Eine Art Review:
Ich habe mir das **Pendragon Starter Set** für die 6. Edition von Pendragon gekauft.
Man bekommt drei Bücher, vier Regelreferenzbögen, acht vordefinierte Charaktere, zwölf Spielkarten mit Gegnern und einen Werbezettel für RuneQuest.
Das **erste Buch** ist ein Soloabenteuer mit 135 Abschnitten auf 40 Seiten, welches helfen soll, die (vereinfachten) Regeln zu lernen und die ritterliche Welt von König Artus kennen zu lernen. Witzigerweise kann man den Charakter aus dem Soloabenteuer stärker anpassen als die Pregens.
Das **zweite Buch** erklärt das System auf 64 Seiten. Typischerweise spielt man Ritter (jedwelchen Geschlechts) in einer mystischen Parallelwelt, angelehnt an das sechste Jahrhundert in England, die der Ritterlichkeit verpflichtet losziehen, um die die Welt ein bisschen besser zu machen und dabei Ruhm und Ehre zu sammeln.
Charaktere haben fünf Attribute (Größe, Geschicklichkeit, Stärke, Konstitution und Auftreten) und 20 allgemeine Fertigkeiten (Aufmerksamkeit, Chirurgie, Komponieren, Werben, Tanzen, Falknerei, Mode, erste Hilfe, Flirten, Volkskunde, Spielen, Jagen, Intrigieren, Literatur, Vortragen, Musizieren, Erkennen, Glaube, Singen und Anführen) sowie 11 Kampffertigkeiten (allerlei Waffen). Dazu kommen 13 Eigenschaftspaare wie z.B. Gerecht/Willkürlich oder Gnädig/Grausam und 7 Leidenschaften, welche z.B. die Hingabe zu Gott, die Liebe zur Familie oder die Treue zum König ausdrücken.
Proben auf all das würfelt man mit W20, und zwar so hoch wie möglich aber kleiner gleich dem Wert der Fertigkeit/Eigenschaft/Leidenschaft. Trifft man ihn genau, ist das ein kritischer Erfolg. Eine 20 ist ein Patzer (außer man hat einen Wert von 20+). Mit Leidenschaft kann man einen Bonus auf andere Proben bekommen, doch wer die Probe auf Leidenschaft verreißt, riskiert wahnsinnig zu werden und das heißt, dass der Charaktere für einige Jahre aus dem Spiel ausscheidet.
Alle Ritter werden von Knappen begleitet, die der Einfachheit halber für alles, was sie tun sollen, einen universellen Wert haben (bei den Pregens ist das immer 14, aber die sind auch schon ziemlich erfahren und haben deswegen wohl auch erfahrene Knappen dabei).
Charaktere haben ungefähr 30 Lebenspunkte und Waffen richten 4W6 bis 7W6 (situativ weitere +6W6) Schadenspunkte an, wobei eine gute Rüstung davon 10-20 absorbiert. Wer mehr Punkte verliert als seine Konstitution beträgt (irgendwas zwischen 12 und 16) ist ernsthaft verletzt und verliert permanent einen Punkt bei einem zufälligen Attribut. Wer auf einmal alle Lebenspunkte verliert, ist tödlich verletzt und stirbt ohne sofortige Hilfe. Sollte er überleben, verliert er 3 zufällige Attributpunkte und ist erst einmal ausgeschieden, bis er sich wieder erholt hat.
Pendragon ist aber traditionell ein Spiel, dass man episodisch über viele Jahre spielt und daher kann durchaus ein Geschwister oder Kind die Rolle des aktiven Charakters übernehmen. Oder vielleicht auch der Ehepartner.
Einmal pro Jahr (in der Winterphase) kann der Charakter gesteigert werden.
Das **dritte Buch** beschreibt auf 40 Seiten eine dreiteilige Minikampagne. Im ersten Abenteuer begleiten die Charaktere den zukünftigen König Artus zu einem Turnier in Londinium. Im zweiten Abenteuer bietet dann Artus, inzwischen König, die Gruppe um eine diplomatische Mission an einem fremden Königshof und sie treffen ihn ein Jahr später im dritten Abenteuer wieder, diesmal in Oxfort, wo es um das Schicksal des Königreichs geht. Mehr will ich dazu gar nicht sagen.
Die acht **vordefinierten Charaktere** sind alles keine Anfänger, sondern wurden mit 2000 Punkten "geboostet", auch wenn sie in dem Abenteuer noch Anfänger verkörpern sollen und erst in der Kampagne dann zu Hausrittern werden. Ich vermute, die Autoren wollten gerne, dass die Spieler nicht frustriert werden, wenn ihre Charaktere nicht sofort "awsome" sind. Und es funktioniert, denn die knappen aber abwechslungsreichen Charakterbeschreibungen machen Lust, sie zu spielen.
Man kann Sir Clarion, den ritterlichsten aller Ritter übernehmen. Oder Sir Evrain, den schönen, der von allen geliebt und verehrt und begehrt wird. Oder Dame Lynelle, eine Ritterin aus Irland, die unerkannt den Platz ihres Bruders eingenommen hat. Oder Sir Avalloc, der der mit Worten schneller ist als mit dem Schwert. Oder Dame Tamura, deren Vorfahren angeblich von den Amazonen abstammen. Oder Cadwallon, der echt gerne Ritter werden möchte und den ich nicht empfehlen würde zu spielen, weil, warum soll man sich's schwerer machen, weil der Charakter nur soziale Nachteile ohne irgendwelche regeltechnischen Vorteile hat. Oder Dame Cwenhild, eine Saxin aus der Leibwache von König Uther (die mein Favorit wäre). Oder Sir Asterius, ein fremder Ritter aus Byzanz.
Die Charakterbögen sind hübsch illustriert und trotz der vielen Spielwerte übersichtlich, weil DIN-A3, aber irgendwie habe ich den Verdacht, dass sich Abenteuerautor und Charakterdesigner nicht abgesprochen haben, denn die Charaktere haben alle schon ihre Titel und Stellungen, die sich eigentlich erst im Abenteuer erwerben sollen, so wie ich das verstehe.
Beim armen Cadwallon hat man sich glaube ich auch mit den Lebenspunkten verrechnet. Das können unmöglich nur 12 sein, sondern ich rate mal 27.
Und es komme mal keiner auf die Idee, dass die Welt gerecht sei. Während Cadwallon mit 2W6+6 Pfennigen auskommen muss, hat die Saxin außerdem noch einen Armreif, der 240 Pfennige wert ist. Und auch noch gute Kleidung im selben Wert, und drei Pferde, und eine gute Rüstung und natürlich einen Knappen (oder eine Knappin). Der Byzantiner startet gar mit Goldmünzen im Wert von 1W6 Pfund Silber, also bis zu 1440 Pfennigen.
Alles in allem hat das Starterset in mir den Wunsch geweckt, das Spiel nach über 30 Jahren doch noch mal wieder zu spielen.