Autor Thema: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise  (Gelesen 2272 mal)

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #25 am: 24.11.2024 | 12:41 »
Ein großer, breitschulteriger Mann mit schwarzem Lockenbart und einer kleinen, goldgeränderten Brille steht auf den Stufen, umgeben von seinem Gefolge, und blickt auf die ärmlich gekleideten Neuankömmlinge herab.
„Die Totems haben Euch sicher hierher geführt, Gesandte der Knochenbeißer! Sagt, seid Ihr wohlbehalten … und bringt Ihr den Verlorenen Welpen?“, seine Stimme ist sehr tief, sein Ton förmlich und irgendwie kalt.
Simon antwortet, „Mister Malgrimov, nicht wahr? Ja, alles gut. Ich bin Simon No-Trust-For-No-One, und das ist mein Rudel, das Six o' Clock Carjack Pack! Wir haben mehrere unserer Blutsgeschwister aus Detroit dabei, und die neu Erwachte.“
„Sprichst Du als das Rudel-Alpha, No-Trust-For-No-One-yuf?“, fragt Mister Malgrimov, und rückt skeptisch an seiner kleinen Brille.
„Äh, yo. So ist das.“
„Wir kennen die Geschichten über Dich. Dann ist es wahr, und der Ragabash ist der Leitwolf in Eurem Rudel?!“
„Klar, Chef ist bei uns, wer die schnellsten Entscheidungen treffen kann, Mister Malgrimov. Und das bin ich.“
„Ihr amüsiert mich wie immer, Knochenbeißer. Wohlan! Für die, die mich noch nicht kennen: Ich bin Jaromir Twilight-Cloak. Der Hausherr. … Verlorener Welpe, komm' näher, lass' Dich ansehen.“



Jaromir Malgrimov, Twilight-Cloak, Theurge der Schattenherrscher


Ribkick stupst Zoe in den Rücken, damit sie sich in Bewegung setzt. Vorsichtig geht sie die Stufen hinauf. Jaromir Malgrimov mustert ihr Gesicht, und schnuppert in ihre Richtung. Fast sieht er aus, als wolle er mit der Hand ihren Kiefer umfassen, ihren Kopf hin und her drehen, und ihr dann ins Maul schauen wie einem Pferd.
„… Hmmm. Wie heißt Du, Kind?“
„Äh, Zoe Matherson.“
„War Dein Erwachen ein Gutes?“
„Mein Erwachen?“
„Dein Erster Wandel, Kind. ... Welche Art Welt erblickten Deine Augen in jener Nacht.“
Dies kommt Zoe wie eine Rätselfrage vor, eine Art Test vielleicht, oder zumindest eine Fangfrage.
„Kann ich nicht beantworten, glaube ich ... ich bin nicht so philosophisch drauf, äh ...“
„Welcher Art Erwachen! In welche Art Welt?“, wiederholt er, eine Nuance lauter, ungeduldiger.
„Ich habe keine gute Antwort auf Ihre Frage, Sir! Seither war alles ... grausam und schön.“
„Das ist eine gute Antwort“, knurrt er.
Der Bärtige hebt den Kopf und wendet sich wieder an alle: „Ihr seid weit gereist, und sicher erschöpft. Kommt herein, damit wir Euch bewirten! Die Nacht ist jung, und wir sind begierig darauf, die Erzählungen von Eurem Weg hierher zu hören! Mein Sohn Novak ist ein Dreiviertelmond, er wird alles genau memorieren, was ihr berichtet, damit er zu Eurem Ruhm und Ansehen beitragen kann, für alle Großtaten, die Euch gelungen sind, jeden zerschmetterten Feind — und zu Eurer Schmach für jede begangene Sünde. Großvater Donner wacht über Euch, während Ihr unsere Gäste seid, so wie seine Sturmkrähen, und wie natürlich auch wir, der Stamm der Schattenherrscher. Tretet ein!“

Das Innere des alten Herrenhauses ist düster und prunkvoll. Es gibt zwar elektrischen Strom, aber alle Lichtschalter sind alt, aus gelblich angelaufenem 70er-Jahre-Plastik. Nur wenige Geräte sind überhaupt zu entdecken, die außer den Deckenlampen damit betrieben werden. Alles ist etwas heruntergekommen, ein kleines bisschen baufällig. Immerhin sind die Flure und Haupträume schön warm geheizt. Spinnweben hängen in vielen Räumen unter der Decke. Zoe weiß nicht recht, ob sie es heimelig finden soll, oder gruselig. Die meisten der Knochenbeißer waren ebenfalls noch nicht hier und sehen sich ähnlich betreten um, während sie alle den Korridor entlang geführt werden, mit gemischten Gefühlen. In einigen Gesichtern steht der deutliche Wunsch, lieber im Van zu warten — wenn nicht die Versprechung einer Gratis-Mahlzeit wäre …!

Zoe fühlt sich unterwegs beäugt von der Traube aus neugierigen Hausbewohnern. Besonders ein blassgesichtiges Geschwisterpaar kann offensichtlich seine Neugierde ihr gegenüber kaum beherrschen. Die Bewohner tragen teilweise sehr altmodische Kleidung, Jagdanzüge und barocke Rüschen scheinen hier als große Mode empfunden zu werden. Alle Aufmachungen sind jedoch ein wenig abgetragen.



In einem halbdunklen Esszimmer ist bereits eine lange Tafel aus dunklem, zerkratzten Kirschholz gedeckt worden.
„Ach Du Scheiße“, wispert Kylah, aber so, dass nur Zoe neben ihr es hören kann.
Zoe fühlt dasselbe, sie fragt sich, ob ihre Tischmanieren ausreichen für ein Abendessen wie dieses, sie ist doch trotz allem verdammt nochmal nur ein Videoverleih-Girl, nichts weiter!

Wenig später sind alle Plätze zugewiesen, und alle Exzentriker sind um die Tafel verteilt, insgesamt 25 Personen, inklusive der schmuddeligen Gäste. Hausdiener schenken allen Wasser und dunklen Rotwein ein, von dem Zoe in ihrer Nervosität ein paar Sekunden lang paranoid annimmt, dass es Tierblut sein muss. Sie ruft sich selbst innerlich dazu auf, jetzt keinen Film zu fahren, das hilft ganz bestimmt nicht.
Am Kopf der Tafel sagt Mister Malgrimov in seiner tiefen Stimme, „Chessa hat sich jüngst für unseren Stamm bewiesen, und erhält dadurch die Ehre, für uns das Tischgebet zu sprechen“, und er macht eine auffordernde Handgeste in ihre Richtung.
Chessa, die eine der blassgesichtigen Geschwister mit den rabenschwarzen Haaren, sieht erfreut aus, schaut stolz in die Runde, und erneut trifft sie dabei den Blick von Zoe, mit einem kleinen Grinsen. Dann faltet sie die Hände, und sagt laut: „Alles Hungern, das uns treibt / Still'n wir mit der Beute Leib / Alles Dürsten, das wir fühlen / Still'n wir durch Mutter Gaias Willen / Wir bitten Sie, sei' uns'rem Haus / Ein steter Gast, nachtein, nachtaus / Und hilf', dass wir der Gaben wert / Die Ihre Güte uns beschert. … Danke, Erdmutter, für die Jagdinstinkte und für die scharfen Krallen, die Du uns gabst! Dank sei' auch Dir, unserer Beute, für Dein Fleisch und Blut, das Du für uns geopfert hast, damit wir leben können. Danke auch Euch, Ihr Totems, für die weit gereisten Gäste, die Ihr unserem Hause heute Nacht geschickt habt, um uns neue Jagdgeschichten zu bringen und erlesenste Zerstreuung!“

Dann werden von den Dienern Silberplatten und Terrinen mit allen möglichen Speisen aufgetischt. Das Carjack Pack teilt ganz offensichtlich Zoes Sorge nicht, durch unzureichende Tischmanieren unangenehm hier aufzufallen: Sie spachteln ungehemmt wie sonst auch. Zoe sieht sich neugierig um, und bemerkt, dass die Gastgeber es ihrerseits auch nicht so mit dem feinen Benehmen haben, mal wird das Tafelbesteck benutzt, zwischendurch aber auch mal ein zur Klaue verlängerter Fingernagel. Wölfe in Menschengestalt, macht Zoe sich klar, und sie erschaudert. Die Gerichte sind jedenfalls gut und reichlich, ein wenig zu schwach gewürzt vielleicht, aber dafür bemerkt Zoe nicht den leicht metallischen Beigeschmack, den sie an fast allen Nahrungsmitteln unterwegs registriert hatte. Der Rotwein lockert die Zungen, und bald kann sie dabei zuhören, wie die Knochenbeißer munter Anekdoten austauschen mit den Schattenherrschern. Manche von ihnen sprechen in der archaischen Sprache aus gutturalen Lauten, das scheint hier ‚die Hohe Zunge‘ genannt zu werden. Ein paarmal sieht Zoe mit angehaltenem Atem zu, wie Sitznachbarn plötzlich Wolfsfänge ausbilden, wo vorher noch menschliche Zähne waren, und demonstrativ nacheinander schnappen, um zu klären, wer welches Bratenstück zu kriegen hat.
Eine große, dicke, tief dekolletierte Frau mit der Stimme einer Opernsängerin fragt Zoe zwischendurch, ob es stimme, dass sie direkt aus Detroit kämen, und Zoe bejaht vorsichtig.
„… Ich hatte gedacht, Detroit ist verloren, mittlerweile vollständig in Händen der Egel!“, kommentiert sie, „Dass da noch ein paar vom Stamme der Knochenbeißer übrig sind, verwundert ja nicht, die halten sich überall. Aber Verlorene Welpen wie Du, obendrein mit reiner Abstammung …! Das hätte man gar nicht mehr zu hoffen gewagt!“, und sie lacht.
„So rein kann meine sogenannte Abstammung gar nicht sein“, murrt Zoe, „ich habe mir neulich sagen lassen, meine Eltern würden nicht so recht dazu gehören, und keiner weiß, zu welchem Stamm ich angeblich gehöre.“
„Das hat damit nichts zu tun, Schätzchen“, sagt die Opernsängerin, „Twilight-Cloak hat eben schon angedeutet, dass man Dir die Reinrassigkeit anmerken kann!“
Zoe fällt ein: Sie sei ‚doch irgendwie gezüchtet‘, das hatte Ribkick heute früh zu Crash Site gesagt. Sie fühlt sich einigermaßen unwohl, und beginnt schnell über New Hampshire und seine Sehenswürdigkeiten zu reden mit der großen, beleibten Frau.

Nachdem alle pappsatt sind, führt Jaromir Twilight-Cloak seine Gesellschaft weltmännisch nach nebenan, in ein Kaminzimmer. Ein Feuer prasselt in einem riesigen, viktorianischen Kachelkamin, und es gibt Fellteppiche und viele Polstermöbel, wenn auch leicht zerschlissen. Der junge Novak Malgrimov bezieht Position neben dem Kamin, und scheint sich in einen Zustand größter Konzentration zu begeben, denn er ist Galliard und will sich alles genau merken, was nun berichtet werden wird. Twilight-Cloak erteilt Do-Not-Eat-The-Shrooms das Wort, und die sieht plötzlich aus, als wäre ihr speiübel, plötzlich so als das Zentrum der Aufmerksamkeit der ganzen feinen Pinkel. Aber sie ist die Liedbewahrerin ihres Rudels, und sie muss den Bericht erstatten. Glücklicherweise helfen Lousy Five Bucks und Simon, indem sie allerlei Details beisteuern. Dies wird zwar von den Aristokraten offensichtlich als schlechte Form angesehen, dass man der Erzählung der Galliard nachhelfen muss, aber die Knochenbeißer scheinen eine gewisse Narrenfreiheit zu genießen in ihren Augen. Zoe wird heiß und kalt, wie sie Stückchen für Bruchstückchen ihre eigenen Erlebnisse rekapituliert bekommt, von der Prügelei bei der Videothek, vom Undersalt Market, dem Faustkampf mit Carface, von der Schießerei in der Geisterstadt Highland Park, von Shady Sabinas Hütte in Irish Hills, den Überfall darauf und ihrem eigenen Ersten Wandel. Vom Road Trip entlang der Great Lakes, mit Evan Gangrydge und einem Konzern-Sicherheitsdienst im Nacken, dem Treffen mit Crash Site dem Umbra-Wanderer, und der Ankunft hier in Neuengland. Kaum zu glauben, dass das nur wenige Wochen waren! Evan Gangrydge wird von 'Shrooms beschrieben als Blutsbruder eines anderen Stammes, aber diesen bezeichnen sie alle immer nur angeekelt als ‚der Feind‘. Außerdem findet ein Stamm namens ‚das Gezücht des Fenris‘ Erwähnung. Zoe hat leider die Fertigkeit Okkultismus auf null, und hat daher die nordische Sage vom Fenris-Wolf nie gehört.

Etwas verhalten wird am Schluss Do-Not-Eat-The-Shrooms Ruhm und Weisheit zugesprochen vom Hausherren, für das Erzählen der Geschichte, und auch dem Six o' Clock Carjack Pack insgesamt für ihr Abenteuer. Der Schattenherrscher klingt irgendwie sparsam, nicht so richtig überschwänglich, aber er versichert, dass der junge Novak Malgrimov die Erzählung genau memoriert hätte, und sie weitertragen würde. Simon wirkt stolz wie Lukas, aber vielleicht ist das vor allem der Rotwein. Er guckt im Schein des behaglichen Kaminfeuers 'Shrooms, Massalfassar, und Ribkick richtiggehend liebevoll an, als wären sie seine liebsten Freunde auf Erden.

Damit ist die Nacht weit fortgeschritten. Jaromir Twilight-Cloak klärt ein paar organisatorische Dinge, weist dem Verlorenen Welpen ein Gästezimmer zu, und nur nebenbei bekommt Zoe mit, wie er die Knochenbeißer verabschiedet, und ihnen empfiehlt, was sie der Herbergsmutter im nahen Dörfchen zu sagen hätten, in Lowdale.
„Übernachtet Ihr etwa nicht hier?“, raunt sie alarmiert Kylah zu; gerade löst die Gesellschaft sich auf.
Kylah wirkt hundemüde, als wolle sie nur noch in ein richtiges Bett, sonst nichts, es ist immerhin drei Uhr früh. Sie antwortet, „Nee, haste doch gehört, wir sollen zurück nach Lowdale.“
„Dann komm' ich auch mit dahin!“, beeilt sich Zoe zu sagen.

Aber Pustekuchen, die Hausbewohner bestehen darauf, dass sie das Gästezimmer bezieht, wie bereits entschieden wurde.
„… Immerhin stellt offensichtlich die Bande von Gangrydge Dir nach“, stellt Mister Malgrimov fest, „und die Heldentaten der Knochenbeißer beim Bestreben, Dich hierher zu bringen, sollen doch nicht umsonst gewesen sein.“
„Aber Kylah war auch mit auf dem Undersalt Market! Wenn die uns deswegen folgen, dann suchen die uns beide!“
„Nein, die fahnden nach Dir, denn Du bist vom Garou-Blut, Kind. Genug jetzt, die Ortschaft Lowdale ist sicher, die ist ebenso in unseren Händen wie dieses Herrenhaus es ist.“
Zoe fühlt ihren aufgestauten Ärger erneut hochkochen, und will widersprechen und vielleicht eine lautstarke Szene machen, um ihren Willen zu bekommen. Aber irgendetwas an dem Hausherren bringt sie davon ab, seine Ausstrahlung. Außerdem braucht sie gerade jeden Verbündeten den sie kriegen kann, sie darf die Gnade der merkwürdigen Aristokraten hier nicht aufs Spiel setzen. Sonst hieße es womöglich, zurück auf den höllischen Highway, wo alle paar Nächte Menschen totgebissen werden müssen, damit sie einen nicht abknallen wie einen räudigen Köter! Zoe spürt, wie sie weiche Knie bekommt bei diesem Gedanken. Sie begleitet die Knochenbeißer noch zu ihrem Van, und verabschiedet sich mit (nicht besonders wohlriechenden) Umarmungen. Schon sind sie abgefahren, rüber nach Lowdale, schon hat eine der jungen Zofen die Besucherin unter ihre Fittiche genommen und in den dritten Stock des einen Gebäudeflügels hinauf geführt.
« Letzte Änderung: 24.11.2024 | 12:45 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #26 am: 24.11.2024 | 14:48 »
Das Gästezimmer ist einigermaßen geräumig, und hat zugegebenermaßen etwas unwiderstehlich Gemütliches, trotz der Staubschicht auf einigen Oberflächen, und den Spinnweben an der Decke. Die Möbel sind alt, schwer, und wahrscheinlich recht wertvoll, die Tapeten zeigen sehr altmodische Blumenmuster. Alle Farben sind gedeckt, Grün- und Brauntöne. Vom Fenster in der Dachschräge aus kann Zoe in den finsteren Wald und den völlig überwucherten Garten hinab sehen.
„Ein Zimmer in der Werwolf-Landpension“, sagt sie laut zu sich selbst.
Dann zieht sie die Kleidercontainer-Klamotten aus und schlüpft in das altmodische, rüschige Nachthemd, das hier wartet. Sie sieht ihren halbdurchsichtigen Umriss, den die Fensterscheibe widerspiegelt. Sie fühlt Gedanken und Erinnerungen in sich aufsteigen, so viele, und derart heftig, dass sie vermutet, ihnen nicht standhalten zu können, wenn sie sie zuließe. Durchdrehen könnte sie, wenn sie das Erinnern zuließe! Schnell kriecht sie deshalb unter die schwere, dicke Bettdecke und rollt sich dort zusammen, vergräbt die Finger im Kissen, schließt fest die Augen, und wünscht sich verzweifelt den Schlaf herbei. Sie kann genau spüren, dass dabei ihre Fingernägel wieder zu Krallen geworden sind.

Soundtrack: Crash Test Dummies, You've Done It Once Again („The kill is fresh, the deed is done / You lay down in your bed / But sleep won't come, you're still too high / And thoughts race through your head“)
https://www.youtube.com/watch?v=e27uOPt-mcQ


Es gibt eine gestrenge, konservativ angezogene Leibärztin, die am nächsten Abend in dem Gästezimmer ihren Besuch macht und Zoe durchcheckt. Offensichtlich ist sie eine Blutsschwester des Schattenherrscher-Stammes. Sie ertastet eine übrige Kugel zwischen Zoes Rippen, von den vielen Gewehrschüssen, die sie in der Nacht ihres Ersten Wandels kassiert hatte. Die anderen seien von selbst rausgeeitert, diese übrige Kugel aber sitze zwischen den Knochen fest, die könnte die Leibärztin demnächst mal rausschneiden. Aber erst, wenn Zoe gerade keine Wut im Bauch habe, sonst sei das für alle zu gefährlich. Danach könne Zoe wieder Flugreisen machen, ohne dass der Metalldetektor losginge …

Abgesehen davon wird der Gast von den Zofen des Herrenhauses neu eingekleidet, und zu den Mahlzeiten in eins der kleineren Speisezimmer geführt. Alle sind äußerst dienstbeflissen, geradezu ehrerbietig, und sie gehen mit ihr um wie mit einer Porzellanvase, damit sie sich bloß nicht aufregt. Die Herrschaft sei bald für sie da. Vorerst habe der Hausherr angeordnet, der Gast solle sich gründlich ausruhen. Daran scheint es nichts zu rütteln zu geben. Sie läuft nur einmal kurz Mister Malgrimov über den Weg, und er setzt sie in Kenntnis, dass die Untergebenen der Schattenherrscher derzeit sicherstellen würden, dass ihnen niemand gefolgt sei. Auch die Sturmkrähen seien ausgeschickt worden in der Geisterwelt.
„… Die Sicherheit unseres Verstecks hat derzeit oberste Priorität“, endet Twilight-Cloak, und kehrt zu seinen Geschäften zurück.


Zoe fragt natürlich mehrmals die Bediensteten nach den Knochenbeißern. Diese, so wird ihr gesagt, sind in Lowdale in der Herberge, und kümmern sich derzeit noch um ihre Angelegenheiten. Es sei auch höchst ratsam für das Rudel, etwas Zeit hier verstreichen zu lassen; zu viele Verfolger waren ihnen auf dem Highway auf den Fersen gewesen, als dass sie sich direkt wieder dorthin wagen dürften. Sie dürften jedoch sehr bald wieder herkommen, um Zoe in der Villa zu besuchen.

Also dödelt die Bewachte rastlos und grimmig in ihrem Gästezimmer herum, guckt herab in den verwilderten Garten. Ohne ihr Smartfon gibt es nichts, was sie online machen kann. Internet hat das alte Gebäude überhaupt nicht, und auch keinen Rechner, an den sie mal zwischendurch kann. Ihr wird dadurch klar, wie viel sie normalerweise online ist. Hier aber ist sie auf sich selbst zurückgeworfen, allein mit ihren Gedanken. Telefone gibt es immerhin im Gebäude, und man sagt ihr zu, dass sie jederzeit ihre Eltern anrufen könne. Dann aber wagt Zoe es nicht, das zu tun: Shady Sabina hat Recht, was soll sie ihnen denn sagen?
Und dann kommen sie endlich, mit aller Wucht, die Schuldgefühle. Verschwommene Erinnerungen ans Totbeißen und Zerkratzen. Und die schreckliche Einsicht, dass es ihr nicht einmal ganz und gar Leid tut, oder sie vor sich selbst geloben könnte, es niemals wieder zu tun. Die Erinnerung an den Blutgeschmack macht sie eher hungrig. Sie sitzt auf dem weiten Fensterbrett ihres Gästezimmers, ein schluchzendes Häuflein Elend. Schließlich nimmt sie das Angebot an, sich zur Ablenkung etwas zu Lesen bringen zu lassen aus der Hausbibliothek. Mehrere alte, ehemals wertvolle (aber nun zerlesene) Bücher werden ihr hochgebracht. ‚Farm der Tiere‘ ist dabei, und Jules Vernes' ‚Reise zum Mittelpunkt der Erde‘. H.P. Lovecrafts ‚Träume im Hexenhaus‘ hat sich auch dazwischen verirrt.


Am nächsten Abend lässt man sie nach dem Aufstehen einen nächtlichen Spaziergang unternehmen, durch das, was in der Villa ‚der Park‘ genannt wird, was aber fast ebenso verwildert ist wie der restliche Wald umher. Mehrere der plapperhaften Zofen begleiten sie. Die New-Hampshire-Landluft ist jedoch eine Wohltat, und riecht berauschend gut.



Die Hausangestellten lieben es geradezu, über die Malgrimovs zu sprechen. Sie berichten, wie diese slawische Adelsfamilie in die Neue Welt gekommen ist, und sich in Neuengland verbreitet hat. Sie sind zwar verarmt, aber haben ihren Adelsstatus nie aufgegeben. Dass sie immer wieder Blutsgeschwister und auch einige Garou hervor gebracht haben für den Stamm der Schattenherrscher. Dass dieses Anwesen seit Jahrhunderten in Familienbesitz ist, und immer wieder verschiedenen sogenannten Caerns als Außenposten gedient hat. Der gnädige Herr Jaromir Malgrimov ist derzeit der Patriarch der Sippe, aber er habe oft über mehrere Nächte hinweg zu dem Caern zu reisen, wo sein eigenes Rudel stationiert sei, dort sei er auch jetzt gerade.

Immer noch gibt es keine Weisung von den Hausherren heute Nacht, oder die ersehnte Nachricht von den Knochenbeißern.

Wieder in ihrem Zimmer lauscht Zoe angeregt über ihrem Buch auf die geschäftigen Geräusche der Hausbewohner: Die meisten hier scheinen nachtaktiv zu sein, so wie sie selbst es seit einiger Zeit ist. Das scheint hier als völlig normal angesehen zu werden. Mehrmals hört sie dabei Schleicher auf dem Gang vor ihrem Zimmer, das leise Knarren der alten Dielen verrät die Fußtritte. Jemand Neugieriges lauscht an ihrer Tür …! Zoe konzentriert sich darauf, ihr Gehör zu verbessern, und spürt, wie ihre Ohren wieder spitz zulaufend werden. Sie schleicht zur Zimmertür und kauert sich davor, legt das Ohr daran. Draußen ist es mucksmäuschenstill. Sie bildet sich ein, leisen Atem zu hören. Sie stellt sich vor, wie sie und die Person auf der anderen Seite der Tür sich gegenseitig belauschen.

Es gibt in diesen zwei Nächten immer nur schwach gebratene Fleischspeisen zu den Hauptmahlzeiten. Zoe gibt nach anfänglicher Skepsis zu, dass sie diese großartig findet.

In den frühen Morgenstunden dieser zweiten Nacht ihres Besuchs — sie wird wohl bald wieder zu Bett geschickt werden — fragt schon wieder eine der Zofen nach ihrem Befinden. Als Zoe versichert hat, dass es ihr ausgezeichnet ginge, scheint die Zofe zufrieden zu sein, und sagt, morgen Abend würde man sie dann endlich in die Gesellschaft der Herrschaft bringen. Chessa und Novak Malgrimov wären schon ganz erquickt beim Gedanken, endlich mit dem weitgereisten Gast konversieren zu dürfen! Zoe ist auch erquickt, der Gedanke daran, mit jemandem reden zu können, der nicht nur oberflächliches Zeugs plaudert wie die Zofen, gefällt ihr sehr gut. Vielleicht wird morgen endlich Tacheles mit ihr gesprochen!


Evolution: Ich habe mittlerweile sechs weitere EXP eingespielt. Das ist genug um wie geplant Ur-Instinkt auf zwei anzuheben, und Handgemenge auf drei. Beides sind Erfahrungen aus der Nacht von Zoes Erstem Wandel.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #27 am: 24.11.2024 | 18:04 »
Es ist tagsüber, während die Werwölfin schläft, Zeit für eine neuerliche Traum-Vision in dem merkwürdigen Herrenhaus. Immerhin ist Zoe gerade in der Verarbeitungs-Phase mit ihren jüngsten Erlebnissen.

Das Stichwort des Würfelorakels ist hierfür Leave Ruin. Oho, dramatisch. Machen wir daraus eine Metapher für ihr zurückgelassenes Leben im Menschenapparat — aber vermischt mit einer Vision von den Lebzeiten einstiger Generationen.

Im Traum ist Zoe erneut in einer anderen Zeit, vielleicht erneut einer, die es niemals wirklich gab, vielleicht auch einer, wie sie sich den Menschen dargestellt hat, zur Zeit ihrer Vorfahren. Viele Generationen in der Vergangenheit ...

Sie kauert in einer Ruine, durch die der Wind pfeift, dies war möglicherweise einmal ein steinernes Bollwerk, eine Festung. Unerschütterlich und massiv, die Zuflucht für Adelige und Bauern gleichermaßen. Dreck, Staub, Schweiß, und Asche überziehen plötzlich ihren Leib. Sie hat die Knie angezogen bis an ihr Brustbein, und spürt die dicken Steinplatten unter sich, das Mauerwerk in ihrem Rücken. Die Front der Ritterhalle vor ihr fehlt plötzlich; dort ist jetzt der Nachthimmel zu sehen. Auch die Burgtürme dahinter sind Gerippe, Teile der Mauern sind weggerissen. Zoes Wahrnehmung ist wie stumpf, erschüttert von dem Lärm, und dem Anblick, der sich ihr plötzlich bietet. Von unten, dort, wo der Burghof liegt, lodern Feuer zu Zoe hinauf.
Der Landvogt lässt Taten folgen nach seiner Ankündigung, alle Raubritter-Burgen des Reiches ‚von Gottes Erde zu tilgen‘. Mit den heidnischen Raubrittern gedenkt er anzufangen. Zoe weiß, dass sie in diesem Traum so jemand ist, eine Heidin zur Zeit der Christianisierung, eine Raubritterin im Dienst des Festungsherren. Unten im Burghof sieht Zoe den Runenstein. Er war zuerst da, an dieser Stelle, schon zur Wikingerzeit. Die Feste ist nur um ihn herum errichtet worden, um ihn zu schützen — die Geschichte, die auf ihm verewigt ist. Dass der Vogt seine Landsknechte hierher marschieren lassen würde, mit zwei Steinkatapulten noch dazu, noch bevor alle Heiden der Gegend sich hier würden versammeln können, damit hatte niemand in der Feste gerechnet ... Für derlei Ruchlosigkeit kannte man den Vogt bisher nicht.
Zoe denkt an den Großen Fenris, und wie er in den Tiefen der Geisterwelt über ihre Untätigkeit die Nase rümpfen und die Lefzen hochziehen muss, über ihre verdammte Feigheit. Auch sie hat die heilige Aufgabe, die Runensteine ihres Stammes zu schützen, das Vermächtnis ihrer Wikinger-Vorfahren. Ein Fenrir kann sich nicht aufhalten lassen bei der Erfüllung seiner Pflicht, auch nicht, wenn vor ihm ein Katapult die Vorderseite der Burg zum Einsturz bringt, die geliebte Ritterhalle, und alle Rudelgefährten ins Verderben reißt, in die Tiefe ... Sie sollte bereits dort unten im Burghof sein, in Crinosgestalt, und sie sollte Wüten. Zoe überwindet also den Schock, und kämpft sich mühsam auf die Füße. Dann wird ihr noch etwas klar: Der Runenstein wird womöglich diese Schlacht überdauern — aber die Festung wird es nicht! Ihr früheres Leben hier liegt in Scherben. Sie spürt das Wanken der Grundmauern unter ihren Fußsohlen, und die Ruine wird alsbald in sich zusammenfallen! Es ist womöglich kein glorreicher, blutiger Sieg, den sie am heutigen Tage davon tragen muss … sie muss aus dem oberen Stockwerk entkommen, und ihr Leben retten!

Sie würfelt Geschick+Athletik, um die zusammenbrechenden Stellen des Steinplattenbodens zu meiden, und schließlich an der zerborstenen Mauer hinab zu klettern, auf den Geröllhaufen darunter. Sie erzielt drei Erfolge. Ihre blutigen, aschegeschwärzten Finger greifen sicher in die Fugen der Steinquader.
Wenn sie dann ihr Leben retten kann, kann sie die Geschichte dieses Ortes retten, und die Geschichte ihres Rudels — ihres geliebten Rudels, die jetzt alle ausgelöscht sind, außer ihr. Ihr, dem vielleicht einzigen Fenrir, die ein Feigling ist.



Was geschieht dann in der Vision? Die Orakelwürfel sagen, Uncover Direction. Das ist leicht:

Der Burghof ist ein lodernder Hexenkessel. Die Landsknechte sind überall, mähen mit Kurzschwertern und Hellebarden alle übrigen Raubritter und deren Diener nieder. Der nahrhafte Blutgeruch treibt Zoe Tränen in die Augen. Die Umrisse des mannshohen Runensteins wird als Silhouette vom Fackelschein umlodert. Er wird diese Nacht überdauern. Aber durch die wankenden Skelette der übrigen Festungsmauern, im Labyrinth menschengroßer Trümmerstücke, ist die Werwölfin orientierungslos. Sie muss einen Weg vom Burghof herunter finden, ins offene Heideland und die Wälder. Mehrere Torbögen sind durch den Treffer des Katapultes eingestürzt, und durch den Haupteingang kann sie nicht, von da strömen immer weitere Landsknechte hinein. Sie würfelt Geistesschärfe+Aufmerksamkeit, und irrt im Zickzack durch die Trümmer. Sie schafft einen einzelnen Erfolg. Mehrmals kesseln beinahe einzelne Hellebardenträger sie ein, um sie niederzuschlachten. Mit knapper Not erreicht sie eine Stelle, wo sie über die Trümmer klettern kann, ins Freie, wo sie die Wolfsgestalt annehmen kann, und entkommen — von heute an ehrlos, heimatlos, aber lebendig.

Wie beschließen die Orakelwürfel das Traum-Szenario? Avoid War, ist der Orakelspruch, na, das könnte ja klarer nicht sein!

Als graubrauner Wolf tragen vier Pfoten Zoe davon, hinaus in die nächtliche Heide, fort von den Gerüchen von Asche und Menschenleichen. Sie wendet noch einmal den Kopf. Dort in der einstürzenden Ruine hätte sie den Guten Tod finden können, das Ende im glorreichen Kampf, ganz, wie der Große Fenris es verlangt. Diese Schande wird sie nie wieder tilgen können. Aber das Wissen um die geheime Lage des Runensteins, und die Berichte vom Leben ihres Rudels und der Menschen am Hof der Festung, die werden nur so überdauern. Sie hebt den Wolfskopf in den verrauchten Nachthimmel, und stimmt ihr Klagegeheul an.

Zoe — die eigentliche, reale Zoe Matherson — wacht auf, vom angestrengten Versuch, ein Wolfsgeheul auszustoßen. Ihre Augen sind tränenblind, und sie ist orientierungslos. Sie sieht sich schwer atmend in dem halbdunklen Gästezimmer um. Draußen geht der Herbstnachmittag dem Ende zu, bald kommt die Abenddämmerung, und damit die Zeit, aufzustehen. Ihr Blick fällt auf das Buchcover von Lovecrafts ‚Träume im Hexenhaus‘. Eine zornige Handbewegung befördert das Buch quer durch den Raum, es klatscht gegen die gegenüberliegende Wand. Ein Gefühl behält sie aus dem lebhaften Traum deutlich zurück: Sie muss sich unbedingt, unter allen Umständen erinnern … an die Lage von … an die Geschichte von …


Zoe trägt ein einfaches, hellgraues Strickkleid, als sie beim Frühstück (Abendessen?) nach Abenddämmerung in dem kleinen Speisezimmer erscheint. Dies ist die dritte Nacht, in der sie als Gast dieses Herrenhauses wach wird. Wenn man sie weiter hinhält, dann passiert im Verlauf der heutigen Nacht ein Unglück, da ist sie sich ganz sicher! Und sie merkt, wie bei diesem Gedanken ihre Eckzähne wachsen. Erschrocken konzentriert sie sich darauf, sie wieder normal werden zu lassen.

Ein anderer Diener als sonst räumt heute ihr Frühstück ab, ein junger Mann im Anzug, der kurioserweise eine Art Hundehalsband um den Hals trägt. So ähnlich wie das, was Kylah oft umhat, aber die ist eine Teenie-Göre mit schweren Punk-Allüren, die darf das. Bei dem Mann hier sieht das vor allem merkwürdig kinky aus, findet Zoe.
Bevor er sich mit dem Silbertablett zum Gehen wendet, sagt er in sanfter Stimme, „Die Herrschaft empfängt Sie heute Abend, Miss Matherson. Sein Sie bitte in einer Viertelstunde im Malereizimmer.“
„Äh“, sagt Zoe eloquent, „… Ja, klar. Danke!“

Einer der Salons im ersten Stock hängt voller alter Ölbilder in staubigen Goldrahmen, und zwei alte Staffeleien sind aufgestellt. Es gibt mehrere Polstersessel und Diwane, und auch hier ist es angenehm warm. Ein uraltes Grammofon spielt leise eine Schallplatte. Zwei Twens schauen Zoe entgegen, beide mit wilden, rabenschwarzen Haaren. Das Mädchen in dem zerrupften Rüschenkleid strafft seine Sitzhaltung, als sie Zoe hereinkommen sieht, und setzt ein freudiges Grinsen auf, der Junge lächelt ebenfalls. … Die Malgrimov-Geschwister, Twilight-Cloaks adelige Kids.



Die beiden jungen, adeligen Malgrimovs, Novak und Chessa


Zoe weiß nicht, was sie zur Begrüßung zu sagen hat, kurz steht sie dumm rum in der Tür, dann tritt sie näher und sagt, „Hi! Guten Morgen … ähm, guten Abend.“
Die höhere Tochter legt den Kopf schief vor Entzücken, und grinst noch breiter. Beide stehen auf, um Zoe förmlich die Hand zu reichen: „Willkommen, Miss Matherson! Wir sind uns ja bei dem großen Abendessen vor drei Tagen schon vorgestellt worden. Sie erinnern sich: Ich bin Novak Malgrimov, und dies ist meine Cousine Chessa Malgrimov.“
„Hocherfreut!“, sagt Chessa, beinahe etwas hibbelig vor Aufregung.
Aus der Nähe betrachtet sind die schwarzweißen Kleider der beiden adeligen Kids heruntergekommen, löcherig und mehrfach geflickt. Wahrscheinlich sind sie Gothics. Dann aber begreift Zoe, nein, die Risse entstehen an den Stellen, wo die beiden gelegentlich ihre Körpermaße verändern! Schultern werden breiter und Muskelstränge werden dicker, Beine bringen sich in Form von wölfischen Hinterläufen! Dass die beiden Werwölfe sind, war ihr schon beim Bankett klar. Sogenannte Schattenherrscher …
Novak schiebt gentlemanhaft einen Sessel für Zoe näher, und sie nehmen wieder Platz.
„Ich hätte Sie beide für Geschwister gehalten. Sie sehen einander so ähnlich“, sagt Zoe verlegen.
Novak sagt, „Ja! Unsere Väter sind Brüder, und beide vom wahren Blut des Stammes! Als Chessas Vater vom Feind gerissen wurde, hat Twilight-Cloak seine Nichte hierher geholt. Es war das Mindeste.“
„Oh. Ähm, mein Beileid.“
„Danke, zu gütig“, lächelt Chessa Malgrimov, „aber es ist schon Jahre her!“
„Dieser Krieg, von dem die Knochenbeißer reden, der geht also schon länger?“, fragt Zoe unsicher.
„Seit Anbeginn der Zeit“, stellt Novak Malgrimov fest, knapp, aber dramatisch.
„Oh … aber ist das denn möglich? … Hätten wir außerhalb Eurer geheimen Gesellschaft das nicht längst mitbekommen?“
Die beiden adeligen Cousins sehen sich an, und Chessa kichert.
„Wo fangen wir bloss an mit Ihnen, Miss Matherson?“, fragt der Galliard, „Es gibt so viel auszutauschen! Vielleicht ja damit, dass Sie begreifen müssen, dass Sie jetzt auf der anderen Seite des Schleiers leben. Auf der okkulten Seite, selbst ein Teil des geheimen Gefüges.“
„Das fühlt sich noch gar nicht so an“, sagt Zoe kleinlaut, und ist in diesem Moment auch sehr unsicher, ob sie das überhaupt wirklich will!
„Wie sollte es, Miss Matherson“, sagt Novak freundlich, „Sie hatten ja noch gar keinen Aufnahmeritus …“
„Novak! Sie ist doch sogar ein Verlorener Welpe!“, fällt Chessa ihm ungeduldig ins Wort.
„Eben dies, sehr richtig“, fährt der fort, „Aber durch Ihr Erwachen, Miss, wurden Ihnen ihre Augen geöffnet. Vorher konnten Sie die okkulte Welt nicht wahrnehmen. Der Schleier durfte auch nicht für Sie angehoben werden. Obwohl Sie schon heimliche Fürsprecher hatten, offensichtlich! In Form der Detroiter Knochenbeißer. Wenn die Ihren Ersten Wandel nicht weise vorausgesehen hätten, dann hätte dieser sich inmitten der Städter ereignet. Vielleicht in dieser … was war es, wo Sie gearbeitet haben? Eine Bibliothek?“
„Videothek.“
„Was ist das?“, fragt Chessa aufgeregt.
„Oh, so eine Art Relikt der 90er und Nuller Jahre, würde ich sagen! Da kann man Filmdatenträger ausleihen, so analog und so. War früher der Shit unter uns Menschen. … Unter den Menschen …“
„Habe ich noch nie gesehen, solcherlei Einrichtung!“, sagt sie.
„Nee, ist auch eigentlich ausgestorben, dank Streaming-Services. Die von Mister Lennings ist die letzte in Detroit.“
Zoe fühlt einen Anflug von Wehmut.
„Hier draußen auf dem Land bekommen wir viel vom Blendwerk der Weberin überhaupt nicht mit“, sagt jetzt wieder Novak, „Verzeihen Sie unsere Unkenntnis!“
„Was machen Sie denn, um Spaß zu haben?“, fragt Zoe.
„Auf die Jagd gehen!“, sagt Chessa sofort, „Oh, wir nehmen Sie alsbald einmal mit, Miss Matherson! Das Grundstück ist riesig, es wird Ihnen gefallen!“
Zoe zögert, sie kann sich wenig Dümmeres vorstellen als bei einer Jagdgesellschaft adeliger Spießer teilzunehmen, mit Hunden, vielleicht gar zu Pferde, und ähnlichem Klimbim.
„Ähm, weiß nicht recht. Die letzten Jagdgewehre, die ich gesehen habe, haben mir eher missfallen“, knurrt sie, und reibt unwillkürlich die Stelle in ihrem Brustkorb, wo noch die Kugel verkeilt ist.
„Aber unsereins jagt natürlich nicht mit dem Gewehr, sondern in der Lupusgestalt!“, erklärt Novak.
„Oh!“
„Wir müssen unsere Instinkte immerzu weiter schärfen, sagt Vater. Immerhin warten wir beide darauf, in ein Rudel aufgenommen zu werden!“
„Sowas wie das Six o' Clock Carjack Pack?“
Die Cousins sehen sich an, und müssen dann beide lachen.
Zoe guckt bedröppelt, dann fühlt sie sofort wieder ihre Wut hochkommen. Die Fatzkes lachen über sie! Die lachen über ihre Freunde die Knochenbeißer!
Ihr Blick scheint sich verdüstert zu haben, denn Novak sagt höflich, „Bitte vergebt uns!“
Chessa schaut Zoe an, als sei die eine kleine Sensation.
Zoe wechselt schnell das Thema, um ihren Ärger zu vergessen: „Was geschieht denn jetzt mit mir? Wie geht es weiter?“
Chessa antwortet, „Onkel Jaromir gewährt Ihnen natürlich Zuflucht, so lange es nötig ist! Wir werden Ihre Genealogie schon zurück verfolgt bekommen, Miss Matherson. Dann kontaktieren wir Ihren Stamm, und die holen Sie ab. Und schwupps, schon sind Sie kein Verlorene mehr, können einen Aufnahmeritus machen, und ihrerseits Ihren Platz in der natürlichen Ordnung einnehmen!“
„Meinen Platz in der natürlichen Ordnung?!“
Novak sagt bestätigend, „Nun, Sie sind eine Vollmond-Geborene … und das merkt man Ihnen auch an! Noch dazu sind Sie eine Garou. Also ist Ihr Schicksal natürlich das einer Schlächterin der Kräfte des Wyrms! Einer Stammeskriegerin!“
Zoe guckt ihn mit offenem Mund an.
„Aufgrund dieser Nachforschungen musste unser heutiges Treffen auch so lange warten, Miss Matherson“, erklärt er, „während der letzten zwei Tage haben wir unter anderem auch unsere Privatbibliothek überprüfen lassen. Auf einen Hinweis über Ihre Abstammung! In den Schriftsammlungen werden tatsächlich auch Mathersons erwähnt in diesem Teil Nordamerikas.“

Oh, wie aufregend! Ist dies ein erster Hinweis auf Zoes mysteriösen Großvater? … Umso spannender: Die Orakelwürfel zeigen einen Pasch, eine Doppelnull! Das bedeutet Zustimmung, und zwar mit einem zusätzlichen Positiv-Effekt!

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #28 am: 25.11.2024 | 13:23 »
„Unsere Hausbibliothekare haben im Zusammenhang mit der Matherson-Familie die Geschichten des Elias Roves-With-The-Morning-Clouds entdeckt!“, sagt Novak.
„Mein Großvater hieß Elias …“, sagt Zoe in dumpfer Stimme.
„Die Vermutung liegt nahe, dass da ein Zusammenhang besteht, Miss.“
Zoe schaut fragend den Galliard an, „Wirklich? Es ist wenig bekannt über Großvater! Genau genommen hat mein Dad etwa zehn Jahre damit verbracht, zu versuchen, zu rekonstruieren, wohin es ihn verschlagen hat, und warum. Das hat ihn eine Weile fast um den Verstand gebracht, Großvater war zeitlebens so eine Art Mysterium. Meine Eltern haben die Suche schließlich aufgegeben.“
Ein paar Sekunden schweigen sie.
„Oh, mein Gott“, sagt Zoe, und schlägt eine Hand vor den Mund, als es endlich klick macht.
„Es wäre in diesem Hause eher angebracht, stattdessen die Erdmutter anzurufen, oder die Totems“, kommentiert Chessa.
Zoe fährt fort: „Er hat sein Leben vor seinem Sohn und dessen Familie geheim gehalten, weil er … hinter dem Schleier gelebt hat. So wie … ich jetzt! Es ist so offensichtlich — warum ist mir das nicht sofort aufgefallen, nach meinem Ersten Wandel?!“
Novak zuckt lächelnd mit den Schultern, „Nun, wie wir gehört haben, hatten Sie äußerst dringliche Dinge zu tun, zu jenem Zeitpunkt, Miss! Wie dem Kampf ums Überleben.“
„Ich habe mein ganzes Leben mit der Gewissheit verbracht, dass Großvaters Geheimnisse einfach verloren bleiben würden, dass er sie mit ins Grab genommen hat. Ich habe nicht weiter darüber nachgedacht.“
Der Galliard sagt, „Ich wünschte, wir könnten Ihnen da konkreter helfen! Aber die Geschichten von Roves-With-The-Morning-Clouds sind bei uns leider nicht erhalten. Sie müssen die Dreiviertelmond-Geborenen Ihres eigenen Stammes dazu befragen. Da Ihr Großvater wahrscheinlich einen hohen Rang hatte, wird man sich dort an ihn erinnern, definitiv.“
„Ich danke Ihnen, danke!“, platzt Zoe heraus, „Das war total hilfreich! Sie können sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, was das bedeutet. Sie kennen meine Eltern nicht!“
Chessa grinst, und eröffnet, „Dann freut es Sie vielleicht umso mehr, dass wir noch etwas herausbekommen haben, Miss Matherson!“
Zoe guckt sie mit großen Augen an.

Diese zusätzliche Information ist dann die Dreingabe, aufgrund des spektakulären Paschs bei den Orakelwürfeln:

Chessa fährt fort, „In den Schriftsammlungen unseres Hauses ist — gewissermaßen als Randnotiz — das Ziel seiner letzten Reise vermerkt.“
Zoe zuckt die Schultern, „Na ja, Skandinavien, das haben meine Eltern ihrerzeit schon klären können. Er hat es bis Finnland geschafft, und ist da verstorben.“
„Aber nach unseren Aufzeichnungen“, sagt Chessa, „war das nicht sein Ziel. Dort hat Ihr Großvater nur den Tod gefunden. Sein eigentliches Reiseziel aber war Casablanca. Seine Ankunft war für das letzte Quartal vor 19 Jahren geplant.“
„Das war sein Todesjahr.“
„Ja, er hat seine letzte Reise nie abgeschlossen.“
„Erzählen Sie mir mehr!“, sagt Zoe gebannt, und schaut zwischen den beiden Malgrimovs hin und her.
Novak gibt zu, „So Leid es mir tut, das war bereits das volle Ausmaß unserer Aufzeichnungen bezüglich Ihrer Familie. Die konnten unsere Bibliothekare einigen Notizensammlungen entnehmen; bloße Beiwerke zu unseren eigentlichen Stammbaum-Büchern. Das allermeiste Wissen wird bei uns Garou eben mündlich weitervermittelt. In Liedern.“
„Warum das denn? Niederschriften sind doch wohl praktischer!“
Chessa mischt sich ein: „Vor allem gefährlicher, Miss Matherson! Jedes entzifferbare Schriftzeugnis von unserer Kultur kann dazu führen, dass der Schleier gelüftet wird, wenn es in die falschen Hände fällt, die Hände von Sterblichen!“
Zoe sagt, „Moment, aber das bedeutet, dass es irgendwo in den USA sogenannte Galliards gibt, wie Sie, Mister Malgrimov, mit Elefantengedächtnissen, die alles weitere wissen? Ich muss nur herausfinden, zu welchem Stamm mein Großvater gehört hat?“
Novak bestätigt, „Gewiss.“

Dieses glückliche Würfelresultat und die dementsprechend erhaltenen Hinweise sollen den Move namens Reach a Milestone auslösen. Ich markiere den ersten vollen Fortschritt-Punkt bei Zoes Queste (die war ja eingangs als Formidabel definiert, also ist jeder Milestone ein einzelner Punkt Fortschritt).

„Wow! Ich könnte … ich könnte in den Mond heulen vor Freude!“, bringt Zoe hervor.
„Diesem Begehr können wir umgehend nachgehen, Miss!“, strahlt Chessa, „Vom Dach des Hauses aus geht das besonders gut!“
Neugierig fragt Novak, „Aber stimmt es, dass Sie möglicherweise Blutsbande zu den Fenrir haben, Miss Matherson? Gibt es skandinavische oder deutsche Verwandte bei Ihnen?“
„Fenrir … hm, ich habe vorhin davon geträumt … komischer Zufall.“
„Das ist alles, aber kein Zufall“, sagt Chessa bestimmt, „Glauben Sie nicht, dass die Vergangenheit selbst nicht fortwährend mit uns kommunizieren würde!“
Zoe erschaudert, und sieht das andere Mädchen an.
Novak erklärt, „Normalerweise werden die Neugeborenen von Garou mit einem Ritus gesegnet, der dafür sorgt, dass ein Geist sie behütet, eine sogenannte Amme. Wenn das Erwachen beginnt, fliegt die Amme los zu dem Stamm, der sie ursprünglich beschworen hat, und alarmiert die Garou. Bei Ihnen, Miss Matherson, hat das nicht funktioniert, wahrscheinlich haben Sie diesen Feuertaufe-Ritus nie erhalten. Vermutlich, weil Ihre Eltern normale Menschen sind, und Ihr Großvater damals bereits auf seiner großen Reise war. … Aber mein Herr Vater hat bereits in seinem Caern die Kunde von Ihrem Erwachen verbreiten lassen. Die Caerns sind miteinander vernetzt, über sogenannte Mondbrücken. Es gibt streunende Rudel, und es gibt den Stamm der Stillen Streicher, die dieses Mondbrücken-Netzwerk bereisen. Als Kuriere. Und darüber hinaus wurden auch einige Geister ausgesandt, um die Kunde zu verbreiten. Über kurz oder lang wird Ihr Stamm also seine Blutlinie nach Detroit zurückverfolgen, und sich hier melden. Die Knochenbeißer erhalten daraufhin ihre wohlverdiente Belohnung, und Sie, Miss, erhalten Ihren Aufnahmeritus.“
„Die Hälfte von dem, was Sie da sagen, Mister Malgrimov, glaube ich sogar verstanden zu haben!“, sagt Zoe unsicher, mit einem halben Lächeln.
„Besorgen Sie sich nicht, Miss Matherson“, sagt Chessa fürsorglich, „Alles ist bereits in die Wege geleitet, die Zeit arbeitet jetzt für Sie. Und so lange sind Sie hier in Sicherheit, wir geben gut auf Sie Acht.“

Das will ich meinen! Aber was ist denn das nächste Stichwort vom Orakel, womit geht diese Nacht weiter? Uuuh, der Orakelspruch ist, Share Secret! Eine der Lieblingsaktivitäten der Schattenherrscher, das Schachern um Geheimnisse! Aber worum geht’s denn bei diesem Geheimnis? Ich würfle ein zusätzliches Thema aus, und bekomme Time. Das passt ja durchaus zu Zoes jüngsten Traumvisionen, sowie auch zum Gesprächsstoff eben. Einer der Schattenherrscher in diesem Hause ist bereit, ein Geheimnis zu teilen über bestimmte Zeiten. Und (um das noch weiter einzugrenzen) wozu könnte das Kennen dieses Geheimnisses Zoe befähigen? Da sagen die Orakelwürfel kryptisch, Raid Weapon. Das ist ja eine harte Nuss. Ich würde sagen, das bedeutet, wer Chessas Geheimnis über die Zeit kennt, kann einen Überfall machen, um eine besondere Waffe zu erobern. Als dann:

Der junge Diener Stoyan mit dem Anzug und dem putzigen Halsband kommt herein, und fragt, ob er den Tee servieren kann. Chessa bestätigt huldvoll, und schickt ihn, außerdem etwas Gebäck zu bringen. Dann bittet sie zuckersüß ihren Cousin, er möge statt die Schallplatte zu wenden lieber etwas auf seinem Cello vorspielen. Draußen hat es zu regnen begonnen, der Diener legt ein paar Holzscheite im Kamin nach. Mit ihren dampfenden Teetassen dirigiert Chessa schließlich Zoe, direkt mit ihr ans Feuer zu rücken, sie sitzen im Schneidersitz auf dem Fell davor, und lauschen eine Weile Novaks Cellospiel. Es klingt sehr gut, ein wenig kratzig, und etwas melancholisch, was natürlich zu diesem Ambiente genau passt.



„Ich muss Ihnen ein Geheimnis anvertrauen, Miss Matherson!“, raunt schließlich Chessa Malgrimov an das Ohr der anderen.
Zwei Erfolge bei Wahrnehmung+Empathie verraten Zoe, dass das andere Mädchen diese Situation mit Cello und Tee so eingefädelt hat, um ihr genau diese Eröffnung zu machen! Die Schattenherrscherin ist gewieft, aber sie kann ihre Freude über die neue Gesellschaft von außerhalb nach wie vor nicht verbergen.
„Ähm, okay“, flüstert Zoe zurück.
„Natürlich müssen Sie im Gegenzug etwas für mich tun!“, haucht die Schattenherrscherin in unschuldigem Ton.
Zoe zögert nervös. Was könnte die wohlerzogene Chessa schon von ihr fordern? Na ja, sie ist eine Konspirateurin in einem etwas dubiosen Stamm mit Bräuchen, die Zoe noch unbekannt sind … und ganz nebenbei ein Monster in Menschengestalt … wobei, das zählt nicht, das ist Zoe selber ja auch, das wiegt sich wohl gegenseitig auf.
„Sie zögern, Miss Matherson?“, flüstert Chessa, ein wenig beleidigt.
„Äh, nein, nein. Natürlich tue ich auch etwas für Sie! Lassen Sie ruhig hören.“
Chessas Lippen nähern sich Zoes Ohr auf wenige Zentimeter. Sie wispert, „Ich bin Theurgin meines Stammes, müssen Sie wissen, unter dem Sichelmond geboren, wie mein Herr Onkel Jaromir! Wir sind jene, die mit den Geistern sprechen! Von dort habe ich seit Kurzem eine Ahnung, dass wir ... ähnliche Wurzeln haben, Miss Matherson, Sie und ich!“
Zoe sieht die Gastgeberin verwundert an, „Wie das?“
Sie registriert einen Seitenblick, den Novak ihnen zuwirft während er weiter musiziert. Wahrscheinlich will er wissen, was da geflüstert wird.
„Über unsere jeweiligen Familienbande! Sie sprachen doch von einem ominösen Traum vorhin? Vom Stamm des Großen Fenris!“
Zoe nickt unsicher.
„… Ich habe ähnliche Träume, Zoe! Die Schutzgeister meines Stammes … und die Seelen meiner Vorfahren … versuchen, mir Hinweise zu geben! Sie sorgen sich immens um die Zukunft! Und, Zoe … der jüngste Hinweis war über Sie!“
„Was hat das zu bedeuten?“
„Unsere Vorfahren kannten einander vielleicht! Irgendwann zwischen dem Wikingerzeitalter und dem Finsteren Mittelalter! Und wir beide sind nicht die einzigen, die Verbindungen zur Vorzeit haben. Oh nein! Direkt hier, am Rande des Geländes, wird derzeit ein streunender Werwolf geduldet. Mein Herr Onkel gewährt vorerst auch ihm Zuflucht. Er aber ist stammeslos und verbrecherisch, ein Landstreicher, ein Ronin! Wir Hausbewohner haben klare Weisung, uns vor ihm in Acht zu nehmen!“
„Was hat das mit mir zu tun?“
„Er, Miss Matherson, ist ein Spielball der Zeit geworden! Ein Werkzeug der Ahnen und uralten Geister! Was ihn eigentlich hierher getrieben hat, ob er selbst es weiß oder nicht, wird nämlich nicht der eigene Wille gewesen sein, sondern der Wille seines Fetischs. Dieses Objekt aus alter Zeit ist gestohlen vom Stamm der Fenrir!“
„Aber …“
„Wenn Sie eine vom Gezücht des Fenris sind, Miss Matherson, dann wird es ihnen ein Leichtes sein, den Stammeslosen zu konfrontieren, und das Erbe ihres Stammes zurückzuholen! Der Fetisch gehört in Ihre Hände, mehr als in die Klauen eines Diebs. Dies wird außerdem ehrenvoll erscheinen in Augen Ihrer Ältesten, sobald Sie mit ihrem Stamm in Kontakt stehen!“
Zoe schluckt.
„Reden wir jetzt nicht weiter darüber!“, flüstert Chessa, und sie wirft ihrem Cousin einen schnellen Blick zu, vielleicht entschuldigend, vielleicht misstrauisch.
Sie fügt hinzu, „Denken Sie darüber nach; wir nehmen das Thema in den nächsten Nächten wieder auf!“


Jedenfalls ist Chessa Malgrimov Feuer und Flamme wegen ihrer Idee, Zoe mit auf einen nächtlichen Jagdausflug zu nehmen. Und zwar noch heute! Dafür würde sie erstmalig ihre volle Wolfsgestalt annehmen müssen, die sogenannte Lupus-Form. Aber das sei sowieso eine sinnvolle Übung für später, findet Chessa, spätestens bei ihrem Aufnahmeritus würde Zoe das alles können müssen, und auch unter Beweis stellen.

Für Mitternacht sind sie wieder verabredet. Das Wächter-Rudel aus dem Umland wird sich ebenfalls beteiligen.
Zoe steht nun in Gummistiefeln auf den Stufen des Eingangsportals des Herrenhauses, fröstelnd, lauscht auf die Geräusche des Waldes, und versucht, sich darauf zu konzentrieren, sich willentlich zu verwandeln. Das geht jetzt schon eine geschlagene halbe Stunde. Sie schließt minutenlang die Augen, versucht ihren Atem zu regulieren, versucht, sich als Wolf zu fühlen. Als Teil dieses wundersamen, urwüchsigen Herbstwaldes. Schließlich geht sie versuchsweise in die Hocke, auf alle Viere.
„Was treibst Du denn hier draußen vor dem Haus, in Unterwäsche, Zoe?“, hört sie plötzlich eine halblaute Stimme in vorwurfsvollem Ton, „Da kriegst Du noch 'nen Schnupfen!“
„Kylah! Du bist das!“, bringt Zoe freudig hervor, und läuft auf die andere zu, raus in den Nieselregen.
Die Punkerin kommt gerade einsam und allein die Kiesstraße hinauf gestapft, mit einem alten, ehrwürdig aussehenden, schwarzen Regenschirm. Den muss sie in der Herberge in Lowdale geborgt haben, oder heimlich gemopst.
„Wollte mal kurz nach Dir gucken. Hätte nicht gedacht, dass Du gerade eh vor dem Haus rumlungerst, noch dazu so luftig angezogen! Was is'n los, haben die Dich etwa des Gebäudes verwiesen, oder was? Musste draußen warten, bis Du Dich wieder benehmen kannst?“
Zoe muss lachen, „Ich glaube, bei meinem Nervenkostüm in letzter Zeit würden solche Maßnahmen auch nix bringen! … Nee, ich versuch' doch, das mit der Verwandlung zu wiederholen. Ich dachte, hier am Haupteingang guckt keiner, da bin ich ungestört. Da kann ich mich nicht so peinlich machen vor der Menschheit.“
„Die sind keine Menschen.“
„Stimmt … äh, ich muss das jedenfalls hinkriegen. Bisher hab' ich mich immer nur instinktiv verwandelt.“
„Wozu? Bisher schienst Du immer ziemlich happy, wann immer Du wieder in Deine Menschengestalt zurück gefunden hattest!“
Zoe druckst herum, „Ja, äh, na ja. Tut auch bisher noch ziemlich weh, so mit Muskelzerren und so. Ist wie eine kontrollierte Panikattacke, schwer zu beschreiben. Aber … ich soll um Mitternacht mit auf die Jagd gehen, als Wolf!“
„Boah! Würd' ich gerne sehen. Wahrscheinlich siehst Du dann als Tier so ähnlich aus wie das große Wolfsmonster neulich, nur kleiner. So gelbbraun, mit weißem Bauch.“
„Ich hab' insgeheim Angst davor, Kylah. Dir kann ich’s ja sagen. Dieses Wolfsmonster, ja? Diese … Crinos-Form, die ist schon schlimm genug. Aber die ist zumindest noch halbwegs menschenähnlich. In der Gestalt eines richtigen Tieres … ich bilde mir irgendwie ein, da könnte ich Gefahr laufen, mich vollständig zu verlieren, in … in tierischen Empfindungen“, und mittlerweile wispert sie nur noch, „Meine Fresse, Kylah … Was, wenn ich diesmal nicht zurückfinde?“
„Aber Du darfst Chessa Malgrimov gegenüber keine Schwäche zeigen. Die wittert das, und wer weiß, auf was für Ideen sie das wiederum bringt.“
„Die ist eigentlich ziemlich höflich zu mir. Ich glaub', die sind hier draußen nur ein wenig vereinsamt. Die sind total dankbar für jede Ablenkung.“
„Die sind Schattenherrscher, Zoe! Lass' Dich ja auf nix ein mit denen! Die haben den Ruf, immer alles kompliziert zu machen, und andere über den Tisch ziehen zu wollen.“
„Ja, ein bisschen verschlagen wirken die alle …“
„Ja, verschlagen, aber sieh' bloß zu, dass Du denen gegenüber sowas nicht sagst. Und auch nicht, was ich eben gesagt hab'! Die machen da'n großes Ding draus. Von wegen Ehrenhaftigkeit uns so. Du darfst über keinen lästern.“
„Okay, versprochen. Hm, vielleicht hast Du mit dem anderen auch Recht. Rein instinktiv hab' ich immer Angst, Schwäche zu zeigen … vor anderen, die das sind, was ich jetzt bin ... das war bei Simon und seinem Rudel schon so, auf dem Hinweg.“
Kylah seufzt, „Mit Euch ist das wie mit einem großen Gehege im Tierpark, mit verschiedenen Rudeln von Wölfen drin. Ihr mögt ja umherlaufen wie Menschen, aber Ihr habt halt diese ganzen Instinkte. Ständig wird die Rangordnung neu überprüft und all so'n Scheiß. Du musst Dich daran gewöhnen. Hey, vielleicht ist die Jagerei deshalb ja wirklich eine gute Übung für Dich!“
„Willst Du mitkommen nachher? Kannst zugucken!“
„Ach, Schwachsinn, die lassen mich doch nicht. Das ist schon frech genug, dass ich hier ungefragt zur Villa gelatscht komm'. Wir müssen warten, bis die 'ne förmliche Einladung aussprechen und was nicht alles.“
„Hm, schade. … Wie ist das denn da in Eurer Herberge?“
„Ganz gut. Ist ganz gemütlich, und wir haben neulich schon alles untereinander aufgeteilt, was unmittelbar zu machen ist. Rumtelefonieren, Termine absagen, ein paar Nummern abziehen, und so. Lowdale ist ganz nett, nur'n bisschen langweilig. Ist ein wenig wie Herbstferien außerhalb der Reihe.“
„Du musst ja eigentlich auch in die Schule zurück …“
„Ja, ja. Hab' bereits ein gefälschtes Attest.“
„Ihr seid ganz schön findig …“
„Müssen wir auch sein, Zoe, wir sind Knochenbeißer. So, ich schieb' jetzt mal wieder ab. Und Du siehst zu, dass Du reinkommst, Du erkältest Dir noch die Arschbacken.“
„Einen Versuch noch! Mir ist gar nicht sonderlich kalt, irgendwie ist meine Körpertemperatur letztlich immer genau richtig. Geh' nicht weg, es ist super-schön, mit Dir zu reden! Okay, Konzentration …“

Zoe soll mal Konstitution+Ur-Instinkt würfeln. Wir heben die Schwierigkeit für sie bis auf weiteres um eins an, weil sie noch ungeübt und ängstlich dabei ist.

Sie sinkt wieder auf alle Viere zurück, und spannt sich an. Drei Höchstzahlen fallen bei dem Wurf! Unter brennendem, wummerndem Schmerz, keuchend und würgend, aber dafür immerhin einigermaßen schnell, verwandelt sie sich, ihre Körpermasse nimmt schlagartig zu, sie wird bedeckt von hellbraunem Fell. In ihrer Hispo-Form schüttelt sie sich, und schaut dann auf in Kylahs blasses Gesicht, selbst verwundert. Sie wirft irritiert die Gummistiefel ab von ihren Hinterläufen.



„Ach Du Schreck, es hat geklappt!“, haucht Kylah, „einfach so!“
Zoe wimmert vor Muskelschmerz, will etwas erwidern, aber nur ein Jaulen ertönt.
„Du bist aber ein großer Wolf! Du bist ja fast so groß wie ein Pony!“
Der Riesenwolf beschnüffelt Kylah, die reckt ihm zögerlich die Handflächen hin, wie einem fremden Hund. Zoe wird von Informationen überwältigt: Ihr Geruchssinn ist auf einmal so scharf, dass sie genau sagen könnte, was Kylah den ganzen letzten Tag über in Händen gehalten und gegessen hatte. Unter anderem Kartoffelchips, Oreo's, und Graubrot. Sie ist völlig geflasht davon. Tatsächlich ist ihr Verstand jetzt auch der eines Tieres, aber es ist nicht halb so schrecklich, wie sie bis eben noch befürchtet hätte. Sie schnüffelt interessiert an Kylahs Hosenbeinen, und schwelgt in der Fülle an Informationen, bis diese schließlich vor ihr in die Hocke geht, und ihr in die Augen schaut: „Zoe … Zoe, hör' zu. Ich muss jetzt zurück in das Dorf, okay? Die machen hier Stress, wenn die sehen, dass ich ungefragt länger hier rumhänge.“
Zoe legt den Kopf schief, die Worte, die sie hört, brauchen länger als sonst, um in ihren Verstand einzudringen. Sprache ist plötzlich so unnötig abstrakt. Sie fühlt eine unverfälschte, liebevolle Zugehörigkeit, und will ihrer Freundin als Sympathiebekundung über die Nase lecken. Aber sie begreift, dass das falsch wäre, auch, weil Kylah den Geruch nach Furcht ausströmt. Zoe macht sich klar, dass sie ein zentnerschwerer Riesenwolf ist, und winselt. Die Punkerin umarmt sie, sehr vorsichtig, raunt, „Bis bald!“, und macht sich dann auf den Rückweg.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #29 am: 25.11.2024 | 20:17 »
Soundtrack: Blue Man Group, Utne Wire Man
https://www.youtube.com/watch?v=mBpd4kMzcXA

Zwei Stunden später fühlt sich Zoe schon etwas sicherer auf ihren Pfoten. Nun kommt sie um das Anwesen herum getrottet, und ihre Nase verrät ihr, dass Chessa und die anderen Werwölfe schon hier sind. Sie alle sind nachtschwarz, oder dunkelgrau. Zoe vermutet, die fremden Schattenherrscher sind dieselben, die am Abend ihrer Anreise den Van umkreist haben, in Crinos-Form. Sie kann sich nicht völlig sicher sein, denn jetzt sind sie alle in Wolfsgestalt. Sie zeigen eine gewisse Unterwürfigkeit gegenüber der jüngeren Wölfin, die Chessa Malgrimov jetzt ist. Sie hat eine gewisse Ausstrahlung, wie ihr Onkel und ihr Cousin, vielleicht ist es das, was hier Reinblütigkeit genannt wird, und was Ribkick ‚gezüchtet‘ nennt.
Zoe schnüffelt Befremden an Miss Malgrimov. Die Wölfe kommunizieren miteinander wie mit einer Sprache, durch Geruchsausdünstungen und Körperhaltungen. Zoe solle sich ebenfalls in ihre Wolfsgestalt begeben, signalisiert man ihr, dann begänne die Jagd.
Aber das sei sie doch?, bringt Zoe verwundert zum Ausdruck.
Nein, kommuniziert Chessa, unterlegt von einem amüsiertem Hecheln, Zoe sei hier in der Wolfsgestalt aus früheren Zeiten aufgetaucht, sie müsse ein Wolf werden, wie die anderen.

Zoe ist peinlich berührt, dass sie sich so geirrt hat, würfelt also erneut Konstitution+Ur-Instinkt, um sich weiter zu verwandeln. Sie muss die Lupus-Form erreichen. Da es wie oben gesagt für sie noch erschwert ist, muss sie Siebener erwürfeln, und erzielt nicht eine … aber Einser! Das ist ein Patzer!

Schmerz und Schwindelgefühl durchzuckt sie, ihre Vorderpfoten werden zu Crinos-Pranken und wieder zu Pfoten, ihre Schnauze nimmt unter dem Fell die Form eines menschlichen Unterkiefers an. Panik ergreift sie. Daraufhin wird sie einen Rage-Wurf machen müssen, jetzt bei Dreiviertelmond gegen Fünfen. … Fünf Erfolge! Zoe bäumt sich auf, auf die Hinterläufe, und brüllt in fast menschlicher Stimme ihren Schmerz und ihren Schrecken hinaus, dann wird das Geräusch zu einem heiseren Heulen. Sie verfällt in Raserei! Die Pein verschwindet sofort, als hirnlose Wut sie hinweg spült!

Normalerweise darf ein Charakter einfach einen Willenskraft-Punkt ausgeben, aber da dies Zoes erste Raserei-Erfahrung ist, kommt mir diese Option gerade unwahrscheinlich vor.
Ihr Rage-Wert ist deutlich höher als ihr Gnosis-Wert, also stürzt sie sich ungeplant auf alles, was sich bewegt!



Zoe dreht durch, in Hispo-Form


Zoe agiert als erste, stürzt sich auf einen der dunkelgrauen Wölfe, und schnappt zu. Ihre Fänge dringen tief in die Schulterblätter des vergleichsweise schmächtigeren Tiers, und heben es ein Stück in die Höhe. Dieses absorbiert jedoch vier von fünf Schaden. Zwei der Wächter bäumen sich auf die Hinterläufe auf, und gehen in ihre massigen Crinos-Gestalten. Ein anderer beißt als Lupus Zoe in ihren einen Hinterlauf, damit sie von seinem Kameraden ablässt, sie absorbiert das meiste, aber bekommt zwei Level Schaden. Dann kommen die Rage-Aktionen an die Reihe: Der erste der Crinos-Werwölfe lässt seine geballte Faust von hinten in den Nacken von Zoes Riesenwolf-Gestalt krachen. Kurz wird ihr schwarz vor Augen, sie nimmt drei weitere Wundlevel hin. Sie fühlt ein gräßliches Rucken an ihrem Kiefer. Wirbelt herum, und beißt nun dem Faustkämpfer in die Rippen, fügt ihm zwei Wundlevel zu. Der andere Crinos packt sie in dem Moment, und bringt sie in einen Griff, sie verliert ihre Beute aus den Fängen, sie zappelt und schüttelt sich wie wild, Bluts- und Geifertropfen spritzen aus ihren hochgezogenen Lefzen!

Jetzt wo Zoe in den Klammergriff gebracht ist, setzt ihr Ratio wieder ein. Dann gebe ich mal den Willenskraft-Punkt aus. Sie verharrt knurrend in der Umklammerung, ihre Augen zucken manisch von Gegner zu Gegner. Dann sinkt sie in sich zusammen. Und nicht nur ihre Haltung, auch ihre Gestalt, es zieht sie zurück in ihre spillerige Menschen-Form.
„Sie ist wieder sie selbst“, hört man Chessa Malgrimovs Stimme keuchen, „Lass' sie los. Ganz behutsam …“
Zoes Körper gleitet langsam ins hohe, kalte Gras. Sie knurrt, und versucht sich aufzulesen. Sie sieht sich verdattert um. Die letzten Sekunden scheinen nur noch verschwommen. Ihr Genick schmerzt, und auch ihre eine Wade, die blutet wie Hulle! Die Schattenherrscher ziehen ihre Lefzen hoch und zeigen ihr ihre schrecklichen Zähne, und sie kauert sich hilflos zusammen, zittert.
„Ist nicht schlimm, Miss Matherson!“, zischt das andere Mädchen, „Sie haben sich ja schon wieder im Griff. Das ist der Dreiviertelmond, sein Licht …“
Der schwarze Wolf, den sie gebissen hatte, winselt, und einer der Crinos-Gestalten zieht ihm etwas aus seiner Wunde an seinem Schulterblatt, etwas längliches, weißes. Der Eckzahn schrumpft in seiner ledrigen Pranke, auf die Größe eines menschlichen Eckzahns. Zoe schmeckt Blut, tastet mit der Zungenspitze über ihr Gebiss, und fühlt die Zahnlücke. Der Genickschlag hat sie einen Fangzahn gekostet. Sie will leise fluchen, aber stößt nur ein wölfisches Knurren aus ihrer menschlichen Kehle aus.


Ausgerechnet in dieser Nacht kehrt Jaromir Twilight-Cloak von seinen Geschäften in seinem Caern zurück. Er hat sich bereits alles schildern lassen, als er in den Blauen Salon kommt, wo Chessa und die verängstigte Zoe sitzen.
Vor der Tür hören sie, wie Novak mit ruhiger Bestimmtheit auf seinen Vater einzureden versucht; er will auch dabei sein, wahrscheinlich um zu beschwichtigen. Erstmals hört Zoe Jaromir Malgrimov laut werden: „… Du hast mich wohl vernommen, Sohn! Du hast nichts damit zu schaffen, und nun aus meinen Augen!“
Die tiefe Bassstimme von Mister Malgrimov klingt wirklich schlimm, wenn er zornig ist!
Zoe zieht ängstlich beide Knie vor die Brust in ihrem Ohrenbackensessel, ganz vorsichtig natürlich, denn die eine Wade ist frisch bandagiert.
Twilight-Cloak tritt in den Salon, und eröffnet, „Was dachtest Du Dir dabei, Nichte? Hast Du schon in Lunas Angesicht gesehen heute Nacht? Es ist Dreiviertelmond!“
„Ich meinte es doch gut, Herr Malgrimov!“, beteuert Chessa kleinlaut, „Wir wollten Miss Matherson die Jagd in Lupus-Form lehren! Das musste sowieso geschehen, je früher, desto …“
„Schweig, Kind. Sieh', was uns Deine Flausen eingebracht haben — zwei unserer Wächter sind verletzt, und unser Gast! Noch dazu in einer Zeit, wo womöglich der Krieg hierher kommt, vor unsere Haustürschwelle!“
„Vergeben Sie mir, Onkel …“
Zoe guckt verzweifelt zwischen ihren beiden Gastgebern hin und her, Angst und Peinlichkeit mischen sich in ihr.

Diese Emotionen sind heftig genug, um schon den nächsten Rage-Wurf auszulösen! Dieser ergibt drei Erfolge, sie bebt kurz vor Zorn, aber dann hat sie sich wieder im Griff. Ein roter Würfel hat eine eins gezeigt, den lege ich mal ab, dann ist Zoe runter auf drei temporäre Rage-Würfel, und kann vorerst nicht mehr in Raserei verfallen. Puh!

„Du weißt, was Deine Befehlsgewalt über unser Wächter-Rudel bedeutet, Chessa, welche geballte Verantwortung! Dies ist kein Spielzeug zu Deiner bloßen Belustigung! Wir sind die Schattenherrscher, und verdammt sollen wir sein, wenn wir nicht das schützen, das unser ist! Jene verteidigen, die wir zu befehligen haben!“

Es folgt eine ziemlich laute Standpauke. Zoe fühlt sich wie ein Kind, und behält tyrannisiert den Kopf gesenkt. Sie versteht nicht alles, denn zwischendurch reden die beiden Adeligen in der archaischen ‚Hohen Zunge‘. Ein Gesetz wird jedenfalls erwähnt, das ‚die Litanei‘ heißt. Chessa wird zwischendurch ihrerseits auch wütend, man hört den Zorn aus ihrer Stimme, während sie sich rechtfertigt. Am Ende ordnet Jaromir Malgrimov an, seine Nichte habe darüber nachzudenken, was sie für den Stamm tun könne, um ihren heutigen Schnitzer auszubügeln, und einem Strafritus zu entgehen. Zoe will sie verteidigen, aber findet keine Gelegenheit, auch mal was zu sagen. Leidenschaftlich schmollend hebt Chessa sich schließlich hinweg, erhobenen Hauptes.
„Und Du, Verlorener Welpe“, grollt Mister Malgrimov abschließend, „Lässt Dir dies eine Lehre sein! Die Erdmutter hat Dir Deine Wut nicht gegeben, damit Du sie gegen Deinesgleichen richtest! Sie ist Dein mächtigstes Werkzeug, aber wenn Du unklug handelst, kann sie auch Dein gehässigster Gegner sein. Wenn Du nicht in der Lage bist, Dich zu beherrschen, dann hast Du nicht bei Dreiviertelmond im Walde umher zu streichen!“

Zoe trollt sich beschämt in ihr Gästezimmer, leicht humpelnd. Wenn es mal nur die Peinlichkeit wäre! Im Spiegel ihres Zimmers zieht sie ihre Lippe hoch, und betrachtet die große Zahnlücke. Ihr rechter, oberer Eckzahn hat sich verabschiedet. Total beknackt sieht das aus, jetzt kann sie ihre Modelkarriere endgültig vergessen. Und dass Werwölfe Zahnprotesen haben, bezweifelt sie irgendwie.



Soundtrack: Yawning Man, Perpetual Oyster
https://www.youtube.com/watch?v=tTXhBmSLT2A

Am nächsten Abend ist der Halbmond aufgegangen. Der ‚Mond der Rechtsprechung‘, nennen ein paar der Zofen das, na, das passt ja klasse zu der Standpauke von gestern, findet Zoe.
Chessa und Novak, und ein paar andere holen sie nach dem Abendessen ab, begierig, zu erfahren, wie sie sich jetzt fühlt. Zoe ist erleichtert, dass sie zumindest bei diesen beiden nicht im Ansehen gesunken ist.
Die Dienerinnen nötigen Chessa dazu, heute zu helfen, Blumengestecke anzufertigen, und die Schattenherrscherin wiederum nötigt Zoe dazu, auch mitzumachen. An einem großen Tisch sitzen sie im Speisezimmer im Erdgeschoss, und knüpfen Deko zusammen, vornehmlich aus Laub und dunklen Rosenköpfen. Eigentlich könnte man schon Weihnachtsdeko basteln, bemerkt Zoe, so spät im Herbst, aber Chessa sagt, das sogenannte Weihnachtsfest würde hier nicht gefeiert. Novak beobachtet die Steckarbeiten nur, er sitzt im Hintergrund und übt auf seinem Cello. (Als Mann scheint er von derartigen Pflichten des Haushalts nicht betroffen, ganz schön arsch-rückständig, findet Zoe das, aber behält das natürlich schön für sich.)
„Wie geht es Ihrer Wade, meine arme, tapfere Zoe Matherson?“, fragt die Adelige schließlich.
„Vorhin war schon Verbandswechsel. Ich beginne mich schon an Eure Leibärztin zu gewöhnen, die scheint ziemlich gut zu sein.“
„Die beste ihrer Kunst! Und Ihr Zahn?“
Zoe zeigt der anderen ihre häßliche neue Zahnlücke, und kommentiert, „Katastrophe. Der arme Kerl, in dem der stecken geblieben ist. Das ist alles un-end-lich peinlich. Wie geht’s ihm denn?“
„Die Wächter werden binnen weniger Nächte wiederhergestellt sein. Da gibt es kein böses Blut, Miss Matherson, keine Sorge“, stellt Chessa fest, den Blick auf ihr Gesteck gerichtet.
„Oh Manno. Ich muss mich noch persönlich bei denen entschuldigen. Und jetzt …“, aber dann bricht sie ab.
„Jetzt was?“, fragt ihr Gegenüber neugierig.
„Ach, nichts.“
„Sagen Sie schon!“
„Na ja … gestern hat Novak, ähm, Mister Malgrimov dort, noch zu mir gesagt, ich würde sowas wie eine Stammeskriegerin werden. Und jetzt habe ich bereits einen meiner Eckzähne eingebüßt. Ehrlich gesagt fühlt sich das an … als hätte ich schon meine Möglichkeiten mich zu wehren verkleinert. Bevor ich überhaupt von meinem Stamm gefunden wurde und alles. Schon bin ich weniger wehrhaft, wegen einem bloßen Versehen. Wäre es doch bloß nicht derart durchgegangen mit mir! Meine Fangzähne sind bisher … eine ziemlich gute Waffe gewesen …“
Novak schaut von seinem Cello auf, und lächelt Zoe an, „Immer mit der Ruhe. Verbringen Sie erst einmal möglichst viel Zeit in Ihrer Glabro-Form, Miss Matherson, denken Sie erstmal an Ihre Wade! Mit einem Wolfsbiss ist nicht zu spaßen! Wenn Sie verwandelt sind, verheilt das binnen kurzer Zeit. Womöglich bleibt nicht einmal eine Narbe.“
„Obwohl es opportun wäre, den Fenrir Kampfnarben vorweisen zu können!“, sagt seine Cousine mit einem kleinen Grinsen.
Zoe fummelt gedankenverloren mit der Zungenspitze an ihrer neuen Zahnlücke herum.

Chessa will jedenfalls bei der Handarbeit unbedingt Geschichten aus der Fleischwelt hören, von Zoes Heimatstadt-Alltag.
„… Aber im Gegensatz zu hier geschieht da nie etwas Aufregendes!“, wendet diese ein, „Ich habe alleine in einem mickrigen, kleinen Apartment mit dünnen Wänden gewohnt, die Schulbank gedrückt, und ansonsten in der Videothek gejobbt! Keine Stämme, Mythen, oder Rituale!“
Das scheint Chessa überhaupt nicht zu langweilen. Zoe versteht, dass die beiden adeligen Kids nur Privatlehrer hatten ab der Grundschule. Aus Angst, sie könnten früh Erwachen, hat man sie beide früh der Menschengesellschaft entzogen, zum Schutze aller. Hier im Herrenhaus sind sie von Blutsgeschwistern umgeben, und die moderne Welt der Weberin dort draußen erscheint ihnen etwas abstrakt und fern.
Also erzählt Zoe von ihrer Klasse, dass sie eigentlich nur mit dem Nerd namens Mitch so halbwegs was anfangen konnte, und Jasmine und Ellen. Und den komischen Cineasten in der Videothek. Und Kylah natürlich; damals wusste sie noch nicht, dass die Garou ihr die geschickt hatten. Miss Malgrimov saugt freudig alles Erzählte auf wie ein Schwamm. Sie scheint Zoe absolut reizend zu finden — scheinbar unabhängig davon, was genau sie erzählt. Zoe vermutet, sie könnte auch erzählen, was sie alles so auf Netflix geguckt hat und sich die Fußnägel dabei lackiert, und ihr Gegenüber würde sie trotzdem so hingerissen anschauen, als sei sie ein tänzelndes Zirkuspferd.

Dann gibt es Mittagessen (Mitternachts-Essen), heute in Anwesenheit vom Hausherren persönlich. Er hüllt sich in Schweigen, nicht mehr zornig, aber gestreng, und in Gedanken. Daher gibt’s wenig Tischkonversation. Als abgeräumt wird, kündigt Novak an, Zoe jetzt in die Bibliothek zu entführen, er wolle sie zu ihrem Erwachen und dem Feind befragen.
„Oh nein, Novak, da musst Du Dich gedulden“, sagt Chessa, „Wir sind doch längst noch nicht fertig mit den Gestecken! Außerdem wollten wir doch noch mehr von der skurrilen Schulpsychologin hören, der Dame Squarebrook!“
„Ich würde gern mit Miss Matherson meiner Arbeit als Galliard nachgehen. Der Bericht von … Do-Not-Eat-The-Shrooms … war ja etwas lückenhaft.“
„Das könnt Ihr morgen Nacht immer noch tun!“
„Was müssen Sie denn noch wissen?“, fragt Zoe befremdet.
„Ich brauche weitere Details von Ihnen, Miss Matherson, aus erster Hand. Nicht nur, um die Geschichte dieser Reise weiter tragen zu können, sondern auch, weil unsere laufende Recherche über den Feind davon profitieren wird. Dieser Sicherheitsdienst aus Toronto ist meinem Herrn Vater und mir mehr als verdächtig, so wie es Evan Gangrydges überregionale Machenschaften sind. Miss Matherson, könnten Sie sich vorstellen, mir einige Details nachzuliefern?“
„Äh, klar.“
Chessa insistiert jedoch, „Zur Dämmerstunde, Ihr beiden! Immer eines nach dem anderen! Der Große Fenris wird schon nicht gleich morgen unsere Miss Matherson davon führen, Novak.“
Sie kabbeln sich noch ein bisschen, während die Diener abräumen, und Jaromir Twilight-Cloak sich schweigend schon einmal hinweg hebt. Zoe weiß nicht, ob sie die beiden Cousins reizend oder ein wenig strange finden soll.
« Letzte Änderung: 1.12.2024 | 21:08 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #30 am: 25.11.2024 | 21:36 »
Das geht jedenfalls in der darauffolgenden Nacht so weiter: Beide Malgrimov-Kids konkurrieren miteinander um Zoes Zeit. Ein bisschen besitzergreifend sind sie ja schon. Aber gleichzeitig auch geistreiche Gesprächspartner, alle beide ...
Novak nimmt akribisch Zoes Bericht auf, nicht schriftlich, er merkt sich einfach alles genauestens. Er zeigt ihr eine der recht beeindruckenden Hausbibliotheken, und stellt ihr die Bibliothekare vor. Chessa wiederum lässt Zoe von ihren Zofen in verschiedene Kleider stecken und ihre Haare auf verschiedene Arten frisieren.

In dieser Nacht dürfen außerdem endlich die Knochenbeißer im Herrenhaus erscheinen. Die Werwölfe der beiden Stämme tauschen untereinander die Neuigkeiten aus, die sie in den letzten Nächten zusammentragen konnten. Bisher keine Spur von Zoes Stamm, oder Elias Roves-With-The-Morning-Clouds, aber alle halten dies für eine Sache, die nur noch wenige Nächte dauern wird, jetzt, wo die Neuigkeit über das Mondbrücken-Netzwerk verbreitet wurde.

Chessa Malgrimov setzt sich mit Zoe, Kylah und ihrem Diener Stoyan ab, in eins der Musikzimmer.
„Endlich können wir auch mal was sagen“, sagt Chessa mit genervter Geste, „immerzu diese Ehrerbietung gegenüber den Älteren! So. Das ist also Ihre Kylah, Miss Matherson! Miss Kirby, ich habe schon so viel über Sie gehört!“
Kylah macht Glubschaugen, mit denen sie die Werwölfin mustert. Zoe vermutet, sie ist in ihrem bisherigen Leben noch nie als ‚Miss Kirby‘ angesprochen worden.
„Bleiben Sie weiterhin an Zoe Mathersons Seite? Zumindest, bis diese endgültig ihrem Stamm übergeben werden konnte?“
„Äh … ja. So hatte ich mir das eigentlich gedacht“, sagt das Punk-Mädchen defensiv.
„Treu wie das Gold des Helios!“
Zoe lächelt Kylah an, „Danke!“
„Klaro. Ist jetzt auch egal, kommt auf noch'n paar Nächte nicht mehr an.“
„Ich und mein Herr Onkel Jaromir haben darüber gesprochen, ob man Miss Kirby nicht bis dahin auch hier im Hause mit einquartieren könnte, Miss Matherson. An leeren Zimmern herrscht ja kein Mangel. Dann könnten Sie ihre Blutsschwester um sich haben!“
Chessa Malgrimov guckt wissend zwischen beiden hin und her, als hätte sie genauestens mitbekommen, dass Kylah neulich Nacht unangemeldet vor dem Gebäude erschienen ist!
Zoe schluckt. Aber das adelige Mädchen scheint es nicht böse zu meinen, im Gegenteil.
„Wenn das ginge …!“, setzt Zoe an.
Chessa lächelt, „Ich bespreche das noch einmal genauer! ... Ich glaube, es wäre Zeit für etwas Tee. Stoyan?“
„Sehr wohl, Miss“, sagt der Diener mit seiner sanften Stimme, und erhebt sich sofort.



So treues Personal wie Stoyan Volansky ist heutzutage schwer zu finden!


„Nimm' Miss Kirby mit, Du kannst Ihr die Küche zeigen! Sie kennt sich hier ja noch gar nicht aus!“, ordnet Chessa an.
„Sehr wohl. Miss Kirby?“
Kylah zieht eine Augenbraue hoch, aber trottet dann Stoyan nach.
„Sie ist ein Segen, Ihre Blutsschwester. Und so exotisch anzusehen!“, grinst Chessa anerkennend.
„Sie ist gar nicht meine Blutsschwester …“
„Ja, sie ist ein Knochenbeißer, unübersehbar“, erklärt Miss Malgrimov, „aber sie steht mit Ihnen in Kontakt, Zoe, sie agiert, als wäre sie die Ihre.“
„Die meine?!“
„Damit die Garou ihre Fähigkeiten zum Einsatz bringen können, brauchen sie die Unterstützung einer exzellenten Dienerschaft, Miss Matherson. Eines Netzwerks von Helfern und Helfershelfern.“
„Mit Kylah bin ich aber befreundet!“
„Ja, unbenommen. Ich bin ja mit meinem Stoyan auch befreundet! Sehr innig sogar!“
„Ist der Ihr Liebessklave?“, rutscht es Zoe nun doch heraus.
„Manchmal, wenn mir das Gemüt danach steht!“, kichert Chessa, „Da ist er noch begabter als in seiner Rolle als Hausdiener!“
„Wow. Das ist mir zu hoch, glaube ich. Die Leibeigenschaft ist in den USA aber übrigens abgeschafft, Miss Malgrimov.“
„Außer natürlich, wenn sie konsensuell ist, Miss Matherson! Abgesehen davon ist von Leibeigenen gar nicht die Rede. In diesem Hause sind die Blutsgeschwister devote Diener, das ist die natürliche Ordnung der Dinge. Auch in der Ehe natürlich; hinter allen großen Stammeshelden stehen starke Gattinen oder Gatten. Ich werde meinen Gemahl schon zu verteidigen wissen, mit Zähnen und Klauen, wenn es mal soweit ist.“
„Oder einfach einen anderen Werwolf heiraten“, sagt Zoe, etwas verwirrt.
„Dann bekommen Sie aber keine Garou-Nachkommen, Zoe Matherson. Und das in einer Zeit, in der wir vom Aussterben bedroht sind.“
„Wirklich?!“, sagt Zoe verblüfft, und ihr fällt ein, dass Shady Sabina auch sowas in der Art gesagt hatte.
„Sie sollten langfristig Ihre Kylah als Dienstmagd behalten, die ist ein verborgenes Goldstück, ein Rohdiamant. Das merkt man. Vielleicht geben die Knochenbeißer sie her. Aber Sie sollten sich in jedem Falle einen Blutsbruder suchen vom eigenen Stamm, für alles weitere.“
„Ich hatte in den letzten Wochen eher das Gefühl, Kylah ist die, die mir die Ansagen macht. Immerhin weiß die viel besser Bescheid über all das hier … und sie kann einen kühlen Kopf bewahren. Das scheint etwas zu sein, das mir abhanden gekommen ist!“, und Zoe schaut auf ihre bandagierte Wade hinab.
„Sehen Sie's, wie Sie möchten!“, flötet Chessa, „Ah, da bringen die beiden den Tee!“
Zoe steht schnell auf, um Stoyan und Kylah mit den Silbertabletts zu helfen. Allein schon deswegen, um den Gegenbeweis anzutreten zu dem, was Chessa ihr gerade gesagt hat.
„Bleiben Sie doch bitte sitzen, Miss Matherson, denken Sie an ihre Verwundung!“, sagt Stoyans ehrerbietige Stimme, fast ein wenig vorwurfsvoll.


Nach Mitternacht machen sie alle gemeinsam einen Spaziergang durch den verwilderten Park, mit altmodischen Taschenlampen in Händen, manche von ihnen mit Augäpfeln, die sie zu denen von nachtsichtigen Wölfen verändert haben. Das Six o' Clock Carjack Pack geht voran, und unterhält sich bestens gelaunt mit einigen der anderen Garou aus der Villa.
Die Malgrimov-Cousins haben sich mit Zoe ein wenig zurückfallen lassen.
Novak hat eine Weile Simons und Ribkicks Stimmen gelauscht, und sagt schließlich leise, „Die Knochenbeißer sind wirklich so etwas wie ein Phänomen. Wo andere Stämme nur Hindernisse und Korruption sehen, entdecken die Gelegenheiten. Kein Wunder, dass die sich Ihre Freundschaft verdient haben, Zoe Matherson.“
Chessa nickt angeregt, und ergänzt, „Deren Stamm steht im Rufe, sich den Mittellosen und Entrechteten anzunehmen, den Waisen der modernen Welt. So wie auch Ihnen!“
Zoe fragt verhalten, „Weil ich ein … Verlorener Welpe bin?“
„Ja …“, sagt die Adelige, aber macht schmale Lippen, sie sieht aus, als würde das nicht das gewesen sein, das sie meint.
Zoe bohrt nach, „Waisen der modernen Welt? Was meinen Sie noch, Chessa?“
„Nichts weiter. Nun … Sie, Zoe, dürften von ziemlich reiner Abstammung sein. Wie mein lieber Cousin und ich, und unsere Herren Väter. Man meint, dieselbe Reinblütigkeit Ihnen anzumerken! Ihr Stamm müsste deshalb höchst interessiert sein, Sie umgehend in seinen Kreis aufzunehmen!“
„Selbst, wenn! Sie haben doch vorhin gesagt, wir seien eine aussterbende Art! Da kommt's doch wohl auf jeden an!“
Die Schattenherrscherin nickt bedächtig, „Sehr wohl. Mittlerweile hätte sich Ihr Stamm also sputen müssen, der hätte sich durchaus melden können …“
„Wollen Sie damit sagen …“, hebt Zoe an, aber plötzlich fühlt sie Angst.
Novak spricht stattdessen weiter, „Was meine Cousine sagen will, ist vermutlich dies: Wir sind im Krieg, Miss Matherson, und der Feind schläft nicht. Vielleicht besteht das Caern, zu dem Ihr Großvater Elias und damit Sie ursprünglich gehört haben, gar nicht mehr. Dann wären Sie stammeslos, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie sich selbst einen Stamm wählen unter den zwölf Verbleibenden.“
„Oh … und könnte ich da ganz frei wählen, hypothetisch?“
Chessa sagt, „Weitgehend. Der Stamm, in den Sie aufgenommen werden möchten, wird Ihnen eine Aufgabe stellen. Dies ist der Aufnahmeritus!“
„Aber wie erfahre ich, wer diese zwölf Stämme sind? Und wie ich mich an die wenden kann?“
„Da helfen wir Ihnen natürlich weiterhin, Ehrensache!“, sagt Novak.
„Verlassen Sie sich ganz auf uns“, bestätigt Chessa.
« Letzte Änderung: 25.11.2024 | 23:15 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #31 am: 26.11.2024 | 20:58 »
Kylah packt also ihre Reisetasche, um in das Herrenhaus umzuziehen. Der VW-Bus liefert sie vor dem Haupteingang ab, und sie springt raus. Das Knochenbeißer-Rudel nutzt diese Gelegenheit, um sich von ihr und Zoe zu verabschieden, und von ihren Schattenherrscher-Verbündeten.
„… Was hat das zu bedeuten?“, fragt Zoe verblüfft, „Ihr könnt doch noch nicht weg! Was ist mit diesem Gangrydge? Und so lange ich noch nicht abgeholt worden bin, bekommt Ihr doch auch noch nicht Eure Belohnung!“
„Das Caern in Detroit hat uns zurückgepfiffen“, erklärt Simon, „was die Mütter und Väter sagen, wird gemacht! Unsere Stammesältesten, verstehst Du?“
„Ich … ich will nicht, dass Ihr geht“, sagt Zoe hilflos.
Simon lacht, „Oh, hört Ihr, Ihr räudigen Hunde? Wir können leider dem Befehl unseres Stammes nicht nachkommen, Zoe will nicht, dass wir gehen!“
Alle lachen vergnügt.
„Ach, Du“, sagt Zoe, und knufft ihn. Dann umarmen sie sich.
„Wir lassen ja Kylah hier. Dein Stamm muss aber dafür sorgen, dass die zurück nach Detroit kommt, wenn Du hier weggebracht wirst!“
„Versprochen.“
„Und Lousy Five Bucks bleibt vorerst in Lowdale. Der kann da erstmal noch ein bisschen rumschmarotzen. An den könnt Ihr Euch wenden, sollte irgendwas sein.“
„Lousy Five Bucks will nicht in seine Hood zurück?“
„Sutter Cross' Gang hat mehrmals versucht, dem Organe rauszuschnitzen! Der hat erstmal weiterhin Bock auf Landluft!“
„Verstehe ich. Hey, ich komme Euch besuchen, sobald ich wieder in Detroit bin.“
„Wir freuen uns drauf! Wir reservieren eine Schweinehälfte dafür!“, grinst Simon.
Zoe umarmt nochmal alle. Massalfassar rasselt feierlich mit seiner schmuddeligen Plastikrassel.
Kylah umarmt ihrerseits auch alle ihre Stammesgefährten, Simon etwas länger als die anderen.
… Weil da nämlich doch was geht zwischen den beiden!, sagt sich Zoe, trotzig, sie lässt sich die Vermutung nicht ausreden, und sie lächelt süffisant.

Im Verlauf der Nacht versuchen die Hausdienerinnen, auch Kylah neu einzukleiden, besonders eifrig versuchen sie, ihr ein schlichtes Rüschenkleid anzuschnacken, so ähnlich wie sie selber welche tragen. Die Punk-Biene ist vor allem befremdet darüber, das ist ganz und gar nicht ihr Style, lieber will sie weiterhin abgerissen herumlaufen. Zoe hilft ihr dabei, die Blutsschwestern schließlich abzuwimmeln.
„Die wollten mich ernsthaft als Pinguin verkleiden!“, sagt Kylah empört, als sie weg sind, und Zoe und sie ihr Bett beziehen, in dem Gästezimmer, das man ihr zugewiesen hat.
„Die haben hier ein wenig festgefahrene Vorstellungen von Bosshaftigkeit!“, sagt Zoe.
„Psst!“, rügt Kylah sie, „Du darfst nicht ablästern, hab' ich Dir doch gesagt!“
„Ja, stimmt. Entschuldige, vergessen.“
„Wahrscheinlich hast Du hier schon mega auf die Schnauze gekriegt in meiner Abwesenheit“, raunt Kylah, „wegen den großen Reden, die Du immer schwingst. Kommt da etwa die fiese Zahnlücke her?“
„Nee, alle lieben mich!“, flüstert Zoe verschmitzt, „Abgesehen von einer vereinzelten Standpauke vom Hausherren!“
„Aha!“, sagt Kylah nur, als wäre damit zugegeben worden, dass sie eben doch auf ganzer Linie Recht gehabt hätte.


Dann ist da noch die Sache mit dem Fenrir-Stammesfetisch zu klären! Zoe hat, wenn auch murrend, Novaks Rat befolgt, und ist die letzten drei Tage mehrheitlich in ihrer haarigen Glabro-Form gewesen. Im Verlauf der heutigen Nacht verbessert sich der Zustand ihrer Verwundung erneut, nun ist sie runter auf zwei Wundlevel, und humpelt kaum noch. Die übrige Gewehrkugel hat die Leibärztin ihr gestern auch rausgeholt, mit einer Kugelzange (die Gelegenheit ist günstig, weil Zoe derzeit nur drei Rage-Punkte hat und deshalb nicht schon wieder austicken kann), die ist sie jetzt auch los, alles ist schon wieder restlos verheilt.



Zoe in ihrer Glabro-Form, ungewohnt vielleicht, aber zumindest nützlich in ungeheizten Räumen


Damit wäre schon wieder denkbar, das Gelände zu durchkämmen nach einem gewissen, verborgenen Ronin. Zoe (groß und haarig, in Glabro-Form) und Kylah sitzen in den frühen Morgenstunden in der weitläufigen, geschäftigen Küche, in der Nähe des Kachelofens, und machen sich nützlich, sie schälen kiloweise Kartoffeln für die Köchinnen. Dabei erzählt Zoe in gedämpfter Stimme von dem Geheimnis, welches das adelige Mädchen ihr anvertraut hat — und dass sie früher oder später eine Gegenleistung einfordern wird.
„… Dabei habe ich Dir doch gesagt, lass' Dich auf nix ein!“, flüstert Kylah.
„Das war erst später, dass Du mich gewarnt hast. Da hatte ich das schon versprochen!“
„Na und? Hättest Du Dir auch selber denken können, das liegt doch auf der Hand! Brauchst doch nicht mich, um Dir immer alles vorzukauen!“
„Ey, voll gemein“, flüstert Zoe, wenn auch grinsend, „Werd' ja nicht frech, sonst tüten wir Dich doch noch in so ein rüschiges Service-Kleidchen ein! Sieht bestimmt mega-süß aus!“
Kylah guckt vom Kartoffelschälen auf: „Sag' mal, Zoe, hast Du sie noch alle?“
Zoe zögert, und raunt dann, „Entschuldige. Wollte nur witzig sein. Hast Recht, das war doof.“
Jetzt ist ihr selber auch schon so Alphawolf-Blödsinn rausgerutscht, wie die Schattenherrscher den verzapfen!, rügt sich Zoe in Gedanken selbst, das muss sie ganz schnell wieder bleiben lassen! Sie hat letztlich definitiv zu viel Zeit mit den Malgrimovs verbracht.
„… Also kann Chessa Malgrimov jetzt jederzeit zu Dir marschieren und irgendwas verlangen!“, zischt Kylah, den Faden wieder aufnehmend.
„Ja, aber nur eine Gefälligkeit. Nicht gleich'n Mordauftrag oder so.“
„Woher willst Du denn wissen, ob für die ein Mordauftrag nicht eine bloße Gefälligkeit ist?!“
Zoe schluckt. Dann aber sagt sie, „Die sind hier gar nicht so schlimm. Ich glaub', Du siehst Gespenster.“
„Nee, Werwölfe sehe ich, Zoe. Werwölfe.


Kylah und Zoe entscheiden sich also, vor Morgengrauen nochmal einen Spaziergang zu machen, der sie (ganz zufällig) entlang der Außenbereiche des Grundstücks führt. Vielleicht kann Zoe ein Zeichen von einem fremden Werwolf dort erschnüffeln! Vielleicht ist dieser Landstreicher ja auch gar nicht so schlimm, wie Miss Malgrimov neulich angedeutet hat.

Besteht die Chance, ihn auf diese Weise zu finden? Die Orakelwürfel verneinen.

Zoe konzentriert sich zwar auf ihre wölfische Witterung, aber in was auch immer für einem Erdloch der Ronin lebt, er hält sich gut verborgen. Alles, was man findet, sind gelegentlich abgenagte Tierknochen im Gras, und die können natürlich auch von den ganzen Schattenherrschern stammen, die auf dem Gelände ein und aus gehen. Die Mädels werden also erneut Chessa dazu befragen müssen. Zu dem Zeitpunkt geht auch die Morgendämmerung los, und die beiden sollten längst in ihren Betten sein.

Als sie wieder von draußen reinkommen, hören sie im Salon nebenan zwei Stimmen streiten, die sich gerade in leidenschaftliche Rage geredet haben:
„… Sie wird schon nicht fortgehen!“
„Das weißt Du nicht! Nichts ist sicher. Du immer mit Deiner Vergangenheit und Zukunft! Ich sage Dir, was zählt, ist der Augenblick! Hah!, ich sage Dir noch etwas: Noch bevor sie ihre Entscheidung trifft, egal ob sie bleiben oder gehen will, stehle ich der Holden einen Kuss!“
„Ach ja, und dann willst Du damit irgendetwas gewonnen haben, oder wie? Was würde das schon zählen, wenn sie uns dennoch verlässt!“
„Eine Trophäe!“
„Du willst sie mir wegnehmen! Aber da musst Du früher aufstehen. Ich, mein Lieber, ich habe meinen Punkt längst gemacht! Mit Dir knutscht die Holde bestimmt nicht.“
„Oh, Du weißt selbst, wie ich auf junge Maiden wirke. Diesmal wird es nicht anders sein, Du wirst schon sehen! Ehe Luna ihr Gesicht wieder wechselt, habe ich der Verirrten einen Kuss gestohlen!“
Die beiden jungen Romantiker streiten sich im Blauen Salon. Zoe und Kylah wechseln einen konfusen Blick, und Kylah gestikuliert hastig nach oben, Zoe nickt, und sie schleichen schnell davon, zu ihren Zimmern hinauf.

„... Lass' Dich nicht im Schlaf knutschen von dem blassgesichtigen Traumprinzen!“, wispert Kylah, Zoe unterdrückt ein Prusten.
„Ich bin hier schon leidgeprüft! In den ersten Tagen hier hat bereits wer heimlich an meiner Tür gelauscht, geradezu wie manisch!“
„Boah, reichlich creepy. Welcher von den beiden?“
„Habe ich nicht rausgefunden. Vielleicht beide abwechselnd!“
„Bestimmt der Traumprinz. Immerhin hat der das groß angekündigt, dass er Dir einen Kuss stehlen will!“
„Wieso höre ich eigentlich immer stehlen?“, sagt Zoe und grinst wölfisch, „der muss nix stehlen, den knutsche ich auch so! Hast Du mal einen näheren Blick auf den geworfen, wie der Macker aussieht?“
Kylah kichert, und zuckt die Schultern, da kann nicht mal sie was dagegen sagen.
„Gut, dass Du jetzt hier einquartiert bist, Kylah! Plötzlich ist das hier ein bisschen wie in einer Jugendherberge!“
„Hä?“
„Na ja, wie Jugendherbergen so sind, Klassenfahrt oder so: Alle möglichen Hormone kochen hoch, man schleicht über knarrende Dielenbretter, tuschelt heimlich auf dem Gang, und dann verschwinden alle schnell in ihren Zimmern!“
Sie kichern erneut, und verschwinden dann schnell in ihren Zimmern. Bevor noch die Hausdiener sie hören, und wissen wollen, was sie bei Morgengrauen noch auf den Beinen machen.


Hier sind zwischendurch mal die Profile der jungen Malgrimovs:

Novak Malgrimov, Remembers-Many-Paths
Alter: 20; Stamm: Schattenherrscher; Vorzeichen: Galliard; Blut: Garou ; Aufzucht: Homid; Rang: Cliath
Attribute: Geschick 2, Konstitution 2, Stärke 2, Charisma 3, Erscheinungsbild (Eleganz) 4, Manipulation 3, Geistesschärfe 2, Intelligenz (Erinnerungsvermögen) 4, Wahrnehmung 2
Fertigkeiten: Athletik 3, Aufmerksamkeit 3, Ausdruck 3, Einschüchtern 2, Empathie 2, Handgemenge 2, Überzeugen 3, Ur-Instinkt 2; Auftritt 3, Heimlichkeit 3, Überleben 1; Enigmas 1, Etikette 3, Linguistik 2, Nachforschung 3, Okkultismus 1, Politik 3, Riten 2.
Hintergründe: Reinblütig 3, Ressourcen 2, Riten 2
Gnosis: 3
Rage: 4
Willenskraft: 5
Gaben: Climb Like an Ape, Mindspeak, Seizing the Edge
Ausrüstung: Klappbarer Taschenspiegel an Kettchen, verstecktes Messer in Handgelenk-Halterung


Chessa Valeriya Malgrimov, Dark-Veils-of-Whispers
Alter: 19; Stamm: Schattenherrscher; Vorzeichen: Theurge; Blut: Garou ; Aufzucht: Homid; Rang: Cliath
Attribute: Geschick 2, Konstitution 2, Stärke 1, Charisma 3, Erscheinungsbild (Püppchenhaft) 4, Manipulation 3, Geistesschärfe (Berechnend) 4, Intelligenz 3, Wahrnehmung 2
Fertigkeiten: Athletik 2, Aufmerksamkeit 3, Ausdruck 3, Einschüchtern 2, Empathie 3, Handgemenge 2, Überzeugen 3, Ur-Instinkt 2; Auftritt 1, Handwerk 1, Heimlichkeit 3, Überleben 2; Enigmas 2, Etikette 3, Linguistik 2, Nachforschung 3, Okkultismus 3, Politik 3.
Hintergründe: Blutsgeschwister (Stoyan Volansky) 1, Reinblütig 3, Ressourcen 2, Vorfahren 2
Gnosis: 3
Rage: 3
Willenskraft: 5
Gaben: Climb Like an Ape, Spirit Speech, Seizing the Edge
Ausrüstung: Klappbarer Taschenspiegel an Kettchen, verstecktes Messer in Fußgelenk-Halterung
« Letzte Änderung: 26.11.2024 | 22:02 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #32 am: 26.11.2024 | 22:45 »
Am nächsten Abend passt Zoe Miss Malgrimov ab, um vertraulich mit ihr zu reden, (und sie zu der Sache mit dem Ronin zu befragen). Da bekommen prompt einige der Hausbewohner spitze Ohren — buchstäblich, denn mehrere rangniedere Schattenherrscher sind heute zugegen. Chessa dirigiert den Gast unauffällig außerhalb von Hörweite.

Ich würfle Charisma+Überzeugen, um die Adelige dazu zu bringen, nähere Details zu verraten. Das klappt mit drei Erfolgen: Chessa ist entzückt, dass Zoe auf ihre Anregung hin handeln will! Sofort willigt sie ein, die Besucherin dorthin zu führen, wo ihr Herr Onkel dem Ronin Zuflucht gewährt.

Apropos, der Hausherr. Der wurde uns ursprünglich definiert als ein Mystiker, der ein Geheimnis hütet. Weil er Mystiker sein soll, haben wir ihn natürlich zu einem Theurgen gemacht; und Geheimnisse hüten natürlich die meisten Schattenherrscher. Was aber ist das Geheimnis, das gerade relevant bei Zoes Besuch ist? Ist es das Hiersein dieses Ronins? Unwahrscheinlich, vermute ich, aber das Wurfresultat ist 76, laut Orakel-Tabelle um ein Haar noch eine Bestätigung! Mit anderen Worten: Was Chessa heimlich Zoe offenbart hat, das will ihr Herr Onkel vor dem Gast geheim halten! Vielleicht, weil er fürchtet, die Welpin könne tatsächlich eine Fenrir sein, und das entwendete Erbe ihres Stammes einfordern! Ist das der Fall? Eine 99 fällt auf dem W100, absolut, und mit dem Pasch ist dies erneut ein extremes Resultat, es gibt also noch eine besondere Dreingabe! Uh, spannend! Die Natur dieser Bewandtnis möchte ich nicht entscheiden, sondern auswürfeln. Die Orakelwürfel sagen hierzu, Escalate Secret. Die Geschichte um ein Geheimnis wird also hier Fahrt aufnehmen. Das Geheimnis um Zoes Verbindung zum Stamm des Gezüchts des Fenris? Die Orakelwürfel bejahen, abermals mit Pasch! Das entwendete Erbstück, das der Ronin bei sich trägt, kann also sehr genaue Antworten liefern! Cool! Setzen wir das Puzzle doch mal folgendermaßen zusammen:

Mit gerafften Rocksäumen ihres leicht zerschlissenen, hellgrauen Rüschenkleids eilt Chessa Malgrimov vor Zoe her, durch das hohe Gras des verwilderten Waldgebiets. Immer wieder sieht sie sich um, Zoe erschaudert jedes Mal, denn Chessas Augen reflektieren goldbraun das Mondlicht als Raubtieraugen! Sie selbst sollte das auch tun, aber sie kann sich nicht konzentrieren, sie ist so aufgeregt. Muss sie den verbrecherischen Landstreicher wirklich herausfordern, um ihm das Erbe ihres Stammes abzunehmen? Was ist, wenn sie schon bei der Verwandlung versagt, wie es ihr neulich passiert ist, unter dem Dreiviertelmond?
Miss Malgrimov sieht aufgeregt und glücklich aus, sie scheint es schon länger vor zu haben, den Eindringling auf dem Gelände zu stellen, und umso freudiger zu sein, dass dies in Gesellschaft ihrer Zoe geschieht.

Zwischen dem Steinmäuerchen, das die Grundstücksgrenze kennzeichnet, und ein paar dicken Bäumen sind ein paar feuchte Bretter, Europaletten, und Stücke von Dachpappe aufgeschichtet.
Chessa geht geschmeidig wie ein Luchs in die Hocke, nimmt Deckung im hohen, gelben Gras. Zoe tut es ihr nach.



Die Adelige wispert, „Dort ist das Versteck! Er lebt hier im Schmutz, wie der Landstreicher, der er ist!“
„Ist er ein Knochenbeißer?!“, flüstert Zoe verwundert.
„Nein, ich habe doch gesagt, was er ist: Ein Ronin! Stammeslos! Die Knochenbeißer mögen die ewigen Omegas sein in der alten Garou-Nation, aber immerhin sind sie noch so etwas wie ein Stamm! Die Ronin hingegen sind einsame Wölfe. Herumtreiber, Tagelöhner, Geächtete! Ich vermute, mein Herr Onkel Jaromir will diesen hier als Söldner einsetzen für eine bestimmte Aufgabe, wenn die Zeit reif ist! Bis dahin vegetiert er hier, der Lump! Ich fürchte ihn, seine bloße Anwesenheit auf dem Grundstück.“
„Könnte einem direkt leidtun.“
„Während Sie das sagen, Zoe, puhlt er sich wahrscheinlich Schmutz von den Fußkrallen, mit dem geheiligten Erbe Ihres Stammes!“

Da ist natürlich was dran, und Zoe bekommt bei dem Gedanken einen neuen Rage-Punkt, ist jetzt wieder auf vier. Sie zieht ungewollt die Lippen hoch, und entblößt ihre wachsenden Fänge, und ihre brutale Zahnlücke.

„Stellen Sie ihn! Aber bedenken Sie, dass er von Onkel Jaromir vorläufig Zuflucht gewährt bekommt. Es wäre nicht rechtens, ihn fortzujagen oder zu töten! Aber Ihr Erbe einzufordern, das ist Ihr gutes Recht!“

Zoe kriecht also auf allen Vieren durch das hohe Gras, so leise sie kann. Jetzt ist sie froh, dass sie nur in dem ollen Winterpulli, Unterhosen, und Gummistiefeln hier anmarschiert ist, obwohl ihr scheiße kalt ist — wahrscheinlich wird sie sich gleich verwandeln müssen, ob es ihr passt oder nicht! Sie ignoriert beim Näherkriechen ihre schmerzende Beinwunde. Drei Erfolge bei ihrem Geschick+Heimlichkeit-Wurf! Der Landstreicher scheint gerade zu dösen unter seinem Regenschutz!

Zoe erreicht das Mäuerchen, sieht die Silhouette darunter. Sie ist nahe genug! Im Kriechen nimmt sie nach und nach ihre Glabro-Form an.
Schon reckt sie den Kopf unter den Unterstand, ihre Pranke schnellt vor, und packt den Kerl am Schlafittchen, die Fangzähne gefletscht, die freie Hand erhoben, die Finger bedrohlich verkrallt! Mit drei Erfolgen bei Charisma+Einschüchtern fährt der andere Werwolf aus dem Halbschlaf auf, völlig überrumpelt. Er ist ein sehniger Kerl mit dunklen Augen und langen, fettigen Haaren.
„Ende der Fahnenstange, Freundchen!“, knurrt Zoe einschüchternd, „Du rückst jetzt das Diebesgut raus! Und wenn ich Dich auch nur eine falsche Bewegung machen seh' … wenn Du auch nur eine haarige Nasenspitze bekommst … dann spürst Du meine Krallen!“
Das sitzt. Der sehnige Fremde winselt, und zeigt ihr seine Kehle. Instinktiv erkennt Zoe dies als Unterwerfungsgeste: Ihr Gegner gibt vorerst auf!
„Raus da!“, knurrt sie. Sie kriecht rückwärts, bleibt in der Hocke, kauernd im hohen Gras. Ungeübt wie sie ist, gelingt es ihr nicht, die Glabro-Form aufrecht zu erhalten, und unwillkürlich verwandelt sich in ein Mädchen zurück. Der Ronin kriecht aus dem Unterstand, kauert sich vor sie, unterwürfig, aber sprungbereit.
„Ich habe Erlaubnis, hier zu sein! Es mag nicht so aussehen, aber es stimmt! Der Hausherr gestattet es mir!“
„Womöglich. Aber ich will Dir auch gar nicht ans Leder — ich will das Erbstück von dem fremden Stamm, das Du geklaut hast!“
Der Ronin schnuppert irritiert in ihre Richtung.
„Du bist diese Teenagerin, die sich seit einer Woche hier auf dem Grundstück herumtreibt. Ich habe Deinen Geruch bereits verfolgt, hier im Wald.“
„Schnauze! Her mit dem Diebesgut! Du willst wahrscheinlich nicht, dass ich Dich irgendwo verpetze!“
Er hebt beschwichtigend seine schmutzigen Hände, aber fragt neugierig, „Wie heißt Du, Mädchen?“
„Äh, geht Dich nix an. Ich habe sowieso bisher nur einen Menschennamen.“
„Ich bin Gareth Walks-Through-The-Gray-Woods, ehemals vom Stamm der Schattenherrscher, jetzt Ronin im Dienste der Herrschaft dieses Gebiets.“
Er setzt sich auf einen flachen Stein neben dem Bretterhaufen, ganz langsam, und fixiert Zoe dabei.



Gareth Walks-Through-The-Gray-Woods, der Ronin


„Okay, meinetwegen. Rück' das Diebesgut raus.“
„Ich … ich kann's nicht …“, sagt Gareth, und zieht behutsam ein langes, graviertes Silbermesser aus einem Hüftgurt, und schaut darauf hinab. Seine Bewegung ist so andächtig, dass sie relativ unbedrohlich auf Zoe wirkt — er erscheint beinahe gebannt. Die Silberklinge ist fast so lang und breit wie eine Machete. Sie ist spiegelblank im Licht von Mond und Sternen, definitiv das Sauberste an der gesamten Erscheinung von Wanders-Through-The-Gray-Woods. Selbstvergessen sieht er darauf herab.
„Das ist dieser Fetisch …“, knurrt Zoe.



Die Klaive


„Er ist mir zugefallen! Ein anderer Stamm schuf ihn einst, ja, das stimmt. Aber ich habe ihn mir zu eigen gemacht, und bei vielen Taten ruhmreich gegen die Kräfte des Wyrms geführt! Ich bin ihr würdig geworden, der Silber-Klaive vom Nebelbach-Grab. Dies empfindet auch der Geist so, der in sie eingebunden ist!“
Und der Ronin streicht mit den ledrigen Fingerspitzen der freien Hand über das gravierte Messerblatt. Seine Hornhaut qualmt ein ganz klein wenig bei der Berührung, wie als hätte er eine Kerze verlöscht.
Das scheint das Silber zu sein, vermutet Zoe erstaunt, sie fühlt eine unangenehme Kälte von der Klinge ausgehen, ganz deutlich.
„Schluss mit den Sentimentalitäten“, knurrt Zoe, „Du weißt, dass ich im Recht bin. Sie gehört dem … äh, dem Gezücht des Fenris, und ich soll sie ihnen zurückbringen!“
„Ich kann’s nicht … ich würde Dir die Klaive herausgeben, Mädchen, ich habe jahrelang vermutet, dass einmal diese Nacht kommen würde, diese Einforderung … aber … Nun, Du musst verstehen … Das Leben eines einsamen Wolfes ist unerbittlich. Ich bin in manchen Gegenden bekannt dafür, dass ich diese Klaive führe. Mein Ruf basiert darauf, dass ich ihr Herr bin, und von meinem Ruf hängt für mich ab, dass ich ein paar Fetzen Fleisch von der Beute abbekomme, und einen Schlafplatz! Ein Ronin hat kein Rudel, kein Caern. Nur seine Nützlichkeit für wechselnde Septenherren hat er anzubieten! Ich kann Euch nicht das geben, was meine größte Nützlichkeit ausmacht, schönes Kind.“
Zoe fühlt Mitleid in sich aufsteigen. Dann aber geht ihr auf: Dieser Dude hätte nicht längere Zeit als einsamer Wolf auf der Straße überlebt, wenn er nicht in der Lage wäre, andere zu bequatschen! Wenn sie sich von ihm verarschen lässt, dann ist sie selber Schuld!
„Pech gehabt, Diggi! Ich versteh' total Dein Problem, aber ich kann auch nix dafür. Ich bin wegen dem Erbstück hier. Kannst ja die Schattenherrscher einfach fragen, ob sie Dich zurücknehmen! Und Dir dann ein neues Fetischobjekt verdienen, von Deinem eigenen Stamm!“
Erstmals seit er seine Klinge gezogen hat, sieht Gareth davon auf, zu Zoe. Diese erhebt sich aus dem Gras, ohne den Blick abzuwenden. Ihr wird bewusst, dass da ein kampferprobter Schurke sitzt, der eine übergroße Silberklinge in der Hand hält, eine Waffe, deren Kälte sie auf zwei Meter Entfernung bereits fühlt! Diese Situation könnte ordentlich gefährlich sein, für sie selbst!
Ihre Blicke treffen aufeinander. Plötzlich hat auch Gareth der Ronin goldbraune Wolfsaugen, seine Stirn ist ledrig und wulstig, seine Nasenwurzel ebenfalls, und die Haut dort wirft viele dicke Falten, die an wölfische Mimik erinnern. Zoe fletscht aggressiv die Zähne. Der Kerl hält sie hin, und er macht sie wütend! Sie beginnt den Wunsch zu spüren, ihn zu beißen! Sie starren einander unverwandt in die Augen. Das Gespräch hat aufgehört, sich um Argumente zu drehen — aber ist trotzdem nicht vorbei! Sie starren beide grimmig, ohne zu blinzeln.

Zoe ist ungeübt im Niederstarren, und erzielt keine Erfolge, während der Ronin einen erreicht. Zoe winselt ungewollt, tritt einen Schritt zurück. Sie senkt jedoch nicht den Blick, sie konzentriert sich, und starrt weiter. Schweiß erscheint auf Gareth's wulstiger Stirn. Er geht in sprungbereite Haltung, spannt sich wie eine Feder! Über drei Runden würfeln die Opponenten einen Facedown (W:TA-Grundbuch, S. 200). Zoe kommt in Runde zwei auf beinahe genügend Erfolge, und braucht nur noch einen, um Gareth endgültig niederzustarren! In Runde drei fällt jedoch für sie ein Brutales Resultat! Die Anspannung wird zu groß, als dass sie sie weiter aushalten könnte, ihre Fänge werden schlagartig übergroß, sie schüttelt den Kopf wild, und krallt wutentbrannt in die Richtung des Sitzenden! Damit hat sie den Starr-Wettkampf jedoch automatisch verloren. Sie spürt dies instinktiv. Gareth steht entschieden auf, weiter den Blick auf sie geheftet; sie kann seinen Blick plötzlich nicht mehr ertragen, sie winselt, und senkt den Kopf, kauert sich vor ihm zusammen.
„Damit wäre das wohl geklärt, Du gut behütetes Wohlstandskind!“, knurrt er kalt, „Du bist Gast meines derzeitigen Herren, also töte ich Dich nicht. Die Klaive vom Nebelbach-Grab kriegst Du nicht, sie ist mein! Jetzt pack' Dich, geh' in das hübsch beheizte Herrenhaus zurück!“
In dem Moment schnellt im Affekt Zoes eine Hand vor, und sie hat die Hand des Ronin umklammert, mit der er den Dolch hält. Sie gibt ein Grollen von sich, ihre Hand scheint die seine zurückhalten zu wollen, oder vielleicht versuchen zu wollen, ihm die Beute zu entreißen. Aber in dem Moment, als sie den Griff berührt, geschieht etwas Seltsames …

„Meine einstige Klaive!“, sagt Zoe, in leicht verändertem Ton, und erhebt sich aus ihrer Kauerposition, sieht Gareth an.

Ein Vorfahren-Geist hat sich von der Situation an etwas erinnert gefühlt, und schlagartig Besitz von Zoes Leib ergriffen!

Kapiert der Ronin aber sofort, woran er hier ist? Nein, sagen die Orakelwürfel!

„Zurück, behütetes Mädchen! Oder ich breche mein Versprechen von eben, und mache ein neuerliches Opfer für die Klaive aus Dir!“, und er erhebt die schimmernde Klinge zum Zustechen.
„Das wirst Du nicht tun, junger Bursche“, sagt Zoes Mund gelassen, „Denn meine Klinge aus der altvorderen Zeit ist nicht bereit, das Blut meiner Linie zu vergießen! Sie wurde im berühmten Caern der Blutfaust geschmiedet, im Schwarzwald, für meine edle Sippe, und die gab sie an mich weiter. Ich erinnere mich an alles …! Du, Stammesloser aus der Blutlinie der Schattenherrscher, hast sie dem Erbe meiner Leute nur entwendet. Du kannst Dein erbärmliches Leben vor den schnappenden Kiefern des Großen Fenris retten, indem Du sie an die Fenrir zurück gibst!“

Ich würfle erstmals Zoes Vorfahren-Hintergrund, um zu sehen, wie tatkräftig die Raubritterin von einst ihr hilft, während sie Besitz von ihr ergriffen hat. Immerhin ein Bonus-Würfel wird generiert!

Der Ronin würfelt jedoch höher, und schüttelt widerborstig den Kopf: „Wer auch immer Du jetzt sein magst, Deine Zeiten mit dieser Klinge sind vorbei, und meine sind da! Wenn ich sie nicht habe, Vorfahre, habe ich nichts mehr!“
„Glaube nicht, dass Du meinem einstigen Stamm nehmen kannst, was ihm gebührt.“
„Weiche!“
„Fürchte den Zorn des Großen Fenris, Lebender!“
„Ich fürchte nichts!“, bringt der Ronin mit letzter Kraft heraus.
„Dann verwirkst Du jetzt das letzte, was Dir als Stammeslosem auf Gaia noch bleibt: Deine Ehre ...!“

Ich habe munter Einschüchterungsversuche gewürfelt, und dieser gelingt endlich!

„Meine Ehre ...“
Gareth Walks-Through-The-Gray-Woods legt die Krallenhand vor das Gesicht, während er den Kopf senkt, und demütig reicht er der Raubritterin von einst die Klaive.

Diese hebt die Klinge in das Mondlicht, und sagt anerkennend, „Ah! Ich habe Dich so lange nicht gesehen, alter Verbündeter … es müssen Jahrhunderte gewesen sein! Seit … seit ich Dich damals … aufgegeben habe. An dem Tage, als ich meine Heimat und mein Rudel verlor …“
Zoe wird umspült von Erinnerungsfetzen aus einem Leben, das nicht ihres ist. Ihr schwindelt, sie versucht, sich auf den Beinen zu halten. Sie begreift, was es mit dem intensiven Traum vor einigen Tagen auf sich hatte, der Flucht aus den Ruinen, und ihrer Zugehörigkeit zum weithin gefürchteten Stamm des Gezüchts des Fenris.

Es ist plötzlich völlig still an der Grundstücksgrenze. Zoe fühlt sich schlagartig wieder klar. Sie weiß auch auf einmal genau, was sie tun will.
„Also stimmt es, und dies gehört von Beginn an dem Stamm des Gezüchts des Fenris“, sagt sie leise, jetzt wieder ganz sie selbst, und besieht die Waffe andächtig.
Gareth Walks-Through-The-Gray-Woods nickt, bedenkt das Vermächtnis aus alter Zeit mit einem letzten Blick. Er ist besiegt, er sieht aus, als würde er einen alten Freund verlieren.
„Du brauchst diese Klinge, um Dein Auskommen zu haben, Ronin?“
„Nimm' sie. Sie gehört ja Dir! … Verzeih', dass ich Dir gedroht habe, Mädchen.“
Zoe hält dem Gegenüber den Dolch hin: „Ich gebe sie Dir.“
Er zögert, „Wie …?“
„Ich gebe sie Dir. Du brauchst sie nötiger als ich. Meine Vorfahrin hat sie ihrerzeit aufgegeben … und warum sollte sie nicht heute jemandem wie Dir zugute kommen? Hier, nimm'. Du wirst sie sicher weiterhin gut führen.“
Gareth sieht die Fremde verwirrt an, dann verneigt er sich, und umschließt mit beiden Händen ganz langsam, ganz andächtig, den Dolch. Ihrer beider Fingerkuppen qualmen ganz leicht von der Berührung des Silbers.
„Das werde ich Dir so schnell nicht vergessen“, sagt er leise, „In diesem Leben nicht mehr.“
« Letzte Änderung: 26.11.2024 | 23:22 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #33 am: 27.11.2024 | 19:48 »
Diese überraschende Erfahrung von Besessenheit muss wohl besprochen werden, Zoe hat ja gar keine Ahnung, was sie da gepackt hatte. Dazu sagen die Orakelwürfel Debate Fear. Da weiß ich dann schon, wie diese Nacht weitergeht: Mit einer weiteren Gardinenpredigt vom Hausherren!

Zoe drückt sich ängstlich durch die Tür, und tritt in das große Speisezimmer im Erdgeschoss, in das sie eben zitiert wurde. Es ist nur schummerig beleuchtet. Am Kopf des Tischs sitzt mit wie üblich grimmig verschlossenem Gesicht Jaromir Twilight-Cloak, auf sechs weiteren Stühlen sitzen die adeligen Kids, und ein paar andere Schattenherrscher und höhergestellte Blutsgeschwister, deren Namen Zoe noch nicht kennt.
„Verlorener Welpe, Miss Matherson, setz' Dich“, ordnet der Hausherr an.
Zoe schleicht sich zu einem der Stühle. Die Schattenherrscher haben düstere Minen aufgesetzt, nur die Malgrimov-Kids gucken etwas eingeschüchtert drein.
Twilight-Cloak eröffnet, „Miss Matherson, meine Nichte Chessa hat mir anvertraut, sie habe Dich vorhin als Gefäß einer Deiner Vorfahren beobachtet!“
Zoe sieht hilfesuchend das adelige Mädchen an, die nickt ihr ermutigend zu.
„Ich … glaub' schon, dass das so war. Ich weiß nicht, ich habe sowas vorher noch nie erlebt!“
„Der Kontakt zu den Geistern der Stammes-Vorfahren ist eine ernste und würdevolle Sache! Chessa steht ihrerseits im regen Austausch mit unseren Vorfahren. Sie aber ist eine Theurgin, und daher sowieso affin für die Stimmen der Geisterwelt. Sie sollte es an diesem Punkt ihrer Ausbildung beurteilen können, dass Deine Erfahrung von Besessenheit vorhin echt war.“
„Was hat das Ganze zu bedeuten?“, fragt Zoe schüchtern.
„Das muss debattiert werden!“, sagt Mister Malgrimov, und seine Stimme wird ein wenig lauter, fast warnend, „Wir sind in höchstem Maße interessiert, junge Dame, welche Kunde dieser Besucher aus altvorderer Zeit gebracht hat!“
Zoe schluckt, und fragt sich, was genau sie sagen darf! Sie darf Chessa hierbei nicht ans Messer liefern, indem sie petzt, dass sie beide sich ungefragt raus zu dem Ronin geschlichen haben. Warum hat das Dummerle überhaupt ihrem Onkel irgendwelche Details gesteckt?! Jetzt haben sie beide den Ärger damit!
„Ich nehme an, sie war hier, um sich ein Erbstück anzusehen, das sie zu ihrer Zeit selbst gehabt hatte …“, sagt Zoe versuchsweise, „vielleicht, um zu sehen, ob's heute in guten Händen ist. Glaube ich. Sie schien auch irgendwie besorgt um mich! … Ich weiß nicht viel mehr. Es hat nur wenige Augenblicke gedauert, Sir … kaum hatte es angefangen, war sie auch schon wieder weg. Kurz war es so, als sei ich … nicht nur ich, sondern eher sie …“
„Sie, Zoe, waren in diesem Moment beide auf einmal!“, erklärt Chessa aufgeregt, „Die Vorfahren besuchen die Gegenwart, um uns Lebenden zu helfen! Per sogenanntem Channeling ...!“
Ihr Onkel hebt die Hand, um sie zu bremsen, und das Wort wieder zu ergreifen: „Sehr wohl. Was jetzt uns Versammelte interessiert, Miss Matherson: Hatte Ihre Vorfahrin ein spezielles Ansinnen bezüglich diesem Ort …? Hat sie Ihnen etwas über Ihren Stamm offengelegt? Wenn es jemand weiß, zu wem Sie gehören, Miss, dann Ihre Ahnen!“
„Nein, sie … sie hat nichts Genaues gesagt … sie hat irgendwie durch meinen Mund gesprochen, glaube ich“, sagt Zoe, und erschaudert vor Befremden und Ehrfurcht, „Aber sie hat zu dem Stamm gehört, von dem hier gesprochen wurde. Den Fenrir. Ich habe neulich schon von ihr geträumt, ihren Lebzeiten.“

Da muss Zoe mal Charisma+Überzeugen würfeln, um darüber hinweg zu täuschen, dass sie die eigentlichen Umstände der Begebenheit zurückhält! Sie schafft ordentliche vier Erfolge.

Die älteren Schattenherrscher am Tisch wechseln Blicke, und reden in gedämpften Stimmen ein paar Worte in der Hohen Zunge.
Zoe guckt fragend zwischen ihnen hin und her, sie traut ihnen nicht so recht.
„... Damit sollte unsere zentrale Frage danach, welchem Stamm wir den Verlorenen Welpen zu übergeben haben, eigentlich geklärt sein“, verkündet Jaromir, „Danke, Miss Matherson, Sie waren sehr hilfreich, Sie können gehen. Wir führen die Debatte unter uns zu Ende.“
„Äh … okay …“
„Ich geleite Sie noch hinaus“, und der Hausherr erhebt sich.
Draußen auf dem Korridor raunt er Zoe leise zu, „Hat das Bewusstsein Ihrer Vorfahrin das gesuchte Erbe wohl gefunden? Was denken Sie …?“
„Ich … ich glaub' schon. Vermutlich wollte sie das Objekt aber nicht wirklich wiederhaben … sie hatte es zeitlebens freiwillig aufgegeben.“

Die Orakelwürfel rollen, um zu entscheiden, ob Jaromir seine Trumpfkarte ausspielt, und er tut es:

Der Schattenherrscher greift Zoe beim Handgelenk, und hebt es mit eisernem Griff auf seine Gesichtshöhe, schnuppert daran. Sie erschrickt, und versucht sich zu entziehen.
Er raunt, „Sie riechen nach meinem einstigen Stammesbruder, Miss! Die einstige Besitzerin der Klaive hat den heutigen Besitzer angetroffen. Meine Nase täuschen Sie nicht!“

Zoe würfelt drei Erfolge bei Wahrnehmung+Empathie: Mister Malgrimov wirkt nicht vorwurfsvoll, nicht, als hätte er sie ertappt — er wirkt defensiv, als sei er selbst ertappt worden!
„Ihr ehemaliger Stammesbruder?! Waren Sie einmal nähere Bekannte mit Gareth?“
Der große Mann rückt seine goldgeränderte Brille zurecht, und raunt, „Wir waren Rudelgefährten. Als Walks-The-Gray-Woods noch nicht aus dem Stamm verstoßen war. Wir haben gemeinsam unseren Aufnahmeritus durchlaufen! Dies sind Bande der Kameradschaft, die man niemals vergisst. Überdies brauche ich den Ronin mit seine Klaive für unmittelbare Vorhaben. Darum gewähre ich ihm Unterschlupf.“
„Ich fand ihn im Grunde einen ganz netten Typen …“
„Schweig', Kind, was weißt denn Du! Nun … um ehrlich zu sein, ich hatte Bedenken, dass Streitereien um den Fetisch ausbrechen könnten, um diese Klaive aus alter Zeit. Derartiges kann sehr erbittert werden. Was mein Haushalt jetzt am wenigsten braucht, junge Dame, ist eine Stammesfehde mit dem Gezücht des Fenris!“
„Äh, das kann wegen mir ein Geheimnis bleiben, Sir. Ich hatte sowieso nicht vor, davon zu erzählen.“
„Ihre Vorfahrin … sie ist nicht erzürnt, Miss Matherson ...?“
„Ich denke nicht, das hätte man ja wohl deutlich gemerkt! Ist ja wohl schwer zu übersehen, wenn einer wie wir zornig ist, nicht?“
Mister Malgrimov klopft Zoe mit seiner Pranke leicht auf die Schulter, und verschwindet zurück in das Zimmer. Er scheint wohl alles gehört zu haben, was er zu wissen brauchte.

Zoe geht gedankenverloren die knarrende Treppe hinauf, um Kylah alles zu erzählen. Ihr fallen die Details des dramatischen Traums neulich wieder ein, sie sind wieder ganz klar. Nur das, worauf es der heidnischen Raubritterin am meisten ankam, das Wissen, das sie unbedingt retten wollte, für das sie sogar Ehre und Stammeszugehörigkeit geopfert hatte — die Lage des Runensteins — das weiß Zoe nicht mehr. Aber vielleicht sprechen diese Geister irgendwann erneut zu ihr …


In der Nacht darauf ist in Zoes Mund das Zahnfleisch um die Zahnlücke herum heftig geschwollen, es juckt und pocht wie irre! Zoe denkt, ihr bliebe hier in Neuengland aber auch gar nichts erspart: Sie hat hier nicht nur die Gelegenheit verstreichen lassen, einen unschätzbar wertvollen Stammes-Fetisch der Fenrir für sich einzufordern, sondern auch ihren Eckzahn eingebüßt, und jetzt obendrein auch noch eine Zahnfleischentzündung dazu bekommen. Als sie jedoch im Verlauf der Nacht im Spiegel erneut ihre Oberlippe hochschiebt, entdeckt sie etwas Erstaunliches — die schneeweiße Spitze eines Zahnes ist dort zu sehen, wie er das rosige Fleisch durchsticht. Ihr ausgeschlagener Zahn beginnt neu nachzuwachsen!

Als sie den beiden Malgrimov-Cousins jubelnd diese Nachricht kund tut (die sitzen gerade in einem der Billiardzimmer und lesen, beziehungsweise üben auf dem Cello), geben die sich nicht sonderlich überrascht.
„Ich riet Ihnen ja, möglichst viel Zeit in Ihrer Glabro-Form zuzubringen, Miss Matherson!“, lächelt Novak.
„Das bedeutet, meine Zähne sind gar nicht künftig schwächer als vorher! Ich bekomme meinen Biss wieder zurück!“
„Die Erdmutter hat ihre Krieger mit sagenhaften Regenerationskräften ausgestattet!“, bemerkt Chessa.
Zoe, bringt ungläubig hervor, „Heißt das … wenn mein Blinddarm raus muss, oder ich eine Hand abgebissen kriege, oder was auch immer … dass das auch alles wieder nachwächst?!“
Chessa Malgrimov hebt die Schulter, „Normalerweise, ja. Bei einem abgetrennten Arm oder Bein täten Sie gut daran, diese mitzunehmen. Das ist einfacher, das wieder anzunähen, als zu warten, bis es sich selbst rekonstruiert hat.“
„Chessas Herrn Vater ist das seinerzeit einmal passiert!“, wirft Novak ein.
„Ja“, bestätigt sie, „der Vorfall auf der Ölbohrinsel, 2009.“
Kylah ist hinter Zoe her gekommen, und sagt, „Aber komm' jetzt ja nicht drauf, das auszunutzen, um jede Nacht die Zahnfee zu bescheißen!“
Die Malgrimovs lachen beide.


Schließlich hat Zoe genug Mut zusammengekratzt für den lange aufgeschobenen Anruf bei den Eltern. Sie lässt sich die altmodische Wählscheibe erklären bei dem klobigen, schwarzen Telefon in einem der Schreibzimmer. Dann zwingt sie sich, die Nummer zu wählen, mit zitterigen Fingern.

Wie reagieren denn die lieben Eltern? Die Orakelwürfel sagen, Search Blood. Mal wieder recht poetisch, und äußerst passend. Zoe ist ja von ihrem Blut, und sie haben wie vermutet bereits alle Register gezogen bei der Suche nach ihr.

Während sie den Schwall von Fragen über sie ergehen lässt, ruft sich Zoe immer wieder ins Gedächtnis, dass sie keinesfalls ‚den Schleier heben‘ darf. Jetzt gerade will sie eigentlich in Tränen ausbrechen, und heulend alles aber auch alles berichten! Ich gebe einen Willenskraft-Punkt für sie aus, um sich zur Beherrschung zu zwingen, und würfle Manipulation+Überzeugen. Drei Erfolge, nicht schlecht … Zoe tischt die Geschichte von der Lerngruppe aus reichen Gleichaltrigen auf, die spontan mit ihr zur Ostküste gefahren sind, wo sie jetzt bei denen in einem Ferienhaus lebt. Sie habe einfach mal raus gemusst aus Detroit. Sie hangelt sich gewissermaßen an den eigentlichen Begebenheiten entlang. Ihre Stimme bebt kaum. (Ihre Hände zittern mächtig dabei, aber das können Mom und Dad ja nicht sehen.) Sie würde sich hier draußen auf die Abschlussprüfungen vorbereiten, vor allem bräuchte sie dringend Abstand! Natürlich verspricht sie, sich regelmäßig zu melden, trotz des verloren gegangenen Smartphone.

Als es ihr endlich gelungen ist, das Gespräch zu beenden, legt sie den schweren, schwarzen Telefonhörer auf und heult doch ein bisschen. Ihr altes Pflichtgefühl meldet sich wieder. Vielleicht kann sie das alles wieder hinbiegen, langfristig. Vielleicht kann sie dafür sorgen, dass ihre Eltern etwas von ihrem Verschwinden haben — indem es ihr gelingt, die Sache mit ihrem Großvater für sie aufzuklären …


In den frühen Morgenstunden dieser Nacht kommt plötzlich Bewegung in den Haushalt in der Villa. Alle Blutsgeschwister laufen geschäftig umher, und einige der niederrangigen Schattenherrscher machen sich gerade abmarschbereit, indem sie versteckte Waffen umgurten und sich schwarze Fellmäntel überwerfen, sie strömen wölfische Anspannung aus; sie gehen offensichtlich auf die Jagd. Zoes Nerveneden scheinen in tierhafter Aufregung ebenfalls zu vibrieren, sie bildet sich ein, das Blut der Beute wittern zu können, es beinahe schmecken zu können! Im Halbsatz wird von ‚dem Söldner‘ geredet, und Zoe vermutet, Gareth Walks-In-The-Gray-Woods würde ebenfalls seinen lange geplanten Auftrag erhalten in dieser Nacht.
„Verlorener Welpe!“, ruft Jaromir Twilight-Cloak, als er Zoe begegnet, „Pack' all Deine Habe zusammen! Ihr brecht in einer halben Stunde auf, mein Chauffeur bringt Euch herüber nach Portland. Du wirst dort den Repräsentanten Deines Stammes vorgestellt werden!“
Zoe reißt die Augen auf und atmet tief ein. Egal, wie lange sie auf diesen Moment warten musste — jetzt, wo er endlich da ist, fühlt sie sich völlig überrumpelt.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #34 am: 28.11.2024 | 21:23 »
Also geht es in einem großen, schwarzen Mercedes Benz raus aus dem White Mountain National Forest, nach Portland, einer Großstadt an der Küste, oberhalb von Boston. Das ist eine zweistündige Autofahrt, und jetzt in den frühen Morgenstunden kommen sie gut durch auf den Autobahnen. Es wird wenig gesprochen. Kylah, Zoe und Miss Malgrimov sitzen hinten, Novak Malgrimov vorn bei dem kleinen Chauffeur in dem schwarzen Anzug. Zoe und Kylah haben ihre Reisetaschen im Kofferraum, für den Fall, dass sie von Portland aus gleich weiterreisen sollen. Das ist bisher noch nicht einmal klar — alles, was die sogenannten Stillen Streicher heute Nacht den Schattenherrschern ausgerichtet haben, ist, dass mehrere Abgesandte nach South Portland gekommen seien, um Zoe in Augenschein zu nehmen. Ob sie daraufhin ihren Welpen gleich mitnehmen würden in ihr Versteck — oder ob es für die Neue vorerst noch einmal zurück zum Herrenhaus der Malgrimovs gehen würde — steht noch überhaupt nicht fest!
Zoe registriert, dass sie schon die ganze Zeit über Kylahs Hand hält, ihr Herz klopft heftig.
„Normalerweise hätte natürlich mein Herr Vater es sich nicht nehmen lassen, Sie daselbst Ihren Verwandten zu übergeben!“, sagt Novak vorne, „Aber seine Anwesenheit zusammen mit seinen Untergebenen ist heute unabdingbar in seinem Caern, um seine Pläne in Bewegung zu setzen. Dort muss augenblicklich gehandelt werden, Sie verstehen. Er entrichtet Ihnen seine Grüße, Miss Matherson!“
„Sagen Sie schon, Novak! Ist das Gangrydge, wegen dem plötzlich alle so aufgescheucht sind?“
„Oh, nein. Nicht hier in New Hampshire. Aber dieser Gangrydge hat viele Blutsverwandte; der Feind hat viele Gesichter! Sorgen Sie sich dennoch nicht. In wenigen Stunden werden die Pläne meines Herrn Vaters alle der Reihe nach aufgegangen sein, und diese Aufruhr wird dann bereits wieder vorbei sein. Viel wyrmisches Blut wird in den nächsten Stunden fließen.“
„Ich muss Ihnen ja auch noch mein Gesuch antragen, Zoe!“, flüstert von der anderen Seite Chessas Stimme in Zoes Ohr.
„Aber, ich habe doch … aus dem Geheimnis, dass Sie mit mir geteilt haben, gar keinen Profit geschlagen!“, flüstert Zoe zurück.
Sie spürt die Nasenspitze und Unterlippe der Adeligen an ihrem Ohr, und ganz leise wispert die Stimme, „Dafür kann ich ja nun nichts! Ich habe Ihnen das Fenrir-Erbstück auf einem Silbertablett serviert! Was Sie daraus gemacht haben, das lag ganz bei Ihnen!“
„Äh …“
Chessa wispert weiter, „Wenn ich einen Wunsch frei hätte, Miss Matherson — einen, der Ihre Schuld bei mir zu meinem Leidwesen ein ganzes Stückchen übersteigt — so würde ich mir wünschen, dass Sie an uns denken, wenn Sie ihren Stamm endgültig wählen!“
„Ich dachte, die wählen mich?“
„Beides natürlich. Aber wer weiß, was noch passiert, dort in Portland! Wer weiß, auf was für Charaktere Sie gleich überhaupt treffen! Wenn Sie doch noch, Miss Matherson, in die Situation kämen, ihren künftigen Stamm frei zu wählen … dann wollte ich, dass Sie an uns dächten!“
„… Das geht?!“
„Zweifeln Sie nicht daran, dass ich mich für Sie einsetzen würde, Zoe! Wir beide waren binnen der vergangenen Woche ein vortreffliches Gespann! Finden Sie nicht?“
Zoe nickt, sie mag die exzentrische Adelige zugegebenermaßen.
Das also war es, was Chessa Malgrimov und ihr Cousin die ganze Zeit eigentlich wollten, vermutet Zoe: Sie nach und nach dem eigenen Stamm abspenstig machen. Vielleicht durften die Knochenbeißer deswegen auch anfänglich nicht in die Villa, um ihnen dabei nicht reinreden zu können! Aber sie, Zoe, eine Schattenherrscherin?! Schwer vorstellbar. Wenn auch nicht völlig unvorstellbar. … Wenn sie das alles mal beurteilen könnte, was das überhaupt genau bedeutet, Teil eines dieser geheimen Stämme zu sein! Zoe beißt sich ratlos auf ihre Unterlippe.



Portland, Maine


Am Rand der Hafengegend von South Portland finden sich ein paar Viertel mit stillgelegten Lagerhäusern, die heutzutage als Outlet Stores und Restaurants genutzt werden. Es ist um diese Nachtzeit fast gänzlich ausgestorben. Der erste Morgenglanz beginnt, fahl über den Herbsthimmel zu kriechen. Die Nachtbeleuchtung in diesem Straßenzug ist schummrig blau-grau.
Der Treffpunkt ist ein früheres Café; aus dem oberen Stockwerk dringt gedämpfter Lichtschein. Der schwarze Benz hält davor. Einige vermeintliche Hafenarbeiter sitzen wie zufällig auf den Stufen des Gebäudes, und nicken dem Chauffeur zu.
„Wahrscheinlich sind das deren Blutsbrüder, die hier abgestellt wurden, um das Treffen zu schützen“, vermutet der Fahrer.
Schon ist Novak Malgrimov ausgestiegen, und gentlemanhaft hat er die hintere Wagentür geöffnet, und galant seiner Cousine heraus geholfen. Zoe steigt als nächste aus, sie spürt, wie Novak dabei begierlich an ihrem Blondschopf schnuppert, sie sehen sich in die Augen, er hat ein gewinnendes, kleines Lächeln aufgesetzt. Ach ja, dies ist die vielleicht letzte Chance, dem Verlorenen Welpen den Kuss zu stehlen, wie er seiner Cousine so angeberisch angekündigt hatte! Zoe muss grinsen, ein wenig nervös, aber durchaus freudig.
Vorerst hilft Novak, ganz Edelmann, noch Kylah aus dem Auto, die natürlich murrt, „Lassen Sie mal, das kann ich schon allein!“
„Ich fühle mich verantwortlich für Sie, und für Ihr Wohlbefinden, Miss Kirby!“, säuselt er. Als sie draußen ist, streicht er mit beiden Händen über ihre Wangen, schließt die Augen, und, behutsam aber bestimmt, küsst er Kylah!
„Aber wie …“, sagt Zoe verblüfft.
Kylah ist offensichtlich überrumpelt, aber schiebt ihn trotzdem nicht weg, überhaupt scheint es ein ziemlich guter Kuss zu sein.
„Novak!“, rügt Chessa, „Doch nicht hier!“
Er löst sich von Kylah, lächelt sie spitzbübisch an. Die Punk-Biene lächelt zurück, presst dann unsicher ihre Lippen aufeinander, und macht, dass sie neben Zoe kommt.
„Ich sagte doch, ich stehle der Holden einen Kuss, ehe Luna sich verwandelt!“
Zoe guckt perplex Novak an, dann ihre Freundin, die amüsiert mit den Schultern zuckt.
Die vermeintlichen Hafenarbeiter machen unterdessen die Tür frei, einer von ihnen ist dunkelhäutig und sehr dünn und sehnig, seine Augen sind sehr aufgeweckt, an seiner Jacke baumeln mehrere Knochentalismane.
„Die Luft ist rein“, raunt er, er hat einen fremdländischen Akzent, „geht schnell hoch, in den ersten Stock.“
Chessa verabschiedet sich mit huldvollen Umarmungen von den beiden, Novak mit eleganten Handküssen.
„Jetzt ist aber mal gut damit, Mister!“, sagt Kylah, sie will jetzt nicht auch noch einen Handkuss aufgedrückt kriegen.
Zoe ist währenddessen etwas verwundert über die Innigkeit von Miss Malgrimovs Verabschiedung. (Sie war bisher nicht so der Typ für Umarmungen; man ist ja sogar immer noch beim förmlichen Siezen!) Leise fragt Zoe, als sie sich umarmen, „Was ist denn nun der Gefallen, den Sie von mir einfordern werden, Chessa?“
„Damit komme ich alsbald auf Sie zurück, Zoe!“, flüstert diese freudig.
Der Chauffeur scheucht Zoe und Kylah ins dunkle Gebäude.
„Wir sehen uns gleich nochmal“, raunt Miss Malgrimov dabei Zoe zu, „Wir gehen hier nicht weg, bevor wir nicht wissen, dass Sie in guten Händen sind!“
Diese nickt aufgeregt.
Als die Tür sich schließt, sagt Zoe, „… Alle stehen auf Dich, Kylah!“, immer noch etwas perplex, „Sind es die Regenbogen-Haare? Ist es das Mascara? Was ist Dein Erfolgsgeheimnis!“
„Ach, Quatsch!“, winkt die ab, ihr Lächeln unterdrückend, „Konzentrier' Dich, hier geht’s um was ganz anderes! Du triffst jetzt Deine Leute, versuch' bloss, einen guten Eindruck zu machen!“
„Ja, richtig. Danke, dass Du mitkommst! Ich hab' ganz schön Muffensausen, ehrlich gesagt.“

Sie durchqueren den dunklen, früheren Schankraum im Erdgeschoss, alle Stühle stehen auf den Tischen, unter Plastikplanen. Das schummerige Licht kommt von oben, vom Kopf der Treppe.
Sie steigen nervös die knarrenden Stufen hinauf. Der Raum oben gehört auch zum damaligen Café, an einem Tisch weiter hinten sitzen ein paar Leute im Schein einer Camping-Elektroleuchte, im Raum verteilt stehen weitere. Alle sind in ihrer Menschengestalt, aber an ihren Augen und Gesichtern ist klar etwas Lauerndes, Tierhaftes zu erkennen, das auf ihre wahre Natur hinweist ...

Was hält das Schicksal denn an dieser Stelle für die Charaktere bereit? Laut den Tabellen Character Descriptor, Character Role, und Goal ist der Anführer dieser Gruppe eine ‚wütender Mystikerin, welche die Nahrungsversorgung sichern will‘.
Demand Danger, sagen die Orakelwürfel außerdem zum weiteren Geschehen. Demand Danger, das Einfordern von Gefahr ... Das trifft zwar sehr gut meinen eigenen Gusto, denn ich will an dieser Stelle eine Actionsequenz. Aber das wusste ich vorher ja auch schon. Wie fordern NSCs in dieser Szene Gefahr ein? Vielleicht kann das Orakel das für mich eingrenzen? Ich würfle erneut: Gather Vow, es wird nach Gefahr verlangt, weil man sich anlässlich eines Eids versammelt hat. Da kristallisiert sich doch schon eine Story heraus. Dies muss dann nämlich der gemeinsame Eid dieses Rudels von Unbekannten sein. Sie haben die Queste am Laufen, den Verlorenen Welpen einzusammeln, aber sich gleichzeitig einer Gefahr zu stellen. Das liefert dann auch den Grund, warum sie nicht einfach zu Twilight-Cloaks Villa gekommen sind für die Übergabe — die Gefahr war zu groß, dass sie dabei auch den Feind dorthin locken!


Dann will ich gerne noch wissen, was für ein Feind das ist; naheliegend ist das Verbrecherpack, dem auch Evan Gangrydge angehört. Aber vielleicht sind es auch neue Gegner, da gibt’s vielfältige Möglichkeiten. Die Orakelwürfel entscheiden, erstere Option. Dann bin ich wieder startbereit, setzen wir das alles folgendermaßen zusammen:

„Wer seid Ihr?“, fragt eine der Versammelten halblaut. Sie wirkt wie die Anführerin, sie unterdrückt mühsam ihre Wut und Anspannung.



Die Leitwölfin im Rudel der Kinder Gaias


„Äh, ich bin Zoe Matherson. Der … ‚Verlorene Welpe‘. Das ist meine Freundin Kylah Kirby.“
„Willkommen im Kreis Deiner Familie, Kind Gaias!“, sagt die Anführerin, tritt vor Zoe, beschnuppert sie, und schließt sie dann vorsichtig in eine unerwartete Umarmung! Plötzlich hat sie ihre Wut von eben im Griff, und wirkt ganz sanft.
„Hä?“, lässt Kylah sich vernehmen, „Ihr seid von den Kindern Gaias geschickt worden?! Aber das muss ja ein Missverständnis sein, Zoe gehört zum Gezücht des Fenris!“
Die große, sehnige Frau behält beide Hände auf Zoes Schultern, und mustert sie. Zoe ist überfordert, sie sieht Kylah an, und sagt verlegen, „Ich glaube nicht, dass ich wirklich zu den Fenrir gehöre …“
„Du bist Elias Roves-With-The-Morning-Clouds' Enkelin!“, sagt die Unbekannte, „Athro unseres Stammes, seinerzeit auf der anderen Seite unseres Kontinents im Dienst der berühmten Septe des Westlichen Auges!“

In dem Moment jedoch fahren mehrere der Silhouetten am Tisch zusammen, recken ihre Köpfe in die Luft, und beginnen in tierhafter Geste zu wittern!
„Sie sind da, Mirabelle! Sie haben uns gefunden! ... Ausgerechnet jetzt!“
„Endlich! Unser Eid erfüllt sich!“, grollt eine andere Stimme.
„Wyrm!“, knurrt noch ein anderer, seine Stimme klingt wie in Trance, und zutiefst angeekelt.
Es bleibt keine Zeit für Erklärungen: Das große, rückwärtige Fenster des einstigen Lagergebäudes platzt nach innen, und Splitter glänzen im Licht der Elektrolampe. Sie kommen vom Dach her, und sind einfach durch die Scheibe nach drinnen gesprungen!
„Macht sie nieder! Schützt die beiden Mädchen! Gaia führe Eure Klauen!“, schreit Mirabelle über den Krach von splitterndem Glas und dem Knurren und Schnarren der massigen, zornigen Gegner.
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Neuer Move für Kämpfe ohne Gegner-Spielwerte
« Antwort #35 am: 29.11.2024 | 12:14 »
Hier habe ich jetzt einen komplexen Kampf mit zwei beteiligten Rudeln von NSCs, plus meiner beiden Charaktere. Da ich nicht für die alle einzelne Spielwerte machen will, braucht es eine elegante Abkürzung (wie meine geliebten Quick Encounter bei den Savage Worlds-Regeln). Man könnte die Kampf-Moves aus Ironsworn nehmen, aber die haben selbst auch einen ordentlichen Komplexitätsgrad.

Für meine Chronik möchte ich mich an einer abgespeckten Variante des Kampfsystems bei Ironsworn versuchen, auch hier wieder bastardisiert mit den Regeln aus Werewolf:TA. (Dieses funktioniert durch meine Veränderungen mehr wie der Move Undertake a Journey.) Diese Kurzregel verwende ich für größere Kämpfe mit verschiedenen Akteuren. Die ist jetzt reif fürs Playtesting. Epische Duelle und Bosskämpfe werden natürlich weiterhin mit den detaillierten Werewolf-Regeln ausgefochten.
(Wem meine Frankenstein-Spielmechaniken zu länglich sind, kann einfach weiter springen zum nächsten Post, da geht der Spielbericht weiter.)



Es gibt mit dieser Kurzregel gar keinen Bedarf für Gegner-Profile. Nur SCs machen Würfe im Kampf.

Enter the Fray:
Der Grad der Hausforderung in jedem Kampf wird festgelegt basierend auf dem Ironsworn-Move Enter the Fray (S. 78):
•Unliebsame Begegnung: 3 progress per successful combat round; inflicts 1 wound; pack has 2 rage points.
•Gefahrvolle Begegnung: 2 progress per successful combat round; inflicts 2 wounds; pack has 4 rage points.
•Formidable Begegnung: 1 progress per successful combat round; inflicts 3 wounds; pack has 6 rage points.
•Extreme Begegnung: 2 ticks per successful combat round; inflicts 4 wounds; pack has 8 rage points.
•Epische Begegnung: 1 tick per successful combat round; inflicts 5 wounds; pack has 10 rage points.

Initiative:
Eine der am Kampf beteiligten Seiten hat automatisch die Initiative. In Hinterhalten und ähnlichen Situationen steht dies von vornherein fest (wenn nicht von bisheriger Narrative festgelegt, kann das Orakel befragt werden).
Alle Charaktere der Seite mit der Initiative agieren vor den Gegnern, in selbstgewählter Reihenfolge der Spieler (bzw. des Storytellers, wenn es NSCs sind)! Danach agieren alle Charaktere der anderen Seite, entsprechend. (Am Schluss werden Rage-Aktionen von Werwölfen abgehandelt, wenn vorhanden, in derselben Reihenfolge.)

Kampf-Aktionen
Die Art der gegnerischen Offensiv-Aktion bestimmt den Wurf, den der SC machen muss, um ihr zu widerstehen (nach fast derselben Logik wie im Grundregelwerk von Werewolf:TA). Die Befähigung des Gegners bestimmt hier jedoch keinen eigenen Würfelpool, sondern einzig und allein den Schwierigkeitsgrad beim Wurf des SCs:

Beispiel Einschüchterung: Der SC würfelt Willenskraft gegen den Einschüchterungsversuch eines regulär einschüchternden Gegners gegen 6, bei einem einschüchternden Gegner gegen 7 oder 8, bei einem wahrhaft furchterregenden Gegner gegen 9 oder 10.
Beispiel gegnerische Attacken: Der SC würfelt zum Blocken oder Ausweichen Geschick+Handgemenge oder +Ausweichen; gegen den Nahkampfangriff eines regulär treffsicheren Gegners geht das gegen 6, bei einem kampferprobten Gegner gegen 7 oder 8, bei einem meisterhaften Gegner gegen 9 oder 10.

Defensiv würfeln: Alle am Kampf beteiligten SCs müssen bei jeder Gegner-Aktion defensiv würfeln wie oben beschrieben. Ein einzelner Erfolg reicht, um mit einer Defensiv-Aktion erfolgreich zu sein.

Offensiv würfeln: Bei den eigenen Aktionen dürfen SCs ihre eigenen Kampfaktionen wählen und aktiv auswürfeln, wie im Werewolf:TA-Grundbuch beschrieben. Je mehr Erfolge bei einer Offensiv-Aktion zusammenkommen, desto größer sind die Chancen, in dieser Runde im Kampf voran zu kommen. Dies beeinflusst das Kampfergebnis der jeweiligen Runde.

Art der Gegner-Aktion:
Gegner-Aktionen (Nah-/Fernkampfattacken, Einschüchtern, Manöver) werden je nach Narrative ausgewählt. Alternativ kann pro Gegner-Aktion optional auf dieser Tabelle gewürfelt werden:

Art der Gegner-Aktion (2W10):
2=Zögern / die Aktion aussetzen (kein Defensiv-Wurf erforderlich)
3-7=Einschüchterungs- oder Ablenkungsversuch
8-12=Angriff mit Primärwaffe
13-15= Angriff mit Sekundärwaffe (bzw. natürliche Bewaffnung oder waffenlos)
16-20=Manöver (Packen, Fußfeger, Sand in die Augen werfen, Finte, übernatürliche Gaben und Fähigkeiten, etc.)

Gegner-Rage: Wenn die Begegnung Werwolf-Gegner beinhaltet, haben diese Rage-Werte wie oben angegeben, und verwenden pro Runde 1-2 Rage-Punkte für Extra-Aktionen. Diese werden nicht individuell festgehalten, sondern gemittelt, für die gesamte Gegner-Gruppe! (Daher sind diese Punkte nur für Rage-Aktionen des Rudels insgesamt, nicht für andere Rage-Regeln.)

Schwierigkeit von Defensiv-Würfen:
Wenn bisher undefiniert kann ausgewürfelt werden, wie hoch beim Widerstehen einer Gegner-Aktion die Schwierigkeit ist:

Schwierigkeit von Defensiv-Würfen (2W10):
2-3=Schwierigkeit 4
4-5=Schwierigkeit 5
6-11=Schwierigkeit 6
12-15=Schwierigkeit 7
16-17=Schwierigkeit 8
18-19=Schwierigkeit 9
20=Schwierigkeit 10

Für die Kontinuität kann die jeweilige Schwierigkeit für Defensiv-Würfe bei der betreffenden Gegner-Aktion festgehalten werden. Dies ist die einzige Information über NSC-'Profilwerte' die benötigt wird, und sie kommt im Verlauf der Szene von selbst zusammen. (So stellen sich im Kampfverlauf für die Narrative beispielsweise Gegner heraus, die zwar durchschnittliche Fechter sind, aber dafür krass bedrohliche Einschüchterungsversuche machen können.)

Effekte von Defensiv-Würfen:
Das Resultat des SCs entscheidet pro Gegner-Aktion über die Negativkonsequenzen der betreffenden Aktion für diesen SC. (Gegner-Profile gibt es ja nicht, darum generieren die keine Resultate!) Ein Misserfolg generiert pro Gegner-Aktion einen von zwei möglichen Effekten:
• Höhe des Schadens (bei physischen Attacken)
• Würfel-Abzug für die nächste Aktion dieses SC (bei Einschüchterung oder Manövern).
Gegner machen pro gescheiterter Defensiv-Aktion entsprechend eine Menge an Schaden/Würfel-Abzug wie vom Ironsworn-Move namens Enter the Fray beschrieben (siehe oben). Ein Patzer beim defensiven Wurf des SC generiert ein Level Schaden/Würfelabzug zusätzlich.

Arten und Auswirkungen von Schaden: Gehandhabt wiederum wird Schaden so wie im Werewolf:TA-Grundbuch beschrieben. (Schlagschaden/Tödlicher Schaden/Verheerender Schaden, Wundabzüge, Kampfunfähigkeit, Werwolf-Regenerationskräfte.) Der bei der Gegnerstärke angegebene Schaden ist der, der ‚nach dem Absorbieren‘ bleibt, es gibt also keine Absorbieren-Würfe in dieser Variante.

Offensiv-Würfe:
Charaktere dürfen als ihre eigenen Aktionen alle ihre Fertigkeiten einbringen, so lange es narrativ den Kampf voran bringen könnte. (Die Herangehensweise ist angelehnt an die Quick Encounters bei Savage Worlds.) Dies muss nicht offensiv sein, nur eben insgesamt nützlich. (Ein Charakter beispielsweise, der Runde für Runde mit seinem Schild blockt, könnte narrativ dadurch den Kampf voranbringen, dass er den Gegner erschöpft, welcher auf den Schild eindrischt. Ein eher ängstlicher Charakter kann den Kampf begünstigen, indem er mächtigere Nahkämpfer gekonnt anfeuert.)

Fortschritt: Fortschritt in solchen Kampfsequenzen funktioniert wie bei Ironsworn mit einem Progress Track von 10 markierbaren Kästchen, um das Vorankommen der SCs und ihrer Verbündeten gegen die Gesamtheit aller versammelten Gegner zu repräsentieren.

Effekte von Offensiv-Würfen:
Am Ende jeder Kampfrunde wird das sogenannte Kampfergebnis ermittelt, um zu sehen, wie sich die Narrative entwickelt. Alle Erfolge der SCs in jeder einzelnen Kampfrunde werden zusammengerechnet, um das Ergebnis mit den Challenge Dice zu unterwürfeln.
• Ein Weak Hit bringt Fortschritt je nach Gefährlichkeit der Gegner, wie bei Enter the Fray definiert (siehe oben).
• Ein Strong Hit verdoppelt den eingespielten Fortschritt, und entreißt außerdem den Gegnern die Initiative, wenn sie diese gerade hatten.
• Ein Misserfolg lässt die Seite der SCs die Initiative verlieren, wenn sie diese bisher hatten, und für die Gruppe muss außerdem der Move namens Pay the Price gemacht werden.

Unterstützer:
Wenn auf Seiten der SCs weitere NSCs mitkämpfen, werden diese ebenfalls in ihrer Kampfstärke definiert wie die Gegner. Am Ende jeder Runde werden die Orakelwürfel für die Unterstützer gerollt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie nennenswert zum Vorankommen beitragen, hängt von ihrer generellen Kampfstärke ab (Erfahrung, Bewaffnung, Truppenstärke, usw.). Bei einem bestätigenden Orakelspruch tragen sie einen automatischen Erfolg zum Kampfergebnis der Runde bei, ist dies außerdem ein Pasch, zwei Erfolge. Bei einem negativen Orakelspruch verlieren sie einen Grad Kampfstärke für diese Szene, bei einem Pasch einen weiteren. (Sinkt ihre Kampfstärke auf null, sind sie für den Rest dieser Sequenz unerheblich geworden.)

Den Kampf beenden:
Um einen Kampf zu beenden, wird der Move End the Fight gemacht, wenn der Progress Track sich genügend gefüllt hat. Dieser Move funktioniert genau wie bei Ironsworn beschrieben (S. 82).
« Letzte Änderung: 1.12.2024 | 00:47 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #36 am: 29.11.2024 | 12:33 »
Die Gegner sind mehrheitlich in ihren Crinos-Gestalten vom Gebäudedach herab geklettert gekommen, sie stinken nach Fleischresten, Schweiß und Pisse, und haben kein Interesse an Verhandlungen, nur am schnellen Zubeißen! Sie sehen deutlich nach Knochenbeißern aus, aber dieses Rudel ist jüngst insgeheim übergelaufen zum Feind.



Wir definieren sie als Formidable Gegner, denn es sind ebenso viele wie Verteidiger hier anwesend sind. Durch ihren plötzlichen Überfall haben sie natürlich die Initiative in diesem Kampf. Ab geht’s:

Runde 1: Mit Beginn eines Kampfes bekommt Zoe durch das Adrenalin einen Punkt Rage, und ist damit auf vollen fünf. Davon kauf ich ihr gleich mal eine Rage-Aktion. Einer der stinkenden Ahrouns flankt geschickt an der Kämpferin Mirabelle vorbei, und versucht Zoe und Kylah mit seinen gelben Fangzähnen zu erwischen! Beide müssen würfeln, um seinen fahrigen Attacken zu entgehen, Kylah weicht zurück, Zoe schnappt sich einen Holzstuhl, der von mehreren Bissen des Monstrums Stück für Stück zu Kleinholz verarbeitet wird! Holzsplitter fliegen und Geifer spritzt. Zoe versucht zwei Dinge gleichzeitig, sie nimmt ächzend ihre Crinos-Form an, und jagt dann dem Angreifer eins der scharfen Holzstücke des Caféstuhls in die Schulter! Kylah hält sich tänzelnd hinter Zoes schlagartig gewachsenem Umriss, und weicht mit großer Gewandtheit den Bissen der Scheusale aus.
Dann kommen die Rage-Aktionen dran. Zoes nun verlängerte Kiefer zucken vor, und sie beißt den Gegner in den Unterarm. Sein Fell schmeckt widerlich. Dies gibt ihr jedoch den verbrauchten Rage-Punkt zurück! Mit der eigenen Rage-Aktion krallt der Knochenbeißer-Ahroun nach ihr, durchdringt mit seinen brüchigen Krallen ihr Fell, und zieht tiefe, signalrote Schnittwunden über ihren einen Arm! Sie kassiert drei Wundlevel. Sie würfelt ihre Rage, aber mittlerweile ist Sichelmond, also ist die Schwierigkeit sieben, sie verfällt nicht in Raserei.

Die Kinder Gaias sind mehrheitlich ebenfalls in Crinos- oder Glabro-Form verwandelt, und kämpfen wild, Mirabelle und einer der anderen halten sich in der Nähe der jungen Schutzbefohlenen, und wehren Angreifer links und rechts von ihnen ab. Sie tragen einen Punkt zum Kampfergebnis der Runde bei.

Das gemeinsame Kampfergebnis in der ersten Runde ist acht, echt gut. Dagegen würfle ich also die Challenge Dice. Dies bringt trotzdem nur einen Weak Hit. Wir erhalten immerhin den ersten Punkt Fortschritt in diesem Gefecht.

Runde 2: Ich finde, es ist an der Zeit, Zoe richtig aufdrehen zu lassen, und setze diese Runde gleich zwei Rage-Würfel ein! Die verderbten Knochenbeißer haben weiterhin die Initiative. Zoe und Kylah werden zurückgedrängt von ihrem Angreifer, sie entziehen sich weiterhin erfolgreich den schnappenden, gelben Fängen. Der Mundgeruch des fremden Ahroun ist übelkeitserregend. Zoe fängt einen seiner Krallen-Schwinger ab, hält dabei seinen Arm gepackt, und gräbt ihre Zähne in seinen Bizeps.
„Raus' hier! Rückzug übers Dach!“, kommandiert Mirabelle. Kylah hechtet aus der Krallenreichweite des Bedrängers, und versucht das Fenster aufzustemmen, auf das die Anführerin gedeutet hat. Sie zerrt mit aller Kraft daran, bisher ohne Erfolg!
Dann kommen wieder die Rage-Aktionen: Zoe sieht sich dorthin um, und bringt heraus, „Kylah, runter!“, und gleichzeitig bringt sie mit Geschick und geballter Crinos-Stärke den Gegner in ihren Griff. Dessen Rage-Aktion lässt ihn wild um sich schnappen, aber Zoe entgeht seinen Kiefern, hält ihn gepackt. Mit ihrer zweiten Rage-Aktion hievt sie den räudigen Kerl über ihren Kopf, und wirft ihn mit einem wütenden Schrei meterweit durch den Raum, über die sich duckende Kylah hinweg, und durch das große Fenster! Sie erzählt mit Stärke+Athletik epische zehn Erfolge! Schrill jaulend durchschlägt der korrumpierte Knochenbeißer die Fensterscheibe, und kracht auf das Dach, das dahinter liegt!

Das Rudel der Verteidiger tut zeitgleich, was es kann, aber sie setzen größtenteils nicht-tödliche Knüppelschläge ein, was die Gegner höchstens verlangsamt. Viele von ihnen sind mittlerweile schwer angeschlagen. Ihre Kämpfstärke sinkt um eins, ab jetzt wird es unwahrscheinlich, dass sie noch etwas gezielt zu den Kampfergebnissen beitragen werden.

Dank Zoes epischem Erfolg beim Freimachen des Fluchtwegs ist das Kampfergebnis bei maximalen 10, das ergibt einen Strong Hit, und verdoppelten Fortschritt im Gefecht, damit sind wir nun insgesamt auf drei.

Runde 3: Ich kaufe erneut zwei Rage-Aktionen für Zoe. Mirabelle schreit heiser erneut, „Rückzug! Über's Dach!“, und gestikuliert in Richtung des Fensters, das Zoe soeben eingeworfen hat. Die anderen abgemagerten Scheusale ziehen sofort den Kreis enger, um den Kindern Gaias den Fluchtweg dorthin abzuschneiden. Zoe und Kylah entgehen nur haarscharf weiteren zuschnappenden Kiefern, kassieren mehrere kleine Schnitte und Abschürfungen. „Kylah — lauf!“, bringt Zoes grollende Stimme hervor. Die Punkerin nickt, springt mit dem Mut der Verzweiflung durch das eingeworfene Fenster, und ihre Kampfstiefel kommen auf dem Flachdach dahinter auf, sie sprintet mit eingezogenem Kopf weiter. Zoe hilft den Kindern Gaias, Kratzhiebe und Bisse auszuteilen, während sie sich ängstlich mit ihnen zum Fenster zurückzieht, macht sich bereit, ebenfalls rauszuspringen.
Auf den Rage-Aktionen der räudigen Meute entgehen unsere Protagonistinnen weiteren Verwundungen. Kylah und den vereinzelten der Verteidiger, die ihr folgen, hetzen bereits einige der Knochenbeißer nach über das dunkle Flachdach, versuchen geifernd, sie in die Beine zu beißen. Zoe springt mit angehaltenem Atem ebenfalls nach draußen, prescht auf allen Vieren hinterher, ihre Augen sind tränenblind, sie versucht die Feinde durch schnelle Bisse im Rennen von Kylah abzulenken.

Die Verteidiger sind jetzt zerstreut worden, manche noch im Caféraum, andere bereits auf dem Flachdach. Ihr Rudel ist völlig unkoordiniert, fast alle sind mittlerweile außer Sicht für Zoe und Kylah! Jetzt wissen die beiden Protagonistinnen also nur noch die grobe Richtung, in welche die Leitwölfin sie befohlen hat, aber sie kennen ja nicht das Ziel!

Ich würfle die Challenge Dice gegen das Kampfergebnis diese Runde, und auch diesmal kommt ein Strong Hit dabei heraus. Nach einer solchen Runde darf ich versuchen, den Kampf zu beenden, wir haben immerhin jetzt einen Fortschritt von fünf.

Ich versuche an dieser Stelle also waghalsig den Move aus den Ironsworn-Regeln namens End the Fight. Ich erziele mit großem Würfelglück einen Strong Hit!

Unsere Heldinnen haben den Kampf für sich entschieden! In der Situation, in der sie nun mal stecken, heißt das narrativ aber leider nicht, dass sie gloreich triumphiert haben, sondern eher, dass sie erfolgreich entkommen sind, und nicht völlig abgeschnitten worden sind vom Rudel ihrer Verteidiger. Das verderbte Rudel ist auseinander getrieben worden und gerade ohne Koordination, und hat dadurch eine Niederlage einstecken müssen! Bevor sie erneut gezielt zuschlagen können, müssten sie sich regruppieren.
« Letzte Änderung: 29.11.2024 | 14:17 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #37 am: 29.11.2024 | 13:47 »
Soundtrack: Jason Graves, The Leviathan
https://www.youtube.com/watch?v=r1YT8isX-tE

Kylah kommt am hinteren Rand des Flachdachs an, schaut in die schmale Gasse hinab, und springt mit verzweifelter Tollkühnheit weiter auf das Nebengebäude. Zoe springt ihr hinterher, fährt dann aber herum, hebt die riesigen, ledrigen Pranken, zieht die Lefzen hoch. Sie spürt ebenso viel Angst, wie sie unvermindert Blutgier spürt. Aber nun hat sie nur noch einen einzigen Punkt Rage übrig, viel von ihrer animalischen Wut hat sie im Kampf verbrannt. Die Scheusale hinter ihnen jaulen und keckern, zwei oder drei sind noch als verschwommene Silhouetten in der Dunkelheit zu erahnen. Sie wagen sich vorerst nicht wieder heran.
„Kommt — doch! Reiße Euch — in — Stücke!“, bringt Zoes tiefe, grausige Stimme heraus.
„Nein, hast Du unser Alpha nicht gehört?“, raunt eine Stimme neben ihr, mit großer Bestimmtheit, „Wir ziehen uns zurück! Wir wussten, dass dieses Rudel hier irgendwo sein würde … wir haben die Aufgabe, die zur Strecke zu bringen … aber jetzt müssen wir zuerst Euch beide in Sicherheit bringen!“
Zoes massiges Haupt wendet sich ihm zu, fletscht die Zähne, und knurrt, „Reiße die — in — Stücke!“
„Still jetzt, Welpe! Versuch', Dich zurückzuverwandeln, schnell! Und dann folgt Ihr mir. Hier gibt es eine Feuerleiter. Wir haben die Nacht über das Gelände genau auskundschaftet ...“
„Aber daran, dass die Monster vom Dach kommen würden, daran habt Ihr nich' gedacht!“, zetert Kylah.
„Das Dach war vorhin leer. Die sind über die Penumbra dorthin gekommen.“

Zoe japst und knurrt, und versucht, sich auf ihre normale Gestalt zu konzentrieren, um in sie zurückzufinden. Ein paar schreckliche Sekunden lang glaubt sie, das wäre ihr nicht möglich, dann aber übernimmt plötzlich ihre Muskelerinnerung, und verwandelt sie binnen weniger Augenblicke zurück. Sie fletscht die Zähne vor Schmerz und Unbehagen, geht in die Knie, krümmt sich vor lauter Muskelkater auf dem Dach zusammen. Ihr Arm mit den langgezogenen Krallen-Einschnitten ist blutüberströmt.
„Zoe …!“, jammert Kylah mitleidig.
Der übrige Begleiter zieht hastig seinen ausgeleierten, geflickten Wintermantel aus, und legt ihn Zoe um die Schultern. Durch ihre überstürzte Verwandlung in Crinos-Form hat sie natürlich die Kleidung aus der Villa gesprengt. Sie bebt in der Morgenkälte, öffnet und schließt probeweise ihre schmerzenden Finger, jetzt, wo sie wieder ihre frühere Form haben, versucht verbissen, in die Ärmel des geliehenen Mantel zu schlüpfen.
„Daran werde ich mich wohl nie gewöhnen …!“, bringt sie würgend heraus.
„Hilf' ihr!“, weist der andere Werwolf Kylah an.
Diese spurt, und hilft Zoe hastig in die Ärmel des Wintermantels.
„Ich werd' den vollbluten …“, keucht Zoe benommen.
Der Garou hat ein langes Wurfmesser gezogen, und wirft prüfende Blicke über die Dächer und die Feuerleiter herab.
„Beeilt Euch schon! Die Luft ist gerade rein!“, zischt er nervös.
„Wer bist Du?“, presst Zoe hervor.

Gute Frage von unserer Heldin! Wollen wir doch mal sehen, das Würfelorakel sagt, Aloof Sailor who wants to Harm a Rival. Wie passend zur maritimen Stadt Portland.

„Ich bin Elliot Echoing Tide, Philodox der Kinder Gaias!“
„Warum überhaupt die Kinder Gaias?“, fragt Kylah verwirrt, „Wo sind die vom Gezücht des Fenris!“
„Genug davon! Vorwärts jetzt!“, zischt Echoing Tide.
Unter Wimmerlauten beginnt Zoe mit Kylahs Hilfe die rostige Feuerleiter hinab zu klettern. Alle ihre Muskelstränge scheinen bei jeder Bewegung zu rebellieren.



Elliot Echoing Tide, unser neuer Alliierter


Ist dort in der Gasse der Fluchtwagen der Kinder Gaias geparkt? Unwahrscheinlich, aber gucken kann man ja mal. Eine Neunundneunzig fällt! Das Orakel bestätigt, mit Dreingabe (dank dem Pasch):

Der hellgraue Neunsitzer des Rudels wird in dem Moment genau unter die Feuerleiter gefahren, und wartet dort mit laufendem Antrieb! Der Fahrer muss die drei schon von Weitem an der Dachkante gesehen haben. Statt umständlich und lautstark die untere Sektion der Feuerleiter aushaken zu müssen, um bis zur Straße hinab zu kommen, können die drei Flüchtenden sich nun ganz einfach auf das Dach des Neunsitzers hangeln!

Aber von dort müssen sie dann auch noch runter, und was wäre, wenn just in dem Moment ein paar der versprengten Abtrünnigen angerannt kämen? Ui, da würfle ich gar nicht erst, das machen wir!

Die korrumpierten Garou sind nur zu zweit, aber einer hat eine alte Knarre, die er aus seinen zerfledderten Lumpen hervor zieht, und der andere eine Geister-Gabe, mit der er die Geruchssinne der Flüchtenden attackieren kann (Stench and the City, aus dem alten Quellenbuch ‚Book of the City‘)! Zu zweit sind sie dennoch nur eine Unliebsame Begegnung. Allerdings erhalten die Renegaten erneut die Initiative bei ihrem überraschenden Auftauchen.

Runde 1: Zoe und Elliot bekommen beide einen neuen Rage-Punkt, als ihre Gehirne ihnen sagen, dass sie bereits wieder in Gefahr sind, und sie erneut erlesenstes Adrenalin ausschütten! Zoe und Kylah können ohne Schusswaffen nicht viel mehr machen, als flach auf den Bäuchen auf dem Dach des Transporters liegen zu bleiben. Zwei Pistolenkugeln pfeifen über sie hinweg! Glücklicherweise ist der verwilderte Penner ein sehr schlechter Schütze, sie werden beide nicht getroffen. Zoe vergisst ihren Muskelkater und die Armverletzung schon wieder, und schwingt sich über die Dachkante des Autos, klammert sich an den Dachgepäckträger. Bringt sich in Position, um einen der Streuner mit ihrer Klauenhand zu erwischen, bevor der Wagen Fahrt aufnimmt. In dem Moment stößt der unbewaffnete Verfolger ein überlautes, gutturales Rülpsen aus, und der entsetzliche Gestank von Fäulnisgasen, Verkehrsstaus, und Abwasserleitungen füllt die Gasse und umgibt die Fliehenden! Zoe und Kylah müssen würfeln, um dem betäubenden Gestank zu widerstehen, und schaffen es beide. Das bedeutet auch, dass Zoe nicht den Halt am Dachgestänge verliert. Während der beschleunigende Transporter an einem der Kerle vorbei braust, versucht sie, ihn mit der freien Klauenhand zu erwischen! Mit vier Erfolgen schlitzt sie die Reste seines ausgeleierten Hemdes auf, und zieht tiefe, blutige Striemen über seinen Rücken. Er schreit wutentbrannt auf.

Echoing Tide haut mehrmals auf das Autodach, und schreit „Gib' Stoff!“, und der Fluchtwagenfahrer drückt kräftig auf die Tube. Röhrend wird der Neunsitzer noch schneller, alle krallen sich schreiend am Dachgepäckträger fest.

Ich würfle die Challenge Dice, gegen die sechs akkumulierten Erfolge, die mein Kampfergebnis sind in dieser Runde. Ein Weak Hit, und da die Begegnung Unliebsam ist, dementsprechend drei Punkte Fortschritt.

Runde 2: Zoe, an der Flanke des Autos hängend, entgeht den schartigen Krallen des Werwolfs, der ihnen geifernd durch die Gasse nachrennt. Der andere feuert einen weiteren Schuss aus seiner Plempe, und verfehlt Kylah und Elliot weit. Kylah reckt sich ebenfalls herab, aber weniger tollkühn als Zoe, sie bekommt mit den Händen den Griff der Seitentür zu fassen, zieht daran, und stemmt sie auf. „Hier rüber! Rein ins Auto!“, schreit sie über den Fahrtlärm hinweg. Zoe hat ihre Fänge gefletscht, und denkt vorerst noch nicht dran. Ihr Mantelsaum flattert im Wind, während sie sich mit wilden Augen nach den Verfolgern umsieht, die bellend und grollend dem Transporter nach jagen. Ihre Augen leuchten manisch, lassen an tollwütige Hunde denken! Jetzt gerade holen sie zum Auto auf, aber binnen weniger Momente werden sie abgehängt sein. Letzte Chance also für einen Angriff! Sie bekommt einen im Nackenfell zu fassen, hält ihn mit all ihrer Kraft fest, und rammt ihn mit drei Erfolgen in einen stählernen Poller in der Ausfahrt aus der Gasse! Die Gestankwolke wird erneut ausgestoßen, von dem anderen räudigen Verfolger, und diesmal erwischt sie Kylah mit voller Wucht, ihre Augen tränen so stark, dass sie nichts mehr sieht, und fast fällt sie vom Autodach, als der Fahrer mit quietschenden Reifen um die Ecke herum kachelt!

Echoing Tide packt die Punkerin am Kragen ihrer Lederjacke, damit sie sich oben halten kann, und wirft mit der anderen Hand eins seiner Wurfmesser nach den Verfolgern, mit metallischem Zischen. Er steuert damit einen Erfolg zum Kampfergebnis bei, sein Wurfgeschoss scheint getroffen zu haben.

Unser Kampfergebnis diese Runde ist sieben, und erneut rollen die Challenge Dice. Eine zwei und drei, beides drunter, also ein Strong Hit! Das gibt uns erstmal drei weitere Punkte Fortschritt, und der Strong Hit verdoppelt diese auf sechs, für insgesamt jetzt neun!

Dann versuche ich jetzt, die Kampfsequenz abzuschließen, mit dem Move End the Fight; narrativ macht das Sinn, denn gerade ist das Fluchtfahrzeug in die Straße eingebogen, raus aus der Gasse. Und egal wie schnell die beiden Verfolger in Crinos-Form rennen können, sie werden wahrscheinlich jetzt abgehängt.
Die Challenge Dice ergeben einen Weak Hit. Damit trifft es ein wie oben vermutet — aber ich muss eine der Negativ-Konsequenzen aus der Liste des End the Fight-Moves aussuchen. Ich picke den Kollateralschaden heraus.


Ein letzter Schuss ertönt also, bevor das Magazin der Plempe leer geschossen ist, und das Fahrerfenster splittert! Der Transporter schlingert gefährlich. Glücklicherweise gibt es so früh am Morgen noch fast keinen Verkehr. Kylah klettert durch die von ihr aufgeworfene seitliche Schiebetür ins Innere. Sie keucht verzweifelt, „Scheiße, oh Scheiße!“, als sie versucht, am verwundeten Fahrer vorbei zu langen und ins Steuer zu greifen! Gleichzeitig packt oben auf dem Autodach Echoing Tide Zoes Handgelenke, die immer noch auf der anderen Seite des Autos strampelt, und hilft ihr mit aller Kraft zurück auf das Wagendach hinauf. Der eine Ärmel seines Wintermantels ist rot durchtränkt. Dann klettern sie beide Kylah hinterher, durch die Schiebetür ins Wageninnere.
Der Fahrer ist bleich und benommen, aber lebendig, die Kugel hat ihn als glatter Durchschuss an der Schulter getroffen. Sie verfrachten ihn hastig auf den Beifahrersitz, Echoing Tide prüft seinen Puls. Kylah klettert fluchend auf den Fahrersitz, und versucht, das Auto unter Kontrolle zu bringen. Sie hat ihren Führerschein noch nicht gemacht, aber natürlich schon mehrmals heimlich Autos gesteuert. Es gelingt ihr, wieder etwas mehr Fahrt aufzunehmen und um mehrere Ecken zu biegen, vorerst außer Gefahr.
„Was war da los?!“, verlangt sie währenddessen lautstark von dem fremden Werwolf zu wissen, „mit denen stimmte was nicht, irgendwas stimmte mit denen ganz gewaltig nicht!“
Zoe ist kraftlos auf den aufgeschürften Knien im hinteren Fußraum zusammengesunken, sie hat ihre letzte Rage und ihre letzten Willenskraftpunkte bei dem Stunt eben aufgebraucht. Sie klammert sich mit einer Klauenhand an der Kopfstütze des Fahrersitzes fest, um nicht umzukippen.
„Stimmt … Das waren doch Knochenbeißer“, bringt sie atemlos hervor, „Das sind doch unsere Freunde!“
Dieses Rudel jedenfalls nicht mehr“, knurrt Elliot Echoing Tide, „die sind übergelaufen.“
„Was?!“, entfährt es Kylah, „Du lügst doch!!“
„Korrumpiert vom Feind, und jetzt insgeheim denen loyal, nicht mehr ihrem eigenen Stamm. Kurz davor, selber endgültig die Schwarze Spirale zu tanzen!“
„Nein!“, ruft Kylah, der Transporter schlingert. Was auch immer es zu bedeuten hat, was der Unbekannte da sagt, es scheint entsetzlich zu sein, so viel begreift Zoe.
„Ganz ruhig!“, knurrt Echoing Tide, „Zuallererst müssen wir mein Rudel wieder zusammenbringen. Und dann nehmen wir uns Euch an!“


Evolution: Damit hat Zoe wieder ordentlich EXP eingespielt. Ich gebe ihr einen sechsten permanenten Punkt Rage, und dazu passend einen zweiten Punkt bei Einschüchtern.


Zoe sitzt eine Weile später bibbernd auf der Rückbank, und sieht dabei zu, wie der fremde Werwolf ihre Krallenwunden auf Arm und Schulter desinfiziert und verbindet.
„... Sie machen das ziemlich geschickt! Dabei sehen Sie überhaupt nicht aus wie ein Arzt!“, sagt sie, und versucht sich an einem schiefen Lächeln.
„Es gibt kaum ein Kind Gaias, das sich überhaupt nicht mit Heilkunde auskennt“, murmelt er.
„Warum heißt Ihr Stamm so?“, fragt Zoe, weggetreten vor Erschöpfung, aber dennoch neugierig.
Elliot wirft ihr einen kurzen Blick zu, während er ihren Verband feststeckt, „Weil wir alle die Kinder der Erdmutter sind.“
„Aber hä? Das sind die aus den anderen Stämmen doch auch, oder?“
„Ganz gewiss! Die fundamentale, aber verborgene Wahrheit ist, dass wir alle Kinder Gaias sind! Wir sind der Stamm der Einigkeit. Wenn wir unsere Sache gut machen, dann können wir uns und anderen verständlich machen, dass dies so ist. ... So, Du bist fertig. Schön ruhig halten, den Arm. Binnen kürzester Zeit wird die erste neue Hautschicht sich bilden, dann geht’s bergauf. Nimm' eine andere Deiner Gestalten an, sobald wir raus sind aus Portland. Aber keinesfalls hier.“
Kylah guckt durch das Fenster der Schiebetür nach drinnen, sie steht gerade draußen vor dem Auto und raucht eine Zigarette. Sie haben den Neunsitzer abgeparkt hinter einem großen Teppich-Discounter. Von hier ist es nicht weit bis zum Autobahnzubringer. Der Blutsbruder mit dem Schulter-Durchschuss döst benommen auf dem Beifahrersitz, Echoing Tide hat ihn als ersten verarztet. Sie haben außerdem von seinem Telefon aus einen der anderen Blutsbrüder erreicht, von denen, die vorhin die Türsteher vor dem Treffpunkt gemimt haben. Mirabelle und die versprengten Teile des Rudels scheinen sich bereits auf dem Weg hierher zu befinden.
Der Philodox legt Zoe vorsichtig wieder seinen Mantel um die verletzte Schulter.
„Warum sind Ihre Klamotten eigentlich nicht kaputt?“, fragt Zoe, „Sie waren doch auch verwandelt, oben in dem Café, als der Überfall kam?“
Echoing Tide hat eine beige Lederhose mit Kreuzschnürung an, und eine Art Wams ähnlicher Machart, beides scheinbar aus einem einzelnen Stück handgemacht. Nur Schuhe hat auch er nicht mehr.
„Die sind mir Zugeeignet. Solche geben wir Dir auch, wenn wir im Caern sind. Wird höchste Zeit, mitten im November!“
„Ich erkälte mich schon nicht ...“
„Das will ich meinen, Dein Immunsystem ist nämlich unschlagbar seit dem Ersten Wandel.“
„... Ich bin also sowas“, sagt Zoe mit matter Stimme, während sie gegen die Rücklehne sinkt, „ein Kind Gaias?“
„Das warst Du immer schon, und wirst es immer sein, ob Du in unseren Stamm aufgenommen wirst oder nicht“, lächelt Elliot warmherzig.
Zoe lächelt auch, etwas weggetreten.
Sie merkt im Halbschlaf, wie Kylah neben sie auf die Rückbank klettert, und lässt sich dankbar gegen sie sinken. Das jüngere Mädchen legt behutsam die Arme um sie. Kurz darauf nimmt Zoe noch das Murmeln weiterer Stimmen wahr, als Leute einsteigen, dann sinkt sie endgültig in Schlaf, als das Auto wieder anfährt.
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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #38 am: 30.11.2024 | 15:20 »
Damit geht der Road Movie wieder los!

Zoe erwacht im fahrenden Auto davon, dass Kylah aufgeregt redet; sie versucht zwar, leise zu sprechen, damit ihre Freundin nicht wach wird, aber sie verliert immer mehr die Beherrschung. Zoe blinzelt schläfrig.
„… Das glaube ich nicht! Unser Totem macht uns zäh, niemand kann den Kräften des Feindes so gut widerstehen wie unser Stamm! Das hat man mir gesagt!“
„Aber es gibt eben trotzdem keine Loyalität, die unerschütterlich ist, Kylah, und die dieses Rudels war es auf jeden Fall nicht. Sie haben sich heimlich von der Garou-Nation abgewandt.“
„Unvorstellbar! Da muss eine Art von … von Komplott vorliegen“, zischt Kylah.
„Ja, aber eins, an dem die beteiligt sind. Sie stehen in Kontakt mit Evan Gangrydge und anderen Blutsgeschwistern, von denen wir wissen, dass sie des Wyrms sind. Wir haben eine Reihe von Beweisen. Ich weiß, dass das unfassbar für Dich erscheinen muss. Die waren immerhin von Deinem Stamm.“
Kylah atmet gepresst, und schweigt.
„Es ist kein Zufall, dass dieses Rudel gleichzeitig zuschlägt wie die anderen, die verderbt sind“, fügt die gedämpfte Stimme hinzu, beinahe nur ein Knurren, „in derselben Region, und in der gleichen Nacht.“
„Wo sind die beiden Malgrimovs?“, fragt Kylah leise, „Haben die's noch raus geschafft aus der Gegend?“
„Ja, unsere Blutsgeschwister haben bereits telefoniert. Auch deren Versteck in der Villa ist nicht aufgeflogen.“



Zoe hebt zaghaft den Kopf, und sieht die Sprecherin an. Es ist diese Mirabelle, sie sitzt auf dem Autositz vor der Rückbank, auf der sie und Kylah sind. Ihre grauen Augen sind ein wenig einschüchternd, mit einer unerschütterlichen Festigkeit in ihrem Blick. Irgendeine gedämpfte Retro-Mucke läuft vorn in der Anlage des Transporters, aber nicht Zoes Art von Retro-Mucke, sondern nochmal zwanzig Jahre älter, so richtig altmodisch.

Soundtrack: Bob Dylan, The Times They Are A-Changin'
https://www.youtube.com/watch?v=90WD_ats6eE

„Unser neuer Welpe ist auch wach“, sagt Mirabelle mit einem Lächeln.
„Wer bist Du?“, fragt Zoe, „Du bist doch das Rudel-Alpha, oder?“
Alles an ihr fühlt sich übersensibel an, überreizt, insbesondere ihre Fingerspitzen.
„Ich bin Mirabelle Thunder-Magic-Spoke, Theurgin von den Kindern Gaias. Sei' uns willkommen, Zoe.“
„Starker Name …“
„Eine Textzeile von Creedence Clearwater Revival hat mir den zugetragen, bei meinem Aufnahmeritus! Und ich muss mir keine Sorgen machen um Urheberrechte, egal, wieviel Ansehen ich noch sammle, denn keine Musikfirma kennt die okkulte Welt.“
„Selbst wenn, Zitate machen darf man ja, rechtlich gesehen …“, murrt Kylah.
„Ihr seid nicht alle wieder vollzählig, oder …?“, fragt Zoe, während sie sich umsieht, der Sprinter ist nicht voll besetzt.
„Wir waren mit zwei Autos nach Portland gekommen. Die anderen sind auch bereits abgefahren, die nehmen mit dem anderen Wagen aber eine parallele Route. Sicher ist sicher. Wir bringen Dich jetzt zum nächsten Caern unseres Stammes. Von dort führen Mondbrücken über den Kontinent hinweg, zur Septe des Westlichen Auges, an der Westküste. Das war damals die Heimat Deines bekannten Großvaters, dort können die Ältesten Deine Einweihung und Ausbildung beginnen.“
„Wow … ich kann immer noch nicht so richtig glauben, dass es wirklich so weit sein soll. Und Ihr seid wirklich meine Leute?“
Mirabelle lächelt breit, „Unverkennbar! Ich kann Dir, meine Zoe, die Linie unseres Stammes genau anmerken, weißt Du! Roves-With-The-Morning-Clouds war Dir ähnlich, seinerzeit.“
„Ich habe auch eine Vorfahrin vom Gezücht des Fenris … eine Raubritterin, im Mittelalter ... aber ich glaube, sie war die letzte, die zu diesem Stamm gehört hat …“
„Das stimmt wahrscheinlich, nach allem, was ich weiß“, nickt Mirabelle, „Deine Linie gehörte ausschließlich zu den Kindern Gaias, seit sie erstmals aus Europa in die Neue Welt gekommen ist. Du kannst also Deine Reinblütigkeit nicht ins alte Phönizien zurückverfolgen, aber zumindest ein halbes Jahrtausend. … Du könntest damit irgendwann eine respektable Politikerin abgeben für die Stammesgeschäfte, weißt Du, zumindest dann, wenn Du kein Ahroun wärst.“
„Ahroun …? Das bedeutet doch …“
„Unter dem Vollmond geboren. Euereins ist von Euren Instinkten gemeinhin von allen anderen Lebenswegen etwas abgelenkt. Der ausgeschlagene Eckzahn, den Du da hast, spricht wahrscheinlich Bände.“
Kylah muffelt, „Ich dachte, Ihr seid ein Stamm von Pazifisten.“
Mirabelle nickt determiniert, „Ja. Pazifismus bedeutet, Frieden zu halten, wann immer es geht. Heute früh ging es nicht, wie wir alle gesehen haben. Um die Jahrtausendwende ist der Krieg wirklich erbittert geworden.“
„Ihr seid alle ziemlich angeschlagen …“, stellt Zoe fest, als sie die vielen Verbände und Kompressen sieht an den verschiedenen Mitfahrern.
„Ja, aber das Verräter-Rudel sieht noch schlimmer aus. Wir müssen schleunigst zurückkehren, um ihnen den Rest zu geben, wenn wir Euch in Sicherheit gebracht haben.“
„Ihr müsst Kylah zurück nach Detroit bringen!“, sagt Zoe, sich ihres Versprechens an Simon erinnernd. Als sie dies sagt, spürt sie einen schmerzlichen Stich: Wenn Kylah sie verlässt, um nach Hause zurückzukehren, dann ist sie ganz auf sich gestellt mit diesen Fremden und den Gesetzmäßigkeiten ihrer geheimen Welt …


Mir ist bereits so, als würde der Weg zum Caern des Westlichen Auges nicht so easy-peasy werden, wie er gerade beschrieben wurde …! Aber immer eins nach dem anderen.

Zoe und Kylah sitzen in einem kleinen Straßencafé in Harpswell und warten. Sie sind auf der Route 1 über Yarmouth und Freeport gefahren, und die Blutsgeschwister haben unterwegs neue Billo-Klamotten und Schuhe für sie gekauft. Und natürlich neue Zahnbürsten und Handtücher, weil ihre Reisetaschen ja im Kofferraum von Mister Malgrimovs Benz geblieben waren … Sie solle ihr Herz nicht mehr an Gegenstände hängen, hatte Simon zu Zoe gesagt, und sie hatte ihn insgeheim ein wenig überheblich gefunden in dem Moment, und gedacht, das sage er vor allem, weil er sowas wie ein Obdachloser sei, ein Aussteiger. Aber mittlerweile beginnt sie zu begreifen, dass er wohl Recht hatte …

Harpswell jedenfalls ist ein entzückendes, herbstliches Fischerdorf auf der Halbinsel, oberhalb von Casco Bay. Das Rudel ist gerade ausgeschwärmt, um sich zu versichern, dass der Feind ihnen nicht hierher gefolgt ist, und um Elliots Segelboot klar zu machen, das hier derzeit an dem kleinen Hafen liegt. Damit soll es rausgehen zu dem sogenannten Caern, es muss also in Wassernähe liegen, auf Long Island oder so. Alles, was Zoe und Kylah jetzt gerade zu tun haben, ist, unauffällig zu bleiben, und Kylah soll darauf Acht haben, dass Zoe sich nicht aufregt. Am heutigen Mittag hat sie aber nur einen einzigen Rage-Punkt, und fühlt sich ziemlich normal, beinahe wie ein Mensch ohne Wolfsinstinkte.

Und es ist der Moment des Abschieds. Denn Kylah darf laut dem Litanei-Gesetz nicht das Caern gezeigt werden, oder auch nur seine genaue Lage verraten werden. Die Kinder Gaias kümmern sich bereits darum, dass sie nach Detroit zurück kommt, wie versprochen, wahrscheinlich mit einem Greyhound Bus. Eine lockere 26-Stunden-Fahrt.
„Ich hab' mich in der Villa die ganze Zeit nicht so recht getraut, Dich zu fragen, Kylah …“, sagt Zoe, während sie an ihrem soundsovielten Fischbrötchen herumkaut, „… Wie hat das Ganze für Dich eigentlich angefangen?“
„Hm. ... An dem Abend, als Du dieses komische Lied ‚I Like‘ aufgelegt hattest. In der Videothek, als auch Mitch da war, und dann Lousy Five Bucks, und die Irren von Sutter Cross.“
„Nein, nein, ich meine, vorher. Da wusstest Du doch auch schon, dass Du eine Knochenbeißerin bist!“
„Ach so …“, Kylah schaut in ihren Kaffeebecher, „Ja. Ich bin ehrlich gesagt noch gar nicht lange dabei. Ich weiß selber noch gar nicht so viel über meinen Stamm, und die Welt im Untergrund.“
„Aber hattest Du auch so eine Art … Ersten Wandel?“
„Meine Fresse, nein, ein Glück! Nee, bei Blutsgeschwistern läuft das doch ganz anders. Meine beiden Tanten sagen, sie wussten schon ganz lange, dass ich eine sei. ‚Ein Quäntchen Wolfsblut‘, sagt die eine immer. Die sind nämlich auch Blutsschwestern, weißt Du? Und diesen Frühling haben meine Verwandten es genau wissen wollen, und mich Borrow-Bus vorgestellt. In einer Punk-Kneipe in Detroit, in meiner Hood. Und der hat sich dann eben verwandelt. Da war schon keiner von denen mehr überrascht, dass ich den Anblick aushalten würde.“
„Wer ist denn Borrow-Bus?“
„Wer ist Borrow-Bus? Nur mal eben der mächtigste Knochenbeißer-Vater in ganz Michigan, Zoe! Einer unserer Ältesten.“
„Entschuldige, wusste ich doch nicht.“
„Nee, natürlich wusstest Du das nicht, konntest Du ja gar nicht wissen, war ja bisher geheim!“
„Und Du hast ihn also verwandelt gesehen, und hattest gar keine Angst.“
Kylah lacht auf, „Eine Scheißangst hatte ich! Ich bin kreischend aus dem Gebäude gelaufen! Das war das Entsetzlichste, was ich je gesehen hatte, als … als wäre, ich weiß nicht, die Wirklichkeit plötzlich kaputt, wie einer Deiner Gruselfilme. Nur eben in echt.“
Sie erschaudert bei der Erinnerung daran.
„Na ja, aber dann haben mich hinterher meine Tanten vorsichtig gefragt, ob ich mich erinnern konnte. Natürlich konnte ich! Die haben aber gesagt, das wär' der Beweis, dass ich wie sie sei. Wenn ich kein Wolfsblut hätte, dann wären meine Angstzustände eventuell noch schlimmer gewesen, und ich hätte vor allem hinterher alles verdrängt.“
„Ach ja?“
„Ja, ja. Der Verstand von Menschen, die im Netz der Weberin gefangen sind, ist zu panne, um echte Beweise für die wirkliche Welt ertragen zu können. Die knallen durch. Zumindest vergessen sie alles hinterher, und reden sich ein, alles war nur ein Traum, oder Hallus, weißte? Da kommt auch der Schleier her.“
„Inwiefern?“
„Ihr müsst hinterm Schleier leben, weil die normalen Menschen nicht mal in der Lage sind, sich an alles zu erinnern, was sie mit Euch erleben. Wenn Du Dich zu krass verwandelst vor ihren Augen, ist Sense. Ende des Gesprächs, Sendeschluss. Und hinterher ist alles vergessen.“
„Das klingt zumindest gewissermaßen praktisch“, raunt Zoe dumpf.
„Ja, theoretisch. Aber in Wirklichkeit umso unpraktischer, haben meine Leute mir erklärt, denn man weiß halt nie, ob sich irgendwer nicht doch erinnert. Und für immer durchknallt, oder versucht, Beweise zu sammeln. Deshalb gibt’s das Litanei-Gesetz, glaub' ich. Wenn also jemand den Schleier hebt, dann müssen hinterher irgendwelche Rudel rausgeschickt werden. Schadensbegrenzung betreiben, verstehste?“
„Nee, nicht so ganz …“, haucht Zoe.
Kylah flüstert, „Na, Beweise verschwinden lassen. Zeugen verschwinden lassen. Dann rollen Köpfe.“
„Ach Du Scheiße.“
Kylah nickt, „Ja, das sag' mal. Aber wenn das stimmt, dass Du bei den Kindern Gaias landen sollst, dann kannste Dir womöglich gratulieren. Was das betrifft zumindest. Die sind so ähnlich wie meine Leute. Die sind voll die Menschenfreunde.“
„… Die Knochenbeißer sind Menschenfreunde? Massalfassar sah ziemlich gut gelaunt aus, als er die beiden SUVs abgefackelt hat …“
„Zoe, die haben versucht, unser Rudel abzuknallen!“
„Ja, ja … ich verstehe ja …“
„Ich muss mich auch noch dran gewöhnen, dass es die Werte gibt, die wir als Menschen haben … also die Werte aus der Weberinnen-Welt … und die der Werwölfe. Die gehen nun mal auseinander. Können wir nichts machen.“
„… Ich werd' Dich so schrecklich vermissen, wenn Du weg bist.“
Kylah grinst zynisch, „Aber ein bisschen wirst Du bestimmt auch froh sein, nicht? Ich bin eine ziemliche Nervensäge.“
„Du warst die beste Freundin, die ich je hatte!“, sagt Zoe, und dicke, heiße Tränen kullern über ihre Wangen.
„Oh nein“, sagt Kylah, und verdreht demonstrativ die Augen, „Und Du bist eine Heulsuse!“, aber sie legt gleich mal den Arm um Zoe, und blinzelt auch verdächtig häufig.
„Am Liebsten würde ich Dich gar nicht allein nach Hause zurück gehen lassen“, schnüffelt Zoe kläglich.
„Ich hatte eher den Eindruck, Du fandest das nicht so toll, als sich herausgestellt hat, warum ich mich mit Dir angefreundet hab'.“
„Na ja, fand ich ja auch nicht. Du bist nun mal Teil der Verschwörung! … Aber niemand hat mir so geholfen wie Du.“
„Du bist nur gefühslduselig, weil die bescheuerten Spät-68er uns einen halben Tag weinerliche Protestmucke von früher vorgespielt haben in ihrer Karre! So Bob Dylan und so'n Kram!“
Zoe muss lachen, und wischt sich über die Wange.
Kylah grinst, und setzt noch einen drauf, „Ach Du meine Fresse, schon allein der Gedanke dran, wie Du wahrscheinlich aussehen wirst, wenn Du schließlich zurück nach Detroit kommen wirst von dem Caern an der Westküste! Mit verschissenen Blumen in den Haaren! Einem Peacezeichen-Tattoo auf der Stirn, und einer winzigkleinen rosa Sonnenbrille…“
„Hör' auf!“, lacht Zoe.
„… und Deinem ganz eigenen Gender-Pronomen, und Zugeeigneten Schlaghosen!“
Sie sind einen Moment lang still.
Dann sagt Zoe leise, „Es fühlt sich an, als müsste ich für immer weg. Als wäre das womöglich das letzte Mal, dass wir uns sehen.“
Kylah klingt etwas unsicher, „Nee, Quatsch. Hast Simon und dem Rudel ja versprochen, dass Du nach Detroit zurückkommst. Und Shady Sabina auch, und allen!“
„Wer weiß, wie wir sind, wenn wir uns dort wiedersehen.“
„Siehste? Du fängst schon wieder an mit dem Hippie-Gesäusel!“
Sie lachen beide, aber es klingt auch ein kleines bisschen verzweifelt.
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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #39 am: 30.11.2024 | 16:46 »
Und dann kommt kurz darauf der eigentliche Moment des Abschieds. Ein paar der Blutsgeschwister der Kinder Gaias kommen, um Kylah zum Busbahnhof zu bringen. Die sehen gar nicht aus wie Hippies, eher wie Seeleute oder Handwerker oder so, irgendwelche Einheimischen halt. Zoe wiederum soll mit Elliot Echoing Tides zum Bootshafen, und dort ablegen. Sie umarmen sich fest. Zoe kriegt es hin, nicht wieder loszuheulen, aber sie ist kurz davor; wie kann eine, die Menschen mit ihren Zähnen tötet, nur gleichzeitig so gefühlsduselig sein, sagt sie sich selbst, das passt doch gar nicht zusammen.


Es ist ein wunderbarer Herbstnachmittag, der blaue Himmel wird von orange-goldenen Wolkenschleiern überwandert. Elliots Boot bietet den fünf Personen, die übersetzen sollen, bequem Platz. Sie fahren nach Süden raus auf die Casco Bay, aber wollen Zoe nicht verraten, auf welche der Inseln sie wollen. Immerhin haben sie ihr nicht die Augen verbunden, weil das alles so geheim ist, oder sie KO geschlagen, oder so, denkt Zoe sich. Aber andererseits, nicht zu früh freuen, vielleicht kommt das ja auch noch!



Echoing Tide, der Philodox, sagt dem Neuzugang schon einmal die Litanei der Stämme auf bei dieser Gelegenheit, von ‚Bekämpfe den Wyrm, wo immer er haust und wann immer er sich zeigt‘ bishin zu ‚Du sollst nicht tun, was zur Entweihung eines Caerns führt‘. Besonderes Augenmerk schenkt er dem letzten dieser Gebote, welches gleichzeitig eins der wichtigsten ist, wie er sagt.
„… Die Caerns sind weltweit wenige geworden, musst Du wissen“, erklärt er, „Was die Satelliten der Weberin nicht erspähen und von ihren Baufahrzeugen planieren lassen, das unterwandern die Spione des Wyrms, und korrumpieren es, so scheint es heutzutage manchmal. Wir Garou hüten die Caerns seit Anbeginn der Zeit, als heilige Aufgabe von der Erdmutter Gaia, und wir beziehen von ihnen unsere Kraft.“
Mirabelle ergänzt, „Du wirst unser Caern heute kennenlernen. Wir werden Dich vorerst in die Nähe bringen, und mit Dir meditieren, um Dich rituell darauf vorzubereiten, das Heiligtum selbst zu betreten. Dann gehen wir über das Herz des Caerns in die Umbra, wo die Mondbrücken zur Westküste führen. Dies ist eine geweihte Pilgerschaft, denn diese besondere Reise führt durch die Geisterwelt. Wir nennen sie Umbra, denn sie ist der Schatten, den die stoffliche Schöpfung wirft.“
Die Theurgin klingt ganz andächtig, ein Schauder läuft Zoe über den Rücken.
„Einer der Knochenbeißer wollte mich schon durch die Umbra bringen“, erzählt Zoe, „einer namens Crash Site. Der hat aber nicht gesagt, das wäre eine heilige Pilgerschaft oder so. Für den schien das eher eine praktische Abkürzung zu sein.“
„Die meisten Knochenbeißer werden unterschätzt von den anderen Stämmen“, sagt Elliot, „die haben eine sehr klare Vorstellung von Heiligkeit. Sie drücken die nur auf eine Weise aus … die vielen Leuten nicht leicht verständlich ist. Die sind jedenfalls ganz gewiss nicht so wie das Rudel heute früh.“
„Ich kenne ein paar Knochenbeißer, Kylahs Leute. Die sind … durchgeknallt, aber irgendwie auch knuffig.“
„So kann man's womöglich auch sagen“, lächelt Echoing Tide.
Mirabelle jedoch bedenkt Zoe mit einem warnenden Blick, es scheint sich nicht zu gehören, so salopp von jemand anderem zu sprechen.
Etwas kleinlauter fährt Zoe fort, „Auf jeden Fall wollte Crash Site mich nicht rituell vorbereiten, oder so.“
„Das ist aber ratsam“, sagt Mirabelle streng, „Wir können Dich nicht tiefer hinein ins Caern führen, so wie Du jetzt bist. Starrend vom Schmutz der Welt der Weberin, und in diesem geistigen Zustand … total hibbelig. Die Geister nehmen Anstoß daran.“
„Ich bin heute total gelassen“, sagt Zoe, aber klingt tatsächlich total hibbelig, „Was für Geister? Ahnen?“
„Ja, auch. Ein ganzes Pantheon von Naturgeistern, Zoe, vereint unter unserem Stammes-Totem. Re'em, dem Wesen, das in der heutigen Welt als Einhorn bekannt ist, und welches die antiken Phönizier bereits kannten.“
Niedlich, ein Einhorn, will Zoe sagen, aber beißt sich auf die Zunge. Sie kann nicht beurteilen, was bei diesen Leuten ein lustiger Spruch ist, und was womöglich Blasphemie. Und sie weiß nicht, wie weitreichend ihr Welpenschutz sein mag.


Sie fahren zwischen vereinzelten Surfern und zahlreichen Fischerbooten hindurch, die kalte, sonnige Casco Bay hinab. Kleine Inseln liegen überall verstreut in der Bucht. Eine von denen scheint das Ziel zu sein. Die vier Kinder Gaias scheint die Anfahrt zu beruhigen, das Gefühl, sich ihrem Heiligtum zu nähern. Sie sprechen immer weniger untereinander, Thunder-Magic-Spoke wirkt richtiggehend meditativ, sie sitzt im Schneidersitz an Deck, den Wind in ihren aschblonden Haaren. Zoe kann nicht von sich behaupten, dass die Bootsfahrt sie sonderlich beruhigen würde, ihr bandagierter Arm pocht schmerzhaft, der Seegang und die Enge machen sie nervös. Sie bekommt einen zweiten Rage-Punkt.

Schließlich sagt Elliot feierlich zu Zoe, „Wir sind da: Jewell Island!“
Östlich von Long Island liegt eine kleinere Insel, die nicht besiedelt ist, und großteilig von dichtem, urwüchsigen Wald bedeckt ist. Die Farben im Licht des sonnigen Nachmittags wirken ungewöhnlich satt und intensiv.
Während sie auf einen langgezogenen, grauen Kiesstrand zuhalten, erklärt er, „Heutzutage ist Jewell Island nicht von Menschen bewohnt. Keine Fähre fährt dorthin. Es scheint nichts zu geben außer den verlassenen Bunkern aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. In Portland gehen allerlei Gespenstergeschichten um, über die nebeligen Strände … und die helfen dabei, Abenteuerlustige fern zu halten.“
Mirabelle ergänzt andächtig, „Hier hält unser Stamm seit siebzig Jahren das Caern der Nebelumwobenen Bucht.“
Zoe schaut zwischen den beiden hin und her, und dann auf den weiten Felsenstrand, aufgeregt wie ein junger Hund.



Jewell Island, Maine


Wie geht’s weiter, mit Meditation auf der einsamen Insel und dann einer Willkommensparty im Kreise der neuen Stammesgefährten? Oder vielleicht einer Fortsetzung des allgemeinen Action-Dramas? Ich bin mir etwas unschlüssig, also frage ich die Tabellen. Die Orakelwürfel sagen, Endure Strategy. Eine Strategie wird erduldet … oder sollen wir das interpretieren als Strategie des Ausharrens? Und wenn das eine militärische Strategie ist, dann heißt das, die Insel wird belagert! Das hängt dann unweigerlich zusammen mit dem Überfall der korrumpierten Knochenbeißer drüben in Portland! Ich weiß auch schon, wer das diesmal sein könnte.

Dann frage ich die Orakelwürfel noch, ob vom Caern aus Geister losgeschickt wurden, um die Neuankömmlinge zu warnen? Diese bejahen! Also dann:


Mirabelle zuckt plötzlich zusammen, und springt aus ihrem Schneidersitz auf, in die Hocke, wie eine sprungbereite Wölfin. Sie lauscht in den Wind. Ein paar Piniennadeln werden von der Brise getragen, ganz von der Insel her, und fallen lautlos auf das Deck, ganz in der Nähe von ihrer Position.
Zoe muss an Massalfassar denken, wie er auf dem Highway Nachricht von seinem unsichtbaren Geisterverbündeten bekommen hatte.
Die Theurgin wendet sich zu Echoing Tide um, und knurrt, „Sofort abdrehen!“
„Was ist los?“, fragt der Seemann.
„Das war einer unserer Waldgeister! Die Insel ist vom Feind besetzt! Das Caern wird belagert!“
Alle Garou an Bord fahren zusammen oder fletschen die Zähne. Auch Zoe bekommt einen dritten Rage-Punkt.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #40 am: 30.11.2024 | 23:12 »
Die Garou gehen in Deckung, Elliot Echoing Tide ändert den Anfahrtskurs, und holt eilig sein Fernglas heraus. Er lässt Zoe auch mal hindurch schauen: Zwischen den verfallenen Bunkeranlagen und dem dichteren Wald stehen Maskierte in Uniformen. Auf zweiten Blick sehen sie nicht aus wie US-Soldaten, sondern wie eine Söldnertruppe. Die Logos auf ihren Jacken sind nicht zu erkennen.



„Was sind das für Leute?!“, fragt Zoe ängstlich.
„Irgendein Sicherheitsdienst!“, raunt Elliot, „Die Privatarmee von irgendjemandem!“
„Es gibt in den USA doch keine Leute, die Privatarmeen aufstellen!“, raunt Zoe ungläubig.
Elliot guckt sie an, und nimmt ihr sein Fernglas wieder weg, „Da warte mal ab, bis die Ältesten Dich eingeweiht haben ...“
„Die haben es gewagt, den Wyrm in unsere Heimat zu bringen, zu unserem Heiligtum! Ich will die tot sehen, in tausend Stücken, ich will sehen, wie ihr wyrmisches Blut das Erdreich tränkt!“, grollt einer der Garou an Bord (Zoe glaubt, er ist Ahroun, wie sie selbst), „Volle Fahrt, Echoing Tide, bring' unss rannn!“
Thunder-Magic-Spoke entblößt ihre verlängerten Eckzähne, und starrt ihren Rudelgefährten an, und binnen weniger Augenblicke senkt dieser besiegt den Blick.
Sie knurrt, „Ich bin die Leitwölfin, und ich habe gesagt, was zu tun ist. … Die haben offensichtlich MGs, und wenn die nicht außerdem da irgendwo einen Raketenwerfer oder chemische Waffen angeschleppt haben, will ich eine Knochenbeißerin sein! Wir bleiben außer Reichweite, klar? Wir ankern hier. Die Welpin bleibt an Bord und bewacht das Boot. Der Rest geht über die Penumbra an Land. Wir durchbrechen ihren Verteidigungsring, und halten Rücksprache mit der Septe. Dann fallen wir gemeinsam mit denen diesen Söldnern in den Rücken, und reißen sie in Stücke!“
„Der Abend dämmert bald, und mit der Dunkelheit wird wieder Nebel heraufziehen“, sagt Echoing Tide bestätigend, „die Geister verleihen uns dadurch einen zusätzlichen Vorteil!“
„Ich will mit Euch kommen! Ihr könnt mich nicht alleine hier lassen!“, fleht Zoe, auch ihre Zähne sind schon wieder verlängert, so wie ihre Fingernägel. Ich gebe ihr einen vierten Rage-Punkt.

Ich bin unsicher, wie die Älteren entscheiden sollen. Was sagen also die Orakelwürfel dazu? Escort Advantage; das klingt, als wäre das Rudel durchaus kompromissbereit:

„Es wäre ein Vorteil, wenn wir die Welpin an Land eskortieren, Mirabelle!“, sagt Echoing Tide, „Ich gehe davon aus, dass die Dreckskerle uns längt gesehen haben, aber bisher für ein Touristenboot halten. Aber wenn wir hier ankern, schöpfen sie vielleicht früher oder später so richtig Argwohn. Vielleicht kommen sie dann hierher raus gefahren, und entern. Da darf dann niemand an Bord sein!“
„Guter Einwand, Philodox“, sagt Mirabelle, „dann gehen wir alle. Zoe, wir müssen Dich mit in die Penumbra nehmen. Warst Du schon einmal dort?“
„I-ich … nein, ich habe Crash Site ja nicht begleitet …“
„Dann wird das verunsichernd für Dich sein. Wir werden Dich beschützen. Versprich', dass Du nicht unsere Seite verlässt, unter gar keinen Umständen — egal, was für Stimmen oder Anblicke Dich dort verlocken mögen!“
„Ich versprech's!“, beeilt sich Zoe zu sagen.
„Gut, so sei' es“, knurrt Mirabelle, „Alle Dinge, die nicht Erweckt oder Zugeeignet sind, kommen sofort unter Deck! Alle Luken und Türen hinterher verrammeln! Dann Seitwärts Wechseln!“
Während die Werwölfe hektisch gehorchen, tritt Mirabelle vor Zoe, und sagt leise, „Atme tief ein und aus! Versuch', Deinen Kopf von allen Gedanken zu leeren, Zoe!“
„Okay. … Oh, Elliot soll vorher nochmal meinen Verband festziehen, bitte!“
„Du kannst nichts mitnehmen! Auch nicht den Verband. Alles grobstoffliche bleibt im Gaia-Reich, wenn wir es verlassen. Atme tief, und sieh' in diesen Spiegel!“
Sie holt einen kleinen, altmodischen Taschenspiegel hervor, der ihr an einem Kettchen um den Hals hängt, klappt ihn auf.
„Sieh' in Deine Reflexion, Zoe … bis Dein Blick leicht zu verschwimmen beginnt … und dann versuch', auf den Hintergrund Deines Spiegelbilds zu achten, aber nur aus den Augenwinkeln. Lass' Deinen Blick verschwimmen … bis Du das Netz der Weberin siehst!“, am Ende flüstert ihre Stimme nur noch, geradezu beschwörend.
„Das was?!“, haucht Zoe gebannt.
„Das Strukturnetz! Wir müssen Dich am Strukturnetz vorbei bringen. Dahinter liegt die Geisterwelt! Wir sind halbe Wölfe … halb Fleisch, halb Geist. Wir können uns jederzeit in die Penumbra versetzen, mit Konzentration. Dies nennen wir Seitwärts Wechseln!“
„Ich … Du meine Güte, ich sehe was im Spiegel, um mein Spiegelbild herum!“
„Denk' an nichts! … Teile den Samtenen Vorhang, Zoe!“

Ich würfle erstmals Gnosis, gegen eine Barriere-Schwierigkeit von 6, hier draußen auf dem Wasser. Mirabelle macht einen Unterstützungswurf mit Charisma+Enigmas, und generiert Zoe einen Zusatzerfolg. Das ist auch gut, denn Zoe hat einen Würfel weniger durch ihren Wundabzug, und kommt mit den verbleibenden zwei Gnosis-Würfeln auf eine eins und eine 10. Durch die Unterstützung bleibt ihr dann ein einziger Erfolg.

Zoe sieht tatsächlich etwas Undeutliches schimmern im Spiegelbild, aber dann fühlt sie plötzlich einen nagenden, rationalen Zweifel: Diese Werwölfe sind einfach verrückt, so wie Crash Site, das, was die ihr vormachen wollen, das sind doch reine Eso-Fantasien! Dann aber spürt sie, wie das Schiffsdeck unter ihren Füßen hinweg sinkt, sie hängt in der Luft. Um sie herum scheint eine formlose, lichtlose Unendlichkeit zu sein, ein Gefühl von Erstickungsgefahr, von Vakuum, von Leere. Überall wird dieses Dunkel durchzogen von dünnen, dumpf schimmernden Linien, wie feine Stahlseile. Sie versucht, sich dort hindurch zu hangeln, krallt panisch dagegen an, mit Armen und Beinen. Sie hat keinerlei Zeitgefühl mehr, als diese Missempfindung aufhört, so schlagartig wie sie gekommen ist.

Wasser umspült sie urplötzlich. Sie schluckt es, bekommt es in die Nase, schwimmt panisch aufwärts. Sie muss von Deck gestürzt sein. Tausend Luftbläschen glitzern um sie herum. Es fühlt sich nicht so eisig an wie erwartet, und die Strömungen umgeleiten sie, wie lebendig. Japsend erscheint sie an der Oberfläche.



Alle Farben sind plötzlich unfassbar intensiv, alle Umgebung wie weichgezeichnet! Gleißendes Sternenlicht ist über ihr, so hell wie sie es noch nie gesehen hat. Die Insel liegt in der Abenddämmerung vor ihr, aber das Boot ist völlig verschwunden.
Zoe bringt einen Hilfeschrei hervor, versucht, Halt zu finden.
Die blaugrünen Meerwogen heben und senken sie. Ein paar Silhouetten von Wölfen und Menschen sind auszumachen, die schwimmen um sie her.
„Da ist sie ja endlich!“, sagt eine davon.
„Wir dachten schon, Du wärst verloren gegangen, trotz des Spiegels“, hört man Mirabelles Stimme, „Gaia sei' Dank, dass Du endlich hindurch bist! Willkommen in der Penumbra! Wir müssen an Land schwimmen!“
„Wo ist das Boot?!“, japst Zoe fassungslos.
„Das existiert auf dieser Seite nicht. Komm' jetzt! Bleib' ganz dicht bei uns, egal, was geschieht!“

Kurz darauf gehen sie an Land. Jeder einzelne Kieselstein unter Zoes Händen und Knien sieht für sie plötzlich uralt aus, jeder wie ein Zeitzeugnis, etwas, das eine Geschichte aus ferner Vergangenheit erzählen könnte. Die Wälder vor ihr scheinen im gespenstischen Abendlicht plötzlich größer, imponierender, wie gewaltige Urwälder. Tierlaute erfüllen den Strand, seltsam verzerrt und unwirklich. Die Wellen scheinen eine Melodie zu wispern. Zoe zittert am ganzen Leib, nicht vor Kälte, denn der Herbstabend scheint plötzlich angenehm temperiert. Sie ist fassungslos.
„Ihr habt nicht gelogen“, bringt sie nur hervor, als sie sich endlich erhebt.
„Wir lügen nicht unter Stammesgeschwistern“, stellt Echoing Tide fest.
„Was ist mit den Kerlen mit den MGs?“, fragt Zoe, und sieht sich furchtsam um.
„Die existieren auch nicht auf dieser Seite! Die sind Sterbliche!“, raunt der Philodox.

Soundtrack: Daniel Pemberton, Riot and Flames
https://www.youtube.com/watch?v=AMTqK54dYKY

„Ich sehe sie, dort drüben …“, raunt der andere Ahroun, wie in Trance, „Viele, kleine Grüppchen. Sie wirken gelangweilt. Sie sind tatsächlich im Halbkreis um die Lage des Caerns angeordnet! Vielleicht sogar als Belagerungsring, ich kann nicht sehen, ob im Wald auch welche sind!“
„Verwandelt Euch in Lupus-Form!“, befiehlt Mirabelle, „Wir rennen zum Caern!“
Zoes nachwachsender Eckzahn pulsiert unangenehm beim Gedanken daran, was beim letzten Mal passiert war, als sie diese Verwandlung versucht hatte, bei den Schattenherrschern. Aber ihr Wurf bringt sie mit einem Batzen von Erfolgen binnen weniger Wimpernschläge durch all ihre verschiedenen Gestalten, ganz bis in die eines Wolfs. Tierische Impulse ersetzen ihre menschlichen Gedanken. Ihre Sinne sind so scharf, dass die Wucht der Informationen sie zu überwältigen scheint. Jede Geruchsnote und jedes kleine Geräusch liefert zahllose Hinweise über diesen Ort.



Schon rennen die anderen vier los, und sie ignoriert den Schmerz und das Nervenflattern der Verwandlung, und die Armwunde (welche jetzt eine Wunde an ihrem einen Vorderlauf ist), und folgt so schnell sie kann.

Sie passieren einen mannshohen, aufgestellten Stein, der graviert ist mit uralten Schriftzeichen. Wenn man Zoe gesagt hätte, dass der aus der Zeit des uralten Phöniziens sei, sie hätte nicht daran gezweifelt. Das im Zentrum eingravierte Einhorn starrt ihr aus weit aufgerissenen Augen entgegen, anmutig und gleichzeitig bedrohlich. Es könnte so eine Art Gebietsbegrenzung darstellen. Eine Warnung, dass man ab hier Fuß auf das Territorium dieses Fabeltieres setzt — und der Kreaturen, die es anbeten.


« Letzte Änderung: 1.12.2024 | 01:43 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #41 am: 1.12.2024 | 00:00 »
Orakelwürfel, was sagt Ihr zum Weg zu dem Caerngelände? Locate Danger, wunderbar. Das bedeutet offensichtlich ein Encounter unterwegs. Vielleicht sind die einheimischen Naturgeister aufgestört, und dadurch aggressiv, oder aber die Besatzer haben ihre Wyrmgeister vom Festland mit sich gebracht! Die Orakelwürfel entscheiden, dass Ersteres eintritt! Das ist dann ein Niederer Wyldling, wie im Werewolf:TA-Grundbuch beschrieben.

Äste und ganze Büsche werden von irgendeiner gewaltigen Zentrifugalkraft auseinander gerissen und davon geschleudert, Erdbrocken fliegen aus dem Erdreich in alle Richtungen. Etwas Großes nähert sich den Garou, wirbelnd, grell lodernd.
Erschrocken gehen mehrere von ihnen in Crinos- oder Glabro-Form.
„Da vorne, das ist Nerca-Gyr-Ith! Er hat seine Höhle verlassen?!“
„Und er kommt direkt auf uns zu! Er ist übergeschnappt! Vielleicht hält er uns auch für Eindringlinge!“



Nerca-Gyr-Ith, ein Niederer Wyldling auf Jewell Island
(in 10 Sekunden wird er wieder völlig anders aussehen)



Da ich hier wieder jede Menge Werwölfe mit unbekannten Profilwerten habe, verwende ich für diese Zwischenbegegnung wieder meinen selbstgehäkelten Kampf-Move. Dies ist eine Gefahrvolle Begegnung, und der Geist hat die Initiative. Die Kinder Gaias sind zwar noch angeschlagen wie Zoe vom letzten Kampf, aber kampferfahren und gut bewaffnet, also Formidable Unterstützer.

Runde 1: Zoe erhält einen fünften Rage-Punkt bei Kampfbeginn, als das wirbelnde, krachende Naturphänomen sie alle erreicht. Davon kaufe ich ihr gleich mal eine Rage-Aktion.
Der Wyldling nimmt inmitten seiner Wolke aus wirbelndem Laub, Staub, Erdklumpen, und Ästen die Gestalt einer tief violetten Sturmwolke an, und schickt den Störenfrieden magische Blitze aus deren Tiefen! Die Garou stieben auseinander, Zoe würfelt Geschick+Ausweichen, und erzielt gerade so den nötigen Erfolg, um nicht zwei Wunden hinzunehmen. Blaue Entladungen zersprengen Erdreich und Astwerk, und Splitter fliegen Zoe um die Ohren! Wie soll man einen Wirbelsturm bekämpfen, eine Gewitterwolke?! Unter Keuchen zwingt sie sich in ihre Crinos-Gestalt. Mit ihrer Rage-Aktion wuchtet sie ein großes Stück Totholz als Wurfgeschoss in den tobenden Wirbel hinein! Zwei Erfolge bei Stärke+Athletik.
Für die anderen Werwölfe sagen die Orakelwürfel, dass sie von den Blitzladungen auseinander getrieben wurden, einige wurden schwer versengt. Ihre Krallenhiebe bleiben weitgehend wirkungslos. Sie tragen nichts zum Kampfergebnis bei, und ihre Kampfstärke sinkt um eine Stufe.

Damit ist mein Kampfergebnis nur zwei, und die Challenge Dice machen daraus einen Misserfolg! Ich würfle für den Move namens Pay the Price: Die Garou werden laut der Tabelle von Stress gepackt. Naheliegend.

Ich mache einen Rage-Wurf für Zoe, um zu sehen, ob sie in Fuchsraserei verfällt, und instinktiv fliehen muss. Sie kann ihren Fluchtinstinkt jedoch glücklicherweise unter Kontrolle halten, derzeit ist noch Sichelmond.

Runde 2: Mit zwei Akteuren sind diese Encounter deutlich leichter! Also investiere ich mal zwei Rage-Punkte für Extra-Aktionen.
Der Wyldling verwandelt sich von der violetten Sturmwolke in etwas Neues — Zeltplanen und Befestigungsschnüre peitschen im Wind, er hat nun absurderweise die Form eines primitiven, römischen Belagerungszeltes! (Die Tabelle Themes hat nämlich Shelter ergeben, und von der mache ich das Erscheinungsbild des Gegners jede Runde abhängig!) Ganz knapp kann Zoe die peitschenden Seile mit ihrem massigen Unterarm abwehren. Nachdem jetzt die Schnüre so praktisch darum gewickelt sind, reißt sie ihrerseits daran, bringt die flatternde Zeltplane näher an sich, und zerbeißt sie! Vier Erfolge für das Kampfergebnis! Dann kommen ihre Rage-Aktionen, bei der ersten beginnt sie das wildgewordene Pagodenzelt zu erklettern, und reißt mit ihren Klauenpranken die Zeltplane in Fetzen! Ein Brutales Resultat fällt auf ihren verbleibenden Rage-Würfeln, und da dies eine Attacke ist, zählt dieses als fetzige drei Zusatzerfolge, das beschert mir sechs insgesamt! Yeah! Mit ihrer zweiten Rage-Aktion macht Zoe das erneut, sie hat sich im zuckenden Zeltdach verkrallt, und reißt brüllend Stücke von Plane und Gestänge heraus. Nochmal drei Erfolge.
Die Kinder Gaias haben sich gesammelt, und tun es ihr gleich, Klauenhände und Kampfmesser bearbeiten das antike Belagerungszelt von allen Seiten, mit schrecklicher Präzision.

Diese Runde lief ausgezeichnet, mein Kampfergebnis ist locker bei dem Maximum von 10. Erwartungsgemäß ein Strong Hit! Zwei Fortschritt für den Kampfverlauf gibt es bei Gefahrvollen Begegnungen, und der Strong Hit verdoppelt diese. Die Werwölfe übernehmen jetzt außerdem die Initiative.

Runde 3: Ich kaufe Zoe eine einzelne Rage-Aktion. Die Themes-Tabelle sagt Language, also verwandelt der Wyldling sich damit in eine Wolke aus tausenden, wild durcheinander fliegenden Buchseiten, und schreit in zahllosen Stimmen Wörter verschiedener Sprachen durcheinander! Die Papiere sind durchlässiger als das Zeltgestänge, und Zoe kracht zu Boden, was aber einen Rage-Punkt zurückbringen soll! Wutentbrannt schnappt sie nach den Seiten, und krallt um sich, die empfindlichen Ohren angelegt wegen dem lauten Geschrei, das der Wyldling produziert. Diesmal generieren ihre beiden Aktionen nur drei Erfolge für das Kampfergebnis. Die Wolke attackiert die Werwölfe mit den Buchseiten, Zoe wehrt mit ihren Unterarmen die Papierschnitte ab.
Die Verbündeten arbeiten sich von allen Seiten mit ihren Krallen in das Papiergewirr, einige heulen auch lautstark gegen das Stimmgewirr an, was ebenfalls Wirkung zeigt. Dadurch steigt mein Kampfergebnis auf vier erhöht. Das ist ziemlich lumpig.

Kaum zu glauben: Trotz dem schlechten Kampfergebnis immerhin ein Weak Hit! Der Fortschritt ist nun insgesamt sechs. Nächste Runde kann ich den Kampf entscheiden, wenn ein Strong Hit fällt!

Runde 4: Deshalb gehe ich aufs Ganze, und setze beide verbleibenden Rage-Punkte. Die Themes-Tabelle sagt jetzt Dream, und damit wird der Wyldling zu einer Fiebervision, man sieht ineinander fließende Farben und Traumlandschaften, zerplatzende Lichter, und sich ständig verändernde Gestalten. Hätte man die Zeit, sich diesem Anblick hinzugeben, würde man gewiss verrückt werden, oder zu einem Propheten. Zoe hat instinktiv einen Einfall, sie verharrt kurz, um verschiedene Elemente der schwebenden, wirbelnden Traum-Wolke zu erfassen. Zwei Erfolge bei Wahrnehmung +Auffassung. Dann ruckt ihr Wolfshaupt vor, und sie beißt in eins der zentralen, wiederkehrenden Motive in dem Fiebertraum, es zergeht zwischen ihren Kiefern. Drei Erfolge für das Kampfergebnis. Das wiederhole ich, für noch zwei Erfolge. Damit ist der Wyldling dran, und Zoe muss mit entsetzten Armbewegungen die Angriffe blocken, welche die näher kommenden Gestalten aus dem Fiebertraum auf sie machen.

Die anderen im Rudel nutzen gezielte Angriffe oder rituelle Beschwichtigung, und tragen noch einen Erfolg bei.

Mit einem fetten Kampfergebnis von acht erziele ich einen Strong Hit! Unser Fortschritt ist nun volle zehn. Ich würfle die Challenge Dice direkt erneut für den Ironsworn-Move End the Fight. Trotz dem maximalen Fortschritt wird es nur ein Weal Hit, denn ich brauche jeweils Neuner oder niedriger auf den 2W10, und es ist eine 10 dabei. Die Werwölfe gewinnen also den Kampf, aber ich muss eine der Negativ-Konsequenzen auswählen aus der Liste vom End the Fight-Move. Ich wähle Marked for Vengeance! Den Wyldling Nerca-Gyr-Ith finde ich einen unterhaltsamen Gegner, der kann in seinem Irrsinn Zoe später erneut heimsuchen (dann womöglich als regulärer Kampf, mal sehen)!

Thunder-Magic-Spoke versucht, den Geist zu beschwichtigen, jetzt, wo er geschwächt ist, man hört sie beschwörend in der Hohen Zunge reden. Es ist nicht ersichtlich, ob er sie versteht, aber jedenfalls dispersiert er plötzlich, stiebt auseinander als eine riesige Wolke von Glühwürmchen-Leibern. Vielleicht, um anderswo auf der Insel weiter zu wüten, vielleicht, um in seine Höhle zurückzukehren.

Soundtrack: Daniel Pemberton, Growing Up In Londinium
https://www.youtube.com/watch?v=Rpml6_nvxQ8&list=RDAMTqK54dYKY&index=24

Die Kinder Gaias helfen ihren Rudelgefährten wieder auf die Beine, welche von den Blitzstrahlen geschockt wurden, heulen ihr Triumphgeheul hinaus, und rennen dann eilig weiter in Richtung ihres Caerns.
Im Laufen fragt Zoe in ihrer Wolfsform, keuchend und winselnd, was das war.
Echoing Tide signalisiert ihr auf Lupin, dass dies einer der Verbündeten ihres heiligen Ortes sei. Normalerweise bliebe er in seinem Bau. Die Feinde müssen ihn herausgelockt haben, und so verstört, dass er sie für Gegner gehalten hat! Er ist ein Geschöpf des Wylden, und daher unkontrollierbar.
Zoe jault verwirrt, was ist denn das Wylde?
Echoing Tide bringt zum Ausdruck, dass ihr die Ältesten dies erklären würden, wenn man ihr alles beibringen würde. Dafür wäre Zweibeiner-Sprache nützlich …

Wie sieht es beim Caern aus? Explore Labor, sagen die Orakelwürfel. Es wird demnach gerade gar nicht gekämpft, sondern es werden Erkundungen angestellt, bezüglich zu verrichtender Arbeiten. Vielleicht werden Verteidigungsanlagen gerade wiederaufgebaut. Aber das englische Wort labor kann ja auch Wehen bedeuten, vielleicht wird heute Nacht außerdem ein Kind in der Septe geboren? Beides gut, ich entscheide mich mal für Letzteres.

Die Neuankömmlinge stoßen ein Geheul aus, um sich anzukündigen, als sie eine felsige, dicht bewaldete Anhöhe hinauf preschen. Dann verwandelt Mirabelle sich zurück, und kommandiert die anderen, wieder Seitwärts zu Wechseln. Sie scheinen angekommen zu sein.
Zoe schafft die Konzentrations-Leistung diesmal ohne Hilfe und ohne einen Spiegel, aber es dauert erneut fünf Minuten, die ihr wie eine Unendlichkeit vorkommen, und sie fällt völlig enerviert auf die Knie, als sie endlich wieder in die stoffliche Welt stolpert, aus dem Nichts zwischen den Realitäten. (Dieses Schrecknis soll ihr aber einen neuen Rage-Punkt geben, immerhin.) Sie schaut desorientiert auf.

Das Erste, was Zoe ins Auge sticht in dem tiefen Wald oberhalb von der kleinen Bucht,  ist eine hochschwangere Frau inmitten einem guten Dutzend von Personen. Einer der Anwesenden stützt sie. Alle sind ähnlich gekleidet wie die anderen Kinder Gaias, die Zoe bisher getroffen haben, alle Kleidung ist selbstgemacht, kleine Fetische und Talismane baumeln davon, nur wenige Erinnerungsstücke aus der Zivilisation sind an ihnen zu sehen. Auf dieser Lichtung gibt es steinerne Feuerstellen, und eine Handvoll kleiner, uriger Blockhütten. Ein seltsamer Zauber scheint auf der Nachtluft zu liegen, die Umgebung sieht zwar wieder aus wie die Menschenwelt, aber gleichzeitig sind die Farben eine Nuance kräftiger, die Dunkelheit ein wenig samtener, die Geräusche des Waldes etwas geisterhafter.

Die Neueingetroffenen sind bereits im Gespräch mit den Septenmitgliedern. Viele der versammelten Stammeskrieger hier sind ähnlich angeschlagen und verarztet wie Mirabelle's Rudel und Zoe.
„… Die Geburtsstunde meines Enkels ist gekommen, während meine Zeit fast um ist“, sagt gerade ein breitschultriger Alter zu Mirabelle, „Das ist ein gutes Zeichen, und dafür danken wir Gaia. Die Belagerung und der Diebstahl können mir die Freude darüber nicht mehr nehmen. Aber dennoch müssen wir umgehend einen sicheren Ort für die Niederkunft finden. Es kann sein, dass der Feind im Verlauf der Nacht doch noch einen weiteren Angriff wagt.“
„Wenn die Versammlungsstätte überrannt wird, dann erreichen sie vielleicht das Herz des Caerns“, sagt ein anderer Krieger, „alle, die nicht bis zum Tode kämpfen können, müssen deswegen von hier fort. Unsere Ragabash suchen gerade eine sichere Fluchtroute für sie.“
Zoe legt beide Hände vor den Mund, während sie zuhört.
„Jetzt sind wir noch einmal fünf Garou mehr!“, sagt Mirabelle wütend, „Wir unterstützen Euch. Wir können einen Ausfall gegen ihren Verteidigungsring durchführen. Wir fallen ihnen in den Rücken.“
„Ich beiße ihnen die Hälse durch! Gaia soll ihr Blut geopfert bekommen, für ihre Vergehen!“, entfährt es Mirabelles jungem Ahroun, er klingt verzweifelt.
„Fünf?“, fragt der alte Mann, „Ah, ja. Die Verlorene Welpin ist mittlerweile auch da“, und er sieht zu Zoe herüber. Instinktiv macht sie sich etwas kleiner unter seinem Blick.



Der Septenherr


Er sagt mit einer merkwürdigen Ruhe, „Sei' willkommen in der Septe der Nebelumwobenen Bucht, Zoe Matherson, Elias Roves-With-The-Morning-Clouds' Enkelin. So kurz Dein Aufenthalt hier in unserem Caern auch sein wird, ich hoffe, er bringt Gutes mit sich.“

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #42 am: 1.12.2024 | 11:40 »
Hier habe ich die Werte für das kleine Caern:

Das Caern der Nebelumwobenen Bucht, Jewell Island
Rang: 2
Typ: Ruhe (Weisheit)
Caern-Totem: Sternenlicht
Stammesstruktur: Kinder Gaias (Besucher von anderen Stämmen werden geduldet)
Bevölkerung: 8-15 Garou und manchmal Blutsgeschwister im Umland (Anwesenheit fluktuiert mit Besuchen vom Festland)
Barriere-Wert: 4


Mirabelle tritt zu Zoe, und sagt zu ihr, darum bemüht, ihre Fassung zu behalten, „Zoe. Der Älteste hat uns bereits erklärt, was vorhin geschehen ist. Der Feind hat vorhin einen Angriff auf die Caerngrenzen versucht … scheinbar aber nur als Ablenkungsmanöver, um gleichzeitig einem einzelnen abtrünnigen Werwolf hier das Einschleichen zu ermöglichen. Der hat unter anderem der Pfadstein aus dem Caern geraubt! Das ist eines der Heiligtümer der Septe. Ohne den kann der Ritus der Geöffneten Brücke nicht durchgeführt werden — und wir können Dich nicht über die Mondbrücken wegbringen, hinüber zur Westküste.“
„Ich versteh' nicht, glaube ich …“
„Der Feind weiß genau, womit er es hier zu tun hat. Sie wissen, dass sie die Septe schwächen können, indem sie sie isolieren! Darum haben sie den Pfadstein gestohlen! Der Abtrünnige, der ihn hat, ist bereits fort, vielleicht über die Penumbra geflohen. Die sterblichen Belagerer bleiben zurück, wahrscheinlich um sich auf ihren nächsten Schachzug vorzubereiten. Dies wird ein neuerlicher Angriff auf das Caerngelände sein.“
„Ich helfe Euch!“, sagt Zoe verzweifelt. Kläglich klingt ihre Stimme, sie hat nach dem irren Kampf mit dem aufgescheuchten Wyldling nur noch einen übrigen Rage-Punkt.
Der Älteste tritt neben sie, und sagt, „Du, mein Kind, gehörst zu denen, die wir zu beschützen haben. Du bist noch nicht eingeweiht, und kannst noch nicht kämpfen.“
„Ich kann kämpfen …“
„Still, Zoe“, ermahnt Mirabelle, „Der Älteste spricht zu Dir.“
Dieser winkt gelassen blinzelnd ab, und sagt, „Du wirst Deine Gelegenheit zum Kämpfen schon noch erhalten, Zoe Matherson. Sternenlicht hat mir vor wenigen Nächten prophezeit, was für mich zu tun ist. Sie ist unser Caern-Totem, musst Du wissen. Jetzt erst verstehe ich ihren Orakelspruch, nun, da alle Ereignisse sich entfalten. Ich werde nicht hier mein Ende finden, sondern auf dem Festland. Du wirst mich eskortieren, Welpe.“
Mirabelle sieht erstaunt den Ältesten an, und fragt, „Meint Ihr das wirklich, Wintermoon-Tooth-rhya?“
„Mein Aufbruch muss noch heute Nacht geschehen, Thunder-Magic-Spoke-yuf. Wir haben keinen Pfadstein mehr, und werden ihn nicht rechtzeitig zurück erlangen. Ich geleite Zoe Matherson zu einer Septe auf dem Festland, die eine Mondbrücke aufbauen kann zur Septe des Westlichen Auges. … Meine letzte Reise.“
„Das sind über dreitausend Meilen, Herr!“
„Sternenlicht war sehr deutlich in ihrer Weissagung. Sie ist mir seit vorhin glasklar.“
Mirabelle sieht den Ältesten an, dann senkt sie demütig den Blick vor ihm. Sie schaut Zoe an, und sagt, „Zoe Matherson, Du hast unseren Septenherren gehört. Dies ist eine ungewöhnliche Ehre für Dich! Welpe, dies ist Qiao Ju Wintermoon Tooth, Ältester der Kinder Gaias. Du musst ihn mit ‚Wintermoon-Tooth-rhya’ ansprechen. Denk' an die Litanei-Gesetze, die Dir vorhin erklärt worden sind: Unterwerfung unter Höherrangige! Du tust, was er Dir sagt!“
Zoe nickt hastig, „Versprochen!“

Drei Ragabash kehren kurz darauf zurück, und berichten aufgeregt, dass sie einen Pfad gefunden haben, der außer Sichtweite der lauernden Söldner ist, hinab zu dem Ort, den sie ‚Mondschein-Moos-Höhle‘ nennen. Sogleich werden die Hochschwangere, ihre Geburtshelfer, Zoe, und eine Handvoll andere losgeschickt dorthin. Der Rest der Werwölfe macht sich kampfbereit. Zoe sieht ihnen nach, mit gemischten Gefühlen. Sie will ihnen eigentlich helfen, aber es wurde ihr ja untersagt; außerdem ist sie verletzt, und ihre Wut ist durch den Kampf vorhin verraucht. Sie hilft also, die imposante schwangere Garou zu stützen, während die Scouts sie alle einen felsigen Weg hinab führen. Hin und wieder tasten Suchscheinwerfer durch die nächtlichen Baumstämme, nicht allzu weit von hier. Zoe bildet sich ein, das feine Surren einer Filmdrohne irgendwo zu hören. (Das ist natürlich beides enervierend für sie; schon bekommt sie wieder einen zweiten Punkt Rage!)
„Nicht so schnell, es geht gleich los“, murmelt die Frau.
„… Ihr Erstes?“, fragt Zoe neugierig, sie hatte bisher kaum mit Schwangeren zu tun.
„Ja. Ich dachte, ihn in einem Caern der Ruhe zur Welt zu bringen, würde alles entspannter machen! Hah, da sieht man mal, wie das Leben voll mit Unerwartetem ist!“
„Wir passen auf Sie auf“, raunt Zoe, „versprochen!“
„Ich hoffe, er wird auch Garou!“, sagt die werdende Mutter.



In einer kleinen Höhle über der Bucht suchen sie der Frau eine bequeme Stelle, und die Geburtshelfer beziehen Position mit ihrem heißen Wasser und ihren Tüchern. Zoe guckt fasziniert und besorgt zu. Sie könnte sich bequemere Orte vorstellen, um zu gebären. Sie scheint aber die einzige hier zu sein, die sich daran stört, der Rest ist offensichtlich gewohnt ans Leben in der Natur.

Eine der leicht asiatisch aussehenden Töchter des Ältesten ist die Zeremonienmeisterin der Septe. Sie führt Zoe beiseite, und steckt sie in ähnliche Lederkleidung, wie die anderen sie tragen, knielange Hosen und ein Wams, an den Seiten mit Kreuzschnürung aus Lederbändern.



„… Diese Kleidung wird die letzte Kleidung sein, die Du in Deinem Leben brauchst. Haben wir hier auf der Insel aus Wildleder gemacht, ist unverwüstlich. Folgt Dir in die Umbra. Wenn Du Dich verwandelst, werden die Schnürungen so elastisch, dass nichts gesprengt wird. Vielleicht musst Du alle paar Monate mal ein paar Nähte etwas nachnähen. Du darfst kein industriell hergestelltes Garn verwenden dafür! Denn ich weihe sie Dir jetzt, mit dem Ritus der Talisman-Zueignung.“
Ohne weitere Fragen abzuwarten, beschriftet die Werwölfin mit Kennerblick Zoes Kniekehlen, Schultern, und Rücken mit Markierungen aus Tierblut, und dann die entsprechenden Stellen an ihrer neuen Kleidung. Dann muss Zoe das Zeug anziehen, und die Zeremonienmeisterin zieht die Kreuzschnürungen umständlich fest, bis sie alle perfekt sitzen. Auf einmal fühlt diese Kleidung sich tatsächlich buchstäblich an wie eine zweite Haut, das bequemste, was sie je anprobiert hat.
„Wow, das ist … wow, äh, danke, Ma'am!“, sagt sie unsicher.
Die Meisterin tätschelt ihr nachsichtig die Schulter, „Du wirst noch genug für den Stamm tun in Deinem Leben, Mädchen. Betrachte uns als quitt. Sieh' Du nur zu, dass Du meinen Vater gut beschützt, wenn Ihr auf dem Festland seid! Und dass Du ihn nicht Pfeife rauchen oder amerikanisches Bier trinken lässt!“

Danach hat niemand mehr wirklich Zeit für Zoe und ihre vielen Fragen. Sie sieht aus einigem Abstand zu dabei, wie das Wunder des Lebens in der Mache ist. Gelegentlich sieht sie durch den Eingang in der Decke hinauf ins Sternenlicht über den Wipfeln. Was für ein wundersamer, unverständlicher Ort das hier ist …!

Als die Geburt überstanden ist und Säuglingsgeschrei und erleichtertes Erwachsenenlachen die kleine Höhle erfüllt, kommen die beiden Ragabash zurück.

Da fragen wir mal die Orakelwürfel, was für Nachrichten die wohl bringen: Uuuh, absolut passend, Finish Rival! Heißt das, die Werwölfe draußen im Wald haben die Söldner schon alle verhackstückt, oder heißt das, dass sie um den Kampf zu beenden noch einmal Hilfe brauchen? (Dann bekommt auch Zoe doch noch Gelegenheit, zu Wüten!) Die Würfel fallen, und sie sagen, ersteres:

„… Deutlich über ein Dutzend Söldner sind gerissen worden! Der Rest ist gerade auf einem hastigen Rückzug, die fliehen zu ihren Schlauchbooten!“, sagt der eine Ragabash keuchend.
Der andere ergänzt, „Du musst sofort aufbrechen mit dem Ältesten, Welpe! Wir müssen deren Verwirrung nutzen!“
Der erste fügt hinzu, „Wir können nicht abschätzen, ob sie versuchen, sich noch in Stellungen einzugraben am Strand, oder gar in den frühen Morgenstunden noch einmal mit Verstärkung zurückkommen. Wenn man die Insel unbemerkt verlassen kann, dann also jetzt. Das könnte die einzige Chance sein in den nächsten Stunden!“
„Okay. Wo ist Euer Ältester?“
„Oben im Wald“, sagt der eine Kundschafter, „Seid vorsichtig in der Penumbra, die ist mächtig in Aufruhr — aber vor allem, wenn Ihr wieder an Land geht! Der Feind hat garantiert noch weitere Truppen in Küstennähe! Ihr müsst es unbedingt lebend tiefer ins Inland schaffen! Wie heißt Du, Welpe?“
„Zoe Matherson …“
„Wenn Ihr auf dem Festland seid, dann rennt, Zoe Matherson! Rennt, ohne einen Moment zu zögern!“
Sie schluckt, und nickt dann.


Evolution: Für acht EXP bekommt Zoe nach den Kraftanstrengungen der letzten Wochen einen dritten Punkt Stärke. Sie ist in dieser Zeit sichtlich drahtiger geworden. (Das erhöht natürlich auch ihre geboosteten Stärke-Werte in den anderen Gestalten.)

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #43 am: 1.12.2024 | 18:42 »
Der Älteste, Wintermoon Tooth, hat bereits einen kleinen Lederrucksack gepackt, und seine Waffen umgegurtet. Er sieht ziemlich klapperig aus, aber lächelt dennoch gelassen, als wäre eine derartige Reise kaum der Rede wert.
… Aber er will auch dabei draufgehen, auf irgendeine Art!, macht sich Zoe endlich klar, so etwas hatte der Septenherr gesagt. Plötzlich kommt ihr das Ganze wie ein Himmelfahrtskommando vor. Sie zittert nervös. (Da verpassen wir ihr einen dritten Rage-Punkt. So langsam geht’s schon wieder aufwärts mit den Reserven für den nächsten Kampf.)
„Dann komm', Zoe Matherson“, sagt er freundlich.
Als Zoe ihm folgt, fragt sie aufgeregt, „Gehen wir über die Geisterwelt aufs Festland?“
„Gewiss. Wir müssen die restlichen sterblichen Truppen meiden.“
„Ich muss gestehen, dass ich nicht sonderlich gut darin bin, in diesem ... Seitwärts Wechseln …“
„Das lernst Du schon noch. Jetzt ist es unwichtig, denn wir treten durch das Herz des Caerns hindurch in die Umbra.“
„Darf ich das denn?! Mirabelle hat gesagt, da müsste man vorher nächtelang meditieren!“
Wintermoon Tooth nickt schmunzelnd, „Es empfiehlt sich! Allein, heute Nacht haben wir keine Zeit für zeremonielles Gebaren. Wir müssen hoffen, dass die Naturgeister und Ahnen uns dies nachsehen werden!“
„Okay. Hey, lassen Sie mich Ihren Rucksack tragen, Sir. Äh, Wintermoon-Tooth … -rhya.“
„Unnötig, Zoe. Du könntest ihn nicht lange mit Dir führen, er ist mir Zugeeignet.“
„Aber … es gibt doch keine Boote in der Geisterwelt, dachte ich? Können Sie damit auf dem Rücken denn schwimmen?!“
„Es gibt ein Boot. Ich habe es einst gebaut. Damit setzt Du mich über …“
Sie steigen eine schmale Steintreppe hinauf, die auf die größte Erhebung im Wald über der Bucht führt. Mehrere Stammeskrieger stehen hier, mit modernen Sportbögen und ziemlich fies aussehenden Pfeilen, und mit primitiven Wurfspießen, und verneigen sich vor dem Ältesten zum Abschied. Zoe fühlt, wie ihre Aufregung mit jedem Schritt einer immer größer werdenden Gelassenheit weicht. Merkwürdig …

Dann erreichen sie die höchste Stelle auf den Felsen, sie wird umstanden von riesigen Pinien. Das Sternenlicht fällt kristallklar darauf hinab, Zoe staunt mit offenem Mund, die Lichtstrahlen sind so hell, sie wirken wie durchsichtige Vorhänge, in der diesigen Herbstluft kann man einzelne Lichtfinger sehen, die bläulich über sie beide hinweg gleiten. Tausende von kleinen, steinernen Feuerschalen und Kerzenhaltern sind auf dem Boden und den Wackersteinen aufgestellt, die Kerzenflammen züngeln im Nachtwind.



Der Älteste atmet tief die Küstenluft, spricht in der Hohen Zunge ein letztes Gebet an sein Caern-Totem, den Blick zu den Sternen erhoben, und tritt dann zwischen die dichten Pinienstämme. Zoe bildet sich ein, dass im Funkeln der Sterne tatsächliche Bewegungen zu sehen sind, wie etwas, das sich dort oben regt, und auf sie hinab schaut, irgendeine außerirdische Intelligenz. Ein Laut des Erschauderns kommt ihr über die Lippen, und sie geht schnell Wintermoon Tooth hinterher. Alle Farben um sie her werden noch intensiver, sie nimmt tausende blinkender Punkte in ihrem Sichtfeld wahr.

Die Umgebung verändert sich kaum merklich, alles sieht fast aus wie vorher, aber die Trampelpfade durch den Wald sind plötzlich verschwunden. Zoe ist desorientiert und ihr schwindelt. Dennoch fühlt sie immer noch diese merkwürdige, tiefe Ruhe in sich. Die Geräusche haben sich ebenfalls verändert, alles hat mehr Hall, Tierrufe und Waldesrauschen klingen verzerrt und gespenstisch. Sie sind wieder auf der anderen Seite, aber diesmal war es ganz mühelos!

Als sie die Erhebung wieder herabsteigen, nun auf dem Weg zum Felsenstrand, fühlt sie das Empfinden von Ruhe schwächer werden.
„Das war das Herz des Caerns, oder?“, fragt sie atemlos.
„Gewiss. Unser Heiligtum! Dort ist die Stelle, wo Fleischwelt und Geisterwelt eins sind. … Einst, Welpe, war die gesamte Schöpfung so.“
„Unfassbar …“
„Nur aus heutiger Sicht!“, lächelt der Alte, „Wir Garou sind ein Überbleibsel von jenen Urzeiten! Wolf und Mensch gleichzeitig, Geist und Körper.“
„Darum bewachen wir die Caerns?“
„Sehr wohl.“
„Sind wir darum auch vom Aussterben bedroht?“
„Das, Zoe Matherson, hat viele Gründe. Nun, es stimmt, die Weberin ist außer Kontrolle geraten, und webt das Strukturnetz in unnatürlicher Geschwindigkeit. Wir müssen uns heutzutage größte Mühe geben, in ihrer Menschen- und Maschinenwelt noch unbehelligt bleiben zu können. Aber Gaia die Erdmutter wird alles richten. … Dort unten liegt mein Boot!“

Soundtrack: Blue Man Group, Snorkelbone
https://www.youtube.com/watch?v=EJmSNGkIB-Y

Halb verborgen in einer kleinen Grotte liegt ein selbstgebautes Kanu aus Hölzern und Häuten. Es ist das einzig Menschgemachte weit und breit, das Zoe in dieser Welt bisher gesehen hat, abgesehen von der gravierten Steintafel mit dem Einhorn-Symbol.
„Es ist rituell Erweckt, musst Du wissen“, sagt der Älteste zufrieden, als sie an Bord sind, und Zoe etwas ungeschickt zu rudern beginnt, „dadurch besteht es in beiden Welten. Seine physische Form ist in der Fleischwelt. Jetzt gerade sieht es in der Fleischwelt so aus, als würde es herrenlos aus der Grotte hinaus treiben, wie zufällig, einsam hinaus aufs Wasser der Casco Bay. Während wir auf dieser Seite fröhlich darin sitzen, und Du ruderst!“, und er kichert vergnügt.
Zoe wird erneut etwas schwindelig bei dieser Vorstellung.

Die Orakelwürfel geben an, Take Protection. Das klingt, als würde jemandem der Schutz genommen werden. Im Fall der beiden Flüchtenden wird das heißen, dass sie aufzufliegen drohen:

Wintermoon Tooth bedeutet ihr, einen weiten Bogen zu beschreiben, irgendwie scheint er die Stellen vorauszuahnen, an denen das ‚steuerlose‘ Kanu in der stofflichen Welt mit anderen stofflichen Dingen kollidieren könnte. Ich würfle Stärke+Athletik für Zoe, aber trotz dem frisch gesteigerten Attributswert kommt nichts dabei heraus. Hm, aber kentern wäre scheiße. Ich haue mal zwei Willenskraft-Punkte raus, nach meiner Hausregel, und rolle zwei Würfel neu (den Erfolg behalte ich, und den Einser darf ich nicht neu würfeln). Noch ein Erfolg fällt — und noch eine Eins! Dadurch war das jetzt teuer und unnütz. Egal, wie sehr sie sich abkämpft, das Boot wird abgetrieben.

Dem Orakelspruch zufolge heißt das, dass den Flüchtenden der Schutz genommen wird, aber wodurch? Ich mache den Ironsworn-Move Pay the Price. Das Ergebnis ist, a new danger or foe is revealed. Cool, die diabolische Söldnertruppe hat Kampftaucher!

„Der Feind kommt aus dem Wasser“, raunt der Älteste wie in Trance, „Sie halten das Kanu fest, um es zu überprüfen. Sie haben Argwohn geschöpft. Jetzt gerade klettern sie hinein …“
Zoe fletscht erschrocken die Zähne, und springt auf, sieht sich um. Aber sie kann die Gegner ja nicht sehen, der Älteste spricht ja von der anderen Seite! … Sie hat versprochen, ihn zu beschützen! Sie versucht, schnell Seitwärts zu Wechseln; sie kann die Söldner aus dem Hinterhalt überfallen! Sie würfelt einen Misserfolg, jetzt gerade kann sie sich vor Nervosität gar nicht mehr entsinnen, wie sie das letzten Abend überhaupt bewerkstelligt hatte. Für eine Stunde darf sie es laut Regeln nicht erneut versuchen, sie sitzt vorerst fest in der Penumbra!

Die Orakelwürfel geben mit großer Klarheit an, dass die Scuba-Diver das merkwürdige Kanu zurück zu ihrer Stellung am Strand von Jewell Island bringen. Seine geisterhafte Entsprechung in der Penumbra bewegt sich langsam ganz von selbst in diese Richtung, wie von unsichtbaren Kräften gezogen. Zoe versucht, wütend rudernd dagegen zu halten! Die Kampftaucher werden wohl verwirrt sein, dass das leichte Kanu so schwer zu ziehen ist! Sie unterliegt bei einem Wurf gegen die Söldner. Das macht sie sauer, und gibt einen vierten Rage-Punkt zurück.
„Was sollen wir jetzt machen, Sir? Abspringen?“, bringt sie hervor.
„Verwandle Dich, das Gewicht einer Crinos-Gestalt hält das Boot aus“, raunt der Älteste, „Leg' Dich ordentlich ins Zeug! Wollen wir doch mal sehen, ob Du nicht doch stärker bist!“
Zoe schafft es nur in ihre Glabro-Form, immerhin, aber weiterhin ist sie viel zu ungeschickt beim Rudern. Und nun sind die schurkischen Scuba-Diver garantiert argwöhnisch!

Was ist denn das überhaupt für einer, dieser Wintermoon Tooth? Die Tabelle Character Role gibt schon wieder an, Mystic. Dann ist auch er also Theurge.

Die Morgennebel sind mittlerweile als undurchdringliche, graublaue Dunstsuppe heraufgezogen. Das Geister-Kanu bewegt sich wie selbsttätig auf den Kiesstrand, und geht dort in Schräglage, und die beiden Insassen müssen herausklettern.
„Ich befürchte, dass sie es nun auseinander bauen werden“, sagt Wintermoon Tooth betrübt, „Schade, es war wie ein langjähriger Freund! Aber es war ohnehin meine letzte Fahrt damit!“
Frustration und Angst geben Zoe daraufhin einen sechsten Rage-Punkt.
„Es tut mir Leid, Ältester! Ich habe … ich hab' Euch furchtbar enttäuscht …“
„Zoe, wenn Du Selbstvorwürfe und Kasteiungen magst, hättest Du Deinem Fenrir-Blut folgen müssen! Bei diesem Stamm ist das hoch angesehen, bisweilen. Komm', wir klauen denen eins ihrer Schlauchboote! Ein fairer Tausch.“
Er tätschelt die Flanke des Kanus zum Abschied, „Hab' Dank für alles, Freund!“, sagt er leise, „Dein Geist wird noch eine Weile in der Penumbra umher fahren, auch wenn Dein Material im stofflichen Reich zerpflückt wird. Akzeptiere dies mit heiterer Gelassenheit.“

Eine Stunde ist bald darauf um; Wintermoon Tooth redet Zoe leise zu und nimmt sie bei der Hand, und obwohl hier der Barriere-Wert wieder sechs ist, gelingt es nun augenblicklich, sie zu durchschreiten! Die beiden schleichen durch den Nebeldunst, auf zwei der schwarzen, militärisch aussehenden Motor-Schlauchboote am Strand zu. Zoes Herz pocht heftig, sie sieht und hört Silhouetten mit schwarzen Kampfmonturen und Helmen, ganz nahe. Sie hört ihre aggressiven Stimmen, gedämpft von ihren Gasmasken. Ihr Zorn lässt sie den Wunsch verspüren, sie durch den Nebel anzufallen, ihnen die Masken herunterzureißen, und ihre Fänge in ihrem Fleisch zu vergraben! Diesen Dreckschweinen, die ihre Reise über die sogenannten Mondbrücken verhindert haben, ihren Verbündeten ihre Heimat wegzunehmen versuchen, ihr Heiligtum schänden wollen, und dem Opa haben sie zu allem Überfluss sein Boot weggenommen! Ein wölfisches Knurren entringt sich Zoes Kehle, sie verharrt plötzlich, gebeugt, die Hände verkrallt.
„Nein, Zoe Matherson!“, wispert Wintermoon Tooth, „Wir sind auf der Flucht, nicht auf einem Rachefeldzug! Du musst das Tier in Dir beherrschen, Dein Wolfsblut, und auch Dein Fenris-Erbe!“
Sie sieht ihn an, aus wölfisch schimmernden Nachtaugen, „Lassen Sie mich einen oder zwei töten, Sir!“, presst sie ungewollt hervor, „Je weniger es sind, desto leichter haben es unsere Freunde im Verlauf des Morgens!“
„Komm' jetzt, Welpe. Gaias Gnade ist für alle, manchmal selbst für unsere Feinde.“
Zoe fletscht aufgebracht die Zähne und atmet schwer, aber fügt sich.

Sie schieben leise eins der Boote vom Kies ins eiskalte Wasser, klettern hinein. Der Alte erklärt Zoe, was zu tun ist, und sie steuert. Sie würfeln gemeinsam ihre verschiedenen Fertigkeiten, und kommen auf sechs Erfolge. Leise fahren sie an, und dann brausen sie mit röhrendem Motor auf die Casco Bay hinaus! Hinter ihnen erklingen verwirrte, aufgebrachte Stimmen, die aber schnell verstummen, der Nebel schluckt auch ihr Geräusch.

Sie gehen an ein paar alten Steganlagen in South Portland an Land. Wintermoon Tooth leiht Zoe sein eines Knochenmesser, und erklärt ihr, was sie tun muss, um die Gehäuse der Außenborder aufzuhebeln, und die Kabelage zu zerschneiden. Fair ist immerhin fair.
Dann verschwinden sie im düsteren Morgengrauen.


Kylah Kirby sitzt auf einem fleckigen Plastikschalen-Sitz vor der Greyhound Bus-Station in der East Bayside in Portland, und raucht eine Zigarette, um wach zu bleiben. Gelegentlich unterdrückt sie ein Husten, wahrscheinlich merken die anderen Schießbudenfiguren hier, dass sie noch gar nicht richtig rauchen kann. Peinlich irgendwie. Ein ekliger Kerl mit Stoppelbart und Bierbauch zwinkert ihr gelegentlich zu. Sie wünscht sich Zoes Waffenarsenal her, das sie hinter dem Verleihtresen in der Videothek zusammengesammelt hatten. Immer noch eine weitere Dreiviertelstunde, bis der gottverdammte Greyhound Bus endlich eintreffen soll.
„Kylah!“, hört sie eine vertraute Stimme rufen, ganz atemlos. Jemand rennt über den schummerig beleuchteten Vorplatz der Busstation auf sie zu.
Sie springt entsetzt auf, „Zoe! Was tust Du hier?!“
Diese hält vor ihr an und drückt die Punkerin so fest an sich, dass der kurz die Luft wegbleibt.
„Ich dachte, Du wärst schon weg!“
„Wäre ich ja auch, wenn der Scheiß-Greyhound keine Verspätung hätte! Was machst Du hier?!“
„Kylah, es ist alles schief gegangen!“, zischt Zoe leise, „Der Feind hat das Caern überfallen! Wir sollen sofort ins Inland fliehen!“
„Was?!“
„Komm' schnell mit! Oh Mann, ich bin so froh, dass Du noch da bist!“, und sie greift das jüngere Mädchen bei der Hand, die hat gerade noch Gelegenheit, ihre Sporttasche zu schnappen, und dann rennen sie weg.
„Warum fahren wir nicht mit dem Greyhound Bus?“, keucht Kylah im Laufen, „Wir müssen Dir nur auch ein Ticket besorgen!“
„Viel zu gefährlich … in Portland müssen noch mehr Truppen sein … Söldner … vielleicht weitere Verräter … kann sie förmlich riechennn …“, und Zoes Stimme wird ungewollt tief und schrecklich. Seit der Abreise aus dem Caern brodelt sie mittlerweile wieder vor Wut.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #44 am: 1.12.2024 | 21:31 »
Soundtrack: Jan Hammer, Crockett's Theme
https://www.youtube.com/watch?v=pEMQpFFjssY

„… Wir wandern durch Thornton Heights, westlich nach Gorham. Entlang der Running Hill Road halten wir uns tagsüber verborgen, da ist es schön grün, da sind viele Verstecke“, sagt Wintermoon Tooth, als Zoe und Kylah angelaufen kommen, „Ich habe schon die Geister befragt, und die sagen, die Strecke ist gerade günstig. Morgen Abend finden wir eine Mitfahrgelegenheit auf der 25, weiter nach Westen.“
„Geben Sie uns die Telefonnummer von einem von Ihren Blutsgeschwistern, Sir“, keucht Zoe, „Kylah hier hat noch ihr Mobiltelefon! Die sollen uns abholen kommen!“
„Zoe Matherson, dies ist eine Pilgerreise. Wir werden die Netze der Weberin dabei meiden, so oft es geht. Die Totems werden für unser Vorankommen sorgen, nicht die Strukturspinnen, Ihr werdet schon sehen.“
„Aber …“
„Außerdem habe ich mir in meinem langen Leben unzählbare Dinge gemerkt, Welpe, aber niemals die arkanen Zahlenfolgen einer Mobiltelefon-Nummer! … Stell' mir Deine Blutsschwester vor!“
Zoe stellt stotternd die beiden einander vor. Kylah mustert den Ältesten neugierig, aber zurückhaltend, auch sie weiß offensichtlich nicht, wie sie sich in seiner Anwesenheit zu verhalten hat.

Ich würfle auf Zoes Blutsgeschwister-Hintergrund, und der eine W10 ergibt eine Höchstzahl! Kylah holt ein paar Turnschuhe aus ihrer Reisetasche: „Hier, Zoe, zieh' die an. Hatte ich neulich organisiert, sollten eigentlich für Dich sein, die sind in Deiner Größe. Du kannst nicht weiter barfuß rumlaufen, es ist November!“
„Wow, danke …!“
„Lass' ja die Schnürsenkel auf! Wenn Du Dich verwandeln solltest, dann verlierst Du sie vielleicht nur, statt sie kaputt zu machen!“


Hier sind endlich Kylahs Spielwerte. Ich habe sie nach den Regeln im Quellenbuch Kinfolk: Unsung Heroes erstellt, wie wir es auch in der Parallel-Chronik mit den Blutsgeschwister-SCs machen. (Sie hat außerdem bereits 12 EXP zusammen bekommen, die ich demnächst zu verteilen beginne.)

Kylah Kirby
Alter: 16; Stamm: Knochenbeißer; Rolle: Kundschafterin; Blut: Blutsschwester; Aufzucht: Homid
Attribute: Geschick 3, Konstitution 2, Stärke 2, Charisma 2, Erscheinungsbild 3, Manipulation 1, Geistesschärfe 3, Intelligenz 3, Wahrnehmung 3
Fertigkeiten: Athletik 2, Aufmerksamkeit 3, Ausdruck 1, Ausweichen 2, Einschüchtern 1, Empathie 3, Handgemenge 1, Straßenwissen 1, Überzeugen 2; Fahren 1, Handwerk 2, Heimlichkeit 3, Nahkampf 1, Überleben 1; Computer 1, Gesetz 1, Nachforschung 2, Zurechtfinden 2.
Hintergründe: Alliierte (Detroiter Knochenbeißer) 3, Alliierte (Detroiter Punk-Szene) 1, Kontakte (Linksradikale Internet-Plattform) 1
Gnosis: -
Rage: -
Willenskraft: 3
Gaben: -
Ausrüstung: Altes Mobiltelefon, rostiges Taschenmesser, kleine Taschenlampe


„Während wir diese Wanderschaft beginnen, um Euch in Sicherheit zu bringen, junge Zoe Matherson, und um mich an mein letztes Wegziel zu bringen, wird gerade meine eine Tochter den Ritus der Feuertaufe durchführen. In der verborgenen Mondschein-Moos-Höhle, um unseren neugeborenen Stammesbruder zu weihen. Das, was bei Dir vernachlässigt wurde, und was der Grund ist für diese Irrfahrt, auf der Du Dich befindest! Wenn Du daran denkst, spürst Du sie? … Die Hoffnung für die Zukunft?“
Zoe schaut im Laufen den Ältesten an, etwas unsicher, „Ich weiß nicht genau, Wintermoon-Tooth-rhya. Ich würde gerne mit ‚ja‘ antworten!“
„Ich weiß. Du bist ein gutes Kind. Aber dann suche, Zoe, suche Dir etwas, das Dich diese Hoffnung fühlen lässt!“
„80er-Jahre-Musik hat bisher immer ganz gut geholfen … Obwohl das überhaupt nicht meine Generation ist … ich bin irgendwie unmodern und exzentrisch.“
„Ah, ja. Das ist dann der Einfluss Deiner Vorfahren auf Dich.“
„Wie … wie meinen Sie das, Wintermoon-Tooth-rhya?“
„Du scheinst eine starke Verbindung zur Vergangenheit zu haben! Die Vorfahren erscheinen in Träumen und Visionen … aber manchmal auch subtil, sie zeigen sich in Wesenszügen und im persönlichen Geschmack. Das sollte auch überhaupt nicht wundern. Wir bestehen ja aus ihnen! Für Dich, Welpe, ist diese Verbindung stärker als bei anderen, merklicher. Sicher werden Deine Vorfahren Dich noch oft zu Deinen Siegen geleiten.“


Quiao Ju Wintermoon Tooth
Alter: 98; Stamm: Kinder Gaias; Vorzeichen: Theurge; Blut: Garou ; Aufzucht: Homid; Rang: Ältester
Attribute: Geschick 2, Konstitution 3, Stärke 2, Charisma (Vergebungsvoll) 4, Erscheinungsbild 2, Manipulation 3, Geistesschärfe (Weisheit) 4, Intelligenz (Bildung) 4, Wahrnehmung 3
Fertigkeiten: Athletik 3, Aufmerksamkeit 3, Ausdruck 4, Ausweichen 3, Einschüchtern 2, Empathie (ruhige Gespräche) 5, Handgemenge (Stockfechten) 4, Überzeugen (Verhandlungsführer) 5, Ur-Instinkt 3; Handwerk 3, Heimlichkeit 3, Nahkampf 3, Überleben (Küstenregionen) 5; Enigmas (Umbra) 4, Etikette (Kinder Gaias) 5, Gesetz 2, Linguistik 3, Medizin (Wundversorgung) 4, Nachforschung 3, Okkultismus (Naturgeister) 5, Politik 3, Rituale (wohlvorbereitet) 5, Zurechtfinden (USA-Ostküste) 5.
Hintergründe: Alliierte (Kinder Gaias in Nordamerika) 5, Blutsgeschwister (USA-Ostküste) 5, Geister-Netzwerk 4, Ressourcen 1, Riten 10
Gnosis: 8
Rage: 3
Willenskraft: 8
Gaben: Master of Fire, Spirit Speech, Sense Wyrm, Mercy, Resist Pain, Calm, Command Spirit, Exorcism, Pulse of the Invisible, Strike the Air
Riten: Accomplishment, Becoming, Binding, Cleansing, Opened Caern, Passage, Satire Rite, Shrouded Glen, Spirit Awakening, Summoning
Ausrüstung: Lederwams und Kniehosen, Knochenmesser, Steindolch, alles davon Zugeeignet, Talens für Tauschhandel unter Garou

(Der hervorragende Hintergrund ‚Geister-Netzwerk‘ ist aus dem Quellenbuch ‚Book of Auspices‘ und nur für Theurgen; im Grunde ist der dasselbe wie Kontakte, aber diese sind Geister in der Umbra.)


Also geht es aus Portland, auf das Städtchen Gorham zu, das ist ein Fußmarsch von fünf Stunden. Vielleicht länger, denn der alte Garou ist langsam.

Was sagt Ihr dazu, oh große Orakelwürfel? Resist Weakness, sagen sie. Schick, dazu fällt mir gleich zweierlei ein: Dies ist ein anstrengender Marsch nach einer durchwachten Nacht, und der fordert Selbstdisziplin. Und Zoes Schwäche ist außerdem leckeres Happa-Happa auf zwei Beinen, und diese animalische Regung heißt es zu unterdrücken!

Ich würfle für alle drei Konstitution+Athletik, die beiden Garou schaffen es gerade so, Kylah derweil hat offensichtlich noch große Reserven.
Zoe macht außerdem einen Rage-Wurf gegen ihren bestialischen Hunger. Sie hat sechs Rage und ist eine wandelnde Zeitbombe, aber immerhin ist noch Sichelmond, was den Wurf schwierig macht. Drei Achter und drei Einser, nach meiner Hausregel werden alle Rage-Würfel aus dem Spiel abgelegt, die Einser zeigen (will sagen, Zoe verliert drei ihrer temporären Rage-Punkte). Jetzt gerade nützlich. Jedenfalls spürt sie keine Jagdinstinkte unter den Menschen, und regt sich sogar merklich ab im Verlauf des Fußmarschs.

Aber was ist mit den Landeinheiten der Privatarmee? Die wissen zwar nicht, nach wem konkret sie zu suchen haben, aber trotzdem werden sie unauffällig Portland durchkämmen, mit einzelnen Patrouillen. Kriegen die drei Wanderer unwahrscheinlicher Weise Ärger mit solchen Sterblichen? Die Orakelwürfel sagen sehr deutlich, ja! (Vielleicht hätte Zoe sich doch nicht abregen sollen!)

Ein schlammbespritzter, pechschwarzer Van fährt auf den Seitenstreifen ran, und rollt in Schritttempo neben den drei Wanderern her. Alle Scheiben sind verdunkelt. Zoe zuckt zusammen (und bekommt wieder einen Rage-Würfel zurück, ist damit wieder auf vier).



Der Fahrer fährt die Scheibe runter, und legt einen Ellenbogen auf die Fensteröffnung, er trägt eine Spiegelsonnenbrille und ein schwarzes Basecap, und scheint einen schwarzen Overall anzuhaben wie das Verbrecherpack auf Jewell Island sie getragen hat!
„N' Morgen!“, sagt er freundlich, aber überheblich, „Darf ich Sie kurz mal was fragen?“

Was wollen die Finsterlinge denn? Risk Law, sagen die Orakelwürfel dazu, das interpretiere ich so, dass sie die drei abgerissenen Gestalten auf der morgendlichen Straße direkt verschwinden lassen wollen, selbst auf das Risiko hin, dass das eigentliche Gesetz sie dabei sieht und ihnen Ärger macht. Die Orakelwürfel bestätigen außerdem sehr klar, dass die Söldner die Wanderer optisch wiedererkennen. Garantiert war ein Ortungsgerät im schwarzen Schlauchboot, und eine ihrer Kameradrohnen hat die beiden Garou gefilmt, wie sie am Festland den Motor geschrottet und das Ding zurückgelassen haben!

Der Älteste konzentriert sich auf seine Gabe Strike the Air, und erzielt fünf Erfolge. Er raunt den Mädchen zu, "Zieht Euch zurück, in dem Waldstück dort, außer Sicht! Da kannst Du Dich verwandeln, wenn Du musst.“
„Wir müssen Sie beschützen, Sir!“, krächzt Zoe.
Die Türen des schwarzen Van werden aufgerissen, und die schwarz Uniformierten springen raus.
„Bei Gaia, Welpe, tu' was ich sage!“, raunt der Älteste, immer noch beinahe gelassen.
Zoe hat kaum eine andere Wahl, Kylah und sie rennen weg von der Straße, in das kahle Wäldchen des Grünstreifens. Zwei der Sicherheitsleute erreichen den Alten, zwei sprinten ihnen hinterher. Einer zieht bereits seinen Taser.
Über die Schulter sieht Zoe noch, wie die beiden anderen Uniformierten den alten Mann festnehmen wollen, und er jedem ihrer Griffe mit einer traumwandlerischen Leichtigkeit entgeht.

Soundtrack: Rob Zombie, Superbeast
https://www.youtube.com/watch?v=uHBtpqbOKXk

Diesmal mache ich wieder eine reguläre Kampfsequenz wie bei Werewolf:TA, es sind ja nur eine Handvoll Akteure.

Runde 1: Die Kerle haben die Initiative, sie schreien, „Stehenleiben, Ihr Schlampen!“, der eine will Zoe tasern, der andere Kylah in den Schwitzkasten kriegen. Die Fliehenden sind auseinander gestoben zwischen den Bäumen. Sechs Erfolge bei dem Taser-Schuss, winzige Pfeilspitzen schlagen in Zoes Rücken ein, und elektrische Drähte versetzen ihr einen Elektroschock, Zoe muss einem Stun widerstehen, und schafft es nicht, sie stürzt mit verkrampfenden Muskeln zu Boden. Das bringt ihr einen Rage-Punkt (und einen Rage-Wurf außerdem, da passiert jedoch nichts). Der andere Kerl will Kylah in einen Polizeigriff bringen, aber die schmächtige Punkerin ist viel zu wendig. Trotz der Wucht, die sie zu Boden befördert hat, hört sie Kylahs ängstlichen Aufschrei aus der Ferne in ihren sensiblen Ohren, ein Geräusch, das ihr durch und durch geht, sie rot sehen lässt.
Dann ist Zoes Aktion dran. Ich gebe einen Rage-Punkt aus, um den Schock automatisch abzuschütteln, sie springt wieder auf, und die Elektrodrähte reißen ab von ihr; ein zweiter Rage-Punkt verwandelt sie blitzartig in Crinos-Form, sie fletscht blutrünstig die Fänge, sie ist das Superbiest. Sie schlägt blitzartig mit der Pranke nach dem Kerl mit der Taserpistole, sieben Erfolge beim Schadenserfolg zerfetzen seine Uniform und seinen Brustkorb. Der andere, der in der Ferne Kylah am Kragen ihrer Lederjacke festhält, guckt ungläubig zu ihr herüber.

Die Orakelwürfel entscheiden, dass sie denselben Drogencocktail drin haben wie die Söldner auf der Insel und der Sicherheitsdienst bei Toronto, sie sind immun gegen das Delirium beim Anblick von Zoes Crinos-Gestalt.

Kylah benutzt die Schrecksekunde, und kämpft mit fiesen Tricks, geschickt packt sie die Nase des Kerls, und hält sich daran mit aller Kraft fest die sie hat. Der schreit hasserfüllt auf, und verliert drei Würfel von seiner nächsten Aktion, abgelenkt wie er ist.

Runde 2: Damit geht die Initiative an die Mädchen. Zoe brüllt heiser auf, rennt durch splitternde Zweige zu den anderen herüber, erreicht geifernd den übrigen Gegner, verpasst ihm mit der Klaue einen Hieb über den Arm, drei Schaden. Blut spritzt von seiner Schulter an die kahlen Baumstämme. Kylah lässt ihn los, macht sich klein, und zieht ihm dabei sein Kampfmesser aus seiner Stiefelhalterung.
„Rückzug, X-1, X-1!“, schreit der Typ einen Code in sein Headset, zieht seinen Revolver, und versucht zurückweichend das Wolfsmonster zu erschießen. Seine schwere Handfeuerwaffe richtet nur zwei Schaden an, die das haarige Ziel auch direkt absorbiert.

Runde 3: Diese Runde ist kurz: Der Kopf des Werwolfs schnellt vor, und versenkt seine Hauer in der Seite des Uniformierten, Rippen splittern, der Gegner hat sechs Wundlevel und sagt gut' Nacht!

„Zoe, werd' wieder normal!“, schreit Kylah entsetzt.
Die Crinos-Gestalt schmeckt Blut, kaut auf Fleischfetzen, aber spuckt sie dann angewidert aus. Der Söldner schmeckt auch ziemlich scheußlich! Sie schnauft, schüttelt sich, ihr heißer Atem dampft, Blut trieft von ihrer Schnauze. Dann aber sinkt sie in ihre Menschen-Gestalt zurück. Halb realisiert sie, dass ihre neuen Kleider tatsächlich nicht zerstört sind, die Kreuzschnürungen hatten sich gedehnt, als ihre Körpermasse sich vervielfacht hatte, und müssen jetzt nur neu festgezogen werden!
„Schnell, zum Ältesten!“, raunt Kylah, „Und dann weg! Es ist praktisch schon taghell!“

Die Turnschuhe von Kylah sind tatsächlich noch größtenteils erhalten, sie liegen im Unterholz, und Zoe schlüpft hastig wieder herein, noch im Laufen, während sie zurück zur Straße eilen.
Dort steht der Alte, und sieht unbewegt dem schwarzen, schlammigen Van nach, der mit heulendem Motor beschleunigend gerade in einer dicken Abgaswolke verschwindet. In dem Moment hat er etwas von einem Kung-Fu-Meister, wie in Zoes Vintage-Filmen, obwohl es definitiv kein Kampfsport war, was er da eben bewerkstelligt hat.

„Wie konnten sie denen entgehen?!“, fragt Kylah ungläubig. Der Alte sieht nicht sehr gewandt aus, eher schwerfällig.
„Passiver Widerstand!“, sagt er knapp, „Schnell jetzt. Wir nehmen einen anderen Weg zur Running Hill Road. Sie werden uns jetzt einzukreisen versuchen, aber jetzt haben sie Angst. Und es sind jetzt wieder zwei weniger. Welpe, wisch' Dir das Gesicht sauber, Du erschreckst ja die Sterblichen.“
« Letzte Änderung: 1.12.2024 | 21:49 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #45 am: 2.12.2024 | 17:46 »


Eine halbe Stunde darauf kauern sie im feuchten Unterholz eines Waldstücks. Die Gegend um Scarborough ist dicht bewaldet, hier kann man sie lange suchen! Die Mädchen spähen ängstlich in Richtung der Straße, halten Ausschau nach schwarzen Vans oder anderen paramilitärisch aussehenden Fahrzeugen, oder Filmdrohnen. Bisher ist nichts in Sicht …
„Ihr solltet jetzt schlafen“, sagt Wintermoon Tooth leise, „Die Geister haben mir soeben zugetragen, dass wir hier willkommen sind, und dass sie vorerst hier über uns wachen werden. Ihr müsst diese Gelegenheit nutzen, um neue Kraft zu schöpfen. Sobald der Abend hereinbricht, brauche ich Euch umso mehr.“
„Wir sollten zumindest Wachen einteilen“, raunt Kylah.
„Das habe ich bereits getan“, murmelt der Älteste, „Nordostwind will für uns Ausschau halten. Laub und Totholz sagen, sie sind bereit, die Rolle eines Alarmrings um uns her zu übernehmen. Käuzchen wird sie später unterstützen. Besorgt Euch nicht, Kinder. Schlaft nun.“
Wintermoon Tooth hat sich an einer trockenen Stelle im Unterholz zusammengerollt, und seine Haut ist jetzt mit einem wölfischen Fell bedeckt. Er wirkt ganz zufrieden.
Zoe und Kylah sehen sich ratlos an. Dann suchen sie sich ebenfalls einen trockenen Fleck in der Nähe, und kauern sich dort zusammen. Zoe legt die Arme um das jüngere Mädchen und nimmt ihre Glabro-Gestalt an, um (größer und haariger) besser gefeit zu sein gegen die Kälte. Zumindest, bis sie schläft. Es ist eigentlich ein ganz angenehmer Schlafplatz, man hört und riecht den Herbstwind durch die Äste pfeifen, aber spürt ihn nicht. Die Müdigkeit holt schlagartig zu beiden auf, und sie schlafen ein.

Was sagen die Orakelwürfel daraufhin? Destroy Tool. Da die Protagonisten nichts Nennenswertes besitzen, wird das ein Werkzeug des Feindes sein, das zerstört wird. Und zwar eine der Filmdrohnen, mit denen die Privatarmee den Flüchtigen nachfahndet!

Am späten Nachmittag wird Zoe wach von einem Pfeifen und Splittern, und etwas fällt in der Distanz auf den Waldboden. Sie hat sich im Schlaf in ihre Menschengestalt zurückverwandelt. Vorsichtig macht sie sich von Kylah los, und reckt ihren Kopf. Im Zwielicht sieht sie etwas elektrisch blinken. Sie kriecht auf allen Vieren darauf zu, behält den Kopf unten, um nicht in eine Aufnahmelinse zu geraten, und tatsächlich — es ist eine Mehrere-Tausend-Dollar-Kameradrohne, offensichtlich gegen einen Ast gekachelt, und abgestürzt. Die Dinger sind bei erhöhter Windstärke in einem Waldstück auch nicht allzu leicht zu steuern!

Kurz darauf hat sie die anderen beiden geweckt.
„Du hast das Teil ja wohl hoffentlich zu Schrott verarbeitet?“, fragt Kylah.
„Ich hatte schon einen dicken Ast in der Hand! Dann ist mir aufgefallen, dass wir den Schweinehunden damit aber nur einen Beweis liefern, dass wir hier waren, wenn sie die einsammeln kommen! Also hab' ich nur ein paar Propeller rausgebrochen.“
„Wir können uns auf die Lauer legen … und wenn die herkommen …“, sagt Kylah, und sieht zögerlich Zoe an.
„Dann … bringe ich sie um?“, sagt diese unsicher, „Meinst Du das?“
„Na ja, Du hast ja … Du könntest …“
In dem Moment knurrt auch noch Zoes Magen, sehr lautstark, wie in unbewußter Reaktion auf den Gedanken an Frischfleisch, auch wenn sie das sowieso nicht fressen darf.
Sie sieht sich ratlos nach Wintermoon Tooth um: „Ältester … was sollen wir tun?“
„Ich bin nicht hier, um Euch anzuführen oder zu befehligen, Zoe Matherson. Dies ist eine Pilgerfahrt, und ich habe alle Brücken bereits abgebrochen. Ich bin nur noch Wanderer.“
„Aber nur Sie können die Lage beurteilen!“
„Dann würde ich vorschlagen, Du hörst auf Deinen Bauch, Welpe.“
Zoe guckt ihn furchtsam an, dann nickt sie zögerlich, und versucht, eine Verwandlung zu beginnen. Ihre Adern treten hervor, und ihre Fingernägel verlängern sich.
Unbeirrt fährt der Älteste fort, „… Du solltest uns etwas jagen! Wir verschwinden von hier, westwärts. Tiefer in diesem Wald gibt es etwas vereinzeltes Wild. Was Du reißt, werden Kylah und ich schlachten und braten. Wenn unsere Mägen gefüllt sind, setzen wir unsere Wanderung nach Gorham fort!“
Zoe schaut ihn überrascht an, dann atmet sie erleichtert aus, und nickt.

Mit einem Erfolg bei Geschick+Überleben gelingt es ihr schließlich, ein Reh aufzuspüren und zu reißen. Ihr Jagdinstinkt in ihrer Lupus-Form scheint zu jubilieren, Glücks-Endorphine durchströmen ihre vierbeinige Gestalt. In Glabro-Form schleppt sie die Beute zurück zu den anderen beiden. Der Alte hat mit unglaublichem Geschick bereits eine Feuerstelle gebaut, und so geschützt, dass der Qualm weg von der fernen Straße zieht. Er spricht ein Dankesgebet an das Reh und die Erde, schlachtet es, und bereitet es mit Kylah zu. Die Punkerin sieht währenddessen aus, als müsste sie ganz dringend kotzen. Als das Fleisch aber gebraten ist, und sie sich zu dritt darüber her machen, schlägt dieses Gefühl sichtlich um.
„… Da hätte Salz und Pfeffer dran gemusst“, sagt sie nur noch, etwas kleinlaut.
Zoe bedenkt Wintermoon Tooth mit erstaunten Seitenblicken. Ihr imponieren seine mysteriösen Fähigkeiten und sein Gottvertrauen (Göttinnenvertrauen?) durchaus, aber diese Survival-Fertigkeiten, die er da hat, scheinen ihr wie das eigentlich Unglaubliche an ihm. Als sie wenig später die Stelle verlassen, sind die Feuerstelle und Tierknochen vergraben und Laub darüber verteilt, es sieht aus, als wäre nie ein Mensch hier gewesen.

Sie wandern frisch gestärkt durch die Abenddämmerung, und kommen irgendwann auf einen Waldweg, der sie nach Norden führt, auf die Lichter der Autobahnen und Siedlungen zu.

„… Ich begreife das alles gar nicht so richtig“, raunt Zoe irgendwann, „es gibt abtrünnige Werwölfe, ja, verstanden. Aber diese Privatarmee-Leute, die sind doch keine Blutsgeschwister, die gehören doch wohl zu keinem der Stämme!“
Kylah nickt.
Zoe spricht zögerlich weiter, „… Aber was haben die dann miteinander zu schaffen? Im Caern wurde mir gesagt, diese Söldner hätten gemeinsame Sache gemacht mit einem Werwolf!“
Wintermoon Tooth raunt, „Wahrscheinlich haben diese Söldner sich einen Werwolf ausgeliehen, von jenem Stamm, der sich dem Feind verschrieben hat. ... Der Wyrm ist vergleichbar mit dem Sinnbild der Hydra, musst Du wissen, wie die antiken Griechen sie kannten. Er hat viele Köpfe, alle mit eigenem Willen und eigenen Machenschaften. Die Köpfe bekämpfen sich bisweilen gegenseitig, in ihrem Wahn. Aber alle gehören zum selben Leib. Wenn man einen abschlägt, so wachsen zwei neue nach. Man muss daher die abgeschlagenen Köpfe ausbrennen. So die Sage aus alter Zeit.“
„Es gibt einen Stamm, der mit Söldnerarmeen zusammenarbeitet?!“, fragt Zoe.
Kylah knurrt, „Dass sind die, denen neulich Mirabelle dem Knochenbeißer-Rudel in Portland unterstellt hat, dass sie ihnen beitreten würden! Die, zu denen auch Evan Gangrydge gehört, daheim in Detroit. Der und seine Leute, die sind nämlich deren Blutsgeschwister.“
Zoe knurrt, „Aber wie kann ein Stamm für eine Söldnerarmee arbeiten?! Nach allem, was ich von Euch gehört habe, sind die Normalos, und kapieren die okkulte Welt nicht mal!“
Wintermoon Tooth sagt gedankenvoll, „Die Konzerne, die solche Privatarmeen unterhalten, mein Welpe, das sind Beispiele dafür, was geschehen kann, wenn Sterbliche hinter den Schleier blicken. Sie suchen nicht nach Erleuchtungen, sondern versuchen, Profit aus der Sache zu schlagen. Daher wissen sie vom abtrünnigen Stamm, und seit den 90er Jahren haben sie vorsichtige Allianzen mit ihm aufgebaut. Dass sie uns auf Jewell Island finden und attackieren würden, das ist trotzdem unvorhergesehen. Offensichtlich versuchen sie sich gerade an einer Kampagne, um mehr Kontrolle über die Ostküste zu erlangen.“
„Habt Ihr denn keine Möglichkeit, zurückzuschlagen?“, fragt Zoe, mit verzweifelter Wut.
„Oh, doch. Aber jeder Schachzug muss äußerst klug unternommen werden. Vorerst werden meine Nachfolger damit umgehen, dass der Feind nun die Lage unseres Caerns kennt. Ökonomische und politische Kriegsführung folgt nun. Unsere Blutsgeschwister sind überall, Du verstehst. Sie haben sich in Machtpositionen gebracht in der Weberinnen-Welt. Es gibt dort zahllose Gesetze und Werkzeuge, die sie in den nächsten Wochen einsetzen werden, um Jewell Island künftig schwerer erreichbar zu machen für den Feind! Die Umweltbewegung, Journalisten, das Tourismusamt und die Küstenwache sind nur einige von diesen zahllosen Möglichkeiten von uns.“
„Das klingt ziemlich kompliziert …“
„Die Weberinnen-Welt ist kompliziert! Sie täuscht mit ihrem Blendwerk sehr effektiv über Gaias wahre Natur hinweg. Die Welt ist nämlich eigentlich sehr einfach. Es gibt nur Liebe.“
Zoe schaut den Ältesten verwundert an, er wandert schweigend vor sich hin, und blickt mit Wolfsaugen in die Baumwipfel über ihnen.


In der Nacht erreichen sie Gorham, eine Kleinstadt im Einzugsbereich von Portland, mit einem Autobahnzubringer.

Oh, großes Orakel, was geschieht dort? Swear Labor, also der Schwur, dienstbar zu sein. Das klingt für mich so, als würde der charismatische Alte spontan Unterstützung finden.

Bei einer Autowerkstatt mit Gebrauchtwagenhandel kommt Wintermoon Tooth ins Gespräch mit einem seiner einstigen Landsleute, einem jungen Mechaniker, und sie beginnen auf Kantonesisch zu reden. Autos gibt’s hier zu genüge, vielleicht bietet sich ja sogar eine Mitfahrgelegenheit.
Man kann ja mal für den Ältesten Charisma+Überzeugen würfeln. Der junge Mann hat Willenskraft zwei (das ist schon ganz gut für einen Sterblichen). Der lykantropische Fluch zieht dementsprechend nur einen Würfel ab von Quiao Jus Überzeugungskünsten, denn der hat Rage 3. Bleiben dem Ältesten neun Würfel. Er kommt auf fünf Erfolge, das ist geradezu inspirierend für seinen Gesprächspartner! Er ist ganz entzückt von dem alten Landsmann (und hält ihn für eine Art chinesischen Traditionalisten); er schwört feierlich auf Kantonesisch, ihn und seine Mitreisenden sicher abzuliefern.

Kylah bekommt vorerst davon nix mit, das kleine Wiesel nutzt die Gelegenheit, um im örtlichen Mall zu klauen, ein wenig neuen Proviant und außerdem Erste-Hilfe-Rettungsdecken, sollte man demnächst nochmal im herbstlichen Wald pennen müssen.

Um 21.00 stellt der Älteste in gelassener Stimme den beiden Mädchen Gong Shun vor, seinen neuen Bekannten. Gong hat irgendwann dieser Tage sowieso eine Fahrt nach Nordwesten zu machen, wie es aussieht, und aus Freundlichkeit hat er sie spontan auf die heutige Nacht vorverlegt!



Was ist unser Unterstützer denn für einer? Traditionalistisch und ehrenvoll, das wissen wir schon mal. Die Tabellen sagen außerdem, Intolerant Guard who wants to Protect a Person. Super, da haben wir genau das erwürfelt, was wir ohnehin schon über unseren neuen NSC wussten. Immerhin bestätigt das, dass sein Ansinnen wirklich ehrlich ist, und Gong keine verborgene Doppelmoral hat oder so. Intolerant ist er außerdem auch, da erwürfeln wir uns noch ein Theme dafür, das ist dann Community. Dann hat er generell keinen Bock auf die amerikanische Gesellschaft, und wäre lieber nur mit seinen Landsleuten umgeben!

Entsprechend beäugt er Zoe und Kylah etwas befremdet, als alle in seine große, alte Karre einsteigen. Kylah äugt befremdet zurück, sie hat in ihrem Leben selten erlebt, dass Leute aus reinem Altruismus heraus irgendwelchen Fremden helfen, auch noch gratis! Das kennt sie höchstens unter ein paar von ihren Punks. Zoe derweil findet Gong prima, seine offensichtliche, höfliche Unterordnung unter Quiao Ju spricht ihre wölfische Rudelmentalität an.

Kurz darauf brausen sie in dem schwarz lackierten Geschoss raus auf der Route 25 über West Gorham hinaus in die Nacht.



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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #46 am: 3.12.2024 | 15:34 »
Soundtrack: Mickey Wolf, Dusty Boots
https://www.youtube.com/watch?v=qVP8GzNx2BQ

Mit dem Auto sieht das Ganze schon etwas anders aus. Sie brettern über die Route 25 an den ganzen Käffern vorbei durch das nächtliche Maine. Gong ist ein prima Fahrer, er fährt zackig aber präzise. Er redet weiterhin auf Kantonesisch mit seinem Beifahrer, der sehr interessiert zuhört, und manchmal etwas entgegnet. Nach einer Stunde oder so erreichen sie die Grenze von New Hampshire. Sie fahren weiter nach Westen, auf den Ossipee Lake zu. Würden sie nach Norden abbiegen, kämen sie zurück nach Crawford Notch State Park, wo das Herrenhaus der Malgrimovs liegt.
„… Vielleicht könnten wir dort auch einen kleinen Zwischenstopp einlegen“, sagt Zoe, „der Gedanke an eine von diesen altmodischen Badewannen ist jetzt gerade ziemlich verlockend!“
„Ich glaube nicht, dass die Kinder Gaias und die Schattenherrscher allzu große Fans voneinander sind …“, sagt Kylah.
Zoe guckt gedankenverloren in die Richtung. Sie selber weiß auch nicht genau, wie sehr sie Fan der Malgrimov-Sippe ist.
Sie fahren zwischen Ossipee Lake und den Ossipee Mountains hindurch, und hinter den Bergen nach Südwesten. Quiao Ju erklärt irgendwann im Beisatz, dass ihr Zielort die Stadt Bennington ist, in Vermont. Insgesamt eine Fahrt von viereinhalb Stunden, sie würden demnächst mal ein Motel suchen, damit Gong sie absetzen und wieder nach Gorham zurückfahren könne.
„… Sie absetzen, Sir? Das kommt für mich ja gar nicht in Frage! Dann haben Sie drei ja nicht einmal ihren halben Weg geschafft!“
„Nun ja, nur dauert die Fahrt ja die ganze Nacht über“, sagt Quiao Jun.
Gong erwidert, „Das macht mir doch nichts! Sie sind vorzügliche Gesellschaft! Ich lasse Sie in Bennington raus, und nehme da ein Zimmer, bevor ich dann morgen zurückfahre. Endlich komme ich mal ein wenig raus!“
„Hmm! Dann sind wir Ihnen zu großem Dank verpflichtet, junger Mann!“
„Die Freude ist ganz meinerseits!“, strahlt Gong.

So ein Glücksgriff, der fährt uns durch ganz New Hampshire und Vermont. Auf der Route 93 geht es nach der Bergumrundung und den Seen nach Süden weiter. Es geht auf halb 12 Uhr nachts zu, auf der Autobahn ist nur noch wenig Verkehr.

Die Orakelwürfel geben uns das Stichwort Guard Community. Das muss eine Aufgabe für unseren neuen Helfer sein, denn ihn hat das Orakel ja auch schon als ‚Guard‘ definiert! Community ist diesmal natürlich nicht die amerikanische Gesellschaft, sondern die kleine Gemeinschaft unserer Reisenden. Das bedeutet, es ist dem schurkischen Sicherheitsdienst doch noch gelungen, die Flüchtenden zu verfolgen! Saustark, Rabatz auf dem Highway!

Auf leistungsstarken, schwarzen Motorrädern holen fünf Personen zu Gongs alter Karosse auf! Ihre Maschinen machen höllisch Lärm. Einer von ihnen fährt parallel zu Gong, und gestikuliert mit schwarz behandschuhter Hand, er solle mal rechts ran fahren. Zoe auf der Rückbank stößt einen heiseren Schrei aus — das ist keine normale Motorradkluft, die Kerle tragen die schwarzen Söldneruniformen und Helme des Sicherheitsdienstes auf Jewell Island! Der stählerne Gasmasken-Helm des Bikers lässt in der dunklen Nacht an einen schwarzen Totenkopf mit übergroßen Augenhöhlen denken.

Zeit für einen Massenkampf-Move! Die Söldner sind in der Überzahl, bestens ausgebildet und ausgerüstet, und daher Gefahrvolle Gegner. Sie erhalten bei ihrem Angriff die Initiative.

Soundtrack: Blue Man Group, The Current
https://www.youtube.com/watch?v=oRecUt2mkAQ

Runde 1: Die Motorradfahrer attackieren mit ihren Primärwaffen, dass sind schallgedämpfte Pistolen. Sie schießen, um zu verwunden, Autofenster splittern. Die SCs können Schutz suchen im Fußraum, für Kylah klappt dies gerade so mit einem Willenskraft-Punkt, aber Zoe wird in die Schulter getroffen und nimmt zwei Wundlevel, und einen Rage-Punkt, aber verfällt glücklicherweise nicht in Raserei. Gong kann ausweichen mit einem Fahrmanöver, indem er einen schnellen Schlenker fährt. Dann sind die SCs dran. Zoe fletscht die Zähne, verwandelt sich mit einem Rage-Punkt sofort in Glabro-Form, und reißt mit aller Kraft ihre Wagentür auf. Der Biker, der sich auf ihrer Höhe hält, hat das nicht kommen sehen, und schlingert heftig, fällt zurück. Zoes Stärke+Athletik-Resultat hat vier Erfolge fürs Kampfergebnis gebracht. Kylah linst ängstlich durch die Rückscheibe, und würfelt Wahrnehmung+Aufmerksamkeit, sie ruft Gong warnend zu, dass die Kerle sich von allen Seiten nähern, um das Auto einzukesseln! Sie hat drei Erfolge. Der Fahrer reißt hektisch das Lenkrad nach links und rechts und gibt mehr Stoff, um das zu verhindern, er hat sieben Würfel bei Geschick+Fahren, und bringt das Kampfergebnis dadurch auf volle 10. Der Älteste auf dem Beifahrersitz verharrt einfach abwartend.

Die Challenge Dice rollen gegen das Kampfergebnis von 10, aber eine 10 fällt, dann ist das trotz allem nur ein Weak Hit, Schweinerei! Dann bekommen wir immerhin zwei Punkte Fortschritt, und die Söldner behalten die Initiative.

Runde 2: Die Angreifer geben weitere Schüsse ab. Die SCs weichen auf dieselbe Weise aus wie eben, die Köpfe einziehend beziehungsweise Schlenker fahrend. Zoe schafft das nur mit einem Willenskraft-Punkt, sie hat derzeit Wundabzüge von -2, und noch keine Ausweichen-Fertigkeit. Dann sind die Charaktere aber dran, Kylah realisiert, dass Zoe sich verwandelt hat, und das darf Gong nicht sehen. Sie bringt sich zwischen sein Sichtfeld und ihre Freundin, um eine Entdeckung zu vermeiden, und spielt dadurch drei Erfolge für das Kampfergebnis ein. Gong selber holt nochmal so viele, durch sein Fahrmanöver, er beschleunigt weiter, täuscht an, an der Ausfahrt von der Autobahn zu ballern, aber zieht im letzten Moment zurück rüber, pflügt über den Grünstreifen, und zurück auf den Highway geradeaus. Einer der Biker reagiert zu spät und braust an der Ausfahrt davon, versucht tollkühn, noch auf der Ausfahrtspur zu wenden, und legt sich mit seiner Maschine auf die Seite, Funken stieben!
Zoe reißt die schlagende Autotür wieder auf, als gerade wieder einer der Bedränger auf ihre Höhe brettert, und grabscht ihn mit ihrer großen, haarigen Glabro-Pranke! Drei Erfolge für das Kampfergebnis. Im selben Moment, indem das Bike führerlos wird, weil sie den Söldner am Kragen herunter zerrt, verpasst sie mit ihrer blitzschnellen Rage-Aktion dem Vehikel einen mächtigen Tritt, und wirft es gegen das Bike, das dahinter gerade zu überholen versucht! Der Fahrer muss ausweichen, um nicht schwer ins Schlenkern zu kommen, noch ein Erfolg fürs Kampfergebnis.

Unser Kampfergebnis ist erneut 10, und diesmal ist das ein Strong Hit! Das katapultiert den Fortschritt der Sequenz auf sechs, und verschafft meinen Leuten die Initiative.

Runde 3: Zoes Heilkräfte beginnen zu wirken, und der blutende Streifschuss in ihrer linken Schulter fängt an, zu überschorfen und sich zu schließen. Fahrtwind heult mächtig durch die offene Wagentür, in der sie den Biker am Kragen gepackt hält. Sie versenkt ihre spitzen Zähne in seiner Schulter, aber kann seine dicke Kluft nicht durchdringen. Gong dafür bringt das Kampfergebnis diese Runde auf vier, indem er plötzlich das Tempo verringert, wodurch der Biker an ihm vorbei schießt, der grade auf Höhe seines Fensters aufholen wollte, und den Biker direkt hinter dem Auto ausbremst und ins Schlingern bringt. Kylah fletscht angepisst die Zähne, reißt ihre Tür ebenfalls auf, und schmeißt das Wagenkreuz nach demselben Motorradfahrer, was ihn endgültig umkippen lässt, und drei weitere Erfolge einspielt.



Zoe knurrt wölfisch, und nachdem sie ihren Fang nicht zerbeißen konnte, wirft sie ihn jetzt als Rage-Aktion auf einen der anderen Biker, der durch Gongs Bremsmanöver direkt an ihnen vorbei braust. Drei Erfolge fürs Kampfergebnis, als beide den Asphalt knutschen!

Erneut ist das Kampfergebnis 10, mit mehreren Charakteren geht das ganz gut! Die Challenge Dice geben wieder einen Strong Hit. Das bringt unseren Fortschritt auf Maximum. Eine ganze Handvoll Verfolger wurden ja auch bereits ausgeschaltet, da würfle ich für End the Fight, und bekomme einen weiteren Strong Hit angezeigt. Damit endet die Kampfsequenz also mit einem vollen Erfolg für die Flüchtenden! Die Bikerhorde ist komplett verschwunden, was nicht zu Fall gebracht wurde, hat eilig abgedreht. Gong hat damit seine vom Orakel zugedachte Rolle als Guard vorbildlich ausgefüllt.

Zoes Schulterverletzung schließt sich binnen Sekunden vollständig, und sie wird wieder zu einem Menschen. Kylah schlägt beide hinteren Wagentüren wieder fest zu, während Gong erneut ordentlich den Bleifuss macht. Dann besieht sie sich Zoes Streifschuss, sucht nach einer Kugel, säubert mit dem Autoverbandskasten, was zu säubern ist.

Die beiden Männer vorne sprechen auf Kantonesisch, diesmal ist Quiao Ju etwas wortreicher. Zoe fragt sich, was er dem jungen Mann wohl erzählt. Mit seiner ruhigen Art kann er wahrscheinlich jede Geschichte oder Halbwahrheit auftischen. Gong hört verblüfft zu und stellt viele Rückfragen. Er klingt unvermindert hilfsbereit. Rührend findet Zoe das, ein Gefühl von stiller Dankbarkeit beginnt sie zu durchströmen, als ihr Adrenalin nachlässt. Ordentlich zugig ist es jetzt mit den vielen Einschusslöchern in den Fenstern auf der linken Wagenseite! Bestimmt hat Quiao Ju Blutsgeschwister in Portland, die den Automechaniker da etwas kompensieren können …

Sie passieren mit Vollspeed noch Northfield und Concord, mit der Angst im Nacken. Bei Concord wechseln sie auf die Route 89 nach Westen. Immer noch keine neuen Verfolger in Sicht. Kylah kauert kniend auf der Rückbank, nach hinten umgedreht, wendet keinen Moment den Blick von der Rückscheibe ab. Erst als sie auf der Route 202 sind, fährt Gong auf eine kleine Raste beim Kaff Hillsborough, wo er sich und den Mädchen einen starken Kaffee gönnt. Quiao Ju wird auch gefragt, aber der lehnt dankend ab, er trinkt die Getränke der Weberinnen-Welt nicht (Zoe registriert, wie er stattdessen hungrig in Richtung der umliegenden, nächtlichen Wälder schaut, noch so ein Reh wie vorhin wäre ihm womöglich ganz recht).
Kylah will ihren Beschützer nicht auch noch um Kohle anschnorren, also macht sie in dem Tankstellen-Shop erneut lange Finger, und klaut für sich uns Zoe einiges an Erdnussriegeln und Salami-Snacks zusammen.

In den frühen Morgenstunden fahren sie durch Keene auf der Route 9. Gong hat ja im Gegensatz zu seinen Passagieren den Tag über nicht geschlafen, und Zoe macht sich Sorgen, dass die Müdigkeit zu ihm aufholen könnte. Mehrmals bietet sie an, dass sie ein Stück fahren könnte, im Gegensatz zu Kylah hat sie ja ihren Führerschein (auch wenn der längst auf der Strecke geblieben ist).
Kylah guckt sie jedes Mal rügend an, sie will nicht, dass jemand das Auto fährt, der vor Wut ins Lenkrad beißen könnte.
„… Ich bin doch gerade ganz ruhig!“, beteuert Zoe, und ihr Blick wird dabei genervt (und dafür geben wir ihr auch direkt einen neuen Rage-Punkt, dann hat sie wieder zwei).
Aber Gong Shun ist nach dem Adrenalin-Kick vorhin überhaupt nicht müde. Er scheint Quiao Ju beim weiteren Fahrtverlauf etwas aus seinem Leben zu erzählen, das ihm scheinbar unglaublich wichtig ist. Der Alte hört genau zu, und sagt gelegentlich etwas daraufhin. Zoe würde allzu gern wissen, was da geredet wird.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #47 am: 3.12.2024 | 18:02 »
Sie bleiben auf der 9 und fahren immer weiter nach Westen durch die Nacht, durch die Waldgebiete und Berge von Vermont, auf die Grenze von New York State zu. Als das erste Morgengrauen einsetzt, erreichen sie ihr Ziel, eine etwas touristisch aussehende Stadt namens Bennington. Gong will trotz seiner Müdigkeit immer noch etwas für die drei tun, sie zu der Adresse fahren, zu der sie wollen, ihnen ein Hotel suchen, oder sowas, aber Quiao Ju winkt lächelnd ab. Also steigen sie bei dem kleinen Motel aus der großen, schwarzen Karre, in dem Gong übernachten will, bevor er nach Hause zurück fährt.
„… Ihr wisst womöglich gar nicht genau, in welch wunderbarer Gesellschaft Ihr da reist!“, sagt er lächelnd zum Abschied zu den Mädchen.
Umarmungen werden zwischen den jungen Leuten ausgetauscht, als würde man sich schon lange kennen. Gong verneigt sich andächtig vor Quiao Ju. Es wirkt, als habe der ihm bei irgendeiner dringlichen Lebensfrage geholfen bei ihren Gesprächen unterwegs — aber wie kann das sein, rätselt Zoe, der Alte hat doch fast ausschließlich zugehört, und gar nicht groß Ratschläge erteilt!

Soundtrack: Yawning Man, Perpetual Oyster (erneut)
https://www.youtube.com/watch?v=tTXhBmSLT2A

Als sie davon wandern, sagt Wintermoon Tooth gelassen, „Wir lassen nun endlich die Weberinnen-Umgebung hinter uns, wir steigen auf den Glastonbury Mountain. Dort ist Werwolf-Territorium! Eine Septe unseres Stammes liegt dort, Zoe Matherson. Hier wird man Euch Zuflucht gewähren, und Dich weiter zur Westküste schicken. Ihr Pfadstein ist nicht geraubt, also können sie eine Mondbrücke öffnen, die Dich dem Caern des Westlichen Auges näher bringt.“
Der alte Mann sieht zerbrechlich aus, wie er dahin wandert, als könnte ein Windstoß ihn umwerfen, und so gar nicht, als könne er mal eben noch einen Berg erklimmen.
„Sollten wir nicht noch in Bennington übernachten, Sir? Äh, Wintermoon-Tooth-rhya?“, traut Zoe sich zu fragen.
„Wir schlafen wieder in der Wildnis, dort gibt es gute Verstecke im Wald nahe des Wanderwegs.“
Kylah guckt miesmuschelig bei dieser Ansage, sie hat keine Werwolf-Physiologie, und hätte gegen ein richtiges Bett überhaupt nichts einzuwenden.
„Wir sind hier in dem, was die Menschen abergläubisch das ‚Bennington-Dreieck‘ nennen“, erzählt Wintermoon Tooth, „es gibt in dieser Gegend Vermonts seit seiner Entstehungszeit Gerüchte von unerklärlichem Verschwinden, und Berichte von merkwürdigen Lichtern, Geräuschen, und Sichtungen von ungeschlachten, haarigen Waldmenschen!“
„Ist das wegen dem Caern unseres Stammes?“, fragt Zoe.
„Das ist vor allem wegen den Roten Klauen. Wir teilen uns das Bennington-Dreieck mit diesem Stamm, die haben ebenfalls ein Caern in diesen Bergen. Wir überlassen ihnen das meiste Wild, aber nicht die ganzen Green Mountains. Sie brauchen uns ihrerseits auch, um mit den Menschen in den Siedlungen umher zu interagieren. Das können die Roten Klauen nicht.“
„Rote Klauen …“, sagt Kylah nachdenklich.
„Ja“, sagt der Älteste, „Ein Stamm bestehend nur aus Wolfsgeborenen. Sie mögen uns Menschgeborene nicht sonderlich. Aber die Kinder Gaias sind findig in Verständigungsarbeit zwischen den Stämmen, wir halten Frieden.“



Sie lassen die Lichter von Bennington hinter sich zurück, als das Morgenlicht heller wird. Beim Vorort Woodford Hollow kriechen sie in den tiefen, herbstlichen Wald. Wintermoon Tooth zeigt den Mädchen erneut, wie sie eine Feuerstelle errichten, und kurz darauf wärmt sie die Glut. Kylah teilt ihre geklauten Rettungsdecken aus, und alle wickeln sich dankbar hinein. Damit ist es viel besser als die gestrige Übernachtung.


Als der Abend heraufgedämmert ist, erwacht Zoe als Erste. Sie begibt sich langsam und qualvoll in ihre Lupus-Form, und bricht auf, während die anderen beiden noch fest schlafen. Sie sehen beide verletzlich aus, der alte Mann ausgezehrt, und Kylah blass, als wären sie trotz des durchgeschlafenen Tags immer noch müde. Zoe stiehlt sich davon, und geht auf die Jagd. Mit einem Erfolg bei Geschick+Überleben findet sie auf die Schnelle immerhin zwei Biber, die sie reißt und in der Schnauze zurück schleppt.
Kylah hat sich gerade bei der versteckten Feuerstelle aufgerappelt, und reibt sich die Augen.
„Buääh, Zoe, bist Du bescheuert?!“, entfährt ihr, als die bräunliche Wölfin stolz ihre Beute vor ihr fallen lässt.
Zoe legt den Kopf schief und winselt überrascht.
„Ich ess' doch keine Biber! Igitt! Das olle Reh gestern war schon schlimm genug, aber doch keine Nagetiere! Menschen können doch keine Biber essen!“

Als kurz darauf auch Wintermoon Tooth wach ist, stellt sich heraus, dass Menschen das sehr wohl können, binnen kurzer Zeit ist der Beute rituell gedankt, sie ist gehäutet, geschlachtet, und über dem Feuer geröstet. Das Biberfleisch schmeckt so in etwa wie eine Mischung aus Schwein und Rind. Das Mahl ist nicht gerade üppig, aber hilft den dreien, um wieder zu Kräften zu kommen.

Nachdem sie alle Spuren beseitigt haben, wandern sie los, zum Beginn des Long Trail zwischen Bennington und Woodford Hollow. Der Beginn der Glastonbury Wilderness ist hier bereits ausgeschildert für wanderbegeisterte Touristen.
„Wir folgen dem Long Trail, da begegnen wir nicht den Roten Klauen. Der führt schließlich auf den Glastonbury Mountain“, erklärt Wintermoon Tooth, „unser Caern dort oben heißt das Caern der Sonnenbeschienenen Steine. Das Ewiggipfel-Rudel stellt dort seit Langem die Septenherren. Merke Dir diese Namen ...“
„Verstanden“, sagt Zoe.
„Kylah, Du musst in der Nähe warten, Dir ist nicht erlaubt, das Caern zu betreten“, sagt der Älteste.
„Ja, toll! Ich hocke dann einfach in der Botnik, und warte darauf, dass die Roten Klauen mich beißen!“, muffelt sie.
„Es sind meistens Blutsgeschwister zugegen am Rand des Caerngeländes“, lächelt er, „und ihre Kochkünste sind weithin bekannt in meinem Stamm.“
„Hoffentlich gibt’s nicht wieder Biber“, sagt Kylah rebellisch, aber nur leise zu sich selbst.



Das Wetter spielt leider so gar nicht mit. Ein Herbststurm zieht herauf, und wird heftig, als die Nacht tiefer wird. Der Long Trail ist zu allen Seiten umgeben von urwüchsigen, dichten Bäumen und ihrem dicken Wurzelwerk; er muss wundervoll zu begehen sein im Sommer, zur Touri-Saison, jetzt gerade ist er steil, nass, und unwegsam. Am Sternenhimmel zeichnet sich einer der Gipfel ab, der Glastonbury Mountain. Er scheint überhaupt nicht näher zu kommen, und der Sturm wird weiterhin heftiger. Zoes scharfe Ohren nehmen gelegentlich das ferne Geheul von Wölfen auf, über dem Tosen des Windes. Sie erschaudert. Sind das die Kinder Gaias … oder wilde Wolfsgeborene, die ihr Territorium gegen Eindringlinge verteidigen wollen, sogenannte Rote Klauen? Sie wird ziemlich enerviert davon, ich gebe ihr mal einen Punkt Rage.

Wie geht’s an dieser Stelle weiter? Die Orakelwürfel sagen, Control Community. Das klingt erstmal, als würden die Kräfte der Weberin sich einmischen. Kontrollieren sie die nahe Stadt? Na ja, sowieso. Vielleicht versuchen sie auch, von der Gemeinde her Kontrolle über das Gebiet auszuüben! Dann hat man also eine Spur der nächtlichen Wanderer entdeckt, und der gestrenge Park-Ranger-Dienst ist unterwegs, um sie vor lauter Fürsorglichkeit vom Long Trail abzuholen, und nach Bennington zurück zu fahren! Das Letzte, was sie jetzt brauchen können!

Man sieht die Scheinwerfer eines Jeeps tiefer unten, am Fuße des Berges, und gelegentlich tastet ein Suchscheinwerfer in ihre Richtung, über den Wanderweg hinweg.
„Ach Du Scheiße!“, sagt Kylah, „Wahrscheinlich Park Ranger!“
„Kommt mit, herunter vom Wanderpfad“, ordnet die schwache Stimme des Ältesten an.
Er lotst die Mädchen durch dichtestes Gebüsch, auf eine kleine Lichtung in der Nähe. Hier sieht man im Licht von Kylahs Taschenlampe einen Steinhaufen, stark mit Moos überwuchert. Wintermoon Tooth nimmt schwerfällt Platz, lehnt sich daran.
„Sollen wir rasten? Sie sehen müde aus, Sir“, sagt Zoe.
„Du darfst Dich nicht von den Sterblichen sehen lassen, Zoe“, entgegnet dieser.
„Nein, natürlich nicht … wieso nur ich?“
„Weil Kylah und ich hierbleiben werden. Ich beginne jetzt Deinen Aufnahmeritus.“
„Was? Aber … ich … wir sind ja noch gar nicht …“
„Ich werde das Caern der Sonnenbeschienenen Steine nicht mehr lebend erreichen. Aber dort oben gibt es derzeit keine Stammesgeschwister, welche den Ritus der Aufnahme durchführen können. Die Welpen werden derzeit von dort über Mondbrücken in andere Caerns geschickt dafür … Aber wir müssen Dich in den Stamm aufnehmen … Du hast es noch weit bis zum Caern des Westlichen Auges, Zoe Matherson. ... Errichtet eine Feuerstelle, wie ich es Euch gezeigt habe!“
„Nein, Wintermoon-Tooth-rhya! Wir lassen Sie doch nicht hier draufgehen! Wir holen Hilfe aus der Stadt, oder von unserem Caern, oder von den Roten Klauen!“
„Arme, tapfere Zoe Matherson. Du weißt doch, dass dies meine letzte Reise ist. Sei' jetzt ein guter Welpe, und tu' wie Dir geheißen.“

In hilflosem Schweigen machen die beiden ein Feuer, so, dass man es von der Kiesstraße aus nicht sehen kann. Wintermoon Tooth singt ihnen in seiner ruhigen, kratzigen Stimme ein Lied in der Hohen Zunge, während er dabei zusieht. Die Flammen prasseln höher, zum Brausen des Sturms.
„Zoe Matherson, die Du Deinen wahren Namen noch nicht kennst. Dein einstiges Leben liegt hinter Dir. Begehrst Du Aufnahme in den Stamm Deiner Ahnen, der Kinder Gaias?“
„… Ja, Wintermoon-Tooth-rhya …“
„Dann wirst Du nun durch meine Prüfung gehen, und durch Gefahr neu geboren werden. Höre die Aufgabe, die ich Dir stelle, um Dich zu beweisen!“

Ui, da bin ich ja mal gespannt! Das soll das Orakel uns verraten, worin diese Mission besteht: Depart Weapon! Da Zoe keine Waffen hat außer ihrer natürlichen Bewaffnung, geht es möglicherweise nicht um sie … aber Wintermoon Tooth hat welche, und wie passend für einen Mann des Friedens, sie vor dem Tod noch loszuwerden.

„Nimm' meine Messer, und meinen Dolch. Sie haben im Lauf der letzten Jahrzehnte, in denen sie mir gedient haben, häufig Blut geschmeckt. Viel zu oft! Begrabe sie auf dem Gelände der einsamen, verlassenen Farm bei Santon Fields, drei Meilen von hier, direkt an der Bergflanke. Sieh' Dich vor, denn der Geruch des Wyrms liegt auf dem Wind. Du gehst allein. Du darfst nicht in die Gemeinschaft der Garou zurückkehren, bis dass Du Deine Aufgabe erfüllt hast. Tritt' näher …“
Wintermoon Tooth zeichnet in kunstvoller, ritueller Geste Zoe die Glyphe für den Aufnahmeritus auf die Stirn, mit Fingerspitzen voller Asche.



„Nimm' Abschied von Deiner Blutsschwester. Dann geh', Welpe, und kehre lebendig zurück, um Mitgliedschaft im Stamm einzufordern!“
Kylah will offensichtlich eigentlich Einwände bringen, aber dann wispert sie nur, „Viel Glück!“, und sie umarmen sich, und Zoe lässt sich die beiden Knochenmesser und den Steindolch überreichen, verneigt sich ungeschickt, und verschwindet im stürmischen Wald.

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #48 am: 4.12.2024 | 16:00 »
Für den Aufnahmeritus mache ich den Move namens Swear an Iron Vow. Statt dem Attribut aus Ironsworn (Heart) würfle ich Willenskraft. Gegen die Anzahl der Erfolge würfle ich die Challenge Dice, und einer unterbietet, also ein Weak Hit. Das gibt einen Willenskraft-Punkt zurück (statt dem Ironsworn-Spielwert namens Momentum), und beginnt die Reise. Es ist nicht allzu weit oder allzu schwierig, aber das Wyrmgespür hat den Ältesten nicht getrogen, also werden auch hier womöglich diabolische Gegner oder Konflikte lauern, damit ist diese Queste Gefahrvoll.

Erst einmal muss Zoe das verlassene Farmgelände entdecken. Sie bindet sich die Waffengurte sorgsam um den Hals, denn die sind ihr ja nicht Zugeeignet, und verwandelt sich in Lupus-Form.

Ich lasse sie Wahrnehmung+Zurechtfinden würfeln, weil sie ein großes Wildnisgebiet abzusuchen hat. Mit dem Wundabzug leider ein Misserfolg! Das bedeutet, kein Milestone, und ich mache den Move Pay the Price. Ich wähle das Ergebnis aus der Liste a new danger or foe is revealed.

Erstmal hat Zoe sich mehrere Stunden schnüffelnd herumgetrieben, und begreift endlich, dass sie sich dem beschriebenen Farmgelände nicht einmal genähert hat! Stattdessen ist sie auf der Kiesstraße angekommen. In dem Moment biegt der Jeep der Ranger um die Ecke! Die Kerle sind zwar nur Sterbliche, aber haben ein Jagdgewehr, und erschrecken sich gehörig, dass ein Wolf hier auftaucht, denn die gibt’s eigentlich so gut wie nicht im Green-Mountains-Nationalwald! Dementsprechend sind die Ranger eine Unliebsame Begegnung, aber sie haben die Initiative.

Runde 1: Der Beifahrer lehnt sich aus dem Fenster und feuert mit seinem Gewehr. Die Wölfin Zoe springt erschrocken rückwärts, und entgeht dem Schuss. Sie braucht eigentlich nur hinter die Baumgrenze zu entwischen und wegzurennen. Ihr Wurf bei Geschick+Athletik ist jedoch nicht der Rede wert. Ich verwende (nach meiner Hausregel) nachträglich Willenskraft um alles außer der Eins und der 10 neu zu rollen — und erziele einen zweiten Einser auf einem der roten Rage-Würfel! Das ist leider ein Brutales Resultat geworden dadurch, und der Wurf scheitert aufgrund destruktiver Handlungen. Zoe rennt weg, aber wirbelt dann unwillkürlich herum, und verbeißt sich im Ärmel des Beifahrers mit dem Gewehr! Ihr Fehlschlag macht sie natürlich wütend, was ihr wieder den sechsten Rage-Punkt bringt!

Damit hat sie die erste Runde verkackt, und würfelt erneut für Pay the Price! Das Ergebnis ist, dass sie gezwungen wird, entgegen ihrer guten Absichten zu handeln. Passend, denn das heißt, dass sie jetzt nicht mehr flüchten kann, die Ranger zwingen sie mit ihren Feuerwaffen zum Kampf.

Runde 2: Das Jagdgewehr und eine Pistole werden auf die Wölfin abgefeuert, sie entgeht beiden Schüssen gerade so, indem sie unter den Jeep zurückweicht. Als der Beifahrer rausspringt, schnellt sie vor, und beißt ihm sofort in die Wade! Drei Erfolge fürs Kampfergebnis! Mit ihrer Rage-Aktion beißt sie nach, findet festen Halt, und zerrt den schreienden Typen halb unter das Auto! Vier weitere Erfolge!

Ein Weak Hit resultiert diese Runde, dann bekomme ich zwei Fortschritt-Punkte, die Gegner behalten die Initiative.

Runde 3: Der schreiende Park Ranger versucht panisch der Wölfin mit seinem Stiefel die Fresse zu polieren, trifft, und sie steckt zwei Schlagschaden ein. Der mit der Pistole ballert unter das Auto, und sie kriecht entsetzt darunter hervor, entgeht dem Schuss. Schnellt auf den Pistolenheini zu, beißt ihm in den Arm, und ein Brutales Resultat verdoppelt den Wurf aus sechs Erfolge!

Erneut ein Weak Hit, jetzt ist der Fortschritt vier.

Runde 4: Der umgerissene Ranger kämpft sich schnaufend unter dem Jeep hervor, und packt wieder sein Jagdgewehr. Der Gebissene versucht Zoe mit der Pistole wegzupusten, aber verfehlt gerade so. Ihre blutig getretene Schnauze beginnt bereits zu verheilen (der Tritt war nur Schlagschaden).

Das Kampfergebnis ist dadurch immerhin sechs, und die Challenge Dice zeigen Dreier. Ein Strong Hit bringt den Fortschritt der Szene auf acht, damit mache ich den End the Fight-Move. Erneut ein Strong Hit, die Ranger retten sich in ihr Fahrzeug und flüchten!

Zoe schüttelt sich, und schaut den Scheinwerfern nach, während ihre Wolfsschnauze endgültig von dem Tritt heilt. Zurück die Bergflanke hinauf, zur Fährte!

Ihr Wurf beim Herumschnüffeln bringt diesmal ordentlich Erfolge zusammen. Das bedeutet, der erste Milestone ist erreicht, und ich erhalte zwei erste Punkte Fortschritt für die Queste.

Die Nacht ist schon weit fortgeschritten, es muss deutlich nach Mitternacht sein. Der Sturm ist nicht weniger heftig geworden. Vor Zoe tauchen die verwilderten Felder und das verlassene Gelände eines einstigen Orts namens Santon Fields auf. Sie lauert, im Buschwerk verborgen, wie sie ist. Von irgendwoher auf dem Gelände kommt Feuerschein.



Das einstige Farmgelände in Santon Fields, Vermont

Was geschieht auf dem verfallenen Farmgelände? Das Orakel sagt, Explore Ally. Aha, es scheint nicht völlig verlassen!
« Letzte Änderung: 4.12.2024 | 16:12 von Schalter »

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Re: [Werewolf: The Apocalypse | Ironsworn] Wyldreise
« Antwort #49 am: 4.12.2024 | 16:32 »
Da wäre ja mal gut zu wissen, was der Ally für einer ist. Eine der Roten Klauen, ein Naturgeist, ein Landstreicher? Forager who wants to Pay a Debt, sagen die Orakelwürfel dazu, ein Sammler der eine Schuld begleichen möchte. Damit sind die Roten Klauen raus aus der Nummer, die sind Jäger, keine Sammler.

Erstmal bekommt Zoe nicht mit, dass sie ihrerseits beobachtet wird. Sie hat das Lagerfeuer hinter einem der verfallenen Schuppen gesehen, und von dort kommen auch Geräusche. Sie schleicht näher. Ausgerechnet heute Nacht hat eine der örtlichen Motorradgangs sich diesen Ort für ihre Feierlichkeiten ausgesucht. Es sind Männer und Frauen in abgerissenen Metal-Outfits. Sie haben mehrere Feuertonnen angezündet, die so heiß brennen, dass ihnen Sturm und Nieselregen egal sind, und spielen ihren komischen Nu Metal. Die zentrale Figur ist ein unglaublich kompakter, muskulöser Langhaariger, irgendwas stimmt nicht mit seinen Augen. Zoe strengt sich an beim Versuch, mehr zu erkennen, aber der Feuerschein flackert zu sehr in seiner übergroßen Pornosonnenbrille. Die anderen Halunken scheinen jedenfalls auf ihn zu hören bei allem, was sie tun, außer denen, die gerade am Headbangen oder Rumknutschen sind. Jetzt gerade werden ziemlich blutige Steaks aus ihrer Kühlbox ausgepackt. Zoes Magen knurrt sofort. … Sie braucht aber doch freie Bahn für ihre Prüfung heute Nacht! Na ja, von einem Zeitlimit war nicht die Rede, sie könnte einfach abwarten bis die verdammten Hallodris wieder abgedampft sind. Aber hält Wintermoon Tooth so lange durch, das ist doch die Frage! Sie hat ja schon Stunden damit zugebracht, überhaupt den Weg hierher zu finden!

Sie hört ein Rascheln in den Zweigen direkt neben sich und fährt zusammen. Irgendwas im Geäst scheint sich an sie angeschlichen zu haben, und springt nun wieder hastig davon.

Das ist der Ally, den das Orakel vorausgesagt hat. Da der Orakelspruch war, Explore Ally, wird Zoe ihn erstmal finden müssen.

Neugierig folgt sie dem Rascheln, schleichend. Mit drei Erfolgen bei Wahrnehmung+Aufmerksamkeit entdecken ihre nachtsichtigen Wolfsaugen das Wesen schließlich, als sie das Farmgelände halb umrundet hat: Es ist eins von den großen, grauen, amerikanischen Eichhörnchen. Sein Fell hat jedoch ein ungewöhnliches Streifenmuster. Es keckert aufgeregt, und wirft Eicheln nach dem Wolf.



Quireep, Eichhörnchen-Jaggling
Willenskraft: 4, Rage: 4, Gnosis: 7, Essenz: 15.
Kräfte:
Airt-Sinn:
Der Geist kann Richtungen in der Umbra bestimmen und Geisterfährten finden. Mit einem Gnosis-Erfolg kann er bestimmte Individuen oder Orte aufspüren.
Akquise: Mit einem erfolgreichen Gnosis-Wurf gegen die örtliche Barriere kann Quireep einen kleinen Gegenstand aus der stofflichen Welt stehlen, bis zum Ende der Szene. Wird der Gegenstand in der Penumbra bewegt, erscheint er entsprechend anderorts wieder in der Fleischwelt.
Seitwärts Wechseln: Mit einem erfolgreichen Gnosis-Wurf gegen die örtliche Barriere kann Quireep sich in der Fleischwelt materialisieren.
Zungen: Der Geist ist dazu in der Lage, mit Wesen in der stofflichen Welt zu kommunizieren. Die tatsächliche Sprache des Ziels ist unerheblich, es muss nur in Hörweite sein.

Das große, fette Eichhörnchen scheint sich aufzuregen, flitzt auf seinem Ast hin und her, und keckert und quasselt leise weiter. Zoe knurrt verwirrt.
Plötzlich begreift sie, was das Geschnatter über ihr bedeuten soll, es heißt, sie könne das Eichhorn nicht verscheuchen, und auffressen schon gar nicht.
Sie stellt verwundert die Ohren auf, und signalisiert, dass sie das eigentlich auch gar nicht wollte.
So so, bedeutet das Schnattern über ihr, und noch ein paar Eicheln werden geworfen, das bedeutet, es habe hier Wichtiges zu tun. Sie sei wohl eine von den Wolf-Wandlern.
Zoe winselt überrascht, Wolf-Wandler?
Das Eichhorn zwitschert, ja, natürlich, die haben hier ihre Territorien. Es sei ja von welchen von denen gerufen worden, um Ausschau zu halten. Es habe viele Gaben erhalten von denen, und müsse nun wohl gehorchen! Es ist hier, um die stinkenden Zweibeiner auszuspionieren. Und vielleicht ein paar Streiche zu spielen, mal sehen. Es findet sowas witzig.
Zoe legt den Kopf schief und scharrt mit der Pfote, und fragt dadurch, wer diese Zweibeiner denn seien? Die seien ihr im Weg, sie müsse ungestört auf das Gelände.
Das Eichhorn bedeutet ihr, dass die Zweibeiner öfter hierher kämen. Die Wolfwandler-Wälder ziehen sie scheinbar an. Die Roten Klauen verabscheuen sie, und warten nur auf eine Entschuldigung, sie abzumurksen. Nur die Kinder-der-Muttererde dürften das nicht mitbekommen.
Zoe legt den Kopf schief, und fragt, ob die Roten Klauen wohl in der Nähe seien?
Die Antwort lautet, deren Territorium sei weit von hier, aber sobald das Eichhorn zu ihnen zurück kehrt und sie alarmiert, kommen sie her. Eins ihrer Rudel ist heute Nacht nicht allzu weit weg.

Das ist ja alles hochinteressant! Die Einsichten durch unseren neuen Verbündeten sind ein wahrscheinlich ein Milestone für die Queste. Ich lasse Zoe probehalber mal Geistesschärfe+Aufmerksamkeit dafür würfeln. Sie würfelt jedoch einen Patzer, noch dazu mit einem Brutalen Resultat! (Das bringt ihr einen neuen vierten Rage-Punkt.) Das ist dann kein Milestone, und es folgt obendrein logischerweise der Move Pay the Price. Something of value is lost or destroyed sagt die Tabelle. Zoe hat eigentlich nix, außer den Messern des Ältesten … oh-oh!

Durch das Brutale Resultat verliert sie die Nerven, schnappt und springt zornig und geifernd nach dem Ast! Das Eichhorn quiekt, und dematerialisiert sich. Daraufhin hört sie ein Quasseln, das fast an ein Kichern erinnert, ganz nah. Eins der Knochenmesser deren Gurte sie um den Hals trägt löst sich, und ist verschwunden! Dieser Streich bringt ihr sofort noch einen Rage-Punkt! Sie springt wütend hin und her, schnappt in die Luft, versucht, das gestohlene Objekt wieder zu entdecken. Futsch ist es, in der Umbra!

Zoe hat obendrein keine Willenskraft-Punkte mehr, und daher keine Reserven, um weiterzumachen. Und jetzt hat ihr vermeintlicher Verbündeter dafür gesorgt, dass sie ihre Aufgabe nicht vollständig erfüllen kann! Sie wird den Ritus versauen, Wintermoon Tooth wird draufgehen, bevor sie zurückgekehrt ist! Was hatte Do-Not-Eat-The-Shrooms erzählt, sie wäre eigentlich eine sogenannte Fianna gewesen, aber hat deren Aufnahmeritual nicht geschafft? Was, wenn Zoe jetzt ebenfalls zu den Knochenbeißern muss, um dort unterzukriechen? Was werden ihre Vorfahren dann von ihr denken? Zitternd und winselnd verkriecht sie sich im Buschwerk. Ihre Armverletzung pocht heftig, sie ist seit Tagen kaum besser geworden. Der Geruch der blutigen Steaks vom Farmgelände bringt sie förmlich um den Verstand!

Und die Biker sind angeblich selber auch Wolf-Wandler … Vielleicht kann sie mit denen reden! Vielleicht kann sie sich an den Feuertonnen aufwärmen, und was von der Beute abbekommen? Aber sie darf ja nicht in die Garou-Gesellschaft zurückkehren, bis sie die Aufgabe bestanden hat. Andererseits, ein paar irre Biker, zählen die denn überhaupt als Gesellschaft? Die sind ja keine Septe oder sowas!

Was macht denn die Spielwelt, wenn unsere Protagonistin sich passiv gibt? Defy Rival, sagen die Orakelwürfel, jemand trotzt seinen Rivalen. Dazu fällt mir gleich was ein:

Willenlos kauert Zoe in ihrem Versteck, auch noch, als sie hört, wie schwere Stiefel sich nähern. Jemand schnüffelt hörbar, wie ein Wolf, aber in zweibeiniger Gestalt …
„Hey, Boss! Alarm!“, ruft eine Stimme, aufgeregt, aber angetrunken, „Hier ist eine von den Roten Klauen!“
Ein paar der anderen Metalheads nähern sich vorsichtig, bedrohlich. Sie sind klug genug, den einsamen Wolf nicht einfach am Nackenfell zu packen und aus dem Buschwerk zu zerren. (Zoe unser Zeitbömbchen hat mittlerweile schon wieder fünf Rage-Punkte!)
„Du da! Rauskommen!“, knurrt eine tiefe Stimme, sie klingt befehlsgewohnt.
Wütend, verstört, und planlos bleibt Zoe ohne Willenkraft-Punkte nichts anderes übrig, als zu gehorchen; sie kommt hervor, den Kopf gesenkt und den Schwanz eingezogen.
„Eine verdammte Rote Klaue“, knurrt einer der Metalheads, „Keiner der normalen Wölfe würde Messer um den Hals gebunden haben … und Lederklamotten!“
Der Anführer der Bande nimmt seine übergroße Sonnenbrille ab, und mustert die Wölfin genauer. Jetzt sieht Zoe, was so merkwürdig an ihm ist — sein eines Auge ist von Wolfsfell umgeben, und zu einem Nachtauge verändert.
„Verwandel' Dich in Homid-Form, Rote Klaue! Ich fordere Dich heraus, Du elende Spionin! Der Unterlegene muss dem Gewinner beantworten, was hier gespielt wird! Klar?“
Zoe erhebt sich langsam, Muskelstränge wachsen und Knochen knacken, und wankend nimmt sie ihre Menschengestalt an, hebt beschwichtigend die Hände.
„Das is' ja nur 'ne halbe Portion, die Schnecke!“, sagt eine der Bikerinnen.
Während Zoe ihre Crinos-Form kurz durchlaufen hat, ist niemand von den Umstehenden zur Salzsäule erstarrt — sie sind immun gegen das Delirium, wahrscheinlich Blutsgeschwister, wenn schon nicht allesamt Werwölfe.
„Ich … bin keine Rote Klaue …“, keucht Zoe.
„Zu wem gehörst Du dann, Schnalle?“, knurrt der Herausforderer.
„Zu niemandem! Ich … ich bin hier auf einem Aufnahmeritual …“
„Zu niemandem?! Zu niemandemmm!“, brüllt ihr haariges Gegenüber.
Zoe beißt sich auf die Unterlippe, das hätte sie für sich behalten sollen, ihr fällt wieder ein, wie Chessa Malgrimov gesagt hatte, einsame Wölfe seien geächtet!
„Zu niemandem, das ist gut!“, redet jedoch der Anführer weiter, „Wir, Kleine, wir machen auch unser eigenes Ding! Ich bin Straße-In-Die-Nacht, und das hier ist meine rechte Hand, Asphalt-Feuer! Du hast vermutlich schon von uns gehört! Die anderen hier sind unsere Blutsgeschwister! Wir gehören auch zu sonst niemandem. Ganz bestimmt nicht zu den verschissenen Traditions-Bürokratenärschen weiter oben im Bennington-Dreieck, in ihren arroganten Septen-Fürstentümern! Die denken, die Green Mountains gehören ihnen allein!“
„Pissen an jeden Baum weiter oben auf dem Glastonbury Mountain, nur um sicher zu gehen!“, grinst Asphalt-Feuer.
Zoe ist sich ziemlich sicher, dass derartige Beleidigungen unter den Garou nicht erlaubt sind, aber den Versammelten scheint das schnuppe zu sein … sie sind Ronin.
Zoes Magen knurrt erneut, und sie senkt den Blick.



Straße-In-Die-Nacht, ein Ronin


„Genug gelabert, Gang!“, grinst Straße-In-Die-Nacht, „Wir bringen die kleine Spionin mal rüber ans Feuer, und lassen sie ein paar Steaks weghauen. Dann reden wir weiter!“
„Ich … ich darf nicht in die Gesellschaft von Garou …“, bringt Zoe heraus, „nicht, ehe ich nicht meine Prüfung bestanden habe! Ich bin nicht mal sicher, ob ich überhaupt mit Euch reden darf …“
„Das ist aber anders gemeint, Kleine!“, sagt der Anführer lapidar, „Das weiß ich noch von unserem Aufnahmeritus, wir beide haben nämlich unsererzeit auch mal so einen versucht, für das Gezücht des Fenris! Die Regel besagt nur, dass Du nirgendwo Hilfe in Anspruch nehmen darfst. Wir helfen Dir nicht bei Deiner Prüfung, Du kleine Schreckschraube! Wir geben Dir nur was zu Fressen. Siehst ja halb verhungert aus.“

Zoe wird aufmerksam beäugt bei den Feuertonnen. Sie bekommt zwei rohe Steaks und eine Pulle Bier. Nur die Blutsgeschwister scheinen ihr Essen halbwegs zu grillen, die beiden Werwölfe verputzen alles im Rohzustand. Zoe merkt, dass auch ihr das keine Schwierigkeiten macht, ihre Zähne verlängern sich bereitwillig.


Bisher wollte ich der Übersicht halber die Regeln für 'Natur und Verhalten' ja nicht verwenden, aber Zoe läuft schon seit einiger Zeit ohne Willenkraft, und weder Schlaf noch typische Ahroun-Aufgaben sind derzeit zu kriegen. Also definiere ich nach einem Blick in den Werewolf Player's Guide mal ihre Persönlichkeit-Archetypen folgendermaßen: Ihr Wesen ist 'Traditionalistin', denn das passt zu ihrem selbstgewählten 80er-Retro-Lifestyle und der starken Verbindung zu ihren Vorfahren. (Zoe bekommt damit Willenskraft-Punkte zurück, wann immer eine althergebrachte Lösung sich als effektiv herausstellt.) Ihr Verhalten ist einfach 'Welpe', entsprechend ihrer Rolle in der Garou-Gesellschaft ist sie einfach noch nicht recht mündig, und hat bisher Schwierigkeiten, unabhängig und erwachsen zu agieren. (Damit bekommt sie Willenkraft-Punkte zurück, wann immer jemand scheinbar selbstlos etwas für sie tut.)

Evolution: Wo wir schon dabei sind, ihre Spielwerte zu erweitern, gebe ich alle gesparten EXP aus, um Zoes Gnosis-Wert auf vier zu erhöhen, nach den spirituellen Erfahrungen der letzten Nächte.


Also zurück zum Farmgelände! Ihr neu gewählter Archetyp 'Welpe' nutzt Zoe vorerst noch nichts, denn die Bikergang hilft ihr nicht selbstlos (nicht mal scheinbar selbstlos).

Aber auf welche Weise wollen die sich denn mit dem Welpen amüsieren? Die Orakelwürfel sagen, Defend Pride. Das passt, denn die Ronin haben Bock, weiter über die Stämme zu spotten, und warten nur darauf, dass Zoe ihren Stolz zu verteidigen beginnt:

„So wie die Schnalle aussieht, gehört sie zu den Kindern Gaias! Ganz mager, vermutlich isse Veganerin!“
„Eine Werwölfin, die Veganerin is'! So'n Scheiß, völlig gegen die Natur!“
„Aber is' nicht ein Werwolf, der immerzu nur für Frieden sorgen will, sowieso gegen die Natur?“
„Ey, Schnalle! Was denkst Du dazu? Wenn die Erdgöttin gewollt hätte, dass Ihr Pazifisten seid, hätte sie Euch dann nicht Blumen an den Fingerspitzen gegeben, statt drei Zoll lange Todeskrallen?“
Die Umsitzenden lachen hämisch, „Der kam gut!“, bestätigt einer.
Zoe sagt kauend, „Darum geht’s aber doch nicht beim Pazifismus!“
„Jetzt sag' schon! Die Labertaschen aus der Septe oben auf'm Glastonbury Mountain haben Dich ausgeschickt, oder? Das Ewiggipfel-Rudel und die ganzen Dumm-Daherred-Gesichter!“
„Ihr wollt mich doch nur aus der Reserve locken, oder? Mir ist es verboten, abfällig über meinen künftigen Stamm zu reden … Was ist denn so gut daran, Ronin zu sein?“
Brüllendes Gelächter resultiert, es wird sich auf Schenkel gehauen.
„Du sagst es doch selbst“, lacht Straße-In-Die-Nacht, „Dir ist alles mögliche verboten! Wir, Schnalle, wir sind frei! Wir interpretieren die Litanei, wie es uns gefällt. Niemand kann uns auf die Fresse geben dafür, was wir tun und lassen.“
Zoe merkt an den Blicken der Umsitzenden, wie sehr man sie provozieren will. (Das klappt natürlich, und sie bekommt einen sechsten Rage-Punkt!) Sie soll sich wohl verteidigen, aber sie fühlt sich zu ratlos dafür, nach wie vor ohne Willenskraft-Punkte.
„Na ja …“, sagt sie schließlich, etwas kraftlos, „Habt Ihr nicht gehört? An der Ostküste war gerade die Hölle los! Ich und meine Freundin waren mittendrin. Verräterische Werwölfe, Firmensoldaten, und alles. Wenn die Kinder Gaias kein Stamm wären und keine Netzwerke hätten, dann wären die ja dort jetzt schon besiegt. Aber dank ihren Stammesgeschwistern können sie zurückschlagen. Das ist doch gut …!“

Die Orakelwürfel sagen, dass die Banditen das eher schulterzuckend abtun, und dann gibt’s für diese Argumentation auch keinen Willenskraft-Punkt zurück für unsere kleine Traditionalistin.

Stattdessen raunt Straße-In-Die-Nacht ihr ins Ohr, „Schieß' die Hippies doch in den Wind, Welpe! Wir nehmen Dich mit, wenn Du willst! Dann lernst Du die große Freiheit der Highways kennen!“
Sein Atem riecht nach Bier und Blut, aber Zoe läuft dennoch unwillkürlich ein Schauder über den Rücken, geradezu freudig. Nicht ständig nach Gesetzen handeln zu müssen hat etwas Verlockendes! Der Alkohol macht sie leicht benebelt, sie errötet, aber schüttelt dann den Kopf.
Sie raunt, „Ich habe nur noch wenige Stunden, bis mein Auftraggeber stirbt! Bis dahin muss ich seine Prüfung bestanden haben und zurückgekehrt sein. Das ist mir ernst!“
Alphalt-Feuer sieht aus dem Dekolleté seiner Biker-Freundin auf, und fragt bierselig, „Was machst Du dann hier?! Das Gelände ist verlassen! Darum machen wir ja hier unsere Treffen! Hehe. Direkt unter den Nasen der Septen weiter oben in den Bergen, aber versteckt von den Sterblichen aus der Stadt!“
„Ich … wurde aber ausdrücklich hierhin geschickt. Ich muss hier etwas erledigen. Eine Ritual-Handlung.“
„Haha, tja, das ist wohl Pech, Schnalle!“, lacht Straße-In-Die-Nacht, „Denn wir lassen Dich heute Nacht keinen heidnischen Firlefanz hier aufführen! Kannst Deine Geisterwesen morgen Mittag beschwichtigen, wenn wir wieder weg gebrackert sind!“
„Aber … ich hab' doch keine Zeit …!“
„Die wirst Du Dir nehmen müssen!“, sagt der Ronin-Anführer, „Denn wir sind hier gerade die dominanten Tiere! Und wir sagen, Deine Stammesbräuche haben gerade Pause!“
Das löst einen Rage-Wurf aus mit den vollen sechs Würfeln. Allerdings ist die Schwierigkeit dafür derzeit acht, Zoe fühlt nur ein kurzes Aufbrausen ihrer angestauten Wut, das wieder verebbt.
„Wohoho, habt Ihr gesehen? Ganz kurz sah's so aus, als habe sie mir an die Gurgel springen wollen, unsere Kleine!“, tönt der Anführer, „Nee, Schatz, aber heute ist Neumond! Da sind selbst Leute wie wir ganz beherrscht!“

Kleinlaut und konsterniert macht sie sich kurz darauf weg von den Feuertonnen, wo die Mucke noch lauter gedreht wird. Immerhin ist ihr jetzt wieder schön warm. Sie kann ja sowieso nichts tun, bevor sie nicht das eine Knochenmesser wieder hat, das ihr der Eichhorn-Geist gemopst hat! Sie heult leise ein bisschen, und sie sagt sich, dass sie vermutlich versagen würde bei ihrer Prüfung. Sie sucht hilflos erneut die Stelle ab, wo sie vorhin den Geist getroffen hatte.
Nach einer Weile raschelt es in der Nähe im Gebüsch.
„Da bist Du ja endlich wieder! Gib's zurück, bitte …“, raunt sie, als sie hastig dorthin geht — und sieht sich plötzlich einer Handvoll rötlich brauner Wölfe gegenüber! Der vorderste davon fletscht wild die Zähne!