu stürmen, wollen sie einen der "schlafenden Kaiser" wiederbeleben und unter seiner Führung das alte deutsche Reich wiedererwecken!

Aber zurück zum Club. Ich stelle vor, daß es da einen separaten, durch einen dicken Vorhang getrennten Raum gibt, in dem der schlafende Karl der Große und sein Hofstaat als Puppen dargestellt werden. Wenn man eine Bedingung erfüllt - man entrichtet einen kleinen Obulus, man bestellt einen bestimmten Drink (wie heißt der, und was könnte drin sein?) oder etwas ähnliches - dann darf man da zu einer "Audienz" rein. Viele der Clubmitglieder sind Studenten und gehen da vor einer wichtigen Prüfung rein - was Glück bringen soll. Man klagt dem Kaiser seine aktuellen Sorgen und Nöte, oder bringt Bitten dar.

Es gibt unbestätigte Gerüchte, daß der Kaiser manchmal antwortet, aber es gilt als verpönt, über das was da drinnen passiert zu sprechen - das würde nur das Mysterium zertören. Allerdings passt in diesem Raum ein Wiichtel auf, daß niemand was berührt oder kaputt macht (zwergische Wachen sind ein fester Teil des "schlafende Kaiser"-Mythos).

[Jürgen Hubert]

Anderes Thema: Der Charakter einer anderen Spielerin (ein Scion von Nordr/Aesir mit dem Liminal Calling) hat vor, Polizistin zu werden. Sie sieht sich als jemand, der zwischen der "normalen Welt" und dem Übernatürlichen vermitteln und verhindern will, daß eine Seite der anderen schadet.

Das bringt mich natürlich zu dem Themenkomplex: "Wie gehen deutsche staatliche Organe in der Welt von Scion mit dem Übernatürlichen um?"

Mein Eindruck ist, daß die Behörden versuchen, möglichst viel "informell" zu machen - falls z.B. irgendein übernatürlicher Verbrecher auftaucht, dann würde die Poliizei befreundete Scions darauf ansetzen, sich darum zu kümmern. Hauptache, der Schein der normalen Ordnung wird gewahrt!

Erschwerend kommt hinzu, daß zumindest die oberen Ränge solcher Behörden das Konzept von "Fate/Schicksal" bekannt ist - normale Sterbliche, die mit Übernatürlichen Wesen zu tun haben, sind in Gefahr vom Schicksal an diese gebunden zu werden, und dann immer wieder in solche Situationen zu geraten. Und es wäre ungünstig, wenn das mit den gesamten Organisationen passiert!

Mein Gedanke ist, daß in Deutschland der Verfassungsschutz einne zentrale Rolle spielt, da es ja sein Job ist, Informationsaustausch zwischen verschiedenen Behörden zu Bedrohungen der staatlichen Ordnung voranzutreiben - ohne selber die Macht zu haben, Personen festzunehmen. Und der direkte Kontakt wird meist von relativ niedrig gestellten Mitarbeitern betrieben.

Daher wäre mein Gedanke, daß der Verfasungsschutz versuchen wird, diesen Scion als V-Person annzuheuern. Mal schauen, wie ich das entwickelt...

[Ahab]

Anderes Thema: Der Charakter einer anderen Spielerin (ein Scion von Nordr/Aesir mit dem Liminal Calling) hat vor, Polizistin zu werden. Sie sieht sich als jemand, der zwischen der "normalen Welt" und dem Übernatürlichen vermitteln und verhindern will, daß eine Seite der anderen schadet.

Das bringt mich natürlich zu dem Themenkomplex: "Wie gehen deutsche staatliche Organe in der Welt von Scion mit dem Übernatürlichen um?"

Mein Eindruck ist, daß die Behörden versuchen, möglichst viel "informell" zu machen - falls z.B. irgendein übernatürlicher Verbrecher auftaucht, dann würde die Poliizei befreundete Scions darauf ansetzen, sich darum zu kümmern. Hauptache, der Schein der normalen Ordnung wird gewahrt!

Erschwerend kommt hinzu, daß zumindest die oberen Ränge solcher Behörden das Konzept von "Fate/Schicksal" bekannt ist - normale Sterbliche, die mit Übernatürlichen Wesen zu tun haben, sind in Gefahr vom Schicksal an diese gebunden zu werden, und dann immer wieder in solche Situationen zu geraten. Und es wäre ungünstig, wenn das mit den gesamten Organisationen passiert!

Mein Gedanke ist, daß in Deutschland der Verfassungsschutz einne zentrale Rolle spielt, da es ja sein Job ist, Informationsaustausch zwischen verschiedenen Behörden zu Bedrohungen der staatlichen Ordnung voranzutreiben - ohne selber die Macht zu haben, Personen festzunehmen. Und der direkte Kontakt wird meist von relativ niedrig gestellten Mitarbeitern betrieben.

Daher wäre mein Gedanke, daß der Verfasungsschutz versuchen wird, diesen Scion als V-Person annzuheuern. Mal schauen, wie ich das entwickelt...

Ich würde eine Art geheime, semireligiöse Behörde einbauen, die als göttlicher Nachrichtendienst fungiert. Eine Art Schweizer Garde oder Vatikan-CIA, die überall Beweise verschwinden und über bekannte offizielle Stellen Verlautbarungen veröffentlichen lässt, die das Geschehen relativieren. Die könnten dann auch Hilfeleistung geben, falls die Nachkommen mal verkacken. Vielleicht sind die auch mit seltenen Relikten ausgestattet, die Schicksalsbande verhindern. Da es davon aber nur wenige gibt, ist es eine Art interreligiöse Glaubensgemeinschaft, die Gottheiten aller Pantheons verehrt. Weil es eben weiß[/], dass es diese gibt.

[Jürgen Hubert]

Ich habe hier eine etwas andere Interpretation der Welt (und ich möchte betonen, daß das meine persönliche Interpretation ist).

Daß sich eine nachrichtendienstliche Organisation oder sonstige Geheimbehörde zu einem Kult von Göttern entwickelt, ist ein "Berufsrisiko" - solche Organiisationen streben nach Macht und Einfluss, und die Macht der Götter kann ein sehr potentes Werkzeug sein.

Aber auch wenn Mitglieder solcher Organisationen oft aus eher zynischen Gründen starten, das Problem ist, daß solche Kulte im geheimdienstlichen Gewand früher oder später nicht mehr dem Staat dienen, der sie gegründet hat - sondernn den Göttern, die sie beschwören.

(Szenario: "Wir haben ein echt kniffliges Problem. Aber Loki könnte uns sicher aus der Situation raushelfen. Lasst uns zu Loki beten!" Loki: "YOLO!")

Und dazu kommt noch das Problem des Konflikts zwischen den Pantheons - auch wenn es immer noch regionale kulturelle und religöse Unterschiede gibt, können die Diener aller Götter im Prinzip in jedem Land auftauchen. Und wenn sich hier Behörden irgendwie zu den Göttern positionieren - werden sie nicht zum Spieler, sondern zu dem Spielbrett, auf dem die Götter gegeneinander spielen.

Daher versuchen die Nachrichtendienste - zumindest in meiner Welt - die Götter und ihre Spößlinge und Diener auf Distanz zu halten. Klar, manchmal muss man sich mit diesen koordinieren - aber die Agenten, die das machen, sind relativ isoliert vom Rest der Organisation, da sie durch ihren Kontakt zum Übernatürlichen jederzeit vom Schicksal "komprimittiert" werden können.

Die Karriere solcher Agenten ist oft relativ kurz...

[Kane Bloodstone]

Kassel bietet ja durch seine historischen Stätten wie etwa dem Bergpark mit dem Herkules, dem Schloss Wilhelmshöhe und der Löwenburg ordentlich Orte an denen man Kultstätten unterbringen kann.
Auch der Auepark mit der Orangerie bietet da so seine Möglichkeiten.
Der Eine oder Andere aus der Goth-Szene Kassel kennt diese beiden Parks bei Nacht sicherlich sehr gut.
Die Goth-Clubs in Kassel waren früher hauptsächlich in Industriebauten untergebracht.
Einfachmal nach Musiktheater Kassel + Dark Area oder Panoptikum Kassel googlen.

Der Herkules ist ja in Kassel sehr präsent und vielleicht lässt sich hier noch die eine oder andere Verknüpfung zu den griechischen oder römischen Götter herstellen.


Kane

[Jürgen Hubert]

Durchaus, durchaus. In meiner Interpretation ist das römische Pantheon das einflussreichste in Kassel. Im Bergpark reserviert sich die alteingesessene gesellschaftliche Elite von Kassel (insbesondere im benachbarten Mulanng beheimatet) die diversen Tempelanlagen in bestimmten Nächten. Wer da eingeladen wird, der ist "angekommen". Aktueller Zeremoienmeister ist ein Scion von Divis Julius (dem Göttlichen Julius Caesar), der sich selber als den führenden "Patrizier" der Stadt sieht (seine Familie ist seit der Zeit der Kurfürsten in der Stadt etabliert) und sehr ambitioniert ist.

Die "einfachen Anhänger" der römischen Götter sind eher unten in der Stadt angesiedelt, wie z.B. bei den diversen Statuen in der Karlsaue.

[Jürgen Hubert]

Für die die es interessiert: Ich habe auf RPGNet eine (englischsprachige) Zusammenfassung der ersten Spielsitzung gepostet.