Autor Thema: Rulings vs Rules  (Gelesen 2847 mal)

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Offline felixs

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #75 am: 19.04.2024 | 16:00 »
Das Kriterium für "Was ist ein Ruling" kann in meinen Augen nicht sein, ob Regellücken geschlossen werden. Denn sonst wäre das Schreiben von Regelwerken ja nur eine Rulingsammlung - und in dem Fall fielen beide Begriffe (in sich) zusammen.

Das Kriterium für "Was ist ein Ruling" muss sein,  w e r  die Regellücke schließt: Ist es die Gruppe/SL, dann ist es ein Ruling.

Hmm... Ich glaube, da ist ein teilweiser Widerspruch drin zu:

Für mich wäre es kein Ruling, weil es keine Regellücke schließt und nicht von der Gruppe kommt, sondern im (Regel-)Text steht.

Macht aber nichts. Ich finde das eh nicht so wichtig.

Interessant finde ich allerdings die Idee eines Regelwerks als Sammlung von Regelungen. Ich denke, wenn wir sagen, Regeln seien "kanonische Regelungen", dann kommt das schon hin. Und dass beide Begriffe an irgendeiner Stelle zusammenkommen ist OK und auch erwartbar; sonst würden wir ja nicht über die Ausdifferenzierung schreiben müssen. Ich denke, Regelungen schlagen irgendwann in Regeln um, wenn ausreichende Systematik und Quantität gegeben sind. (Frei nach engelsscher/leninscher Dialektik).

Das sehe ich anders. Für mich ist der Unterschied zwischen Regel und Regelung nicht, von wem sie kommt, sondern wie dauerhaft sie geplant ist/genutzt wird.
Regeln (sowohl die offiziellen Regeln des Systems, als auch Hausregeln), sollen so (in vergleichbaren Situationen) immer angewendet werden.
Regelungen sind (zunächst) nur dafür gedacht, die eine bestimmte Situation zu lösen, z.B. weil keiner sich an die richtige Regel erinnert.

Eine Regelung kann zu einer Hausregel werden, wenn sie allen Beteiligten gut gefällt und deshalb in die Sammlung aufgenommen wird. Sie muss es aber nicht, wenn z.B. beim nächsten Mal sich jemand an die offizielle Regel erinnert, wird die dann genommen.

So würde ich es auch sehen. (Ist wahrscheinlich redundant, weil das aus meinen Ausführungen schon deutlich geworden sein dürfte. Aber so trägt es vielleicht zur Klarheit bei).

Ja, der gute alte Spielleiterentscheid drängte sich schon die ganze Zeit auf. Allerdings empfinde ich den Rollenspielerischen Zeitgeist als weniger Unilateral. Und das Wort Entscheidung suggeriert mir die Wahl zwischen schon vorgegebenen Alternativen, weniger die Formulierung einer neuen Auflösungsmechanik.
Deswegen finde ich den Begriff Regelung ganz gut. Natürlich auch wegen der Verwandtschaft zur Regel und auch den englischen Begrifflichkeiten.

Die Frage wäre dann, ob man die Regel akzeptieren möchte, dass der Spielleiter die Aufgabe hat, Spielleiterentscheidungen in Form von Regelungen zu geben.
Ich würde meinen, ja. (Mit diversen Zusätzen von Gruppenkonsens, alles vor dem Hintergrund, dass man eh nicht sinnvoll mit Leuten spielen kann, die völlig inkompatible Vorstellungen haben etc.)

Und ansonsten finde ich das Begriffspaar "Regel" und "Regelung" auch sehr gut.
« Letzte Änderung: 19.04.2024 | 16:05 von felixs »
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Online Tudor the Traveller

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #76 am: 19.04.2024 | 16:05 »
Die ganze Diskussion erinnert mich an den Faden, der fragte, ob die Hintergrundwelt zu den Regeln gehört. Hier im Forum besteht eine sehr inhomogene Auffassung darüber, was Regeln eigentlich sind. Daher ist eine Diskussion zur Abgrenzung von Rulings eigentlich nicht zielführend, weil wir uns zwangsläufig in Definitionsdetails verheddern.

Eine Regel hat nach meinem Verständnis einen Lenkungszweck, der Spielabläufe in erwünschte Richtungrn lenken soll. Dafür muss ich vorher wissen, was erwünscht ist und was nicht.

Ein Ruling wäre demnach eine ad-hoc Regelung, die eine bestehende Lücke quasi in media res schließt, weil die Regel ihren Zweck nicht erfüllt - entweder, weil sie in media res nicht vorhanden ist (es gibt keine oder sie ist nicht zur Hand) oder weil das Ergebnis unerwünscht wäre. Die regelnde Instanz ist dabei imo irrelevant, fällt aber imo in die etablierte Rolle der SL.

Ich würde Ruling nicht mit Regelung gleichsetzen, weil Regeln auch Regelungen sind. Treffender wäre so etwas wie "Schiedsspruch" o.ä.
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Offline ThinkingOrc

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #77 am: 19.04.2024 | 16:28 »
Bis auf den letzten Satz gehe ich mit.

Regeln sind keine Regelungen. Sie können für Regelungen herangezogen werden.
Jegliche ergebnisoffene Konfliktauflösung benötigt eine Regelung wie man zum Ergebnis kommt.
Entweder es gibt Regeln dafür, dann kann man diese für die Regelung der Konfliktauflösung benutzen. Oder man macht nur eine Regelung. Wenn man sich einigt, dass diese Regelung immer so gehandhabt werden soll, wird sie zur Regel.

Meine Analogie von oben mit Rechtsprechung und Gesetzen (Normen), finde ich immer noch recht passend.

Und das passt mit Hintergrund auch ganz hervorragend.

Die Regel besagt, dass Wookies nicht Basic aussprechen können. Rallracheen soll aber Basic aussprechen können (Regelung: er kann Basic aussprechen weil er vom Imperium operiert wurde).
Wenn jetzt die neue Norm gesetzt wird: "alle Wookies können operiert werden und dann Basic auch aussprechen (aber haben dann Schmerzen)", gibt's eine neue (Haus-)Regel.

Online 1of3

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #78 am: 19.04.2024 | 17:24 »
Also wenn das der komplette Regelsatz wäre, hätte ich sofort zwei Fragen:
1. Was mache ich, wenn eine Situation drei mögliche Ausgänge hätte?
2. Was heißt, "nicht sicher über den Ausgang"? (Ich muss zwischen zwei gleich wahrscheinlichen Möglichkeiten wählen? Oder zwischen ungefähr ähnlich wahrscheinlichen? Order zwischen irgendwelchen 2 Optionen, egal wie unterschiedlich die Wahrscheinlichkeit ist?)

Nicht sicher heißt nicht sicher. Ob die gleich warscheinlich sind spielt keine Rolle.

Du hast aber erkannt, welche Frage ich provozieren wollte: Die erste. Wenn jetzt also jemand dieses Regelwerk hat und auf dieses Problem stößt, drei oder mehr sinnvolle Optionen zu haben, dann gibts verschiedene sinnvolle Möglichkeiten. Einen W3 nehmen. Oder sich die zwei interessantesten Ausgänge aussuchen. Wenn man sich also für ein solches Vorgehen entscheidet, also etwas, das durch die Regeln augescheinlich nicht abgedeckt ist, ist das dann ein Ruling? Oder eine Hausregel?

Es ist ja eher unwahrscheinlich, unsere Entscheidung in dieser Sache wieder zu vergessen. Es ist also nicht provisorisch, wie von einigen für Ruling angeführt wird.

Wenn "provisorisch" das zentrale Kriterium ist, eine Hausregel von einem Ruling zu unterscheiden, kann ich sagen: Rulings gibts bei mir für gewöhnlich nicht.

Und The Pool, Primetime Adventures, With Great Power und andere Spiele mit Forgianischer Stake-Resolution machen in der Tat die Sache mit den zwei spannensten Ausgängen und wählen dann zufällig eine aus. Meistens wird dann noch was von wegen Charakterwerte drum rum gestrickt, aber das ändert am Grundmechanismus wenig.

Tatsächlich ist meine Vorstellung von "Ruling" kein reines Eigengewächs, sondern mein Verständnis der Definition, wie sie im Fate-Handbuch beschrieben wird. Ich zitier' mal den entsprechenden Abschnitt aus dem englischen Original:

Zitat
[...] For example, when you tell a player that his character can’t take that longrange sniper shot because the boat he’s on is bobbing up and down too much, you’re making a ruling.[...]

Das wäre eine Regel, die mir nicht gefällt. Also nicht, was hier beschrieben wird, sondern die Regel, welche die Möglichkeit zu solchem bereitstellt. Entweder wir sind uns alle einig, dass man da schießen kann. Oder wir sind uns alle einig, dass man da nicht schießen kann. Oder wir würfeln. Dazu sind Würfel da.

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #79 am: 19.04.2024 | 17:29 »
Ein Ruling wäre demnach eine ad-hoc Regelung, die eine bestehende Lücke quasi in media res schließt, weil die Regel ihren Zweck nicht erfüllt - entweder, weil sie in media res nicht vorhanden ist (es gibt keine oder sie ist nicht zur Hand) oder weil das Ergebnis unerwünscht wäre.

Mhh, in den meisten Fallen existiert ja irgendeine Regelung und sei sie auch noch so abstrakt oder implizit.

Insofern trifft der "mit dem Ergebnis bin ich nicht zufrieden" Fall wohl auf nahezu alle Anwendungen zu.

Aber wenn dies so ist, so wäre dies nur eine Frage der Regelqualität.

Nimm mal an ein Regelwerk gibt an, dass sich die Charaktere mit einer Geschwindigkeit von zehn Schritt bewegen können, ich als Spielleiter sag aber "heute ist es rutschig, da gehen nur 5 Schritt".

Ist das eine Regellücke? Eigentlich nicht, das Regelwerk sagt ja wie schnell die Charaktere in dieser Situation sind und mir gefällt (in diesem Beispiel) nur das Ergebnis der Regel nicht.

Die Regel dort zu ändern würde ich als klaren Fall einer Hausregel sehen, nicht als Ruling. Es geht hierbei ja darum eine Regel zu ändern mit der man unzufrieden ist.

Offline ThinkingOrc

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #80 am: 19.04.2024 | 17:42 »
IMO aber nur wenn du es dann immer so machst. Und je nach Gruppenvertrag auch nur wenn die Gruppe zustimmt.
Und beim ersten Mal, also wenn keiner der Mitspieler damit rechnen konnte, dass es so ist, ist es auch eine Regelung (Ruling).

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #81 am: 19.04.2024 | 18:29 »
Das wäre eine Regel, die mir nicht gefällt. Also nicht, was hier beschrieben wird, sondern die Regel, welche die Möglichkeit zu solchem bereitstellt. Entweder wir sind uns alle einig, dass man da schießen kann. Oder wir sind uns alle einig, dass man da nicht schießen kann. Oder wir würfeln. Dazu sind Würfel da.

Echt jetzt? "Wenn sich die Gruppe nicht einig ist, wird halt ausgewürfelt, wer recht hat"? Ich vermute, daß Würfel speziell dazu da sind, gehört weitgehend systemunabhängig eher nicht so zu den allgemein akzeptierten Rollenspielregeln. ;)

Wenn's dagegen rein um das Feststellen des Ergebnisses eines unabhängig von der Aussicht auf Erfolg unternommenen Schußversuchs gehen soll: schön, natürlich kann der Spieler des Charakters würfeln, wenn er will. Nur, wenn seine Chance halt von Anfang an schon (durch entsprechende Abzüge, angesetzten Schwierigkeitsgrad, oder was immer sonst das jeweils gegebene System vorsieht) bei null Prozent oder weniger liegt, egal, ob spontan per Ruling oder "hochoffiziell" laut Schußmodifikator-Tabelle 08.15, dann wird sich durch das reine Ausführen des Würfelrituals daran nicht wirklich etwas ändern -- da sind "das geht jetzt nicht" und "um das zu schaffen, bräuchtest du auf deinem W20 schon eine natürliche 22" im Endeffekt einfach dasselbe.

Offline felixs

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #82 am: 19.04.2024 | 18:54 »
Es ist ja eher unwahrscheinlich, unsere Entscheidung in dieser Sache wieder zu vergessen. Es ist also nicht provisorisch, wie von einigen für Ruling angeführt wird.

Also, ich vergesse soviele Sachen, ich könnte glatt Bundeskanzler werden...

Im Ernst: Ich vergesse wirklich oft, was ich letzte Sitzung entschieden habe, wo die Handlung war, wie die Figuren heißen etc. Klar vergesse ich Regelungen. Und Regeln. Und Hintergrund. Alles ein riesiger schweizer Käse quasi.
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Offline Jiba

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #83 am: 19.04.2024 | 20:46 »
Im Ernst: Ich vergesse wirklich oft, was ich letzte Sitzung entschieden habe, wo die Handlung war, wie die Figuren heißen etc. Klar vergesse ich Regelungen. Und Regeln. Und Hintergrund. Alles ein riesiger schweizer Käse quasi.
Jeder tut das. Mit ein Grund, warum ich überbordende Regelsysteme unsinnig finde. Die Regeln werden ohnehin nie in Gänze angewendet.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #84 am: 19.04.2024 | 20:55 »
Echt jetzt? "Wenn sich die Gruppe nicht einig ist, wird halt ausgewürfelt, wer recht hat"? Ich vermute, daß Würfel speziell dazu da sind, gehört weitgehend systemunabhängig eher nicht so zu den allgemein akzeptierten Rollenspielregeln. ;)

Wenn's dagegen rein um das Feststellen des Ergebnisses eines unabhängig von der Aussicht auf Erfolg unternommenen Schußversuchs gehen soll: schön, natürlich kann der Spieler des Charakters würfeln, wenn er will.

Hmm, ich sehe den Unterschied nicht so recht.

Play to Find Out wie das so schön heißt. Oder noch klarer: Shut Up Or Roll Dice. Und damit beißen sich dann auch frei variable Schwierigkeiten. Die sollten schon fix oder resourcengebunden sein, sonst klappt das nicht.

Also ganz sicher nicht allgemein akzeptiert, was sich ja schon daran zeigt, dass Leute das zitierte Fate spielen und ich nicht, aber eben vorhanden.

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Re: Rulings vs Rules
« Antwort #85 am: 19.04.2024 | 21:24 »
Jeder tut das. Mit ein Grund, warum ich überbordende Regelsysteme unsinnig finde. Die Regeln werden ohnehin nie in Gänze angewendet.

Und die Entscheidung über die Anwendung einer bestimmten Regel kann ihrerseits wahlweise Regel oder Ruling sein -- je nachdem, ob man nun entscheidet "Diese Regel ist Humbug, die wird schlicht gestrichen und gilt an unserem Tisch nicht" oder "Ja, im Prinzip würde diese Regel jetzt greifen, aber heute und wo der Ausgang ohnehin offensichtlich ist, lassen wir das einfach mal". ;D