Autor Thema: Wieviel Mann braucht man, um..?  (Gelesen 2394 mal)

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Offline sma

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Re: Wieviel Mann braucht man, um..?
« Antwort #25 am: 2.12.2023 | 14:56 »
Um mal kurz einen Vergleich zu liefern, welchen Unterschied moderne Maschinen machen: [...]
Mag alles sein, aber der hat sie nur zum Heben, Bohren und Hobeln benutzt und somit in erster Linie Mühe aber nicht unbedingt Zeit gespart. Ich hatte ja extra die Anzahl der Helfer vervierfacht um auszugleichen, dass du mit der Hand nicht ganz so schnell bohrst (~60 U/m), wie mit der Maschine (~300 U/m). Vielleicht musst du auch gar nicht so viel bohren, denn du hast mittelalterlich ja nicht das Problem, dass du deine im Auftrag von Microsoft gefertigte Maschine wieder zerlegen können willst und daher Schrauben einsetzt, du kannst das Holz vernuten und binden.

PS: Google verrät mir, dass man PS/2 für einen Bagger rechnet, was der so in der Stunde an m3 schafft. Ein freistehendes Loch ist jetzt natürlich einfacher, als vorsichtig um ein Haus herum zu graben, wo man vielleicht auch noch mit Bewuchs zu kämpfen hat oder Bewohnern, die nicht wollen, dass die Wände zerkratzt oder die Fenster zerstört werden, aber nehmen wir mal PS/4 an, schafft der A 910 Compact Litronic von Liebherr ca. 29 m3 pro Stunde oder bei 6h 174m3, was bei einem Haus mit Grundfläche 10m x 12m und damit 52m "Umkreis" ausreichen sollte, um da 3m tief zu graben. Je nachdem wie fest die Erde ist, schafft man mit der Schaufel ca. 0,5 bis 2 m3, sagen wir also 1m3 im Schnitt und damit bräuchte man für 174 m3 gut 22 Arbeitstage. Da bringt ein Bagger schon extrem viel. Dafür kostet der A 910 ohne Extras auch 149.000€ netto, die 22 Leute, die da graben sollen, vielleicht nur eine Suppe, die man ja mit wenigen Leuten kochen kann, wie wir wissen :)

Offline Feuersänger

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Re: Wieviel Mann braucht man, um..?
« Antwort #26 am: 2.12.2023 | 15:07 »
So, nun die vorher ausgelobten Infos zum Thema Wikinger-Langschiff. Hatte ich vor X Jahren schonmal gepostet, jetzt mit erweiterten Daten:

Nachbau der Skuldelev II:
30 Meter lang, 4 Meter breit, 1 Meter Tiefgang; Leergewicht 8 Tonnen (!), Verdrängung voll beladen 25 Tonnen.

Baumeister 500 Stunden (2 Personen)
Stevenmacher 1000 Stunden
Bootbauer 10.000 Stunden (9 Personen)
Waldarbeiter und Hilfsarbeiter: 14.000 Stunden
Nagelsetzer 1000 Stunden

In Summe also 26.500 Stunden, natürlich mit unterschiedlichen Qualifikationen.
Auf der Website des Museums sind noch andere Jobs aufgeführt, zB "Teerkocher" und "Seiler". Nehmen wir mal an, deren Arbeit ist da oben bereits enthalten. Außerdem werden 35 Beteiligte namentlich genannt, sowie einige weitere Gruppen à la "die Schüler von soundso". Letztere summieren wir mal unter Hilfsarbeiter.

Also 12.500 Stunden unter 35 Personen aufgeteilt --> etwa 50 Vollzeit-Tage. Wobei da freilich nicht alle Arbeiten parallel stattfinden können; allein das Holz muss ja sicherlich erstmal gelagert werden ehe man es verarbeiten kann.

Es verbleiben natürlich ein paar Unklarheiten, aber unterm Strich gibt uns das schon eine ganz gute Vorstellung. Ich würde sagen, wenn das Bauholz erstmal vorhanden ist, kann man mit so einer Bootsbauermannschaft 2 Monate hartes ranklotzen rechnen; realistischer vermutlich eher 3 Monate (da man ja zB auch den Rumpf nicht abdichten kann, ehe er fertig gezimmert ist).
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Offline sma

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Re: Wieviel Mann braucht man, um..?
« Antwort #27 am: 2.12.2023 | 15:47 »
Spannend. Meist du, die Zahlen wären anders, wenn man das nicht gleichzeitig noch lernen und/oder wissenschaftlich untersuchen würde, sondern mit der Erfahrung von einem halben Dutzend anderer Boote nochmals bauen würde, weil das der tägliche Job ist?

Offline Feuersänger

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Re: Wieviel Mann braucht man, um..?
« Antwort #28 am: 2.12.2023 | 16:56 »
Wenn der Havhingsten ihr erstes Schiffbauprojekt gewesen wäre, bestimmt. Allerdings finde ich auf der Museumsseite einige Rekonstruktionen mit früherem Baujahr, sodass die Kameraden sich zum Zeitpunkt dieses Projekts schon einigermaßen ausgekannt haben dürften. Vielleicht ließe sich da durch einer Vollprofi-Crew, die jahrein, jahraus nichts anderes macht als Wikingerschiffe bauen, die Zeit noch etwas verbessern, aber das ist jetzt Kristallkugel.
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Online Auribiel

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Re: Wieviel Mann braucht man, um..?
« Antwort #29 am: 14.01.2024 | 13:29 »
Kurz zur körperlichen Leistungsfähigkeit:

Habe da eine schöne mehrteilige Doku von Experimental-Haumichblau (Anthropologie, Survival Guides etc.) die das Leben von Steinzeitmenschen nachgestellt haben. Und selbst der fitteste von denen war laut eigener Aussage nicht in der Lage mit einem Kind aus der Zeit ausdauertechnisch mitzuhalten, da wir bequem zivilisiert aufgewachsen sind.
Ich würde daher davon ausgehen, dass die Leute auch im Mittelalter körperlich noch deutlich fitter waren als wir heute (überwiegend Sesselpupser, auch die Experimentalforscher), einige Handwerker ev. ausgenommen, aber gerade bei den Nachbauen von Wikingerbooten, französischen Burgen und deutschem Mittelalterdorf sind viele Laien dabei, die auf Arbeit am Schreibtisch sitzen und in der Freizeit dann nachbauen.
Möchte daher zu bedenken geben, dass die bei vergleichbaren Arbeiten im Mittelalter auch eher etwas schneller weil fitter waren (wenn nicht von einer Hungersnot ausgezehrt).
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Offline Feuersänger

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Re: Wieviel Mann braucht man, um..?
« Antwort #30 am: 14.01.2024 | 15:07 »
Woher wissen die denn, wieviel Ausdauer ein original Steinzeitkind hatte?

Ich lese zu dem Thema "Kraft und Ausdauer des vorneuzeitlichen Menschen" so manch Widersprüchliches. Die einen sagen, die waren ja nix als körperliche Arbeit gewöhnt, die waren stark und ausdauernd. Die anderen sagen von wegen, die [Arbeiter etc] waren total ausgemergelt, haben gerade mal 500 Kalorien pro Tag bekommen, die würden wir heute mit links an die Wand spielen, denn wer nicht viel zum fressen hat, hat auch nicht viel zum sch-- naja.
Woher soll ich da jetzt wissen, was nun stimmt.
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Offline unicum

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Re: Wieviel Mann braucht man, um..?
« Antwort #31 am: 14.01.2024 | 15:54 »
Ist ja nicht so das es heute noch Menschen gibt die, vieleicht nicht in der Steinzeit aber nicht sher wiet davon entfernt leben. In Afika gib es noch Menschen welche in der Lage sind Antilopen zu tode zu hetzen und am Amazonas leben auch noch Menschen auf einem technisch sehr niedrigen Niveau.

Ja es mag auffällig sein das viele erfolgreiche Langstreckenläufer aus Afrika kommen, aber spätestens wenn man sich die erfolgreichen Triatleten anschaut,... ich weis nicht so recht. Und selbst wenn wir Ausdauer nur beim Langsteckenlauf "messen" sind z.b. die Asiaten und die Kaukasier da auch nicht gar soweit weg.

Knochenfunde können da sicherlich etwas aussagen, ich meine mich zu erinnern das man deutliche Änderungen etwa bei Langbogenschützen gesehen hat was den rechten und den linken Arm betrifft.

Genetisch haben wir Menschen und seit der Steinzeit kaum verändert.

Klar dürfte aber schon sein das die Auslese in der Steinzeit deutlich härter war. Sicher einige Kinder die man heute durchfüttert, hätten es in der Steinzeit sicherlich nicht geschafft, ich mit meiner Brille auf der Nase? Schlechte chancen. Aber das jemand der heute auch noch tagein tagsaus körperlich arbeitet weniger Ausdauer haben soll als jemand in der Steinzeit? Und ja so Leute gibt es auch heute noch.

Wenn ich "Fittness" an der durchschnittlichen Lebenserwartung festmachen würde,... wäre das ziemlich unfair der Steinzeit gegenüber ;)

Offline YY

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Re: Wieviel Mann braucht man, um..?
« Antwort #32 am: 14.01.2024 | 17:08 »
Wenn ich "Fittness" an der durchschnittlichen Lebenserwartung festmachen würde,... wäre das ziemlich unfair der Steinzeit gegenüber ;)

Die niedrige Lebenserwartung kommt ja zum allergrößten Teil durch die hohe Kindersterblichkeit zustande wie über den Rest der Geschichte bis quasi gestern auch.
Das kann man getrost außen vor lassen.


Was das Thema Ausdauer im Handwerk angeht:
Da gibt es einerseits Arbeiten, die man nach wenigen Wochen Gewöhnung den ganzen Tag machen kann und andere, die jeden in kürzester Zeit auslaugen; da gehts dann eher drum, wie lang die Pausenzeiten sind bzw. ob man zwischendurch was leichteres machen kann. Und selbst dann sind die Unterschiede nicht gewaltig. Clever arbeiten und keine Fehler machen ist da viel relevanter als "pure" Ausdauer.


Noch eins allgemeiner ist der Gedanke vom wesentlich fitteren Steinzeit- oder Mittelaltermenschen nicht recht haltbar.
Für den Vergleich mit der Steinzeit gilt: sesshaft sein, gut medizinisch versorgt, regelmäßig gefüttert und insbesondere in der Kindheit nicht überbelastet werden schlägt jede "harte Schule", solange man kein totaler Bewegungsfeind ist.

Für das Mittelalter gibt es gute Belege dafür, dass sich die Leute mit (zu früh einsetzender) harter körperlicher Arbeit kaputt gemacht haben, von der damaligen Vorstellung von Arbeitssicherheit und den Folgen gar nicht angefangen.
Und sobald jemand sozial auch nur ansatzweise die Möglichkeit hatte, sich nicht körperlich zugrunde zu richten, hat er die auch reichlich genutzt.


Rein sportwissenschaftlich kann man sich ja mal anschauen, wie das Verhältnis von Trainingsreiz und Erholungsbedarf aussieht, wenn man nicht stofft und einigermaßen sinnvoll trainiert.
Das hat mit dem, was man täglich auf der Arbeit tut, i.d.R. gar nichts zu tun.
Da muss ich für den Vergleich schon Leute nehmen, die gar nichts machen, damit am Ende der fitte Mittelaltermensch dem Zivilisationskrüppel gegenüber steht. 
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Re: Wieviel Mann braucht man, um..?
« Antwort #33 am: 14.01.2024 | 18:06 »
Klar dürfte aber schon sein das die Auslese in der Steinzeit deutlich härter war. Sicher einige Kinder die man heute durchfüttert, hätten es in der Steinzeit sicherlich nicht geschafft,

Jo. heute kann man (zumindest im Westen) völlig unsportlich überleben. Aber damals waren viele aufgrund von Mangelernährung sehr schwach.

Aber was sportliche Höchstleistungen angeht hat man heute Spezialisierung, Trainingsmethoden, Ernährung, und Bevölkerungszahl. Entsprechend ist es sehr unwahrscheinlich das die heutigen Werte irgendwo in der Vergangenheit mal übertroffen wurden.
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
Im Rollenspiel ist auch hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie zu unterscheiden.
Meine 5E Birthright Kampagne: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122998.0.html

Offline YY

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Re: Wieviel Mann braucht man, um..?
« Antwort #34 am: 14.01.2024 | 18:29 »
Geht ja auch eher um Durchschnittswerte zwar vorsortierter, aber doch recht großer Bevölkerungsanteile.

Bei den absoluten Spitzenleistungen spricht man sowieso immer über winzige Bruchteile der Gesamtzahl - und ja, da ist der Vorteil der Moderne erst recht offensichtlich.
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