Ich mag es, wenn Kampf als das entlarvt wird, was es meist ist: Ein Abnutzen von Ressourcen. Das von Into the Odd inspirierte Mausritter würfelt wie sein Vorbild nur Schäden. Konsequenz ist, dass dieser Mechanismus gleichzeitig so gefährlich wie auch uninspiriert zu spielen ist, dass man sich im Spiel lieber auf was anderes als Kämpfe fokussiert.
Unabhängig von meinen Vorlieben gibt es denke ich verschiedene Denkschulen, was ein Würfelwurf bezwecken will. Er soll simulieren, sagen die einen. Er soll die erzählte Geschichte unvorhersehbar machen, sagen die anderen, zu denen ich mich auch zähle.
Meine Grundannahme ist: Wenn Zweifel am Ausgang einer Handlung bestehen (und auch nur dann), entscheidet ein Würfelwurf. In diesen können situative Umstände einfließen, wie z.B. die Fähigkeiten der ausführenden Charaktere, muss aber nicht. 1W6 und "hoch ist gut" kann auch ausreichen.
Und was für das Knacken eines Türschloss gut ist, sollte auch für den Kampf gut sein. Hier ist meist gar nicht die Frage, überlebt den Charakter, sondern, welche Seite gewinnt oder noch häufiger, zu welchem Preis gewinnt die Gruppe, sprich, welche Ressourcen verlieren sie.
Wenn es Trefferpunkte gibt, die dann in einer kurzen Rast nach dem Kampf D&D-like oder 13th-Age-like wieder mit Trefferwürfel aufgefüllt werden, verliert man (temporär) einen Trefferwürfel. Oder vielleicht gibt es Heiltränke, die man dann verbraucht. Ansonsten sind die Charaktere meist sofort bereit für den nächsten Kampf, weil durch langfristige Verletzungen ausgeschaltet oder auch nur behindert zu sein, macht auch keinen Spaß.
Genau so könnte man sagen, die Gruppe hat 5 Encounter-Punkte und jeder verlorene Encounter kostet einen Punkt. Schaffen sie's, das Amulet von Ams, aus der 13. Dungeon-Ebene zu holen, bevor die Punkte aufgebraucht sind? Pro Encounter setzt jeder Charakter einmal seine Fähigkeiten passend ein. Jeder hat die Chance, zu scheitern, zu verlieren, zu gewinnen oder zu brillieren. Letzteres gibt allen so viel neuen Mut, dass man einen weiteren Encounter-Punkt bekommt. Wer gescheitert ist, verliert einen von 3 Lebenspunkten und was genau passiert ist, kann man erzählerisch ausschmücken. Indie-Spiel ist fertig
Doof? Dann beachtet, das auch bei der klassischen "to hit, to wound, to save"-Mechanik einfach nur die Wahrscheinlichkeiten von drei Ereignissen miteinander multipliziert werden und total egal ist, wer da würfelt (außer, man möchte aus Spannungsgründen den Wertebereich geheim halten, aber dann würfelt eben ein unabhängiger dritter, z.B. eine App) und man das auch mit einem einzelnen Wurf abhandeln kann. Tatsächlich haben die drei Würfe den Nachteil, weil der dritte Wurf den zweiten und der zweite den erste invalidieren kann, dass man viel häufiger das Gefühl von Misserfolg hat. Das macht keinen Spaß und gilt als schlechtes Design weil man den Endorphinrausch von Erfolg haben möchte. Die Spieler sollen sich großartig fühlen, dann spielen sie das Spiel auch lieber, als wenn es eine Übung der Frustrationstoleranz ist. IMHO das Erfolgsgeheimnis der 5E.
Daher halte ich es für unausweichlich, dass alle Würfelergebnisse letztlich in "du hast Erfolg" uminterpretiert werden. Das fing ja schon in der 5E damit an, dass sie die RK gesenkt und lieber die TP der Monster angehoben haben, wodurch letztlich die selbe Anzahl an Kampfrunden notwendig ist, den Gegner zu besiegen, es sich aber besser anfühlt … wenn man jetzt nicht davon gelangweilt ist, dass es zu viele Runden dauert, in denen quasi nichts passiert, weil die eigenen Helden in Watte gepackt wenig zu befürchten haben und man keine Lust hat, sich all die Spezialfähigkeiten ab Stufe 7 zu merken und dann gezielt einzusetzen.
Oder man denke an die endlosen Tiraden, dass sich Charaktere bei klassischem Warhammer (oder modernen YZE-Spielen) inkompetent anfühlen, weil ihnen so selten Erfolg beschert ist. Da werden Systeme, wo man quasi immer Erfolg hat, immer besser da stehen und ähnlich die die Vorteil/Nachteil-Mechanik wird die eigentlich total simple Idee, statt zwei Klassen von Schaden, nämlich 0 bei (1-p) und X bei p mit p=Trefferwahrscheinlichkeit, einfach eine Klasse mit pX als Erwartungswert zu wählen, ihren Einzug halten.
Hasbro wird jetzt nicht noch mal die Druckmaschinen anhalten, um D&D 2024 noch schnell umzubauen, aber einen Tag nach dem Erscheinen der neuen Bücher wird es dann Hausregeln in der DM-Guild geben, die ein alternatives Schadenskonzept nachrüsten, weil Leute es bei Daggerheart oder dem MCDM-System (oder anderen Indie-Systemen) gesehen haben und auch für ihr Rollenspiel haben wollen.