Autor Thema: Balancing von Zauberwirkern und Kämpfern - Optionen + Sinn und Zweck  (Gelesen 13534 mal)

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Offline Skaeg

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Und wenn sie so selten (und gleichzeitig einigermaßen mächtig) wären...dann würden sie in erster Linie als Haus- und Hofzauberer der jeweiligen Herrscher im sicheren und aus der Staatskasse subventionierten Labor hocken und sich für Notfälle zur Verfügung halten und hätten für niedere Erkundungs- und Plünderdienste ihre eigenen Muggel-Untergebenen, die sie losschicken könnten. Von so wertvollen Leuten läßt man doch nach Möglichkeit keinen auf bloßen Abenteuern sein Leben riskieren...
Das ist auch ein guter Punkt. Wobei man da schnell auf die allgemeine Frage kommt, was eigentlich die gesellschaftliche Nische von "Abenteurern" im Rollenspiel-Sinne ist.
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Offline Skaeg

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Bei Ars Magicka gibt es ja drei Sorten von Charakteren

1. Magi, dass sind die coolsten und die Bosse, die ziemlich viel können, manchmal aber gar nicht kämpfen.
2. Gefährten, die eine Sache ganz gut können, oft aber nicht immer gut kämpfen können.
3. Grogs, die gar nichts können, aber am ehesten kämpfen.

Da war es deswegen kein Problem, weil alles wussten es gibt kein gerechtes Balancing. In vielen Rollenspielen wir Shadowrun oder DSA war dann die Stimmung eine ähnliche, die Nichtmagier gingen manchmal mit der Einstellung dran, dann eben Grogs zu spielen.
Es ist (schluck!) Jahrzehnte her, darum weiß ich nicht mehr, ob ich das richtig auf dem Schirm habe Ich hab's einfach schnell nachgegoogelt: Es war bei Ars Magica zumindest ursprünglich so gedacht, dass jeder Spieler einen Magier als primären SC hatte und bei Gelegenheit auch die Rolle von Gefährten oder Grogs übernommen hat. (Im Wechsel zwischen den Abenteuern.)
Troupe play dieser Art kenne ich noch aus dem uralten Mechwarrior 1st Edition. Zumindest theoretisch, denn es ist - obwohl es für die hier angesprochenen Probleme eigentlich die perfekte Lösung ist - bei Spielern extrem unbeliebt. Die Setzung "Ein Spieler - ein Charakter" ist in der Szene mEn äußerst stark verankert.
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Offline Feuersänger

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Hier möchte ich nochmal nachhaken:

Wie bereits weiter oben erwähnt, sind Zauberer unter SC auch nicht annähernd so selten, wie sie es innerweltlich normalerweise sein sollten.

Ich verallgemeinere meine Aussage von etwas weiter vorne im Thread: diese Formulierung ist eh quatsch.
Streng genommen ist (heutzutage, bei uns) so gut wie JEDER Beruf relativ selten. Insbesondere Berufe, die ein Studium verlangen (aber nicht nur). Und doch sind diese Professionellen in ihrem eigenen beruflichen Umfeld eben _nicht_ selten. Fragst du 1000 Random Personen irgendwo in einer Fußgängerzone, werden da zB nur sehr wenige Herzchirurgen darunter sein, wenn überhaupt nur ein einziger. Aber gehst du an eine Spezialklinik für Herzchirurgie - Überraschung!! - findest du dort vermutlich dutzendweise Vertreter dieser Profession.
Da ist schon eher ein Witz am Rande, dass hier IRL wie gesagt quasi jeder Beruf selten ist; das unterscheidet uns dann ein wenig von einer mittelalterlichen Gesellschaft. Früher gab es massenweise Bauern (aber nicht 90% wie oft kolportiert), ziemlich viele Schmiede und so weiter; heute arbeiten unter 2% der Bevölkerung in der Landwirtschaft und Schmiede sind womöglich seltener als Herzchirurgen.. naja.

Long story short, daran dass die Prävalenz von Magiern in Abenteurergruppen weit über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegt, ist NICHTS, aber auch GAR NICHTS Bemerkenswertes, genausowenig wie es ungewöhnlich ist in einer Metzgerei auf einen Metzger zu treffen und im Krankenhaus auf einen Arzt, und nicht umgekehrt. (Das kann höchstens bei der Bundeswehr passieren.)
« Letzte Änderung: 31.12.2023 | 15:00 von Feuersänger »
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Das ist auch ein guter Punkt. Wobei man da schnell auf die allgemeine Frage kommt, was eigentlich die gesellschaftliche Nische von "Abenteurern" im Rollenspiel-Sinne ist.

Und inwieweit das Konzept von Minitrupps von "heimatlos wandernden Problemlösern zum Anmieten" überhaupt in irgendeine Gesellschaft paßt, ja. ;) Historische Vorbilder für die dürfte es nämlich eher weniger geben -- dafür hat eine reale Gruppe von 4-6 (oder so) halbwegs permanent miteinander abhängenden Landstreichern nämlich fast unabhängig von persönlicher Herkunft und Laufbahn normalerweise einfach nicht genügend Einfluß, um die Geschichtsbücher für sich zu interessieren. Da müßte so ein Team schon aus seinerseits Prominenten bestehen, und die hätten dann in vielen Fällen schon wieder ihr mitreisendes größeres Gefolge...

Hinreichend seltene Zauberer wären halt gerade deswegen eine wichtige Ressource, weil sie tatsächlich Kräfte und Fähigkeiten hätten, über die "normale Menschen" einfach nicht verfügen, und sich nicht leicht ersetzen ließen. Das ist etwas, wofür die Realität kein wirkliches Vorbild hat; die Reaktion darauf (wenn wir mal davon ausgehen, daß ein erstes panikartiges Um-Sich-Hauen inzwischen überstanden ist) kann man sich allerdings anhand der Art, in der viele "wichtige" Menschen auch schon ohne nachweisbare besondere Befähigung in irgendeiner Hinsicht laufend Zucker in den Allerwertesten geblasen bekommen, leicht vorstellen.

Offline Ainor

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Ich kenn kaum ein System, das diesen Anspruch hat: Dass alle SC-Klassen oder -Typen im Kampf gleichwertig gebalanced sein sollen. Von D&D hab ich sowas gehört (zumindest für manche Editionen), aber sicher nicht für SR.

In einem kampflastigen System wie D&D tendentiell schon. Mag sein dass der Rogue bessere Skills hat als der Fighter und dafür ein bisschen weniger aushält, aber das Ziel ist schon dass sie in derselben Liga spielen. Ich weiss nicht was SR seien will, aber mit seinen Detailierten Waffenbeschreibungen etc. macht es eben schon den Eindruck eines Kampflastigen Systems. Und da ist es schon ein Problem dass Normalos im Kampf fast genauso ausgesperrt sind wie Mundane im Astralraum.

Ich sehe nicht, dass das ein neues Problem ist. "Balancing-Probleme", wie sie hier im Thread implizit verstanden werden (den Versuch einer expliziten Definition habe ich hier nicht gefunden), sind darauf zurückzuführen, dass unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten von Spielfiguren zu gleichen Spieleffekten führen. Das habe ich in anderen Worten bereits vor 3 Seiten gesagt.

Balancing ist alles was dazu dient sicherzustellen das gut informierte Spieler die primären Optionen vielfältig wählen. In traditionellen (D&D artigen, also auch DSA, Earthdawn, Warhammer, etc.) Spielen ist die Wahl der Klasse die primäre Option. (Ars Magica ist da eben anders). Wenn also Krieger und Magier gespielt werden  und niemand seine Wahl bereut sieht es schonmal gut aus.

Dabei geht es eigentlich nur indirekt um Charaktermacht. In erster Linie geht es um Spielspass. Das ist zwar oft verknüpft - die wenigsten Leute haben Lust beim Spiel nur zuzuschauen - aber nicht immer. Bestes Beispiel: AD&D. "Einer muss einen Kleriker spielen" bedeutete das Kleriker zwar theoretisch sehr mächtig waren (weil die Gruppe ohne sie meistens draufging), aber der Spielspass bei einem "Heilbot" eben eher beschränkt war.

Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
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In einem kampflastigen System wie D&D tendentiell schon. Mag sein dass der Rogue bessere Skills hat als der Fighter und dafür ein bisschen weniger aushält, aber das Ziel ist schon dass sie in derselben Liga spielen. Ich weiss nicht was SR seien will, aber mit seinen Detailierten Waffenbeschreibungen etc. macht es eben schon den Eindruck eines Kampflastigen Systems. Und da ist es schon ein Problem dass Normalos im Kampf fast genauso ausgesperrt sind wie Mundane im Astralraum.

SR will ne ganze Menge gleichzeitig sein, was man als Feature oder Bug ansehen kann, je nach Geschmack...   ;D

Wie so viele andere Systeme auch, DSA kennt da ähnliche Probleme (was das Balancing zwischen Kämpfern, Magiern & anderen angeht, weniger die unterschiedlichen "Spielwelten" wie Matrix oder Astralraum). D&D hat sich mWn zumindest in manchen Editionen die gezielte Aufgabe gestellt, im Kampf allen Klassen gleichwertige (?) Möglichkeiten zu geben, damit niemand gelangweilt rumsitzt. Ist auch an legitimer Ansatz, mit dem Problem umzugehen.

SR oder DSA oder andere Systeme, die ich kenne, haben diesen Anspruch nicht, auch wenn viel gekämpft wird. Kann man als Nachteil ansehen, und muss man halt i-wie mit umgehen, wenn oder besser noch bevor es zu einem Problem wird. Aber das ist eine Leistung, die ich nicht vom System erwarte, sondern von den Mitspielern. Wenn ich mir bei SR einen Runner baue, der alles darauf setzt, Konfrontationen zu vermeiden (egal ob magisch oder mundan), wird für den Kram, den ich brauche, wenns mal schief geht, einfach nicht so viel übrig bleiben. Andersum, wenn ich alles daran setze, den perfekten Fighter zu kreieren (egal ob Sammy, Kampfmage oder Ki-Fuzzi), dann wird der auch öfters kämpfen als andere, weil er keine Fähigkeiten hat, die ihm helfen, Konflikten aus dem Weg zu gehen oder anders zu regeln. SR hat halt neben umfangreichen Kampfregeln und passendem Equipment auch lange, lange Listen an Sicherheitssystemen und Wege, diese auszutricksen. Und jeder Run involviert Beinarbeit, bei der idR Kampf nicht (oder zumindest nicht zuerst) das Mittel der Wahl ist.

Als Spieler begrüße ich hier eigentlich die Freiheit, die einem zB Kaufsysteme wie SR bieten. Das Balancing bei D&D geht ja mit den recht klar auf bestimmte Aufgaben festgelegten Klassen einher. Dass das bedeutet, dass man es auch in der Hand hat, einen SC zu erschaffen, der an allen häufig spielrelevanten Fähigkeiten gekonnt vorbeiläuft und für den "gewöhnlichen Abenteueralltag" ungefähr so berufen ist Gollum zur Miss America, nehm ich dafür hin. Zugegeben, dass die Archetypen in den mir bekannten GRW oft eher subotimal waren, machts für Anfänger nicht leichter.
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Offline Feuersänger

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Zitat
Ich weiss nicht was SR seien will, aber mit seinen Detailierten Waffenbeschreibungen etc. macht es eben schon den Eindruck eines Kampflastigen Systems.

Das Kernkonzept von Shadowrun ist, dass die SC ("Runner") für irgendeinen eher illegalen Auftrag ("Run") angeheuert werden, meist um etwas zu klauen oder jemanden zu entführen/extrahieren, oder auch mal jemandem inkriminierendes Material unterzujubeln, all sone Sachen. Meist versucht man dabei Kämpfe möglichst komplett zu vermeiden, und im Idealfall rein und raus zu gehen ohne entdeckt zu werden oder zumindest ohne dass auf einen geschossen wird. Aber in den meisten Fällen muss dabei etwas schiefgehen (oft im Abenteuer gescriptet), und es kommt eben doch zum Kampf. (*)

Und wie oben schon wahrscheinlich YY sagte, tut SR zwar so, ein klassenloses System zu sein, ist es aber in Wirklichkeit nicht. Wer sowohl auf Magie als auch auf haufenweise Cyberware verzichtet, bekommt dafür zwar grob gesagt ein paar mehr Skills, aber im Kampf spielt man halt ca 2 Ligen weiter unten. Es ist sozusagen, als ob du John McClane unter die ganzen spandextragenden Mutanten bei den Avengermen schmeisst, und dann mal guckst wie er da neben Superspider, Eisenmann und dem Blitzer oder wie die alle heissen so performt.

Ist also im Prinzip wie bei D&D: man KANN mit solchen SC spielen, wenn die ganze Gruppe auf diesem Niveau gebaut ist und auch die Kampagne entsprechend ausgerichtet ist; dann sind die SC halt Gangmitglieder der BMX Bandits, die ihren Turf gegen die Rollerboys verteidigen.

--
*) ich habe nur eine Ausnahme erlebt, nämlich in einer Gruppe in der es keine Kampfmonster gab. Somit fühlte der SL sich nicht genötigt, irgendwelchen Gorillas ihr Spotlight zu verschaffen, und unsere sorgfältig ausgetüftelten Heist-Pläne durften auch einfach mal funktionieren.
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Und wie oben schon wahrscheinlich YY sagte, tut SR zwar so, ein klassenloses System zu sein, ist es aber in Wirklichkeit nicht. Wer sowohl auf Magie als auch auf haufenweise Cyberware verzichtet, bekommt dafür zwar grob gesagt ein paar mehr Skills, aber im Kampf spielt man halt ca 2 Ligen weiter unten.

Ich denke, der entscheidende Begriff ist hier System. Generierungssysteme - wie auch das stark an SR angelehnte DSA4.1 - stellen die Sinnfrage nicht. Sie ermöglichen einfach, unabhängig davon, ob die erstellte Figur innerweltlich plausibel, "spaßig" oder auf dem gleichen Machtniveau wie andere Figuren der Gruppe sind. Die Verantwortung für das Balancing und damit letztlich den eigenen Spielspaß liegt bei den Spielern, nicht beim System.

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Und inwieweit das Konzept von Minitrupps von "heimatlos wandernden Problemlösern zum Anmieten" überhaupt in irgendeine Gesellschaft paßt, ja. ;) Historische Vorbilder für die dürfte es nämlich eher weniger geben

Weiß nicht, wie uns dieser whataboutism weiterbringt. Historisch haben wir auch keine monsterverseuchten Landstriche, in denen Otto-Normal-Soldat gegen besagte Monster nicht ankommt ja auch nicht. Ebenso wie leibhaftige Götter / Dämonen / Nekromanten etc. Die Frage fängt ja bei derartigen Setzungen (Setting!) bereits an.

Die Verantwortung für das Balancing und damit letztlich den eigenen Spielspaß liegt bei den Spielern, nicht beim System.

Finde ich ein bisschen zu versimpelt. Die Designer sollen ihr Zeug schon so designen, dass es für das vorgesehene Spiel auch funktioniert. In der Regel haben die Bauklötze ja durchaus verschiedene Kosten, also haben die Designer in denen offenbar unterschiedliche Nützlichkeiten gesehen. Das sollen die mir dann bitte auch erklären.
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Weiß nicht, wie uns dieser whataboutism weiterbringt. Historisch haben wir auch keine monsterverseuchten Landstriche, in denen Otto-Normal-Soldat gegen besagte Monster nicht ankommt ja auch nicht. Ebenso wie leibhaftige Götter / Dämonen / Nekromanten etc. Die Frage fängt ja bei derartigen Setzungen (Setting!) bereits an.

Und weiter als bis zum Ende des von dir zitierten Teils hast du auch vor lauter Eifer gar nicht mehr gelesen, nicht wahr. ::) Sonst wäre dir nämlich möglicherweise der Gedanke gekommen, daß für klassische "Abenteurer", die so viel toller sind als Otto Normalsoldat, genau dasselbe gilt wie für entsprechende Zauberer auch schon -- die läßt man nach Möglichkeit auch nicht einfach nur so unkontrolliert durch die Gegend wandern, sondern die versucht man für sich selbst einzusetzen und an sich zu binden, damit sie nach einem erfolgreich ausgeführten Auftrag nicht vielleicht gleich als nächstes bei der Konkurrenz anheuern.

Was natürlich wiederum bedeutet, daß Abenteurer, die das Spiel mitmachen, zwar einigermaßen angesehen sein dürften und für ihre erwiesene Loyalität auch eher mal auf Unterstützung rechnen könnten, aber dadurch auch wieder zu einem Grad an Seßhaftigkeit (außerhalb von ausdrücklich gestatteten Expeditionen) "verdammt" wären, der nicht jedem Spieler unbedingt passen mag. Und die Abenteurer, die sich umgekehrt der lieben Unabhängigkeit wegen schlicht weigern wollten, sich überhaupt irgendwem zu verpflichten, würden dann natürlich von allen Seiten einigermaßen mißtrauisch beäugt und müßten sich unter anderem wahrscheinlich mit den Aufträgen begnügen, die ihre privilegierten "zahmen" Kollegen aus welchem Grund auch immer für sie übrig gelassen hätten...

Offline manbehind

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Finde ich ein bisschen zu versimpelt. Die Designer sollen ihr Zeug schon so designen, dass es für das vorgesehene Spiel auch funktioniert. In der Regel haben die Bauklötze ja durchaus verschiedene Kosten, also haben die Designer in denen offenbar unterschiedliche Nützlichkeiten gesehen. Das sollen die mir dann bitte auch erklären.

Der Zweck eines freien Generierungssystems besteht darin, rollenspielerische Entscheidungen zuzulassen.

Im Falle eines Kaufsystems bestehen die Kosten eines Talents, eines Attributs o. ä. in den Opportunitätskosten, d. h. darin, was man stattdessen hätte kaufen können. Jedes System, das nach diesem Prinzip funktioniert, wird mitunter unbefriedigende Ergebnisse erzeugen, einfach weil die Bedingung der Transitivität bei der Bewertung relativer Nutzen nicht erfüllt ist. Hier Erklärungen der Designer zu fordern, ist allein deshalb unrealistisch.

Ich halte sie auch für unnötig. Wenn man mit einem bestimmten Ergebnis nicht zufrieden ist, ändert ja auch eine Erklärung nichts daran. Dann ändert man es besser in Absprache mit den Mitspielern einfach ab - und fertig ist der Lack.

Wie Ainor oben schrieb: Primär geht es um Spielspaß. Wenn ein System das in bestimmten Fällen nicht sicherstellen kann, muss man das Ergebnis ändern; wenn unbefriedigende Ergebnisse der Regelfall sind, muss man das System ändern.

Alles, was im Rollenspiel durch Inventar, Werte und Zahlen usw. auf einem Blatt Papier festgehalten werden kann, ist schlussendlich eben nur ein Mittel zum Zweck. Wenn ich der Meinung bin, dass eine bestimmte Kombination von Fähigkeiten spielerisch sinnvoll ist, durch das System aber nicht zugelassen wird, dann habe ich zwei Optionen: 1) Ich kann es ändern, 2) ich kann das System doof finden. Ich persönlich sehe wenig Sinn darin, etwas nicht zu tun, nur um dann etwas anderes doof finden zu dürfen.

Ich zitiere hier mal Hadmar von Wieser aus einer uralten Quelle, der hier zu einem sehr pragmatischen Umgang mit Zahlen rät:

"Sie können einige Kurzabenteuer einschieben, wie sie im folgenden ansatzweise erwähnt werden, oder die Helden einfach erzählen lassen, womit sie die Zeit verbringen - Training oder Urlaub, Lernen oder Zechen - und ihre Werte dementsprechend erhöhen."

Offline Ainor

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Das Kernkonzept von Shadowrun ist, dass die SC ("Runner") für irgendeinen eher illegalen Auftrag ("Run") angeheuert werden, meist um etwas zu klauen oder jemanden zu entführen/extrahieren,

Gut. Man könnte sagen das Kernkonzept bei AD&D war in Dungeons zu laufen und so viele Schätze wie möglich zu sammeln ohne dabei zu sterben, aber das ist irgendwann mutiert zu Monster platt machen. Und Shadowrun hatte nunmal so viel Kampffokussierten
Inhalt (man denke an den Street Samurai Catalog) dass es mir schwerfällt zu glauben dass gewaltlose Heists der Fokus des Spiels waren. Und in Shadowrun Returns von Jordan Weisman wird ja auch ordentlich gekämpft.

Insofern hat SR schon einen nennenswerten Kampffokus, und entsprechend kann man das nicht als unwichtigen Teil des Spiels abtun.

Ist also im Prinzip wie bei D&D: man KANN mit solchen SC spielen, wenn die ganze Gruppe auf diesem Niveau gebaut ist und auch die Kampagne entsprechend ausgerichtet ist; dann sind die SC halt Gangmitglieder der BMX Bandits, die ihren Turf gegen die Rollerboys verteidigen.

Bei D&D ist die Situation etwas anders. Egal wie man die SCs baut, auf Stufe 3 ist man klein, und auf 15 normalerweise gross.
Und sich auf 3 als Underdog zu fühlen ist nicht schwer, aber dann ist die Gruppe eben Underdog. Man kann also einstellen wie die Gruppe zur Spielwelt steht. Mit Flexbooster 3 und dicker Knarre ist man auch frisch aus dem Ei geschlüpft bei SR kein Underdog, was vom SR Fluff nicht so wirklich passt.


Und ja, ich mecker so viel über SR weil es bei der Fantasy massenweise Alternativen gibt. Die 6. Welt gibt es aber nur einmal.
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Wer sowohl auf Magie als auch auf haufenweise Cyberware verzichtet, bekommt dafür zwar grob gesagt ein paar mehr Skills, aber im Kampf spielt man halt ca 2 Ligen weiter unten.

Ist das denn wirklich ein Problem?

Nein: Wer die sechs Essenzpunkte nicht verwendet, die jeder Charakter hat, verschwendet halt eine Ressource. Natürlich ist er dann nicht so fähig wie andere. Wenn ich bei der Charaktererschaffung entscheide, den riesen Haufen Geld nicht in Cyberware oä zu investieren, sondern in einen Original Picasso, werd ich bei Runs auch weniger reißen können. Selbst schuld.

Ja: Es gibt Konzepte, die eigentlich spannend sein können (Indianer uä, die aus spirituellen Gründen Cyberware ablehnen, oder Ganger, die sich zumindest am Anfang keine leisten können), und die als Beispiel-Charaktere in Regelwerken und als Vorbild im Hintergrund vorkommen, aber dadurch stark benachteiligt werden. Blöd.

In meiner ersten SR-Gruppe (1. Ed.) hatten wir einen Mitspieler, der einen Stammeskrieger spielte, der weder Magie beherrschte, noch Cyberware nutzen wollte (wie vom GRW angeregt!). Da ist uns auch recht schnell augefallen, dass das ei Problem ist, besonders was die Reaktion im Kampf angeht. Wir haben uns mit einer Hausregel beholfen, und ihm einen Zauberspeicher mit Reflexverstärkung zugestanden, den eigentlich nur Zauberer benutzen können. Anderer interessanter Effekt: Da der SC weder in Cyberware noch in Magiekram Unmengen Geld versenken konnte respektive musste, konnte er sich eine Menge netter Spielzeuge leisten.

Andere Anekdote aus meinen SR-Frühzeiten: Ein anderer Mitspieler hat sich mal einen Charakter gebaut (Decker, glaub ich), der keinen Kampfskill hatte; nicht Fernkampf, nicht Nahkampf, nicht Sich Prügeln, und auch keine Magie. War ein Experiment, dass recht schnell beendet wurde...

Mein Fazit: Wenn ein System eine recht große Freiheit bietet, einen Charakter so zu bauen, wie man will, wird immer die Möglichkeit bestehen, dass Schrott bei rauskommt. Die Frage ist, ob man eine solche Freiheit will, auch wenn die Ergebnisse nicht gleich sind, speziell inbesonders oft vorkommenden Situationen wie Kampf.

In jedem Setting wird es Leute geben, die vom Abenteuern lieber die Finger lassen sollten. Die Frage ist, ob man die spielen können sollte, obwohl sie ungebalanced sind.
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Im Falle eines Kaufsystems bestehen die Kosten eines Talents, eines Attributs o. ä. in den Opportunitätskosten, d. h. darin, was man stattdessen hätte kaufen können. Jedes System, das nach diesem Prinzip funktioniert, wird mitunter unbefriedigende Ergebnisse erzeugen, einfach weil die Bedingung der Transitivität bei der Bewertung relativer Nutzen nicht erfüllt ist. Hier Erklärungen der Designer zu fordern, ist allein deshalb unrealistisch.

Ich halte sie auch für unnötig. Wenn man mit einem bestimmten Ergebnis nicht zufrieden ist, ändert ja auch eine Erklärung nichts daran. Dann ändert man es besser in Absprache mit den Mitspielern einfach ab - und fertig ist der Lack.

Wie Ainor oben schrieb: Primär geht es um Spielspaß. Wenn ein System das in bestimmten Fällen nicht sicherstellen kann, muss man das Ergebnis ändern; wenn unbefriedigende Ergebnisse der Regelfall sind, muss man das System ändern.

Alles, was im Rollenspiel durch Inventar, Werte und Zahlen usw. auf einem Blatt Papier festgehalten werden kann, ist schlussendlich eben nur ein Mittel zum Zweck. Wenn ich der Meinung bin, dass eine bestimmte Kombination von Fähigkeiten spielerisch sinnvoll ist, durch das System aber nicht zugelassen wird, dann habe ich zwei Optionen: 1) Ich kann es ändern, 2) ich kann das System doof finden. Ich persönlich sehe wenig Sinn darin, etwas nicht zu tun, nur um dann etwas anderes doof finden zu dürfen.

Ich zitiere hier mal Hadmar von Wieser aus einer uralten Quelle, der hier zu einem sehr pragmatischen Umgang mit Zahlen rät:

"Sie können einige Kurzabenteuer einschieben, wie sie im folgenden ansatzweise erwähnt werden, oder die Helden einfach erzählen lassen, womit sie die Zeit verbringen - Training oder Urlaub, Lernen oder Zechen - und ihre Werte dementsprechend erhöhen."

Ich verstehe nicht alles, was du da schreibst, vor allem das mit der Transitivität. Kannst du das nochmal anders erklären?

Der Zweck eines freien Generierungssystems besteht darin, rollenspielerische Entscheidungen zuzulassen.

Im Falle eines Kaufsystems bestehen die Kosten eines Talents, eines Attributs o. ä. in den Opportunitätskosten, d. h. darin, was man stattdessen hätte kaufen können.
[...]
Hier Erklärungen der Designer zu fordern, ist allein deshalb unrealistisch.
[...]
Alles, was im Rollenspiel durch Inventar, Werte und Zahlen usw. auf einem Blatt Papier festgehalten werden kann, ist schlussendlich eben nur ein Mittel zum Zweck. Wenn ich der Meinung bin, dass eine bestimmte Kombination von Fähigkeiten spielerisch sinnvoll ist [...]

Ich hoffe die weggelassenen Teile verdrehen deine Aussage nicht, sie sind aber genau das, womit ich in deinem Posting nicht einverstanden bin:
Du kamst mit dem Posting von SR und DSA, die ja Kaufsysteme sind, nicht einfach freie Generierung. Entscheidend ist für die Punktekosten, und letzlich für die Balance, was spielerisch sinnvoll ist. Das ist eine gute Formulierung.
Ich bin der Meinung, das lässt sich nicht ohne das Designziel beantworten,  denn ich muss wissen, welches Spiel ich spiele. Damit meine ich nicht System, sondern den Kern des Spiels. Das wird manchmal Core Story genannt oder Spielstil.* Monsterkloppen im Dungeon oder Open World Exploration oder Drama etc  sind imo grundverschiedene Spiele. Und die Designer eines Regelsystems müssen mir erklären, wozu ihre Regeln in dem Sinne gedacht sind. Erst DANN kann ich ermessen, welche Spieloptionen spielerisch sinnvoll sind. Und idealerweise haben die dann passende Kosten.

Edit: Typo
Edit 2: *vgl z.B. "bestimmungsgemäßer Gebrauch" bei Produkten
« Letzte Änderung: 1.01.2024 | 12:24 von Tudor the Traveller »
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Und weiter als bis zum Ende des von dir zitierten Teils hast du auch vor lauter Eifer gar nicht mehr gelesen, nicht wahr. ::) Sonst wäre dir nämlich möglicherweise der Gedanke...

Sorry für meinen vorwurfsvollen Tonfall, aber imo ist das halt klassischer whataboutism. Ich versuche es nochmal anders:
Welchen Beitrag zur Frage des Balancings zwischen Magiern und Nichtmagiern erhofft du dir mit der Frage nach der innerweltlichen Nische von Abenteurern?
Imo führt die Diskussion vom Thema weg.
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Insofern hat SR schon einen nennenswerten Kampffokus, und entsprechend kann man das nicht als unwichtigen Teil des Spiels abtun.

Sehe ich auch so. Das ist die gleiche Argumentation wie von denen, die D&D ohne Kampfencounter spielen. Klar geht, ist aber imo nicht das von den Designern geplante Spiel.
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@Ainor:
Stimmt, bei SR fängt man üblicherweise schon auf einem ziemlich hohen Powerniveau an, dafür aber vielleicht etwas schmalspurig. Ein optimierter Char ist _sehr_ gut in einer _sehr_ kleinen Anzahl von Dingen. Denn wenn man ihn breiter aufstellen würde, wäre er in diesen Dingen nur mittelmäßig. Auch Zauberer sind anders als in D&D kein Omni-Tool, sondern haben halt meist sowas wie 5-8 Zaubersprüche zur Verfügung. [Leicht unterschiedlich nach Edition; in SR2 kam man damit durch etliche Zauber mit Kraft 1 zu lernen, in SR3 wurde das abgestellt.]

Bei uns gingen die einzelnen Kampagnen dann meistens nicht so lange, dass sich an der Gesamtpower noch so wahnsinnig viel geändert hätte. Das war dann eher inkrementell. AUSSER bei Zauberern denen die Initiation gelang, da tat sich dann nochmal eine völlig neue Welt auf. Was wieder wunderbar zum Threadthema passt.

Man kann SR aber halt so und so spielen. Pink Mohawk oder Black Trenchcoat. Auch was die Tödlichkeit und entsprechend Fluktuation angeht. Ich kann mich grad nicht erinnern, dass in unseren SR-Runden je einer gestorben wäre. Habe aber auch von anderen Runden gehört, wo man sich die Charaktere auf dem Abreissblock mitgebracht hat.
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Welchen Beitrag zur Frage des Balancings zwischen Magiern und Nichtmagiern erhofft du dir mit der Frage nach der innerweltlichen Nische von Abenteurern?
Imo führt die Diskussion vom Thema weg.

Mag sein. Wenn überhaupt, erhoffe ich mir davon vielleicht ein wenig Einsicht in die Tatsache, daß der klassische allein oder mit nur ein paar Kumpanen herumvagabundierende "Abenteurer" eigentlich vom Konzept her schon in die wenigsten halbwegs konsistenten Spielwelten mit etablierten Gesellschaften (und seien es nur Familienklans und Stämme auf Steinzeitniveau) überhaupt hineinpaßt und es sich also lohnen mag, zu hinterfragen, inwieweit diese selbst mehr oder weniger unglaubwürdige Kuriosität als Maß aller rollenspielerischen Balanceansprüche überhaupt taugt. (Okay, dreimal "überhaupt" in einem Satz -- mag nicht der beste Stil sein, aber eine bessere Formulierung, die den Sinn nicht gleichzeitig verwässert, ist mir gerade nicht eingefallen.)

Entsprechend führt das dann mMn über die Schiene "Wieviel Sinn ergibt es eigentlich für unser Spiel, Zauberer und Nichtzauberer nur im 'reinen Dungeonkontext' zu betrachten?" schon wieder zum Thema zurück -- ursprünglich hat das Ganze ja mit der Überlegung angefangen, daß geistig gesunde Zauberer unter Umständen, die sie zu einer für die Gesellschaft hinreichend wertvollen Ressource machen, womöglich überhaupt nicht aus freien Stücken mit gefährlich kleinen und damit auch potentiell leicht ausgelöschten Gruppen auf so was wie "Abenteuer" ausziehen.

Offline Feuersänger

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[...] die läßt man nach Möglichkeit auch nicht einfach nur so unkontrolliert durch die Gegend wandern, sondern die versucht man für sich selbst einzusetzen und an sich zu binden, damit sie nach einem erfolgreich ausgeführten Auftrag nicht vielleicht gleich als nächstes bei der Konkurrenz anheuern.

Was natürlich wiederum bedeutet, daß Abenteurer, die das Spiel mitmachen, zwar einigermaßen angesehen sein dürften und für ihre erwiesene Loyalität auch eher mal auf Unterstützung rechnen könnten, aber dadurch auch wieder zu einem Grad an Seßhaftigkeit (außerhalb von ausdrücklich gestatteten Expeditionen) "verdammt" wären, der nicht jedem Spieler unbedingt passen mag. [...]

Das ist ja witzigerweise genau das, was in Prä-3E D&D passiert, und dann leider in späteren Editionen wieder gestrichen wurde bzw nicht mehr als Regelfall vorgesehen ist. Da heisst dann die 9. Stufe "Name Level" - an diesem Punkt hat man sich so einen Namen gemacht, dass man Privilegien und Pfründe angetragen bekommt; der Fighter wird zum Lord und so weiter. Das passt innerweltlich ganz wunderbar zu deinem Ansatz - vielleicht hat die Gruppe sich ihre Stronghold ja komplett selber erobert, oder aber die Helden werden von zB einem König belehnt, was dieser freilich nicht aus reiner Großzügigkeit tut, sondern sicherlich zumindest teilweise, um sie für zukünftige Krisen greifbar zu haben.

Als Bonuseffekt gibt diese Regelung auch eine sehr schöne Motivation, warum auch oder gerade begabte Magier gerne die Abenteurerlaufbahn einschlagen, statt sich irgendwo einen bequemen Posten zu besorgen -- weil es zwar riskant, aber der Fast Track an die Spitze der Nahrungskette ist. Schließlich wird irgendein König wenig Interesse daran haben, irgendeinen grünen Akademieabgänger als Hofmagier einzustellen, der gerade mal ein paar Lichter tanzen lassen kann. Man müsste sich also erstmal als Unteramtsrat verpflichten und dann womöglich über Jahrzehnte hochdienen (und nebenbei gaaaaaanz allmählich seine Zauberkräfte steigern), bis endlich mal wirklich was mit ihm anzufangen ist. Und dann bekommt man den ersehnten Posten von einem Jungspund weggeschnappt zu bekommen, der kaum vor einem halben Jahr graduiert ist, aber schon teleportieren kann.  >;D
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Zitat von: ErikErikson
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Offline Ainor

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Ja: Es gibt Konzepte, die eigentlich spannend sein können (Indianer uä, die aus spirituellen Gründen Cyberware ablehnen,

Das spannende an SR ist ja das man das kann ohne irrelevant zu sein, aber dafür muss man halt Schamane werden.
Das ist im Prinzip dasselbe wie hohe Intelligenz in der MA-Fantasy.

In jedem Setting wird es Leute geben, die vom Abenteuern lieber die Finger lassen sollten. Die Frage ist, ob man die spielen können sollte, obwohl sie ungebalanced sind.

Spielen können wäre ja ok, aber dass die einfach so als Archetypen eingereiht sind finde ich nicht optimal.

Und die Designer eines Regelsystems müssen mir erklären, wozu ihre Regeln in dem Sinne gedacht sind.

Theoretisch ja. Aber vielleicht wissen sie das garnicht so genau, oder das was sie entwickelt haben ist nicht das was sie entwickeln wollten. Die Frage ist eher: was wird vom System begünstigt oder wozu werden SCs ermutigt?

Man kann SR aber halt so und so spielen. Pink Mohawk oder Black Trenchcoat.

Black Trenchcoat ja. Aber wie spielt man Pink Mohawk? Bei D&D kann man einfach eine kurze 1-5 Kampagne spielen (oder langsam aufsteigen). Aber im alten SR gab es keinen mechanischen Regler. Man kann nur sagen: "macht mal keine krassen SCs" und dann bleibt es irgendwie jedem überlassen rauszufinden was das bedeutet. Insbesondere haben wenn man Geld beschränkt Magier immernoch den Manaball. Harte "Pink Mohawk" Regeln musste man zumindest damals selber basteln.

Das zeigt im allgemeinen: ohne eine klare Vorstellung wie die SCs aussehen werden können die Designer kein Balancing der Magie liefern.

Wie Ainor oben schrieb: Primär geht es um Spielspaß. Wenn ein System das in bestimmten Fällen nicht sicherstellen kann, muss man das Ergebnis ändern; wenn unbefriedigende Ergebnisse der Regelfall sind, muss man das System ändern.

Klar. Es geht um Spielspass. Aber das Problem ist: es ist nicht klar woher der kommt. Aber der Verdacht liegt schon nahe dass Spielspass mit relativer Charaktermacht koreliert (das Klerikerbeispiel war einer der Fälle wo das bekanntermassen anders war), und offensichtlich haben alle Spieler das gleiche "Anrecht" auf Spielspass. Wenn man die macht der Klassen regeln kann, dann gibt es keinen Grund sie unterschiedlich einzustellen. Ob das in Anbetracht der enormen Komplexität der Systeme und der denkbaren Spielsituationen gelingt ist eine andere Frage. Aber ich sehe keinen Grund warum das nicht das Ziel seien soll, mit Ausnahme von der Gefahr der Gleichmacherei. 

Das ist ja witzigerweise genau das, was in Prä-3E D&D passiert, und dann leider in späteren Editionen wieder gestrichen wurde bzw nicht mehr als Regelfall vorgesehen ist. Da heisst dann die 9. Stufe "Name Level" - an diesem Punkt hat man sich so einen Namen gemacht, dass man Privilegien und Pfründe angetragen bekommt; der Fighter wird zum Lord

Das ist ganz allgemein ein wichtiger Punkt. Das Berufsziel für viel Kämpfer ist Graf/General/König, während sich Magier idealerweise immer weiter mit ihrer Magie beschäftigen. Dass sorgt ganz automatisch dafür dass Krieger storytechnisch im Fokus bleiben und nicht von Magiern auf die Zuschauerränge verwiesen werden. Es ist bezeichnend dass D&D3, wo das offiziell abgeschaft ist, am meisten Beschwerden über Caster Supremacy bekommt. 
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
Im Rollenspiel ist auch hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie zu unterscheiden.
Meine 5E Birthright Kampagne: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122998.0.html

Offline Arldwulf

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Es ist bezeichnend dass D&D3, wo das offiziell abgeschaft ist, am meisten Beschwerden über Caster Supremacy bekommt.

Hängt allerdings stärker mit konkreten Regeländerungen zusammen als mit dem Aufbau einer Burg oder dergleichen. Den man ja in 3.5 weiterhin anstreben kann.

Und letztlich ist es auch nicht so als ob 3e / 3.5 extrem herausstechen dahingehend, auch AD&D und 5e haben ähnliche Probleme was das Klassenbalancing angeht.

Offline Ein Dämon auf Abwegen

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Ohne Cyberware und Magie bist du in einer normalen SR Runde mMn ziemlich aufgeschmissen.
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Oder Ki Adept.

Ohne Cyberware und Magie bist du in einer normalen SR Runde mMn ziemlich aufgeschmissen.

Na ja, hängt auch ein bißchen von der Definition von "Normalität" ab. Was der vorgesehene Spielmodus für ein gegebenes System (für Shadowrun zum Beispiel also vermutlich in erster Linie die namensgebenden Runs -- inwieweit das Spiel dann auch andere Arten von Abenteuern mit anderen Charaktertypen in derselben Welt unterstützt, wüßte ich auf Anhieb nicht mal) für "normal" hält, kann ja leicht aus der Sicht der meisten selbsternannten "normalen" Leute wahlweise von heute oder auch in der Spielwelt selbst schon wieder der blanke Irrsinn sein... ;)

Offline Feuersänger

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Zitat
Black Trenchcoat ja. Aber wie spielt man Pink Mohawk?

Ach, das hat eigentlich mit den Regeln nicht viel zu tun. Mit Pink Mohawk ist nach meinem Verständnis gemeint, dass man eben _nicht_ 90% der Zeit mit Planung verbringt, und es absolut erwartet und akzeptabel ist, wenn Dinge in die Luft fliegen und es jede Menge Fratzengeballer gibt. Soll die Gruppe in irgendein Gebäude eindringen um irgendwas zu besorgen, wird das in Black Trenchcoat mit Hacking, Verkleidungen, Bluffs, und Täuschungszaubern versucht; in Pink Mohawk werden die obigen Schritte durch 4 Kilo C12 an der Gebäudewand ersetzt.

Dabei kommt es halt in erster Linie drauf an, wie der SL drauf ist und wie realistisch die Welt und NSCs dargestellt werden; daraus folgt dann ob diese Runs wie eine 80er-Actionserie gelingen, oder ob der Abreissblock heissläuft.

--

That said, eine Low Power SR-Kampagne, zB Straßengangs oder dergleichen, kann man durch einfache Setzungen forcieren, zB: "Magie und Ressourcen weder Prio A noch B". Will man Magie dennoch zulassen aber stärker einschränken, gibt es dafür Optionalregeln, zB die Kraftstufe für den Entzugswurf nicht zu halbieren. Das fand ich aber immer _zu_ einschränkend und hab es daher nie probiert. Eine andere Möglichkeit wäre, die Regeln für Hintergrundstrahlung zu forcieren und zu sagen, "Wenn nicht anders angesagt, ist im Megaplex überall mindestens HGS 1".
Sollte man natürlich _vor_ Spielbeginn besprechen, damit es dann keine langen Gesichter gibt.
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Offline YY

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Das mag aber auch sehr stark daran liegen, dass die meisten offiziellen Abenteuer / Kampagnen etwa um Level 10-11 finito sind.

Ich erinnere mich dunkel an eine recht alte Aussage - meine sogar von einem Mitarbeiter aus TSR- statt aus WotC-Tagen - in der Richtung, dass das eine ziemliche Henne-Ei-Frage ist.
Die scheint jedenfalls immer noch ihre Gültigkeit zu haben.
Sinngemäß:
Hochstufige Kampagnen wurden und werden nicht nachgefragt, daher werden wenige geschrieben und so bedingt sich das ein Stück weit gegenseitig.

Persönlich habe ich den Eindruck, dass man für hochstufiges Spiel sowieso eine derart eigene Linie gefunden haben muss, dass man mit Kaufkampagnen kaum noch was anfangen könnte, wenn es sie gäbe.

Das haben hier schon mehrere geschrieben; es ergibt keinen Sinn, weil es den Status von Magie innerhalb der Spielwelt mit dem Status von Magie in einer Abenteurergruppe vermengt.

Klar, wenn SC-Magie eben nichts wirklich Besonderes sein soll/muss, hat sich das ganze Thema erledigt.
Dann kann ich mich im Zweifelsfall aber auch gleich fragen, ob das Ganze überhaupt noch "hauptberufliche" Magier hergibt, also Figuren, deren Kernkonzept die Magieanwendung ist.

Never split the party...
Du hast natürlich recht dass das schonmal vorkommen kann, und es ist klar dass das ab und zu eine logische Notwendigkeit ist.
Aber es ist kein erstrebenswerter Dauerzustand.

Vielleicht waren meine Spieler in meinen prägenden SL-Jahren dahingehend ungewöhnlich pflegeleicht, aber ich kann diese Maxime so gar nicht nachvollziehen.
Man braucht eben ein bisschen Gespür dafür, wann eine Einzelszene zu lang wird und man besser zwischendurch mal zum Rest der Truppe schneidet - aber genau so funktioniert es dann eben auch für den Magier im Astralraum.

Genau. Und von der Grundanlage ist eine Klasse (Decker) so dass sie nur funktioniert wenn alle anderen Däumchen drehen.

Für den Decker/Hacker funktioniert das oben Genannte regelmäßig nicht, weil die reine Regelanwendung schon ein enormer Zeitfresser ist.
Sobald man flüssig laufende Regeln hat, gibt sich das wieder.

Damit ich hier auch mal eine plakative Aussage in Sachen Design getätigt habe: Wenn eine Liste von Matrixaktionen schon zwischen Datei kopieren, Datei ausschneiden, Datei ändern und Datei löschen unterscheidet, gehört das dem Entwickler um die Ohren gehauen.

Tja, wäre halt schön wenn das anders wäre. Im Sinne dieses Threads kann ich nur feststellen dass SR Magier einigermassen mit Kannonen, Raketen und Flexboostern balanciert sind, aber sicher nicht mit all den anderen SCs die angeblich Teil des Systems sind.

Ich vermute, dass man das damals unbeholfen von CP2020 geklaut hat. Das hatte nämlich ein wesentlich breiteres Spielangebot und damit waren alle angebotenen Rollen grundsätzlich funktional (auch wenn CP2020 es wiederum zumindest im GRW verrafft hat, den Lesern klar zu machen, dass man sich tiefere Gedanken darüber machen sollte, welche X Rollen man zusammen in eine Gruppe schmeißt).
Shadowrun ist in Sachen "Core Story" dagegen so geradlinig, dass viele der angebotenen Archetypen schon rein inhaltlich keinen Sinn ergeben, von der spielmechanischen Umsetzung ganz abgesehen.
Mit Fertigkeiten, Connections und Ausrüstung ist eben nicht genug zu holen, um daraus ein eigenes Standbein zu machen und so sind dann Archetypen wie Ganger, Detektiv oder Bodyguard effektiv nur Samurai in schlecht.

Und wie oben schon wahrscheinlich YY sagte, tut SR zwar so, ein klassenloses System zu sein, ist es aber in Wirklichkeit nicht. Wer sowohl auf Magie als auch auf haufenweise Cyberware verzichtet, bekommt dafür zwar grob gesagt ein paar mehr Skills, aber im Kampf spielt man halt ca 2 Ligen weiter unten.

Und bei dem Punkt gibt es dann auch gleich noch Entscheidungen, die man in der Charaktererschaffung zu treffen hat.
Magisch aktiv? Entweder von Anfang an oder nie.
Samurai? Dann hol dir die fetten Cyberwarebrocken von deiner Erschaffungskohle - im Spielverlauf kriegst du die nämlich höchstwahrscheinlich nicht zusammen.
Usw.

Da ist alles Autorengeblubber in Sachen Gestaltungsfreiheit des Charakterkonzepts (inklusive folgender Steigerung) eben genau das: Geblubber. Und gleich dreimal, wenn man noch bedenkt, dass man sich allein bei der Starthöhe und der angedachten Steigerungsreihenfolge von Attributen und Fertigkeiten so weit vertun kann, dass man zum Kampagnenende in der Gesamtzahl an Karmapunktäquivalent da ankommt, wo andere beim Start schon waren.

Und der Gegenwert dieser Freiheit? Faktisch null, weil jede dauerhaft abseits der "werksseitigen" Core Story laufende Kampagne eh so viel Eigenleistung erfordert, dass man dann auch "richtige" Klassen hätte anpassen können.

Man sieht ja auch, was unterm Strich tatsächlich und mit welchem Erfolg gespielt wird.

Im Grunde täte es einer neuen SR-Edition gut, knallharte Klassen (im Sinne von klar definierten Startpaketen) mit Spielerwahlmöglichkeiten abseits der jeweiligen Kernkompetenz zu präsentieren und auf Fluffgedöns wie Detektiv, ausgebrannter Magier (da musste man noch nicht mal selbst verskillen ;D), Waffenspezialist u.Ä. zu verzichten.

Und inwieweit das Konzept von Minitrupps von "heimatlos wandernden Problemlösern zum Anmieten" überhaupt in irgendeine Gesellschaft paßt, ja. ;)

Der "Murderhobo" ist aber auch so ein Ding, das eine unheilige Kombination aus Autoren und Spielern erst selbst geschaffen hat und dann nicht anders kann, als einen Haufen Ironie drüberzukippen.

Für D&D hat Feuersänger ja eine althergebrachte Alternative schon durchdekliniert und andere Spiele haben solche Konstrukte entweder erst gar nicht oder passen sie nicht ganz so ins Extrem getrieben in ein stimmiges Gesamtbild ein (um nur zwei rauszugreifen: Millennium's End und Traveller).


Generierungssysteme - wie auch das stark an SR angelehnte DSA4.1 - stellen die Sinnfrage nicht. Sie ermöglichen einfach, unabhängig davon, ob die erstellte Figur innerweltlich plausibel, "spaßig" oder auf dem gleichen Machtniveau wie andere Figuren der Gruppe sind. Die Verantwortung für das Balancing und damit letztlich den eigenen Spielspaß liegt bei den Spielern, nicht beim System.

Nachdem ich lange ein Freund solcher Kaufsysteme war, sage ich mittlerweile: Wenn so eine Methode verwendet wird, muss der Rest des Settings und des Systems einem ähnlichen Baukastenprinzip mit vielen Stellrädchen und Optionen folgen, sonst kann man sich das Ganze direkt sparen und hat nur jede Menge verzichtbaren Aufwand und die Möglichkeit, ohne relevanten Gegenwert am angepeilten Spiel vorbei zu bauen.

Und andersrum: Wenn man an der Stelle sagt "Aber System und Setting kann man doch jederzeit in Eigenregie ändern" - klar. Generierung und Startbedingungen aber eben auch.

Black Trenchcoat ja. Aber wie spielt man Pink Mohawk? Bei D&D kann man einfach eine kurze 1-5 Kampagne spielen (oder langsam aufsteigen). Aber im alten SR gab es keinen mechanischen Regler.

Wie schon angerissen hat diese Unterscheidung eher weniger mit dem Powerniveau zu tun, sondern mehr mit Spielstil und Atmosphäre.
Gut, Black Trenchcoat auf Straßenniveau gibt es definitionsgemäß nicht, aber andersrum kann Pink Mohawk auch auf hohem Machtlevel gespielt werden.

Ganz knapp: Pink Mohawk ist B-Actionmovie, Black Trenchcoat Agentenfilm/Technothriller. Was für letzteres nicht heißen muss, dass da wenig gekämpft wird.
 

"Wenn nicht anders angesagt, ist im Megaplex überall mindestens HGS 1".
Sollte man natürlich _vor_ Spielbeginn besprechen, damit es dann keine langen Gesichter gibt.

Ach ja, die gute alte HGS...erst die Austarierung verraffen und dann den Kardinalfehler machen und nicht den Rest buffen, sondern die wenigen tauglichen Stoßrichtungen auch noch zunichte machen...so generiert man glückliche Spieler ;D
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer