Ich fasse das mal kurz für mich zusammen:
Mit der X-Card am Tisch kann man also nichts tun, was man ohne die X-Card nicht auch hätte tun können.
Da möchte ich widersprechen, auch wenn ich weder Befürworter noch Ablehnende dieser Technik gegenüber eingestellt bin.
Mit dem Auslegen dieser Karte kannst ein Mitspielender signalisieren, dass der Spielinhalt so sehr nahegeht, dass das sofort aufhören muss.
Und zwar - und hier kommt der entscheidende Punkt - ohne ein Wort zu sagen, ohne sich erst mal erklären zu müssen, ohne dass sofort drauf los geredet wird.
Und das kannst Du mit Arm heben, reden oder einen "fliegen lassen" eben NICHT! Da wirst Du Dich immer erklären müssen.
Eine X-Card schützt nicht vor Arschlöchern, ...
Da gebe ich Dir recht, aber man muss kein Arschloch sein, um aus Unvermögen oder Unverständnis eine entgleiste Situation noch weiter in der Katastrophe zu reiten.
In dem man eine Erkärung verlangt, wo es erst mal wichtig wäre, Abstand zu gewinnen. In dem man denjenigen zulabert, um sich zu rechtfertigen.
Indem man versucht "das war doch jetzt nichts schlimmes" zu verharmlosen.
Und davor kann (!) so eine Technik bewahren. Weil das Spiel einfach unterbrochen wird, sich (hoffentlich) jemand um die Person 'kümmert' und sich möglichst alle anderen vielleicht erst mal auf den Balkon verziehen bis die Emotionen abgeklungen sind. Und DANN kann man vielleicht (aber auch nur vielleicht) drüber reden. Und gucken, wie man weitermacht. Ob man den Tag überhaupt noch weitermacht.
Und wie gesagt: Man muss kein Idiot und auch kein Arschloch sein, um sich in solchen Moment völlig falsch zu verhalten. Ganz im Gegenteil, wer dann richtig reagiert, dem ist das anzurechnen.
Denn niemand weiß, was da gerade die Person getriggert hat und warum die Situation als so unerträglich empfunden wurde. Und auch nicht, ob oder warum in diesem Moment ein verbales "Stop!" nicht möglich gewesen ist.
Um es noch mal zu wiederholen: Ich finde, man sollte eine Technik wie die X-Card nicht überschätzen und es nimmt niemanden aus der Verantwortung. Und sie hilft vor allem in Rollenspielrunden, die eben nicht alle vertraut miteinander sind und wo man ein Rollenspiel betreibt, das darauf ausgerichtet ist, an die Nieren gehen zu dürfen. Sei es Horror, düstere Thriller, Mystery oder sowas.
Vanilla D&D in einer Runde, die seit 1974 spielt, braucht mit größter Wahrscheinlichkeit keine X-Card. Plüsch-Power & Plunder auch nicht.
My life with master, Kult, Unknown Armies, World of Darkness, Witchcraft - da sehe ich aber ein, dass bei einem sehr engagierten Spielleiter durchaus Situationen entstehen können, die einem so nahe gehen, dass jemand, der vorbelastet (ich vermeide "traumatisiert") ist und das vielleicht nicht mal weiß, starke emotionale Probleme am Tisch bekommen kann. Deswegen würde ich sowas nur in sehr vertrauter Runde spielen, wo ich weiß, dass genug Zuwendung da sein würde, um jemanden aufzufangen und auch genug Empathie, um wahrzunehmen, dass etwas schief läuft.
Und in solchen Umfeldern - vor allem, wenn eben diese Vertrautheit nicht gegeben ist - hat für mich eine solche Technik auch eine große Existenzberechtigung.