Rick Evanko
- auf Deck I, beim Aufwachen in den Kälteschlafkammern-
Das Stechen des gleißenden Lichts dringt wie ein Skalpell in Ricks Bewusstsein und schiebt die Fetzen des Traums zur Seite.
Jeder Schlaf und jede Nacht waren sowieso mehr oder weniger mit demselben Traum verbunden: Jones, Taylor, Wu, O’Ryan, Garcia, Brown, Williams, Murphy… die Liste setzt sich fort und fort, verschwimmt, die Toten amalgamieren zu einer gesichtslosen Masse. Die ersten haben noch Gesichter und Geschichten, die letzten verschwinden hinter den Todesursachen: Schädelfraktur, zerfetzte Bauchhöhle, Notamputation, fehlende Blutkonserven… der Moment als er seinem Assistenten die Ohrfeige gegeben hat, um ihn aus dem Schock zu lösen. Rick war immer geachtet bei seinen Assis, aber auch gefürchtet. Sie bewarben sich an die Front um mit ihm zu arbeiten. Dumm.
Das Ritual beginnen. Einstudierte Atemübungen, progressive Muskelentspannung um das Krampfen und Kribbeln zu kontrollieren. Augen geschlossen halten, Sinne kalibrieren. Sieben Sekunden einatmen, Halten, sieben Sekunden ausatmen. In die Finger hineinspüren, in die Füße, fokussieren auf die Blutströme. Die Effizienz dieser antrainierten Übungen verdrängt die letzten Fetzen des Traums. Wir sehen uns heute Nacht wieder.
Körper scheint in Ordnung zu sein. Die Liegen massieren und wenden den Körper, kleinere Elektrostöße sorgen für Muskelanspannungen und -training. Wie lange haben wir geschlafen? Entweder Training Stufe 1 oder 2 um aufzubauen. Lieber langsam beginnen, sollte ich ins Briefing einbauen.
Die Augen sind immer noch geschlossen, Rick ist vollkommen auf sich fokussiert.
Schritt 2: Umgebung wahrnehmen, langsam ein Bild machen und orientieren. Sieben Sekunden einatmen, sieben Sekunden ausatmen. Ruhig bleibe, jetzt kommt der Schmerz. Blinzeln, einmal, zweimal, hilft irgendwann nix, Augen auf. Tränen schießen in Ricks Augen, aber das ist unvermeidlich - warum also rauszögern? Keine Notbeleuchtung, schonmal gut, niemand kollabiert
Bei seiner Liege liegt ein Panel mit den Biodaten seiner Kameraden. Rick starrt drauf, blinzelte die Tränen weg. Datenkolonnen, das Hirn ist noch im Kälteschlaf. Erst langsam bilden sich Informationen und Inhalte hinter den Daten.
Schritt drei: Aufrichten. Langsam erhebt sich Rick auf seiner Liege, blickt auf die aufwachenden Körper, das Panel mit den Biodaten im Schoß, den Rest des Raums versucht er noch so gut wie möglich auszublenden.