Autor Thema: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule  (Gelesen 1105 mal)

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Offline Mithras

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Was habt ihr in der Schule für Bücher gelesen (bei mir war es Die Leiden des Wether) und was davon sollte man unbedingt gelesen haben? Und warum?

Ausserdem habe ich mich bisher nie für Gedichte interessiert. Was gibt es hier lesenswertes auf deutsch?
"Le jeu c'est sérieux!"

Tolkien ist stark überbewertet und seine Bücher nach Der kleine Hobbit furchtbar zäh und langatmig. Das beste was er zustande gebracht hat, war die Vorlage für die Drei besten Fantasyfilme zu liefern, die bisher gedreht wurden.

Ich spiele lieber AD&D statt Pathfinder und Cyberpunk 2020 statt Shadowrun.

Offline Darius der Duellant

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #1 am: 27.06.2024 | 17:14 »
Diverse und das einzige das mir als sinnvoll in Erinnerung geblieben ist war "der Untertan" weil es einen mir damals schon maximal unsympathischen Menschentyp extrem anschaulich beschreibt.
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Offline Nebelwanderer

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #2 am: 27.06.2024 | 17:16 »
Version 5 Punkt 12 - Reinhold Ziegler - Ähnlich wie 1984 eine Dystopie aber ein stück moderner. Geht vor allem um Datenspeicherung sowie statistische Auswertung paasender Menschen für Arbeit und Familie auf Basis des Verhaltens. Fande ich sehr gut.

Die dunkle Seite des Mondes - Martin Suter - Erfolgreicher Schweizer Geschäftsmann, Kinderlos, nicht verheiratet trifft junge Frau die alternativ ist und ihn auf einen Pilztrip mitnimmt. Er bekommt die Kurve nicht und findet im laufe des Romanes zu sich selbst, lässt Geld etc. hintersich. Ebenfalls sehr spannend.

Offline Herr Moin

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #3 am: 27.06.2024 | 18:03 »
Da ich die Leistungskurse Deutsch und Englisch hatte, musste ich einen Haufen Romane lesen. Tatsächlich gut gefallen haben mir nur wenige der Werke, beispielsweise diese hier:

William Shakespeare - "Macbeth" sowie "The Tempest"
Klaus Mann - Mephisto
Johann Christoph Friedrich Schiller - Kabale und Liebe

An Lyrik fand ich vieles von Gottfried Benn sehr interessant, auch wenn der Mann nicht unumstritten war.
Außerdem interessant: Ernst Jandl (u. a. ottos mops).

Offline felixs

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #4 am: 27.06.2024 | 18:26 »
Pflichtlektüre, die ich gern gelesen habe und von der ich etwas behalten habe:
Goethe: Faust I (der zweite Teil, Faust II, ist richtig schwerer Tobak - gut, aber echt schwer zu lesen).
Borchert: Draußen vor der Tür. Und eigentlich kann man gleich das Gesamtwerk durchlesen. Das ist alles sehr gut.
Lyrik von Gottfried Benn.

Das ist nicht gerade viel - ich kann aber auch mit vielem an Literatur nicht viel anfangen.
Bei vielem anderen finde ich es gut, es zu kennen, lese es aber nicht mit Genuss.

Ausserdem habe ich mich bisher nie für Gedichte interessiert. Was gibt es hier lesenswertes auf deutsch?

Andreas Greif (Gryphius) finde ich sehr lesenswert.

Moderne Lyrik ist so ein Ding... Mir kommt sehr vieles vor wie in Zeilen gebrochene Prosa.
Kurt Tucholsky finde ich aber super ("Sie wissen es nicht" ist eins meiner Lieblingsgedichte).
Berthold Brecht finde ich durchwachsen, aber lesenswert.
Benn habe ich ja schon erwähnt.
« Letzte Änderung: 27.06.2024 | 18:32 von felixs »
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Offline Kurna

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #5 am: 27.06.2024 | 18:31 »
[...]
Außerdem interessant: Ernst Jandl (u. a. ottos mops).
Ernst Jandl mit ottos mops hatten wir auch in der Schule. Dem haben wir als Klasse sogar einen Brief geschrieben mit einer Zusatzzeile für das Gedicht ("otto mops stopft", um das spätere Kotzen zu erklären). Er hat auch geantwortet, meinte aber wohl, die wäre unnötig, wenn ich mich Recht erinnere. :)

Ansonsten hatten wir an lesenswertem Der kaukasische Kreidekreis von Brecht (während ich sein Der gute Mensch von Sezuan nicht so mochte - zu deprimierend).
"Only the good die young. The bad prefer it that way." (Goblin proverb)

Offline felixs

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #6 am: 27.06.2024 | 18:34 »
während ich sein Der gute Mensch von Sezuan nicht so mochte - zu deprimierend


Schlechte Zeit für Lyrik
Bertolt Brecht

Ich weiß doch: nur der Glückliche
Ist beliebt. Seine Stimme
Hört man gern. Sein Gesicht ist schön.

Der verkrüppelte Baum im Hof
Zeigt auf den schlechten Boden, aber
Die Vorübergehenden schimpfen ihn einen Krüppel
Doch mit Recht.

Die grünen Boote und die lustigen Segel des Sundes
Sehe ich nicht. Von allem
Sehe ich nur der Fischer rissiges Garnnetz.
Warum rede ich nur davon
Daß die vierzigjährige Häuslerin gekrümmt geht?
Die Brüste der Mädchen
Sind warm wie ehedem.

In meinem Lied ein Reim
Käme mir fast vor wie Übermut.

In mir streiten sich
Die Begeisterung über den blühenden Apfelbaum
Und das Entsetzen über die Reden des Anstreichers.
Aber nur das zweite
Drängt mich zum Schreibtisch.
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Offline felixs

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #7 am: 28.06.2024 | 14:20 »
...hat Brecht jetzt den Lauf hier zerstört?
Das täte mir leid (und ihm sicher auch).
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Offline Infernal Teddy

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #8 am: 28.06.2024 | 14:41 »
Mein Problem ist wieder auseinander zu bekommen was ich in der Schule gelesen habe und was ich in meiner Schulzeit gelesen habe
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Offline Edgar Allan Poe

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #9 am: 28.06.2024 | 14:49 »
Lektüren in der Schule waren bei uns

In der Unterstufe:
Die Insel der blauen Delphine (kann mich nicht mehr so wirklich daran erinnern. Gut fand ich es jedenfalls nicht damals)
Rolltreppe abwärts (hab ich als wirklich gut empfunden)
Schwarzer Wolf Skin (das war sehr spannend zu lesen und hat tatsächlich einigen Mitschülern, die langsam in die rechte Ecke abzudriften drohten, die Augen geöffnet)

Und später dann:

Die Welle
Iphigenie auf Tauris
Tauben im Gras

Die Welle ist ein Klassiker. Fand ich auch ganz gut. Iphigenie hab ich nie wirklich ganz gelesen. Ich hatte sehr schnell heraus, wie unserer Lehrer tickten und mir reichten dann immer die Textauszüge, die wir bekommen haben, um die Aufgaben zu lösen. Tauben im Gras fand ich ganz schlimm. Ganz, ganz schlimm ...
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Offline Chaos

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #10 am: 28.06.2024 | 15:27 »
Mein Problem ist wieder auseinander zu bekommen was ich in der Schule gelesen habe und was ich in meiner Schulzeit gelesen habe

Faustregel für mich: Hast du es gerne gelesen, dann war es wohl in deiner Freizeit.

Einmal habe ich ein Buch ("Die Wolke" von Gudrun Pausewang) privat gelesen, und es hat mir auch gefallen, obwohl es für einen Viertklässler eher schwere Kost war; ist der 7. oder 8. Klasse haben wir das dann im Unterricht gelesen, da hat es der Lehrer irgendwie geschafft, dass es furchtbar langweilig wurde.

Ich fand von allem, was wir in der Mittelstufe gelesen haben, eigentlich nur "Die Räuber" von Schiller gut - hauptsächlich, weil da Blut floss, und weil es um Rache ging, also ein wunderbar nachvollziehbares Thema.

"Faust I" in der Oberstufe war recht angenehm, weil der Lehrer das genauso doof fand wie wir, und wir entsprechend nicht so tun mussten, als wäre es toll, um gute Noten zu bekommen. Wir sind damals z.B. in der Klassendiskussion zu dem Schluss gekommen, Gott und Satan schließen ihre Wette ab, weil ihnen einfach langweilig ist - die Ewigkeit ist lang, und damals gab es ja noch kein Kabelfernsehen.
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Offline felixs

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #11 am: 28.06.2024 | 15:56 »
"Faust I" in der Oberstufe war recht angenehm, weil der Lehrer das genauso doof fand wie wir, und wir entsprechend nicht so tun mussten, als wäre es toll, um gute Noten zu bekommen. Wir sind damals z.B. in der Klassendiskussion zu dem Schluss gekommen, Gott und Satan schließen ihre Wette ab, weil ihnen einfach langweilig ist - die Ewigkeit ist lang, und damals gab es ja noch kein Kabelfernsehen.

Hier kurz meine Gegenperspektive:

Interessanter wird die Sache vermutlich dann, wenn man den Fokus mehr auf die menschliche Dimension legt. Gott und Teufel kommen ja eher als ironische Figuren vor - man könnte geradezu meinen, Goethe hätte sich über die christliche Kosmologie lustig gemacht.

Und Langeweile als Triebkraft des Menschen und seiner Abbilder (Gott, Teufel) ist doch ein recht interessantes Thema.

Abgesehen davon ist sprachlich sehr vieles wirklich genial und hat entsprechend ja auch Eingang in die (gehobene?) Umgangssprache gehoben.

Aber ich kann mir gut vorstellen, dass man zu dem Text keinen rechten Zugang findet und würde den auch niemandem aufzwingen wollen. Es ist, wie so vieles an Literatur und Ästhetik allgemein, ziemlich abhängig von Prägung und Erwartungen des Lesers.
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Offline Chaos

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #12 am: 28.06.2024 | 16:03 »
Hier kurz meine Gegenperspektive:

Interessanter wird die Sache vermutlich dann, wenn man den Fokus mehr auf die menschliche Dimension legt. Gott und Teufel kommen ja eher als ironische Figuren vor - man könnte geradezu meinen, Goethe hätte sich über die christliche Kosmologie lustig gemacht.

Und Langeweile als Triebkraft des Menschen und seiner Abbilder (Gott, Teufel) ist doch ein recht interessantes Thema.

Abgesehen davon ist sprachlich sehr vieles wirklich genial und hat entsprechend ja auch Eingang in die (gehobene?) Umgangssprache gehoben.

Aber ich kann mir gut vorstellen, dass man zu dem Text keinen rechten Zugang findet und würde den auch niemandem aufzwingen wollen. Es ist, wie so vieles an Literatur und Ästhetik allgemein, ziemlich abhängig von Prägung und Erwartungen des Lesers.

Absolut. Und ich will auch keinem den Genuss von Faust - oder anderen Klassikern des Deutschunterrichts - vermiesen.

Für mich (und ich glaube, auch für die Mehrheit meiner Mitschüler damals) hatte Literatur im Deutschunterricht aber immer zwei grundlegende Fehler:

Erstens haben es die Lehrer fast jedes Mal geschafft, die für Schüler der jeweiligen Altersgruppe langweiligste Art zu finden, ein bestimmtes Werk zu präsentieren.

Und zweitens kam fast immer der Grundtenor: "Das hier ist ein Meisterwerk. Bist du anderer Meinung, dann hast du es nicht kapiert, und bekommst entsprechend eine schlechte Note."

So vermiest man dann ganz leicht den Schülern die Lust am Lesen.
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Offline Feuersänger

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #13 am: 28.06.2024 | 16:43 »
Ein paar Schullektüren, die mir in positiver Erinnerung geblieben sind:

Huxley - Schöne Neue Welt (Brave New World)

Süskind - Das Parfüm

Es gab allerdings auch viel Unsinn, den ich jedem Schüler nur zu boykottieren raten kann.
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Offline Niniane

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #14 am: 28.06.2024 | 17:00 »
"Die Leiden des jungen Werther" habe ich gehasst und tue es noch. Ehrlich, was sollen junge Menschen aus einem Buch lernen, das zum Zeitpunkt seines Erscheinens Leute dazu gebracht hat, es dem Titelhelden gleich zu tun? Achja, Emodasein und Stalking gab es auch im 18. Jahrhundert schon.
Buch wie Hauptfigur sind mir hart auf den Zeiger gegangen.
Ähnliches gilt für "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins", war für mich ein pseudophilosophischer Erotikroman.
"Wallenstein" hab ich gar nicht mehr gelesen, fand ich stinklangweilig.

"Die Verwandlung" fand ich super (auch wenn unser Deutschlehrer das totinterpretiert hat), "Der Tod in Venedig" war seltsam, aber lesbar (auch wenn ich "Die Buddenbrooks" für Manns besseren Roman halte, die habe ich für mich gelesen und kann das Buch nur empfehlen).
Sonst abseits des Unterrichts gelesen habe ich "Nathan der Weise" von Lessing (auch sehr empfehlenswert) und "Demian" von Hermann Hesse.
Empfehlen kann ich auch Dürrenmatt und Max Frisch, deren Bücher mag ich auch ("Justiz" von Dürrenmatt ist eines meiner Lieblingsbücher).
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Offline felixs

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #15 am: 28.06.2024 | 17:30 »
"Die Leiden des jungen Werther" habe ich gehasst und tue es noch. Ehrlich, was sollen junge Menschen aus einem Buch lernen, das zum Zeitpunkt seines Erscheinens Leute dazu gebracht hat, es dem Titelhelden gleich zu tun?

Ob man das Buch als eine Aufforderung zum Suizid lesen soll, bezweifle ich. Die Thematisierung dieses Themas finde ich gut und die Empathie für selbsttötende Menschen finde ich auch wichtig - man kann auch historisch aufarbeiten, das und warum das zu Goethes Zeiten so ein Skandal war.

Möglicherweise die Sublimation des (wie ich meine sehr nachvollziehbaren) eigenen Leidens an der Welt? Es kann doch tröstlich sein, zu erfahren, dass es auch anderen Menschen ähnlich ging and geht.
Abgesehen davon ist es ohnehin sehr fraglich, ob und was man aus Literatur lernen kann und soll. Schwieriges Thema.

(Ich mag das Buch übrigens auch nicht besonders).

Für mich (und ich glaube, auch für die Mehrheit meiner Mitschüler damals) hatte Literatur im Deutschunterricht aber immer zwei grundlegende Fehler:

Erstens haben es die Lehrer fast jedes Mal geschafft, die für Schüler der jeweiligen Altersgruppe langweiligste Art zu finden, ein bestimmtes Werk zu präsentieren.

Und zweitens kam fast immer der Grundtenor: "Das hier ist ein Meisterwerk. Bist du anderer Meinung, dann hast du es nicht kapiert, und bekommst entsprechend eine schlechte Note."

Ja, das ist ein Problem. Man kann vermutlich aus fast jedem Text etwas interessantes ziehen oder auch eine Hölle der Langeweile daraus machen. Wahrscheinlich sind die wichtigsten Eigenschaft von Lehrern Charisma und Integrität (zumindest nach außen). Also ein Vorbild zu geben, dass man Dinge lernen und leben kann.
« Letzte Änderung: 28.06.2024 | 17:34 von felixs »
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Offline Feuersänger

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #16 am: 28.06.2024 | 17:39 »
Mit Abstand am bescheuertsten fand ich Emilia Galotti, aus ähnlichen Gründen wie Niniane den Werther. Weil halt diese Befindlichkeiten von vor über 200 Jahren heutzutage so überhaupt nicht mehr nachvollziehbar sind. Gah!

Glücklicherweise gab es bei der zu schreibenden Klausur ein Alternativthema, sonst hätte ich da voll vergeigt.
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Offline Darius der Duellant

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #17 am: 28.06.2024 | 18:09 »
Das bescheuertste war irgend ein moderner Roman über einen als schwarzen wiedergeborenen Hermes (weil er irgendwie aus der Asche hüpft und darum seine Haut nun Dunkel ist) der auf ich glaube nem Kreuzfahrtschiff mit der Protagonistin anbandelt.
In der Klausur durfte man dann die Sexszene zwischen den beiden "analysieren".
War unironisch die größte Scheiße die mir in 9 Jahren Gymnasium je vorgesetzt wurde. Kann mich auch an den Namen des Werkes nicht mehr erinnern, ist aber eventuell besser so.
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Offline Azaghal

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #18 am: 28.06.2024 | 19:20 »
Lyrik: Heinrich Heine - hands down!

Die Wucht von "Die schlesischen Weber" geht einem heute noch unter die Haut. Nix mit Befindlichkeiten.
Persönlich mag ich seine sarkastisch-satirischen Sachen noch lieber. Sehr unterhaltsam, politisch und schön böse...

Gruß

Azaghal
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Offline Oberkampf

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #19 am: 28.06.2024 | 19:23 »
Boah, an alles erinnere ich mich nicht, aber ein paar Sachen fand ich ganz gut, weil mein Deutschlehrer die Lektüre in einen zeithistorischen, politischen und philosophischen Zusammenhang gestellt hat. Leider hat sich daraus für mich ergeben, dass ich lieber keine Unterhaltungsliteratur lese, sondern die Sachbücher.

Unter- und Mittelstufe habe ich überwiegend verdrängt. Schillers Wilhelm Tell, Das Feuerschiff von Lenz, noch irgendwas mit dem 30jährigen Krieg (völliger Unsinn, wenn du den nicht vorher intensiv in Geschichte durchkaust) was mit irgendwelchen Räubern und sowas mit einem Ritter mit Handprothese (völlig konfus ohne Kenntnis der Frühen Neuzeit).

An den "Leiden des jungen Werther" habe ich sehr gelitten. Das wurde, wie gesagt, erträglich, als es in die Philosophie Rousseaus eingeordnet wurde, aber da wäre ein Philokurs wirklich angenehmer gewesen. "Iphigenie" haben wir, soweit ich mich erinnern kann, auch gelesen, aber da ist meine Erinnerung dunkel. Irgendwas mit Geschwistern begraben, obwohl es verboten ist, und der Theorie, dass im Drama eigentlich die Wahl zwischen Skylla und Charybdis besteht. You lose anyway.

Aufklärung hatten wir auch Lessing, "Nathan der Weise". Kein schlechtes Theaterstück. Leider das gleiche Problem, Philokurs Aufklärung zu Toleranz und Theodizee wäre besser gewesen.

Romantik... da war doch was mit Marmorstatuen und heidnischen Göttinnen... Eichendorff... Außerdem großes Kino, der Sandmann von E.T.A. Hoffmann. In Englischhaben wir übrigens das Rabengedicht von Poe gelesen. E. T.A. Hoffmann und Poe habe ich dann auch privat ein bisschen geschmökert. (Edit: Dunkle Erinnerungen an das "Fräulein von Scuderu", was ich bestimmt nicht richtig geschrieben habe.)

Romantische Gedichte und deren Kritik/Ironisierung haben wir dann bei Heinrich Heine gelesen, ein Fräulein stand am Meere usw. Spitzenautor! Habe als Referat "Deutschland - ein Wintermärchen" vorgestellt.

Dann kam, glaube ich, poetischer Realismus. Laaaangweilig. Ging um irgendeinen Typen, heute würden wir Cuckold sagen, dessen Frau ihn mit einem Offizier betrügt. Fontane, glaube ich. Wenn ich das richtig im Kopf habe, hat der prima Gedichte geschrieben, aber mäßige Novellen.

Weniger poetischer Realismus war da schon cooler: Büchner. Mit "Woyzeck" hatte ich am Anfang Probleme, der "Hessische Landbote" war cool, "Leonce und Lena" privat gelesen, aber keine Erinnerungen mehr. Da fehlte mir eben der Deutschlehrer, der das zeithistorisch einordnet.

Dann Naturalismus, Hauptmann, Bahnwärter Thiel (Edit: Kann auch sein, dass das "Vor Sonnenaufgang" hieß und Bahnwärter Thiel vom Parallelkurs gelesen wurde).  Schande, dass der Mann (also Hauptmann) später mit den Nazis gekungelt hat. Noch was von Arno Holz privat gelesen, "Sozialaristokraten" (not sure?).

Das wars zum 19. Jahrhundert, glaube ich. In Englisch haben wir zum 19. noch "Das Bildnis des Dorian Gray" gelesen.

Zwanzigstes Jahrhundert fing an mit einem Theaterstück, "Gas", weiß nicht mehr von wem. In Englisch dazu Gedicht von Winfried Owen, Dulce et Decorum. Beides gut, Buch über den Ersten Weltkrieg wäre trotzdem besser gewesen.

Verschiedene Gedichte, teilweise spätes Kaiserreich, teilweise Weimarer Republik. In Erinnerung geblieben sind "Der Gott der Stadt", "Kennst du das Land, wo die Kanonen blühen", etwas mit einem übergewichtigen Toten und einer Blume, "Kleine Aster" (Benn?)? "Der Panther", musste bestimmt jeder und jede durch. Genau wie Kafka, "Die Verwandlung", musste bestimmt auch jeder und jede durch. Hilfreich zum Verständnis von Death on the Reik, habe ich im Hinterkopf...

Lehrer war großer Thomas-Mann-Fan, darum haben wir "Tod in Venedig" und "Dr. Faustus" gelesen. Letzteres habe ich nicht ganz fertig gelesen (und ich glaube 75% meines Kurses auch nicht). Erträglicher wurde es, weil in der Besprechung (wahrscheinlich auszugsweise, Erinnerung dunkel) die Schriften von Thomas Mann im Ersten Weltkrieg (Betrachtungen eines Unpolitischen) und seine Radioreden an die Deutschen im Exil gelesen wurden. Das war spannend. Ansonsten habe ich persönlich bis heute kein übermäßiges Interesse an Nietzsche, also ging die Apollonisch-Dionysische Konfliktsituation weit an mir vorüber. Hilft aber bei Percy Jackson.

Nachkriegszeit von Hochhut "Der Stellvertreter". Was Gedichte angeht natürlich die "Todesfuge" von Celan und "Ins Lesebuch der Oberstufe" von ? - weiß nicht auswendig. DDR-Literatur war irgendwas mit "Asche", "Himmelsasche"?, von Monika Maron (?), jedenfalls über Kohlekraftwerke und Luftverschmutzung. Und dann mussten wir noch was Brandaktuelles (für damals) von Walzer lesen, aber das habe ich verdrängt.

In Englisch noch "Streetcar named Desire" und "Brave New World" in Erinnerung geblieben, und das Stück, wo die Burg von Männern angegriffen wird, die sich als Bäume verkleidet haben, weil nach irgendeiner Prophezeiung der Wald selbst marschieren muss, damit ein Kerl, der durch einen Kaiserschnitt zur Welt kam, einen Bad Guy töten kann, auf dessen Namen ich grad nicht komme. (Edit: Und großartig, aber gestern vergessen, "Of Mice and Men" von Jon Steinbeck.)

Alles in allem eine Menge totes Holz.

Edit: Aber generell großes Lob an meinen Deutschlehrer, der mich da durchgepeitscht hat. Niemand vergisst den "Demokrator, der dich aus deiner selbstverschuldeten Unmündigkeit heraustreibt" (so eine Abschlusszeitung).
« Letzte Änderung: 29.06.2024 | 09:07 von Oberkampf »
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Offline Feuersänger

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #20 am: 28.06.2024 | 20:20 »
Lyrik: Heinrich Heine - hands down!

Die Wucht von "Die schlesischen Weber" geht einem heute noch unter die Haut.

Wieder was gelernt; "Die Weber" von Gerhart Hauptmann und "Die schlesischen Weber" von Heine sind also verschiedene Dinge ... in meinem Kopf war das Zweite einfach immer nur ein Bestandteil des Ersten.
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Zitat von: ErikErikson
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Offline Niniane

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #21 am: 28.06.2024 | 21:00 »
Ob man das Buch als eine Aufforderung zum Suizid lesen soll, bezweifle ich. Die Thematisierung dieses Themas finde ich gut und die Empathie für selbsttötende Menschen finde ich auch wichtig - man kann auch historisch aufarbeiten, das und warum das zu Goethes Zeiten so ein Skandal war.

Verstehe mich bitte nicht falsch, ich bin der Meinung, dass man das Thema "Suizid" durchaus (mit Fingerspitzengefühl) besprechen und nicht ausklammern sollte, das ist durchaus etwas, was (junge) Menschen betrifft und wozu sie Fragen haben. Aber ich halte den Werther nicht für das geeignete Medium dazu.

Diese Folge des Buches wurde bei uns im Deutschunterricht zum Beispiel auch nur angerissen (hat halt den sogenannten "Werther-Effekt" ausgelöst, war ein Skandal, ok, nächstes Thema, wir haben noch 40 Minuten).
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Offline Camouflage

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #22 am: 28.06.2024 | 22:41 »
Mal sehen, ob ich noch alle zusammen bekomme:

Friedrich Schiller - Wilhelm Tell
Annette von Droste-Hülshoff - Die Judenbuche
Conrad Ferdinand Meyer - Gustav Adolfs Page (hätte Oberkampf nicht "irgendwas rund um den 30jährigen Krieg" erwähnt, hätte ich den glatt vergessen)
Max Frisch - Andorra
Max Frisch - Homo Faber
Ödun von Horwarth - Jugend ohne Gott
Berthold Brecht - Der Kaukasische Kreidekreis
Berthold Brecht - Die heilige Johanna der Schlachthöfe.
Friedrich Dürenmatt - Romulus der Große

Der Tell ist halt ein Klassiker. An die Judenbuche und Homo Faber habe ich echt keine aktive Erinnerung mehr, an den Pagen nur einzelne Bruchstücke.

Andorra und Jugend ohne Gott sind schwere Kost, die ich freiwillig nicht gelesen hätte, aber die gelesen zu haben ich nicht bereue (kann es grad nicht anders ausdrücken, ich hoffe ihr versteht, was ich meine).

Brecht hat mir der Lesezwang in der Schule nachhaltig verleidet (in meiner Schulzeit hatte der gute Mann den Spitznamen "Berthold Brechmittel" weg), so dass ich da kein wirklich objektives Urteil fällen kann.

Romulus der Große hat da eine Sonderstellung: Den sollten wir im zweiten Halbjahr der 13. Klasse lesen, als quasi notentechnisch schon alles gelaufen war. Daher hatte ich den damals nur soweit überflogen, dass es dazu gereicht sich 2-3 Mal dazu melden zu können und das Buch sonst ignoriert. Jahre später hab ich es dann mal aus purer Langeweile nochmal aufgeschlagen und war echt begeistert davon.
Zitat
12. To beat your enemy, you must know him. 13. Your enemy is the highest authority on the topic of himself. 14. So listen when your enemy speaks, but do not credit his words. 15. Listening is a real bargain. 16. Credit is way overpriced.
- Book of Del, Chapter 6, The Book of Retcon

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #23 am: 28.06.2024 | 23:34 »
Was Lyrik angeht: Hesse!

"Im Nebel" hat mich damals völlig aus den Socken gehauen.
Den Akkusativ zu nutzen ist sexy.

Offline Edvard Elch

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Re: Lyrik für Kostverächter und Literatur in der Schule
« Antwort #24 am: 28.06.2024 | 23:37 »
Ich halte wenig davon, Literatur aus anderen Gründen als Interesse am entsprechenden Werk zu lesen. Deswegen hier nur Sachen, die ich gut fand, mit einer kurzen Erklärung, warum ich sie gut fand:

Hesses Demian: Bildungsroman über Außenseiter, der damals ziemlich passend war. Seit der Schule nicht mehr reingeschaut, ich weiß nicht, ob ich meine damalige Begeisterung heute noch teilen würde.

Diverses von Kafka, unter anderem Die Verwandlung (was passiert mit Menschen, die in dieser Gesellschaft plötzlich aufhören zu "funktionieren") und Der Proceß (was passiert, wenn "die Lüge zur Weltordnung gemacht" wird, wie es im Schloß heißt). Sehr eigene Sprache, definitiv etwas für Tage, an denen man zu gute Laune hat.

Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe von Peter Hacks: Man kann dabei zusehen, wie jemand eine Liebesbeziehung verhandelt und in mehreren Iterationen immer weiter eskaliert. Hack hat auch das wirklich gute und witzige Kinderbuch Der Bär auf dem Försterball geschrieben (übersteigert Gruppendynamiken ins Absurde).

Wenn du dich an moderne Lyrik wagen möchtest, würde ich Ingeborg Bachmann (ziemlich leidenschaftliche Verhandlung von Liebe, kombiniert mit der Verzweiflung, dass Verständigung eigentlich immer misslingt bzw. unmöglich ist) und Paul Celan (generelle Zerbrochenheit von allem) empfehlen, auch beides eher für Tage mit zu guter Laune.
Kants kategorischer Imperativ, leicht modernisierte Fassung: „Sei kein Arschloch.“

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