Ich persönlich würde Star Wars nicht als SF bezeichnen und den Begriff für wissenschaftlich fundierte Extrapolation von Technologie und Zivilisation reservieren und ihn nicht auch für Fantasy mit Technobabel benutzen, allerdings scheinst du genau dies nicht zu suchen. Da es auch kein universelles System sein soll, scheinst du am ehesten ein interessantes Setting zu suchen.
Also…
Eclipse Phase ist ein transhumanistisches und postapokalyptisches Setting mit einer Prise Horror, wo ich ehrlich gesagt nicht sicher bin, ob man das überhaupt spielen kann, weil die totale Trennung von Geist (Ego) und Körper (Morph) genau so fremd ist, wie die Tatsache das das Ego speichern oder duplizieren kann. Gibt's mit einem komplizierten kleinteiligen W100-System, aber ich würde einfach nur die Ideen rauben.
Mindjammer ist noch ein transhumanistisches Setting, wo die Spieler zu den wenigen stabilen Wesen gehören, die es ertragen, getrennt von deren Matrix-äquivalent in der realen Welt zu operieren. Benannt ist es nach den intelligenten Raumschiffen, die die verschiedenen Welten verbinden und u.a. Informationen transportieren. Bei Mindjammer kann es dir passieren, dass du vor deinen Erinnerungen irgendwo ankommt. Gleichzeitig ist es ein Spiel, wo es um den Kampf von Kulturen geht. Gibt's mit Fate (was du ja nicht wolltest) oder Traveller-Regeln (was ich dann empfehlen würde).
Numenera ist IMHO reine Fantasy, aber wenn dich die Idee reizt, eine Milliarde in der Zukunft zu spielen und beliebig zu bullshitten, was ununterscheidbare Magie und Technologie angeht und absolut keinen roten Faden in der Hintergrundgeschichte zu haben, wo alles möglich ist, was denkbar ist, hauptsache, es ist weird, kann das etwas für dich sein. Ich hab's ganz gerne gespielt. Gibt's mit Cyphersystem-Regeln, die hier passen, weil das ursprüngliche Setting für die Regeln und als Besonderheit habe, dass man immer wieder Einmalartefakte findet, die wie Zaubersprüche wirken.
Bei Ashen Stars spielt man Ermittler einer privatlizensierten Polizei, die auf Fälle bietet und diese unter den Augen der Öffentlichkeit lösen muss, was einem Ruhm bringt, was wieder größere Fälle bringt. Es gibt einige interessante Fremdrassen und einen Metaplot, der viel Raum für eigene Ideen lässt, denn keiner weiß, warum eigentlich der große Krieg geendet hat, weil sich keiner an diesen Zeitpunkt erinnern kann, egal wie sehr er es versucht. Nutzt das Gumshoe-System, das ursprünglich für Trail of Cthulhu entwickelt wurde und als Grundsatz sagt, dass man für Hinweise nicht würfelt, weil der Spielspaß darin liegt, aus den Hinweisen die Lösung zu ermitteln.
Fading Suns ist einerseits Dune mit abgefeilter Seriennummer, aber auch noch so viel mehr, jedenfalls wenn man sich das ursprüngliche GRW anschaut, was vieles andeutet und Lust auf mehr macht, ohne es dann auch zu liefern und dabei die Welt nur langweiliger zu machen. Die Sonnen scheinen zu verlöschen, was eigentlich eine gewaltige Katastrophe ist, aber die Menschheit hat andere Probleme (wieso erinnert mich das so an den Klimawandel?), etwa Kriege mit Fremdrassen, die sie nicht gewinnen können, das aber nicht einsehen. Außerdem müssen sie sich sich untereinander bekämpfen und auch noch außerirdische Ureinwohner unterdrücken. Und im Dunkel zwischen den Welten lauert das pure Böse. Will man IMHO aber weder mit dem ursprünglich noch mit dem überarbeiteten System spielen, alles viel zu 90er und viel zu kleinteilig. Aber als Setting top.
Mothership, moment, du wolltest kein OSR.
Interface Zero, Altered Carbon, Carbon 2185, GeneFunk, The Veil und Cyberpunk Red sind alles Cyberpunk-artige Systeme die alle mehr oder weniger gut sind, aber IMHO kein echtes SF.
Dennoch will ich Otherscape erwähnen, was ich leider selbst noch nicht gespielt habe. Vom Macher von City of Mist teilt es sich die Regeln mit Legend of the Mist und mischt Magie und Cyberpunk und ist wie üblich ein dystopisch apokalyptisches amoralisches Setting, wo die Spieler aber die Guten spielen, denen die Welt, in der alle anderen in einer nie enden wollenden Informationsflut ertrinken und sich in der Gleichgültigkeit verlieren, nicht egal ist. Unbemerkt von der Allgemeinheit ist Magie zurückgekehrt, die als weitere Ressource von Konzernen gehandelt und ausgebeutet wird und die Spieler treten an, diese zu finden, einzudämmen, zu retten, zu stehlen oder zu bewahren.
Klassische SF wäre dann The Expanse, das Spiel zur Serie zu den Büchern, die entstanden, weil der Autor eigentlich ein Rollenspielsetting bauen wollte. Großkonzernsonnensystempolitik mit einer Prise außerirdischem Sense of Wonder und dem ehrenhaften Versuch, wissenschaftlich wenigsten ein bisschen glaubhaft zu sein. Nutzt das AGE-System, das ursprünglich für DragonAge erfunden wurde.
Und auch ich möchte 2300 AD erwähnen, was ursprünglich als Hintergrund für den Käferkrieg geschaffen wurde, indem die Menschheit in einer von Frankreich angeführten Allianz gegen die Vernichtung durch eine Käfer getaufte extrem aggressive Fremdrasse kämpft (ja, das das erinnert an Starshiptrooper, ist aber nicht zynisch wie der spätere Film) und man dabei viele Raumschlachten mit komplexen Tabletop-Regeln ausfechten kann und natürlich auch jede andere Form von Military SF spielen kann. Als Fortsetzung des Erfolgs von Twilight 2000 gedacht konnte es nicht an den enormen Erfolg des Vorbilds anknüpfen. Wahrscheinlich, weil es für die in Deutschland stationierten GIs spannender war, ihre Langeweile in den Kasernen beim Warten auf den dritten Weltkrieg mit einem Post-WW3-Rollenspiel zu bekämpfen als eben im Weltraum Käfer zu killen. Vielleicht lang es auch einfach daran, dass Amis keine Franzosen und Deutsche spielen wollten. Wie auch immer, das Setting kann aber viel mehr, hat eine komplexe Geschichte der Entdeckung des Weltraums entlang sogenannter Arme, die bedingt durch die Beschränkungen der Stotterwarp-Triebwerk-Technologie sind, hat einige interessante Fremdrassen, in deren Politik und Kultur sich die Menschen natürlich mit mehr oder weniger Erfolg eingemischt hat, hat eine Rasse, die der Menschheit überlegen und glücklicherweise nicht offen feindselig eingestellt ist und bietet – abseits vom Krieg – eine Menge Star-Trek-Potential. Auf gar keinen Fall mit den Originalregeln spielen, lieber die 2. Auflage von Mongoose nehmen, dass mit Mongoose Traveller kompatibel ist. Ach, und es nutzt beleidigend schlechte deutsche Begriffe, selbst die aktuelle Version, die angeblich von "native speakern" durchgeschaut wurde. Diese haben dann aber Mongoose entweder glatt betrogen oder sich einen Spaß daraus gemacht, jeden Schwachsinn durchzuwinken, den man mit 5min Recherche als falsch geschrieben herausfinden hätte können.
Und apropos Star Trek. Warum hat das keiner erwähnt? Mit eingedampften 2d20 (jedenfalls gegenüber den zu diesem Zeitpunkt anderen Varianten, inzwischen ist 2d20 noch viel leichter und Fate-artiger (und IMHO besser) geworden) Regeln spielt man in allen existierenden Zeitlinien als da wären TOS, TNG, DS9, Voyager oder Enterprise und kann auch das ab der 2. Staffel gar nicht mehr so schlechte Lower Decks verkörpern. Und ich meine, in der zweiten Auflage, die gerade erschienen ist, darf man offiziell auch SNW als Update zu TOS spielen. Picard hat mir allerdings so gründlich den Spaß an Startrek verdorben, dass ich auch keine Lust auf das Rollenspiel habe.
Eigentlich wären übrigens auch Tales form the Flood und Things from the Flood SF, da sie ja in alternativen 80ern und 90ern spielen, wo es Hightech, schwebende Schiffe, Roboter, KIs und Zeitreise gibt (moment, nein, keine Zeitreise, das man Dinosaurier nördlich von Stenhamra ist ein Gerücht und es besteht keine Gefahr für die Bevölkerung).
Und wer sich gerade ein bisschen zu glücklich und zufrieden fühlt und Lust darauf hat, sich mal so richtig mies zu fühlen, weil die viele Farbe im Leben so in den Augen brennt, kann auch The Electric State spielen. Das ist ein preapokalyptischer Roadtripp, bei dem wirklich kaputte Charaktere die persönliche Erlösung zu finden sollen. Es ist dark, deprimierend und zwar faszinierend, dennoch will ich das nie spielen.
Ja, ich glaube, das ist der richtige Moment, diese Aufzählung zu beenden.