@sma:
Puh, das ist ein ziemlich gehaltvoller Beitrag, aus dem man einen kalorienreichen Zitatesalat machen kann
Ich mache eine Regel dafür verantwortlich, dass sich Spieler so ungern zurückziehen wollen: "Attack of Opportunity". Diese Regel muss weg.
AoO ist für mich auch ein rotes Tuch, aber ich würde nicht so weit gehen, die als zentrale Ursache für die "Nicht-Flucht" zu betrachten.
Einen gewissen übergeordneten Effekt des "Mikro-Anreizes", sich in jeder einzelnen Runde nicht zurückzuziehen, sehe ich schon, aber das geht mMn oft ins Irrationale. Also in der Form, dass die Notwendigkeit zur Flucht eigentlich offensichtlich ist und als Gegenargument kommt dann "aber dann krieg ich ja eine AoO!"
Ein weiteres Problem ist, dass Spieler annehmen, dass alle NSCs genau so unbarmherzig wie ihre eigenen Charaktere sind, weil man ja keine potentiellen Gegner in seinem Rücken leben lässt und das sonst nur zu zukünftigen Problemen führt.
Ja, das ist eine Frage der Spielumgebung, in der sich viele Spieler lange bewegt haben.
Man kann sich auch wieder umgewöhnen, aber das braucht ein bisschen guten Willen auf allen Seiten.
Allgemein ist glaube ich wichtig, dass ein Kampf nicht zwangsläufig nur mit dem Tod einer Seite enden muss. Gerne kann man ja auch Meta-Ebene festlegen, dass ein wie auch immer besiegter Gegner garantiert nicht (also in diesem Abenteuer) mehr gegen die SCs handeln wird, egal ob er niedergeschlagen oder auch nur so stark gedehmütigt oder verschreckt oder bestochen wird.
Njaaahweißichnicht
Ich mag so knallhartes "Was die SC (nicht) machen, machen auch die NSC (nicht)" überhaupt nicht, weil es das SC-Verhalten zu sehr auf die Metaebene zieht.
Dabei geht es noch nicht mal so sehr darum, dass die SC sich auch verhalten dürfen wie die Axt im Wald, sondern andersrum, dass sie auch dann das Richtige(tm) tun, wenn sie nicht unmittelbar und garantiert was davon haben.
Oder man kann es im Setting vereinbaren. Wer bei RuneQuest einen Gegner tötet, statt ihn gefangen zu nehmen und von seinem Stamm auslösen zu lassen, lässt sich extrem viel Geld entgehen.
Genau so was ist ein Paradebeispiel dafür, wie man das Ganze sinnvoll im Setting verankert. Davon hat man nämlich jenseits aller Metabetrachtungen einen ganz konkreten Nutzen.
Und so lässt sich auch mehr oder weniger automatisch hervorheben, wie
unzivilisiert und gefährlich Gegner sind, die das aus irgendwelchen Gründen nicht so halten.
IMHO müssen Kämpfe eigentlich so entworfen werden, dass sie keinen Spaß machen. Dann wird man als Spieler auch versuchen sie zu vermeiden. Wenn man sie aber sucht, weil es der zentrale Spaßbringer des Spiels ist, dann ist es auch nicht verwunderlich, dass Spieler nie einen Rückzug in Erwägung ziehen.
Ich spiele recht gerne ziemlich tödliche Systeme und da sind die Kämpfe für mich immer noch das Salz in der Suppe.
Da ist dann aber auch ein überlebter Kampf per se schon ein halb bis dreiviertel gewonnener...
Und man versucht natürlich, weniger zu kämpfen, aber das klappt so oft nicht, dass man trotzdem auf seine Kosten kommt, wenn man Kämpfe mag.
Kämpfe dürfen vor allem zwei Dinge nicht sein, damit man auch mal flieht: leicht und harmlos.
Erfüllt ist das z.B. dann, wenn man versuchen muss, die Startbedingungen sehr weit zu den eigenen Gunsten zu drehen. Dann geht man auch mal einen Kampf freiwillig ein, weil er nur ein gewisses Restrisiko hat.
Sobald ein Kampf aber halbwegs auf Augenhöhe stattfindet, versucht man i.d.R., sich zu verkrümeln und das Ganze später unter günstigeren Bedingungen noch mal zu wiederholen.
Das betrifft dann aber wieder beide Seiten und so kommt auch mal ein quasi einvernehmlicher Kampfabbruch nach einem ersten Schlagabtausch zustande.
Gesonderte Flucht-Regeln braucht es glaube ich nicht. Die Situation ist jetzt keine andere als der Versuch, in einer Taverne durch einen Auftritt die Schlägerei zu stoppen oder auf dem überfüllten Markt einen Taschendieb nicht aus den Augen zu verlieren.
Spezialisierte Flucht-Regeln finde ich schon in Ordnung, aber gerade nicht so, wie das viele Systeme machen: als "Nachtanzen" von Verfolgungsjagden aus Film und Videospiel - das funktioniert für mich nämlich eher selten.
In einem alten Flucht-Faden hatten wir mal angerissen, dass man z.B. in der ingame-Realität verankert einen Preis bezahlen kann wie das Wegwerfen von Schild und Rüstung vor bzw. während der Flucht. Da ist es dann auch nachvollziehbar, dass ein Verfolger selten unmittelbar nachsetzen kann, aber seine Ziele erreicht hat er dann eben trotzdem und es fehlen dem Geflüchteten die Mittel für eine aussichtsreiche Rückrunde.
Ansonsten sollte Flucht mMn regelmäßig entweder ein stetiger Wechsel von weiträumiger Bewegung und Kampf sein (mit einem entsprechenden An- und Abschalten der Kampfregeln) oder vor allem eine "push your luck"-Angelegenheit, bei der der Verfolgte festlegen kann, welches Risiko er gehen will und der Verfolger stets entscheiden muss, ob er das mitgeht. Das greift dann natürlich wieder nur da, wo man überhaupt ansatzweise gleichauf ist, was die Manövrierfähigkeit und Geschwindigkeit angeht.