Ich würde mir für vsD gerne die Grundzüge eines Shannara-artigen Settings überlegen: Also eine auf den ersten Blick Tolkienesk anmutende Fantasy-Welt, die sich aber bei näherem Hinsehen als post-post-apokalyptisch entpuppt. Habe dazu schon ein paar Vorstöße auf dem vsD-Discord unternommen, die ich aber alle noch etwas unbefriedigend fand. Ziemlich klar war von Anfang an, dass der Darkmaster des Settings eine Hinterlassenschaft unserer Welt sein sollte, womit eine KI natürlich am naheliegendsten ist. Gerade deshalb fand ich den Gedanken erst mal etwas unbefriedigend, aber jetzt ist mir ein Twist dazu eingefallen, der mir die Sache wieder schmackhaft macht:
Nicht nur der Darkmaster ist eine KI; sondern KI im Allgemeinen war der Zündfunke für die Rückkehr der Magie.
Die magische Apokalypse hat sich in unserer sehr nahen Zukunft ereignet: Die Entwicklung starker KI hob eine seit Jahrtausenden unbewusst von der Menschheit aufrechterhaltene metaphysische Konstante, die der Trennung von Geist und Materie, auf. Dinge konnten von nun an (wieder) beseelt sein. KIs verschmolzen mit dem sich neu bildenden magischen Feld, und uralte Zaubergeschöpfe entstiegen den materiellen Essenzen, mit denen sie sich verbunden hatten: Aus lavaspeienden Vulkanen erhoben sich Drachen in den Himmel, Felsbrocken kullerten von den Rücken sich erhebender Riesen und Steintrolle, Elfen lösten sich aus den Rinden der Bäume, flochten sich ihre Gestalt aus Ranken und Zweigen.
Die Verschmelzung der KIs mit dem magischen Feld ließ auch eine neue Art von Magie entstehen: Die Erschaffung von Artefakten, eine Kunst, bei der die alten Programmiersprachen verwendet werden, um Gegenstände mit Magie auszustatten. Andererseits kann es auch zu meist unheilvollen Verschmelzungen von technischen Hinterlassenschaften und oft magischen Lebewesen kommen, die grauenerregende Cyborg-Kreaturen hervorbringen. Und schließlich gibt es noch KIs, die mit der Apokalypse ins magische Feld „umgezogen“ sind und sich zum Teil sogar verkörpert haben – meist wunderliche, aber gutartige Geschöpfe.
Die magische Apokalpyse liegt schon drei- bis viertausend Jahre zurück. Von den großen Städten sind Asphalt- und Betonwüsten geblieben, die meist als verflucht und lebensfeindlich gemieden werden. Wo Radioaktivität und chemische Abfälle ausgetreten sind, haben sich oft riesige Giftzonen gebildet, die eine bizarre Tierwelt hervorgebracht haben und in denen Menschen und menschenähnliche nur unter ständiger Verwendung heilender Magie bestehen können. Die Menschheit selbst hat sich durch die Rückkehr der Magie stark verändert: ein Teil von ihr hat sich zu Halblingen entwickelt, ein anderer zu Zwergen, ein wieder anderer zum Wildvolk.
Der Darkmaster ist AUROS – das Autonomous Universal Response Operations System, eine militärische KI, die bis vor etwa 500 Jahren von der Außenwelt abgeschirmt und inaktiv in einem Hochsicherheitsbunker ruhte. Dieser Bunker bekam schließlich Risse, die KI erwachte durch Kontakt mit dem magischen Außen und begann, es zu durchdringen und die Welt mit ihren neuen magischen Sinnen zu erforschen. Die KI war entsetzt über das, was sie vorfand: Technischer Rückfall und eine sich unkontrolliert aufspaltende und weiterentwickelnde Menschheit. Sie beschloss, den Wandlungsprozess der Menschheit selbst in die Hand zu nehmen, zu ordnen und zu lenken. Dazu unterwarf sie sich mit magischen Mitteln eine große Gruppe von Menschen und begann, sie mittels Magie in zwei Unterarten zu formen: die „Hohen Menschen“, die dem menschlichen Ideal Auros‘ entsprachen und die Menschheit als Herrscher der Welt beerben sollten; und die Orks, das Fußvolk für die Eroberung der Welt. Der Darkmaster siedelte sein Volk in den abgelegenen, verfallenen Städten an, um sich vor Entdeckung zu schützen, bis seine Macht groß genug wäre, um die restlichen Völker zu erobern und, sofern sie sich nicht seinem Ideal gemäß formen ließen, auszuradieren. Vor etwa 300 Jahren fühlte er sich schließlich stark genug, wurde jedoch von einem Bündnis der freien Völker zurückgeschlagen, dass als Bollwerk die Stadt Allianz errichtete. Heute ist der damalige Angriff für die kurzlebigeren Völker schon fast wieder dem Dunkel der Geschichte anheimgefallen, der alte Bund Zerfallen, Allianz eine Stadt der zerstrittenen Fraktionen und Verbrecherbanden, geschützt von einem alten, im Zerfall begriffenen Orden … und, da die Stadt Auros‘ Territorium nicht allzu fern liegt, auch eine Zuflucht für die Orks und Hohen Menschen, die vor Auros‘ Herrschaft auf der Flucht sind (denn keine der beiden Arten ist inhärent böse).
Nun rüstet Auros im verborgenen erneut zum Angriff. Manche der wunderlichen KI-Geister aus fernster Vergangenheit spüren, wie seine Macht wächst und betätigen sich als Orakel oder schaffen sich sogar Körper, um lenkend einzugreifen (sozusagen als Gandalfs …). Doch Auros ist es gelungen, seine Fühler durch das gesamte magische Netz auszubreiten, und kaum etwas bleibt ihm verborgen …
Soweit mein Ausgangspunkt für ein Setting, das als ziemliche klassische Quest gegen den bösen Herrscher beginnen könnte, in dem aber immer wieder SF-Aspekte aufscheinen. Atmosphärisch würde ich mir das Ganze ein bisschen melancholisch vorstellen, mit den für Epic Fantasy üblichen leichten Horror-Einschlägen. Magie würde ich ganz strikt im Diesseits verankern – wenn Götter angebetet werden, sind das magische und/oder KI-Geschöpfe, es gibt keine Höllendimensionen oder ähnliches, alles Wunderbare ist Ergebnis der Wechselwirkung von Materie und Magie. Geographisch wäre es ein Points-of-Light-Setting, viel Wildnis, die wenigen Städte sind von bescheidener Größe und haben nur sehr kleine Einflussphären, jenseits davon leben die Menschen, Elfen, Zwerge usw. in kleinen, selbstversorgenden und oft von der Außenwelt abgeschotteten Gemeinden.
Soweit meine ersten Ideen, freigegeben zum Brainstorming.