Autor Thema: Harte Entscheidungen  (Gelesen 5294 mal)

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Offline ArneBab

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #25 am: 6.10.2023 | 14:04 »
B: Andererseits solche Entscheidungen, die man nach bestem Wissen und Gewissen fällt und die dann völlig unerwartete, teils schröckliche Konsequenzen nach sich ziehen. Fühlt sich für mich als Spieler auch scheisse an, weil sich dann so ein "Damned if you do" Gefühl einstellt, und dass der SL einem offenbar aus Allem einen Strick drehen will.
Dazu hat mir das Buch „Das Licht hinter den Wolken“ interessante Gedanken gebracht: Das Buch gehört zu denen, die den Hauptfiguren gegenüber am fiesesten sind. Das könnte massives grimdark ich-reit-dich-in-die-Scheiße sein. Ist es aber nicht, weil im Subtext jeder Seite zu spüren ist, wie sehr der Autor die Figuren liebt. Der Klang des Textes zeigt eine riesige Liebe gegenüber den Figuren.
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Fürs Spiel: Solange meine Gruppe darauf vertrauen kann, dass ich als SL ihr Fan bin und alle Konsequenzen dazu da sind, ihren Spielspaß zu fördern, kann ich als SL jegliche Grausamkeiten machen. Das säät dann die freudige Erwartung, was daraus werden wird.

Wenn das Vertrauen aber fehlt, geht das alles nicht.
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Offline tartex

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #26 am: 6.10.2023 | 14:08 »
Ich teile den Spielern auch explizit out of character mit, dass sie bzgl. mancher Entscheidungen keine Sorgen machen müssen.

Z.B. "Wenn ihr Gefangene leben lässt, werde ich sie/das später nicht gegen euch verwenden. Macht euch keine Sorgen, dass der gefesselte NSC im Wandschrank euch verrät, weil ihr ihm nicht die Kehle durchgeschnitten habt. Ich will die Kampagne nicht so dark machen."

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Offline nobody@home

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #27 am: 6.10.2023 | 14:09 »
Generell geht's mir bei "Konsequenzen" einfach nur darum, daß die Spieler und ihre Charaktere in der Spielwelt tatsächlich was bewegen können sollen -- im Guten wie im Schlechten, wobei die moralische, Effizienz-, oder sonstige Einstufung dann ruhig schon mal Frage des Betrachterstandpunkts sein kann.

Für den Spieltisch ist dabei natürlich mit eine der wichtigsten Fragen, wie sich die Spieler selbst hinterher fühlen. Idealerweise sollten sie unabhängig vom konkreten Ausgang nachvollziehen können, wie sie sich ihr Ergebnis "verdient" haben; dazu brauchen sie aber sowohl eine vernünftige Gewinnchance als auch die Gelegenheit, aus eigener Entscheidung heraus ernsthaft Mist zu bauen, und weder ein "Pest oder Cholera, eine andere Wahl gibt's nicht"-Szenario noch ein "Egal, was ihr macht, ihr könnt letztendlich gar nicht verlieren"-Ansatz bietet das.

Offline Alter Weißer Pottwal

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #28 am: 6.10.2023 | 14:12 »
Dazu hat mir das Buch „Das Licht hinter den Wolken“ interessante Gedanken gebracht: Das Buch gehört zu denen, die den Hauptfiguren gegenüber am fiesesten sind. Das könnte massives grimdark ich-reit-dich-in-die-Scheiße sein. Ist es aber nicht, weil im Subtext jeder Seite zu spüren ist, wie sehr der Autor die Figuren liebt. Der Klang des Textes zeigt eine riesige Liebe gegenüber den Figuren.
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Fürs Spiel: Solange meine Gruppe darauf vertrauen kann, dass ich als SL ihr Fan bin und alle Konsequenzen dazu da sind, ihren Spielspaß zu fördern, kann ich als SL jegliche Grausamkeiten machen. Das säät dann die freudige Erwartung, was daraus werden wird.

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Ach das ist ja vom Plaschka. Guter Autor und sympathischer Kerl  :d Schade, dass sein NARNIA-Rollenspiel damals so gefloppt hat.

Edit: Gerade gemerkt - ich hab das Buch im Schrank stehen  ~;D
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Offline ArneBab

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #29 am: 6.10.2023 | 14:13 »
Und wie kannst du das nicht machen, wenn der SC nur in deinem Kopf existiert? In dem Moment, wo du als SC darüber nachdenkst, machst du dir als Spieler auch Gedanken darüber. Das ist doch unvermeidlich.  wtf?
Bei mir gibt es einen klaren Unterschied zwischen Abwägungen, die meine Charaktere treffen, und Abwägungen, die ich selbst treffen würde. Klar: Innerhalb gewisser Grenzen. Das sind aber die Grenzen, bei deren Übertretung ich auch keinen Film mit entsprechendem Inhalt ertragen würde.

Wenn mein KI-Charakter entscheidet, ein anderes Schiff in der Atmosphäre verbrennen zu lassen, weil ihm gesagt wurde, Schaden für die eigene Crew zu vermeiden sei oberste Priorität (das andere Schiff würde die Preise verderben), dann heißt das nicht, dass ich mir aus meinen eigenen Moralvorstellungen heraus Gedanken darüber mache, ob das gut ist.

Natürlich weiß ich, dass es in der echten Welt nicht OK ist, 100 Leute in der Atmosphäre verglühen zu lassen, um die eigenen Profite zu verteidigen, das ist an der Stelle aber nicht relevant, denn ich spiele schließlich nicht mich. Und ich muss in einer Runde darauf vertrauen können, dass die anderen diese Unterscheidung auch machen.
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Offline felixs

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #30 am: 6.10.2023 | 14:27 »
Ich teile den Spielern auch explizit out of character mit, dass sie bzgl. mancher Entscheidungen keine Sorgen machen müssen.

Z.B. "Wenn ihr Gefangene leben lässt, werde ich sie/das später nicht gegen euch verwenden. Macht euch keine Sorgen, dass der gefesselte NSC im Wandschrank euch verrät, weil ihr ihm nicht die Kehle durchgeschnitten habt. Ich will die Kampagne nicht so dark machen."

Das finde ich einen sehr guten Ansatz  :d

Und so ähnlich mache ich es auch öfter. Auch als Spieler kann man, finde ich, mögliches Unbehagen in solchen Situationen äußern und eine Lösung vorschlagen.
Ob andere am Tisch das dann auch wollen, ist eine andere Frage. Manche genießen diese Dinge ja auch. Das ist dann eine Frage der Kompatibilität und ggf. von Kompromissen (wobei mir mein ruhiger Schlaf dann schon wichtig ist).

Schade, dass sein NARNIA-Rollenspiel damals so gefloppt hat.

Es gibt ein Narnia-Rollenspiel?  :d
« Letzte Änderung: 6.10.2023 | 14:29 von felixs »
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Offline Weltengeist

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #31 am: 6.10.2023 | 14:43 »
Natürlich weiß ich, dass es in der echten Welt nicht OK ist, 100 Leute in der Atmosphäre verglühen zu lassen, um die eigenen Profite zu verteidigen, das ist an der Stelle aber nicht relevant, denn ich spiele schließlich nicht mich. Und ich muss in einer Runde darauf vertrauen können, dass die anderen diese Unterscheidung auch machen.

Nach meiner Erfahrung spielen die allerallerallermeisten Leute sehr wohl sich selbst. Zwar mit anderen Spielwerten, aber die lebenslang erlernten Handlungsmuster, Wertvorstellungen etc. lassen sich nur ganz schwer ablegen. Wenn du zu den wenigen Ausnahmen gehörst, denen es wirklich gelingt, sich in die Verhaltensweisen einer völlig anders geprägten Figur hineinzuversetzen - Glückwunsch. Aber wie weiter oben schon von anderen geschrieben wurde, solltet ihr das unbedingt in der Session 0 thematisieren, denn nach meiner Erfahrung ticken die meisten Rollenspieler da (auch wenn es ihnen teilweise nicht bewusst ist) anders.
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Offline Shihan

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #32 am: 6.10.2023 | 14:44 »
Fürs Spiel: Solange meine Gruppe darauf vertrauen kann, dass ich als SL ihr Fan bin und alle Konsequenzen dazu da sind, ihren Spielspaß zu fördern, kann ich als SL jegliche Grausamkeiten machen. Das säät dann die freudige Erwartung, was daraus werden wird.

Wenn das Vertrauen aber fehlt, geht das alles nicht.
Das ist ein ganz wichtiger Aspekt der ganzen Sache. Man sollte meinen, dass man sich in einer Runde hinreichend vertraut, dass jeder seinen Teil zum Gelingen beiträgt.
In der Realität ist das nicht unbedingt immer so. Manchmal auch nur, weil es Missverständnisse gab, und nicht, weil jemand den anderen einen reinwürgen will.

Das kann man auch sehr gut in der Meta-Ebene klarmachen. Sollte man sogar. Auch wenn ich manchmal den Eindruck habe, dass viele Runden das nicht machen oder machen möchten, aber in Sitzung 0 mal 'ne halbe Stunde über die Erwartungen und die No-Gos zu sprechen, lohnt sich langfristig ganz gewaltig.

Und wenn das dann für alle klar und akzeptiert ist, dann kann man auch wildes Zeug mit den SCs anstellen  ~;D

Offline unicum

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #33 am: 6.10.2023 | 14:45 »
Nun habe ich mich gefragt, wie Ihr das als Spielleiter mit harten Entscheidungen haltet? Baut Ihr sie bewusst ein? Wie oft? Gibt es auch positive Auswirkungen?

Ich baue moralische Dilemma schon mal ein in ein Spiel. Aber nicht sehr oft, manchmal gibt es durchaus auch mal die Punkte das die Lemmas von den Spielern selbst geschaffen werden, natürlich gibt es auch positive Auswirkungen. Der Räuber der laufengelassen wurde und nun in der Stadtwache arbeitet lässt dann am Stadttor auch mal die Spielfiguren rein obwohl er das eigentlich nicht darf.

Aber ja es gibt auch schon mal durchaus negative Konsequenzen wo es danach heist "oh dann hätte ich wohl anderst entschieden" und ich eigentlich nur sagen kann "dann hättest du mal besser die Konsequenzen bedenken sollen."

Exemplarisch: einem Con anfang des Jahres waren die SC vor der entscheidung ein Todesurteil zu sprechen oder Gnade walten zu lassen. Sie wählten ersteres und ärgerten sich dann darüber das sie danach von den Leuten die gegen das Todesurteil waren (das wurde so auch kommuniziert) geschnitten wurden - was so ziemlich alle NSC waren mit denen sie bisher zusammen gearbeitet hatten (und von denen sie im nachhinein auch noch eine Belohnung erwarteten) die NSC die für das Todesurteil waren gingen sie das ganze Abenteuer aus dem Weg, mit "denen" wollten sie nichts zu tun haben.

Und natürlich gibt es den Satz "Erst kommt das Fressen und dann die Moral".
Auf der anderen Seite gibt es eben auch durchaus das "Gandalf/Gollum" Dilemma.

Offline Feuersänger

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #34 am: 6.10.2023 | 14:47 »
Ich teile den Spielern auch explizit out of character mit, dass sie bzgl. mancher Entscheidungen keine Sorgen machen müssen.

Z.B. "Wenn ihr Gefangene leben lässt, werde ich sie/das später nicht gegen euch verwenden. Macht euch keine Sorgen, dass der gefesselte NSC im Wandschrank euch verrät, weil ihr ihm nicht die Kehle durchgeschnitten habt. Ich will die Kampagne nicht so dark machen."

Stimmt, wollt ich auch noch gesagt haben. Das machen wir auch genau so. Damit klar ist, dass die SCs nicht zu Murder Hobos werden müssen, um nicht ständig backstabbed zu werden.

Anekdote:
Im Verlauf eines Kampfes stellt sich eine Gegnerin als besonders zäh heraus, es entwickelt sich insbesondere ein Zweikampf mit einer Heldin. Nicht dass die NSC jetzt über die Maßen tödlich gewesen wäre, aber halt schwer zu treffen und mobil, was die Spielerin sehr gefuchst hat ("die Bitch!") und Rachegelüste ausgelöst hat. Als die Heldin endlich die Oberhand gewonnen hatte und die NSC quasi besiegt war, streckte letztere die Waffen und ergab sich.
Spielerin: "ACH KOMM!"  |:((
 ;D
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

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Offline nobody@home

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #35 am: 6.10.2023 | 15:07 »
Stimmt, wollt ich auch noch gesagt haben. Das machen wir auch genau so. Damit klar ist, dass die SCs nicht zu Murder Hobos werden müssen, um nicht ständig backstabbed zu werden.

Wobei das dann so ein Fall ist, wo Konsequenzen für eine "Leichen pflastern unseren Weg"-Politik der Gruppe ohnehin irgendwann praktisch unvermeidbar werden. :gasmaskerly: Sie zumindest gelegentlich mal daran zu erinnern, daß es auch anders gehen kann und nicht jeder NSC einen "RACHEEEE!!!"-Schalter im Gehirn hat, der mit der ersten Niederlage automatisch und unwiderruflich umgelegt wird, ist also eigentlich nur fair.

Offline Isegrim

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #36 am: 6.10.2023 | 15:08 »
EDIT
Es tut mir leid, in diesem Thread etwas geschrieben zu haben. Sry.

Foren-Großmäuler, die blindwütig andere Spielstile abwerten, um sich als was besseres zu fühlen, sind wirklich was tolles.

Ich bins so leid. Wie war das mit Dialog auf Augenhöhe und Leitbild und Moral?
« Letzte Änderung: 6.10.2023 | 22:37 von Isegrim »
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline unicum

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #37 am: 6.10.2023 | 15:11 »
Ich teile den Spielern auch explizit out of character mit, dass sie bzgl. mancher Entscheidungen keine Sorgen machen müssen.

Z.B. "Wenn ihr Gefangene leben lässt, werde ich sie/das später nicht gegen euch verwenden. Macht euch keine Sorgen, dass der gefesselte NSC im Wandschrank euch verrät, weil ihr ihm nicht die Kehle durchgeschnitten habt. Ich will die Kampagne nicht so dark machen."

Und wie sieht es aus wenn es "anderstherum" aus,...?
Also mit NSC die sich ergeben werden trozdem abgeschlachtet?

sicher, dann sind es die SC welche die Kampange dark machen, aber reagiert die Spielwelt (so sie es mitbekommt) nicht darauf?

Offline unicum

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #38 am: 6.10.2023 | 15:15 »
Wenn du zu den wenigen Ausnahmen gehörst, denen es wirklich gelingt, sich in die Verhaltensweisen einer völlig anders geprägten Figur hineinzuversetzen - Glückwunsch.

Muss ich eigentlich ständig, ich bin oft genug der SL, will sagen "ich spiel die Bösen."

Und wir hatten leztens die Diskussion im Rollenspieltreffen "Kann man in längeren Kampangen die Bösen spielen?" - das würde ja auch nur auf "die wenigen Ausnahmen" zutreffen.

Offline ArneBab

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #39 am: 6.10.2023 | 15:24 »
Das ist teilweise durchaus richtig, aber teilweise auch nicht, und zwar grad dann, wenn es um die Unterschiede "Setting vs Realwelt" geht. Ich bin Demokrat, "Ich als Ritter" nicht, und der gemeine Bauer hat doch bitte verdammt nochmal sein Maul zu halten. Ist doch genau der Grund, warum kaum jemand Kriminalfälle in der realen Welt löst, ohne Urban Fantasy dranzuklatschen, sondern nach Aventurien oder in die Sechste Welt ausweicht, oder eine Parallelwelt voller Vampire oder Zauberer kreiert.
Das seh ich auch so.

Teilweise ist für mich auch gerade der Widerspruch zu den eigenen moralischen Vorstellungen interessant. Wenn wir die Englischen Gentlemen um 1924 spielen, die völlig überzeugt sind, dass sie das Maß der Welt sind, dann wissen wir als Spielende gleichzeitig um die Opiumkriege, die Schrecken der Sklaverei, die Indian Tea Company, usw. Wir spielen die Gentlemen trotzdem so wie sie sich selbst sehen.
« Letzte Änderung: 6.10.2023 | 15:26 von ArneBab »
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Offline nobody@home

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #40 am: 6.10.2023 | 15:28 »
Und wie sieht es aus wenn es "anderstherum" aus,...?
Also mit NSC die sich ergeben werden trozdem abgeschlachtet?

sicher, dann sind es die SC welche die Kampange dark machen, aber reagiert die Spielwelt (so sie es mitbekommt) nicht darauf?

Kommt auf die Umstände an. Wenn's keine Zeugen gibt -- vielleicht mitten in der Wildnis, wo sich nur die Aasfresser über eine Gratismahlzeit freuen -- oder das Umbringen des Gegners irgendwie sanktioniert ist wie beispielsweise im Kriegsfall unter bestimmten Anführern, dann reagiert sie natürlich weniger stark oder zumindest anders, als wenn ein SC so was unter "zivilisierteren" Umständen vor aller Augen trotzdem immer noch ungerührt durchzieht. Aber wenn ich eine einigermaßen glaubhaft "echte" Spielwelt präsentieren will und nicht bloß ausdrücklich eine Kulisse für sich ungestraft durchmordende und -plündernde privilegierte Supersonderfiguren, dann gehören logische und einigermaßen absehbare Konsequenzen eben mit dazu.

Offline ArneBab

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #41 am: 6.10.2023 | 15:28 »
Ach das ist ja vom Plaschka. Guter Autor und sympathischer Kerl  :d Schade, dass sein NARNIA-Rollenspiel damals so gefloppt hat.

Edit: Gerade gemerkt - ich hab das Buch im Schrank stehen  ~;D
Sehr cool ☺  :d
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Offline felixs

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #42 am: 6.10.2023 | 15:29 »
Selbst wenn man zwischen eigener Persönlichkeit und Spielfigur trennen kann (sehe ich eher selten, kommt aber vor), ist immer noch die Frage, ob man das, was da passiert, erzählen/hören möchte.
Mein Grund, kein "grimdark" spielen zu wollen ist, dass da Dinge geschehen und Situationen erzeugt werden, die ich nicht thematisieren möchte.

Es gibt übrigens z.B. in Castle Falkenstein explizit Anweisungen dafür, wie der Autor sich das Spiel vorstellt. Es gibt (normalerweise) keine expliziten Schilderungen grausamer Dinge, sondern es wird quasi der Vorhang davorgezogen. Außerdem soll die Gruppe Gelegenheit haben, sowas zu verhindern. Vor allem soll heroisches, edles Handeln gefördert werden. Regelseitig z.B. dadurch, dass es keine Meuchelmorde an Spielerfiguren gibt und dass Situationen einen nicht-tödlichen Ausgang haben sollen und dass in eigentlich allen Situationen ein Ehrenkodex gewahrt wird. Gewalt ist aber durchaus möglich.
Dilemmata sind durchaus vorgesehen, aber eben solche, die sich für die Inszenierung schnulzig-ritterlichen Heldentums eignen. Und natürlich ist normalerweise ein guter Ausgang möglich und wahrscheinlich.

Und natürlich gibt es den Satz "Erst kommt das Fressen und dann die Moral".

Der ist aber sehr oft falsch interpretiert. Brecht meint damit nicht, dass die Moral egal wäre und sich jeder selbst der nächste ist oder gar sein sollte.
Brecht meint, dass die Befriedigung elementarer (!) Grundbedürfnisse Voraussetzung dafür ist, moralisch sein zu können.
Die meisten Spieler am Tisch dürften satt und warm sein, die meisten Entscheidungen über die wir hier sprechen, sind auch keine, in denen sich die Spielerfiguren in akuten Notlagen befinden und daher nach Brecht moralisch zu entschuldigen sein könnten.

Das seh ich auch so.

Teilweise ist für mich auch gerade der Widerspruch zu den eigenen moralischen Vorstellungen interessant. Wenn wir die Englischen Gentlemen um 1924 spielen, die völlig überzeugt sind, dass sie das Maß der Welt sind, dann wissen wir als Spielende gleichzeitig um die Opiumkriege, die Schrecken der Sklaverei, die Indian Tea Company, usw. Wir spielen die Gentlemen trotzdem so wie sie sich selbst sehen.

Die sind in der Regel aber weit weg. Falls wir tatsächlich in den Opiumkriegen oder in einem kolonialen Kontext spielen und falls die Gräuel im Spiel thematisiert werden, wird es vielleicht anders aussehen.

Deshalb übertragen ja viele beliebte Pseudo-Mittelalter-Fantasy-Rollenspiele auch in hohem Maß moderne Moralvorstellungen in ihre Spielwelt. DSA und viele DnD-Welten dürften da sehr gute Beispiele abgeben.

Klar ist es interessant, sich in völlig andere Figuren, Zeiten, Wertvorstellungen zu versetzen. Aber das können nur die Wenigsten. Und dann wird es auch oft schnell plump und klischeehaft, weil man eben nur eine unzureichende Vorstellung von dem Weltbild und den Vorstellungen der Figuren hat. Schon bei Beispielen, die uns ziemlich nahe sind, funktioniert das eher schlecht. "Interkulturelle Kompetenz", der Umgang mit anderen Welt-, Menschen- und Wertebildern ist schon bei den eher kleinen Unterschieden unseres globalisierten Zeitalters schwierig. Schon das Verständnis der Lebensrealität der anderen zwischen Angehörigen von verschiedenen Schichten derselben Kultur ist ein großes Problem.
« Letzte Änderung: 6.10.2023 | 15:37 von felixs »
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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #43 am: 6.10.2023 | 16:15 »
Schon bei Beispielen, die uns ziemlich nahe sind, funktioniert das eher schlecht. "Interkulturelle Kompetenz", der Umgang mit anderen Welt-, Menschen- und Wertebildern ist schon bei den eher kleinen Unterschieden unseres globalisierten Zeitalters schwierig. Schon das Verständnis der Lebensrealität der anderen zwischen Angehörigen von verschiedenen Schichten derselben Kultur ist ein großes Problem.
Das wäre doch gerade ein Grund, es im Rollenspiel zu fördern, Leute mit anderen Vorstellungen zu spielen.

Ja, das wird vielleicht Klischeehaft, aber über längeres Spiel wird es üblicherweise differenzierter (oder fällt zurück auf eigene Vorstellungen).
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Offline Weltengeist

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #44 am: 6.10.2023 | 17:32 »
+1 zu allem, was felixs schreibt. Von dem "Wollen wir das wirklich thematisieren?" bis hin zu den klischeehaften Darstellungen, wenn es doch getan wird.

Und nicht selten hatte das, was ich da am Spieltisch erleben durfte, auch weitaus weniger mit "sich mal wirklich in eine andere Moralvorstellung reinversetzen" zu tun als mit "mal die Sau rauslassen" bzw. "mein Charakter ist halt so". Die meisten Leute spielen da am Spieltisch nämlich nicht die Frau, die in einer wirklich patriarchalischen Gesellschaft geprägt wurde, oder den Leibeigenen, der es gewohnt ist zu kuschen, wenn der oben genannte Ritter auftaucht. Komischerweise spielen alle lieber den, der am obersten Ende der Nahrungskette steht und auf alle anderen scheißen darf, und freuen sich, wie differenziert sie dessen moralischen Kompass ausspielen können.

Meine Erfahrung sagt jedenfalls: Nur sehr wenige Spieler waren in der Lage, da bei mir den Wow-Effekt einer differenzierten Darstellung auszulösen. Ja, es fallen mir welche ein, und die waren wirklich großartig. Aber sie waren wirklich die Ausnahme.
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Offline unicum

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #45 am: 6.10.2023 | 18:04 »
Der ist aber sehr oft falsch interpretiert. Brecht meint damit nicht, dass die Moral egal wäre und sich jeder selbst der nächste ist oder gar sein sollte.
Brecht meint, dass die Befriedigung elementarer (!) Grundbedürfnisse Voraussetzung dafür ist, moralisch sein zu können.
Die meisten Spieler am Tisch dürften satt und warm sein, die meisten Entscheidungen über die wir hier sprechen, sind auch keine, in denen sich die Spielerfiguren in akuten Notlagen befinden und daher nach Brecht moralisch zu entschuldigen sein könnten.

Das ist aber auch schon wertend,... also das "falsch" vor interpretiert und somit etwas moralisierend. Man kann den Satz ja auch anderst interpretieren. Brecht (und jeder andere Autor auch) hat nicht unbedingt immer die absolute deutungshoheit über seinen Text. Wenn der text oft anderst interpretiert wird, könnte es dann sein das diese andere Interpretation nicht auch irgendwie eine Berechtigung hat? Denn wäre sie komplett falsch würde es sie ja nicht geben, oder?

Moral ist auch so ein gummiartiges Ding und die Moral der anderen wird immer "gerne" abgewertet.

Offline Isegrim

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #46 am: 6.10.2023 | 18:22 »
EDIT
Es tut mir leid, in diesem Thread etwas geschrieben zu haben. Sry.

Foren-Großmäuler, die blindwütig andere Spielstile abwerten, um sich als was besseres zu fühlen, sind wirklich was tolles.

Ich bins so leid. Wie war das mit Dialog auf Augenhöhe und Leitbild und Moral?
« Letzte Änderung: 6.10.2023 | 22:38 von Isegrim »
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline tartex

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #47 am: 6.10.2023 | 18:47 »
Komische Erwartungshaltung. Warum sollte das auch das Ziel sein?

Interessant, dass die beiden Optionen zu sein scheinen: entweder lebenslang in der Brühe durchgekauter Genre-Klischees zu köcheln oder gleich Nobel-Preis-Ambitionen zu haben.

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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #48 am: 6.10.2023 | 18:48 »
Komische Erwartungshaltung. Warum sollte das auch das Ziel sein?

Muss es nicht. Aber du nimmst ja beispielsweise für dich in Anspruch, die Figur so zu spielen, wie sie authentisch wäre und nicht so, wie aktuellen links-liberalen ethischen Normen entspricht. Und "authentisch" heißt eben nicht nur, dass ich mir die Sachen aus dem komplexen Gemisch moralischer Normen rauspicke, die gerade praktisch sind und mir einen Vorteil verschaffen, sondern auch die, die mir gerade nicht so in den Kram passen. Und an Teil 2 mangelt es dann eben doch häufig. Ob du persönlich das jetzt machst oder nicht, weiß ich nicht und interessiert mich auch nicht, aber die Beobachtung aus vielen Jahren am physischen und virtuellen Spieltisch ist, dass bei "ich spiele die Figur mehr so, wie es ihrer Zeit entspricht" deutlich häufiger an die Rechte gedacht wird als an die damit verbundenen Pflichten.
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Re: Harte Entscheidungen
« Antwort #49 am: 6.10.2023 | 19:46 »
[...] dass bei "ich spiele die Figur mehr so, wie es ihrer Zeit entspricht" deutlich häufiger an die Rechte gedacht wird als an die damit verbundenen Pflichten.

Na ja, ich denke, das gehört ein Stück weit mit zum Eskapismus speziell im Rollenspiel. Sonst wäre das Spielen von Normalos und deren Abenteuern im schlichten Alltag z.B. a la TV-Seifenoper doch wohl wesentlich populärer. ;)